Kritik:
The Dark Knight Rises
Kritik von Christian
Westhus
Der "Snob" unter den BG Redakteuren. Seine Herkunft ist mysteriös.
Angeblich besucht er ein Bildungsinstitut in Bielefeld. In Bielefeld!
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THE DARK KNIGHT RISES (2012)
Regie: Christopher
Nolan
Cast: Christian Bale, Anne Hathaway, Tom Hardy, Gary Oldman, Joseph
Gordon-Levitt, Marion Cotillard, Michael Caine
Story:
In Gedenken an Harvey Dent ist in Gotham City so etwas wie Ruhe
eingekehrt; Verbrechen wurden fast vollständig ausgemerzt.
Seit acht Jahren hat sich Bruce Wayne, und damit Batman, nicht mehr in
der Öffentlichkeit gezeigt. Er glaubt, die Stadt brauche ihn
nicht mehr. Doch als der maskierte Terrorist Bane mit seiner
Gefolgschaft in Gotham einfällt, muss Batman
zurückkehren.
Kritik:
Als Christopher
Nolan 2005 „Batman Begins“ in die Welt brachte, war
er ein relativ kleiner Fisch und Batman eine stark ramponierte
Comic-Marke. 2012 ist Nolan ein kleiner König der Filmwelt,
der es allein durch seinen Namen (und die letztendliche
Qualität des Films) schaffte, ein recht schwieriges Projekt
wie „Inception“ zum großen Kassenschlager
zu machen. Der Charakter Batman thront spätestens seit
„The Dark Knight“ als zeitgenössische
Ikone weit über allem, was popkulturell die Massen bewegt,
wischt als Einzelperson auch mit den Avengers den Boden auf. Und wie
aus großer Macht, große Verantwortung folgt, enden
große Erwartungen häufig genug auch in
großen Enttäuschungen. Ganz so schlimm ist es mit
dem dritten und letzten Kapitel in Christopher Nolan Batman Saga nicht
und doch wird sich ein Gefühl der mehr oder weniger
großen Unzufriedenheit kaum vermeiden lassen. Die
Gründe dafür sind vielseitig und nicht immer
eindeutig zu benennen. Nolan verzettelt sich bei der Geschichte, beim
Scriptaufbau und bei der selbstauferlegten Realismuspflicht, die nicht
nur Logikprobleme stärker auffallen lässt, sondern
auch Fragen provoziert, denen sich ein „Avengers“
gar nicht erst zu stellen hatte. Acht Jahre sind seit dem Ende von
„The Dark Knight“ vergangen. Harvey Dent ist tot,
dank Batmans Opfer und Gordons Lüge jedoch das Leuchtzeichen
der Hoffnung in Gotham, das mit dem strengen Dent Gesetz die
Kriminalität der Stadt beinahe komplett eingestellt
hat.
Acht
Jahre sind eine lange Zeit, aber was das Script letztendlich dadurch
erreicht, wäre mit vier Jahren auch darstellbar und zudem
glaubwürdiger gewesen. Bruce Wayne und Batman sind beide von
der Bildfläche verschwunden, was niemand in Gotham
auffällig findet. Bruce sieht keine Verwendung mehr
für Batman und daher auch keine Verwendung mehr für
sein Leben, trauert zudem erstaunlich weinerlich Rachel hinterher und
schleppt diese noch immer nicht vollends überzeugende
Opferschuld aus „The Dark Knight“ mit sich. Als
Diebin Selina Kyle (Anne Hathaway) Bruce gleichermaßen
provoziert und fasziniert, während der maskierte Terrorist
Bane im verwirrenden Kanalsystem Gothams eine Armee aufbaut,
reißt sich der emotional erschöpfte und
körperlich marode Bruce wieder zusammen. Bruce und Batman
wagen das Comeback, was noch immer niemand in Gotham auffällig
findet. Auf dem Papier sind der Ruhestand des Helden, die neue
Bedrohung und ein paar ambivalente Nebenfiguren einfache, ja klassische
Motive aus Heldengeschichten. Doch Christopher Nolan und sein Bruder
Jonathan blasen mit einigen guten Ideen, aber auch viel
heißer Luft das Script zum überlangen und
übervollen Ungetüm auf. Insbesondere in der ersten
Hälfte schleppt der Film einen lähmenden Ballast an
unnötig ausgewalzten und verkomplizierten
Nebenhandlungssträngen mit sich. Die Geschichte eines
Konkurrenten, der Wayne Enterprises zu schaffen macht, ist in Ablauf
und Zweck nachvollziehbar, jedoch aus Sicht der Strippenzieher in ihrer
Charade zu umständlich. Die erste Hälfte ist
zäh, zudem dramaturgisch inkonsistent und, ja,
überwiegend langweilig.
Bane turnt in der ersten
Hälfte herum, ist als körperliche Präsenz im
Raum schon mal eine markante Erscheinung und zeigt bald darauf auch,
dass er Batman ordentlich Paroli bieten kann, doch so wirklich will
Bane als entscheidende Bedrohung in der Entwicklung Batmans nicht
funktionieren. Das liegt nicht zuletzt auch an seinem verbalen Auftritt
(der durch die deutsche Synchro noch an unpassendem Humorpotential
gewinnt), denn Bane irritiert mit seiner eigenwilligen Betonung, der
hohen Stimmlage und dem Lautsprechereffekt stark. Schauspieler Tom
Hardy ist ein intensiver Typ, wie er in Indie-Hits wie
„Bronson“ oder „Warrior“ unter
Beweis gestellt hat. Hier muss er aus der drei Meter breiten
Schulterpartie heraus agieren, denn sein Gesicht ist nahezu starr, ist
ohne Mund eine unbewegliche Schreckensvisage, die immer dann albern
wirkt, wenn er bedeutungsschwangere Reden schwingt. Und davon gibt es
viele. Bane kommt mit viel Tamtam und donnernden Fanfaren in Gotham an
und erzählt von einem Wandel, von einem anarchischen Utopia,
in dem sich die unterklassige Gesellschaft gegen die Reichen und
Mächtigen zur Wehr setzt. Bane, und zeitweise auch Selina
Kyle, schwingen Occupy-Phrasen und beschwören einen gerechten
Wandel, aber so ganz will der Plan des Maskenmanns nicht aufgehen.
Insbesondere dann nicht, wenn überflüssige und
logisch fragwürdige Zeitsprünge hinzukommen, die Bane
beinahe auf das Niveau und Klischee-Potential eines
schwächeren Bond-Schurken reduzieren. Bane, und damit auch der
Film, spielt sich mit großen Worten und Gesten auf, hat
letztendlich aber nicht viel zu sagen, da die höheren Ziele
verdächtig bekannt vorkommen.
Bane ist das 100kg-Muskelmasse
Stoppschild für Batmans Karriereambitionen und als solches
funktioniert er dann doch nicht schlecht. Nur fehlt über weite
Strecken – und das in ein Problem sämtlicher Nolan
Batman-Filme – das emotionale Gewicht. Michael Caines Alfred
bekommt ein paar herzzerreißende Momente, doch ansonsten ist
„Rises“ wiedermal ein stoischer Batman-Klotz, der
unheilschwanger von Angstsymbolen, heroischen Idealen und
Opferbereitschaft spricht, aber seinen inneren Tumult abermals nicht
wirklich ausspielt, obwohl Christian Bale zweifellos ein absoluter
Könner ist und hier als Bruce mehr zu tun hat, als in
„Batman Begins“ und „The Dark
Knight“ zusammen. Dass Chris Nolan eigentlich gar kein
richtiges Interesse an Batman, dem Comichelden, hat, wird in
„Rises“ endgültig deutlich. Es ist weniger
ein Film mit Batman, als vielmehr ein Film über Batman. Nolan
hat in Bruce Wayne einen gebrochenen Helden gefunden. Vom Schicksal
geschlagen, mit Psychosen beladen, verliert sich Bruce Wayne in einer
Idee und versucht sein Leben in die „richtige“
Richtung zu lenken. Und gerade, als der Film in Schwung kommt,
müssen wir den halben ersten Teil durch einen Dreh quasi
erneut erleben. Dabei begibt sich Nolan überraschend deutlich
auf Comic-Terrain. Weniger stilistisch, erinnert Gotham hier doch noch
weniger an das Gotham aus „Begins“, das immerhin
noch in Ansätzen fantastisches Flair bot. Vielmehr lebt er den
Kostümfetisch durch Batman, Bane und die nie so betitelte
Catwoman aus, fährt ein noch größeres
Arsenal an hochgerüsteten Fahr- und Flugzeugen auf und gibt
sich auch schon mal humorvoll und tiefenentspannt. Gerade durch Anne
Hathaways wunderbar sarkastische, selbstbewusste und angemessen sexy
Darstellung der Selina Kyle, entsteht mehr Witz durch Blicke, Gesten
und flotte Sprüche, als wir das bisher in der Reihe gewohnt
waren. Selbst ikonische Comic-Bilder zitiert Nolan nun deutlich und
liefert passenderweise zum großen Showdown seine
größte und ausgiebigste richtige Actionszene seiner
Karriere, die zwar niemanden aus den Sitzen reißt, aber auch
dank Hans Zimmers perkussionsintensiver Musik wuchtig und dramatisch
wirkt.
Straßengefechte,
Schießereien, ausgedehnte Handgemenge – so klare
Actionmomente gab es in Nolans Batman-Reihe bisher noch nicht. Auch
wenn Zimmers unnachgiebig treibendes Que-pasa-pasa (das rufen sie
nicht, aber so klingt es) auf Dauer auch nervt, entwickelt
spätestens das letzte Drittel diesen ungehörigen
Druck und den Rhythmus, für den Nolan inzwischen bekannt ist.
Das macht dann endlich so viel Spaß, dass man wie so oft die
weiterhin auftauchenden inhaltlichen Schlenker, die Logikfehler und die
fragwürdigen Motivationen mehr und mehr ignorieren kann. Kaum
jemand wird sich unmittelbar beim Film verwundert fragen, ob Gotham
schon immer eine Küstenstadt war, was die restliche Welt
gerade macht oder wie schwer es sein kann, drei nicht wirklich
übermäßig stark bewachte Lastwagen zu
überfallen. Vielmehr kann man sich zurücklehnen und
durchaus auch begeistert zuschauen, wie Joseph Gordon-Levitt und Gary
Oldman sich in den Vordergrund spielen, wie uniformierte
Männer in blau heroischer gefeiert werden, als der Titelheld,
und wie dieser das angekündigte letzte Kapitel angeht, das in
diesem Film durch halbphilosophisches Blabla nochmal in eine beinahe
gänzlich neue Richtung gelenkt wird. So kriegt die Reise von
Batman und Chris Nolan eigentlich trotz Macken noch den Bogen zum
Positiven, endet jedoch in ärgerlich dümmlichen
Schlussmomenten, die im Detail vage bleiben und doch die Macht haben
alles zu untergraben, was hier in drei Filmen mühsam aufgebaut
wurde.
BG Kritiken zu Batman Filmen:
Batman (1989)
Batmans Rückkehr (1992)
Batman Forever (1995)
Batman and Robin (1997)
Batman Begins (2005)
The Dark Knight (2008)
The Dark Knight Rises (2012)
Batman v Superman - Dawn of Justice (2016) Fazit:
Gleichzeitig
der unterhaltsamste und ärgerlichste Teil in Christopher Nolans
Batman Trilogie. Überlang, übervoll und nicht so clever wie
der Vorgänger bzw. wie man vorgibt zu sein. „The Dark Knight
Rises“ hakt und stolpert, fasziniert jedoch bei den Figuren, die
gleichzeitig wiederum so viel mehr sein könnten.
6,5 /
10
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