Revolvermann schrieb:
Auch wenn er es vielleicht nicht mehr schafft zu überraschen, ist er doch zu einem soliden Handwerker geworden.
Dir reicht es, mir ehrlich gesagt nicht. Oder anders formuliert: Mir reicht es in Filmen wie "Der Marsianer" oder zu knapp 60% in "Covenant", aber ich finde diese reale Geschichte (die mir bisher unbekannt war) ziemlich spannend und denke, dass man daraus einen überaus zeitgemäßen und diskussionswürdig-brenzligen Film machen könnte. Und dafür reicht mir Ridley Scotts gutes Auge und solides Handwerk (in dieser logischerweise noch vagen Vermutungssituation) nicht aus. Es kommt, wenn ich das richtig gelesen habe, Anfang des Jahres eine TV-Miniserie zum gleichen Thema. Vielleicht wird die der Sache gerecht ... oder dieser Film überrascht mich und haut mich aus den Socken.
Jay schrieb:
Aber ja, Scott hat eine überwiegend gute Filmografie, würd ich sagen.
Alien, Gladiator und Blade Runner sind gleich drei Filmklassiker auf einmal. Die wenigsten haben einen - er hat gleich dreie.
Sehr gut sind Hannibal, Königreich der Himmel DC und Black Hawk Down.
Gut sind Thelma und Louise, Die Duellisten, Black Rain, 1492, Der Mann der niemals lebte, Prometheus, White Squall, Alien Covenant, Tricks, Exodus, Die Akte Jane, Robin Hood und Der Marsianer.
Mau bzw. belanglos sind hingegen Legende (ok, Currys Design ist toll), Ein gutes Jahr, The Counselor (die Autoscheibenszene...) und American Gangster (der lachhafte Versuch, Der Pate in urban zu sein). Die hätte auch jeder andere drehen können.
Scott hat eine überwiegend mittelmäßige/identitätslose Filmographie, würde ich sagen. Insbesondere für jemanden, der selbst Gelegenheitsguckern/-kinogängern relativ bekannt ist und einen gewissen Stellenwert hat. Es sind eben die drei genannten "Klassiker", die einen enormen kulturellen Stellenwert haben. Das ist nicht von der Hand zu weisen und muss auch anerkannt werden. Danach geht Scotts Filmographie für mich aber recht schnell in den Bereich von "unbesonders" - du formulierst selbst, dass manche Filme "hätte auch jeder andere drehen können" und den Vorwurf sehe ich bei vielen Filmen. Da würde ich "Legende" sogar rausnehmen, weil der immerhin visuell ungewöhnlich ist, wenn auch nicht besonders gut. Aber was soll man mit einem Nichts wie "Ein gutes Jahr" anfangen, außer rund zwei Stunden harmlos berieselt zu werden? Ich bin ja bekanntermaßen ein Freund von "Tricks", aber für meine Begriffe ist Scott als Regisseur sowohl inszenatorisch als auch thematisch unsichtbar dort.
Und er hat sehr wohl schlechte Filme gemacht. "Hannibal" z.B.
Und "1492". Und "Robin Hood". Und "Exodus". Ernsthaft, von mir aus nennen wir "Robin Hood" noch gnädigerweise "belanglos, langweilig, verschenkt", aber seit wann erlauben wir uns denn, den in den Bereich von "Gut" zu befördern?
Und meine zentralen Zweifel bzgl. Scott und diesem Plot bleiben: Scott ist kein Charakterregisseur, ist kein Drama-Regisseur, ist überwiegend unpolitisch/thematisch variabel. Selbst wenn man einen Großteil der Scott'schen Filmographie mögen sollte, wo bzw. wann hat er einen Stoff wie diesen mal besser als solide umgesetzt? (Maximal "Thelma & Louise" und das ist weit hergeholt ... und lange her.) Und Ridley ist alt genug, dass er mittlerweile gezeigt haben sollte, wenn ihm wirklich etwas an einer Narrative wie dieser liegen sollte. Andererseits ... warum macht er dann diesen Film? Irgendwas scheint ihn ja doch zu reizen.
Aber wenn man ihn dann in Interviews sieht, wie routiniert und fachmännisch und abgeklärt er den Produktionsprozess beschreibt, wie wenig Interesse er daran zu haben *scheint* über Figurenpsychologie, thematische Kernpunkte und politische Ansätze zu sprechen, frage ich mich schon woher seine Motivation kommt (und wohin sie verschwindet, sobald die Kamera läuft
) ...