KRITIK:
Sherlock Holmes
Regie:
Guy Ritchie
Darsteller: Robert Downey Jr., Jude Law
Release: 2010
von Christian Mester
Story:
Es ist sein bislang schwerster Fall: Sherlock
Holmes (Robert Downey Jr.) jagt Lord Blackwood (Mark
Strong), einen okkulten Serienmörder, der sich nicht
einmal von der Todesstrafe zu stoppen lässt.
Anscheinend von den Toten zurückgekehrt, droht er
finstern,
London ins Chaos zu stürzen. Jetzt können Holmes nur
noch seine engsten Verbündeten helfen - der
konservative Dr. John Watson (Jude Law) und Irene
Adler (Rachel McAdams); letztere eine ehemalige
Verflossene, die gleichzeitig für zwei Seiten
spielt.

Es stimmte, dass man Brad Pitt als Professor
Moriarty im Film
haben wollte, doch Pitt fand keine Zeit. Vermutlich spielt
er Moriarty im Sequel. |
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Kritik:
Wer sich unter einem Film zur berühmten Arthur Conan
Doyle Romanfigur atmosphärische Ermittlungen bei
Nacht und Nebel, schleichende Hochspannung und
schnörkelige Gestalten mit Klappuhr, Monokel und
Zylinder erwartet darf sich umsehen, denn all das
hat keinen Platz im neuen Abenteuer des
Meisterdetektivs. "Holmes" 2010 ist eine
witzversierte Action-Komödie.
Highlight ist klar Robert Downey Jr. ("Iron Man"), der
einmal mehr den sympathischen, schrägen Querkopf
gibt, der in seiner ungeschliffenen Art mit der
gewöhnlichen Welt kollidiert. Er spielt Holmes als
geniale, neunmalkluge Spürnase und als durchdachten Fighter, der mit
seinem Hang zu Frauen, Drogen und dreckiger Gewalt
herrlich zur englischen Upper Class Gesellschaft
kontrastiert. Ein vorprogrammierter Konflikt, der
durch Downeys unvergleichliche Art bestens zu
unterhalten weiß.

Die Kampfszenen sind nicht hinzu erfunden -
auch in den Romanen
ist Sherlock Holmes tatsächlich ein guter Zweikämpfer. |
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Ihm gegenüber steht
der immer gute, immer gern gesehene, jedoch nie
großartige Jude Law, der den Part Vernunft
übernehmen darf. Seine Funktion ist es, ein Gegenpol
zu Holmes zu sein, was fantastisch funktioniert.
Holmes & Watson streiten, kämpfen und ermitteln wie
ein altes Ehepaar und haben inmitten ihrer
Ermittlungen großartige Chemie dabei. Es macht sogar
Spaß, den beiden nur beim Abendessen zuzusehen.
Weil das aber auf Dauer etwas zu langweilig wäre,
bietet Guy Ritchie mehr. Er jagt die beiden auf
einem actionreichen Abenteuer durch das aufwendig
rekonstruierte London der Vergangenheit, das hier in
erster Schauplatz für reichlich Action wird. Die
Ermittlung im Falle Blackwood steht zwar immer im
Vordergrund, führt - wie bei einem Bond - allerdings
immer direkt zu einem größeren Konflikt, der
entweder in den Armen Irenes oder dem Faustaustausch
mit Fremden endet. Das Resultat sind einige größere
Actionszenen, die man so eventuell nicht erwarten
würde - vor allem eine destruktive Attacke am Hafen
lässt Achtung aussprechen.
Überhaupt erinnert "Holmes" von der ganzen Machart
her sehr an die Bond-Filme der Ära Roger Moore - die
Flirts mit der recht schicken, aber blassen Rachel
McAdams sind ähnlich und auch die ganze Partei der
Gegenseite lässt unweigerlich daran denken.
Bösewicht Blackwood will, wie soll es anders sein,
die Weltherrschaft an sich reißen, drischt hohle
Untergangsphrasen, hat einen überstarken Henchman
ala Beißer und ist selbst nur Schachfigur eines
Blofeld-artigen, hier schattierten Superbösewichts
(Prof. Moriarty), der seines Zeichens wohl Stargast
im obligatorischen zweiten Film sein wird.
Relativ gut gemacht sind die Ermittlungsarbeiten der
beiden, die im Zweistundenwerk genügend Zeit dafür
finden und einige knifflige Rätsel lösen. Besonders
auffällig: Holmes nutzt seine wissenschaftlichen
Kenntnisse aktiv in Zweikämpfen.
Was die Ära Moore betrifft, lässt sich auch
qualitativ vieles auf den neuen "Holmes" übertragen.
Die Action ist immer wieder gelungen und
abwechslungsreich, die Witze zünden und die
leichtherzige, leichtzickige Buddy-Mentalität der
Hauptfiguren macht Spaß, allerdings ist das
Gesamtkonzept nichts als ein gut gemachter
Popcornfilm, der nie den Anspruch erhebt, mehr als
das zu sein. Es trübt den Spaß etwas, da dieser
Holmes - so unterhaltsam die zwei Stunden auch sein
mögen - derart wohl nicht lange in Erinnerung
bleiben wird. Das hätte man vermeiden können, wäre
Blackwood kein so einsilbiger 0815-Bösewicht (Mark
Strong, eigentlich ein guter Darsteller, wird hier
völlig verheizt), gäbe es eine ernstzunehmende,
etwas realistischere Bedrohung und der gesamte Ton
einen Tacken ernster.
Was ein "Casino Royale" hätte werden können, ist
hier ein "Der Spion, der mich liebte" - gute
Unterhaltung, aber das geht doch noch besser.
Fazit:
"Sherlock Holmes" ist gut schmeckendes
Action-Popcornkino mit Witz und Charme, leider recht
austauschbar und weit hinter seinen Möglichkeiten.
Ganz knapp noch
7 / 10 |