Wenn du mich fragst ist es die falsche Herangehensweise, zu prüfen, ob Coppola die Fußstapfen von Don Siegel ausfüllen kann. Sie ist keine Anfängerin mehr, sondern macht (eigentlich schon seit ihrem Debüt) ihr eigenes Ding und wird das auch hier machen. Ich glaube nicht, dass sie sich bei der Storyfindung groß darum scheren wird (oder sollte), was Siegel gemacht hat und wie sie seinem Weg am besten entsprechen könnte. Nicht zuletzt ist es ja nun auch eine Romanadaption, warum sollte es sich also bei dieser neuen Version nur um die Erstverfilmung drehen? Dies wird Coppolas "Beguiled" sein* und für mein Empfinden erweist man einem Romanautor oder einem Erstregisseur den größten Respekt dann, wenn man nicht einfach kopiert und wiederholt, sondern in der Wiederholung/Adaption einer Geschichte keine falsche Rücksicht nimmt, wenn man als Künstler seine Vision dieser Geschichte durchbringt. Aus Sicht eines Fans der jeweiligen Vorlage möchte man da natürlich gewisse Grenzen setzen - und die sind wohl auch ab einem gewissen Punkt immer angebracht - aber Eigenständigkeit und der unbedingte Erzählwillen eines Künstlers haben bisher für mein Empfinden die besten Remakes oder Adaptionen hervorgebracht. Es gibt schon einen Grund, warum man immer wieder bei den üblichen Verdächtigen landet (The Fly, The Thing z.B.), wenn es um gelungene Remakes geht. Oder man schaue sich die Filmographie von Hitchcock oder Kubrick an, die fast immer auf einen Originalstoff zurückgriffen, sich aber fast nie um eine vorlagentreue Umsetzung bemüht haben.
*das ist natürlich nur Wunschgedanke, aber ich wäre sehr überrascht, wenn es nicht zumindest die Grundidee von Sofia Coppola ist
Bei der Einschätzen, was für ein Typ Mann Farrell ist, würde ich dir übrigens zustimmen, halte das aber für sehr interessant. Das könnte in der richtigen Herangehensweise der Trumpf des Films sein, weil Farrell auf den ersten Blick aussieht wie ein moderner, maskuliner Kerl (und das Image als Raufbold, Unruhestifter und Womanizer hat(te) er ja auch), aber eben diese angesprochene Verletzlichkeit besitzt, die z.B. in "The Lobster" oder auch "Brügge" so gut passte.
Ohne zu wissen wie Siegels Film es anlegt, würde ich davon ausgehen, dass Coppolas Film eine klare Frauenperspektive einnimmt. Da wird Farrell als wirkungsvoller und wandelbarer männlicher Gegenpol eingesetzt. Ich denke, wenn man schon Siegel und Coppola vergleichen will, dann vielleicht aus einer Gender-Perspektive.