Clive77
Serial Watcher
Es war Freitag. Ich saß auf dem Rücksitz des schwarzen Kleinwagens meiner Mutter. Nie hätte ich gedacht, dass sie mich wieder auf die Rückbank verbannen würde, ich war immerhin schon 25 und konnte selbst fahren. Sie hatte allerdings nie die alte Kindersicherung hinten entfernt. Vermutlich weil sie gar nicht wusste wie das funktioniert und es dann über die Jahre einfach vergessen hatte. Jetzt allerdings erschien es ihr sehr praktisch. „So kannst du nicht einfach abhauen, sobald wir anhalten“, hatte sie gesagt, bevor sie und mein Vater mich mehr oder weniger sanft auf den Sitz bugsierten und die Tür neben mir zuschlugen. Ich sackte in mich zusammen, legte den Kopf an die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen. Durch die Tür konnte ich hören wie meine Mutter schluchzte und ein paar erstickte Worte murmelte. Ich konnte nicht verstehen, was sie gesagt hatte, da mein Vater sie offenbar in die Arme genommen hatte und sie ihr Gesicht an seiner Schulter vergrub. Er sagte ihr, dass sie sich beruhigen müsse und dass alles gut werden würde, sobald ich erst einmal da sei.
Seit Beginn der Fahrt hatte ich mich nicht gerührt. Wir waren auf dem Weg ins Krankenhaus.
Es hatte begonnen zu regnen und die Tropfen klopften auf das Dach des Wagens. Dieses Geräusch hatte mich schon als Kind beruhigt. Ich mochte Regen schon immer. Ich beobachtete zwei Regentropfen, die träge an der Scheibe hinab glitten und wettete mit mir selbst, welcher wohl als erstes ans Ziel kommen würde. Es sah aus, als würde ich gegen mich selbst verlieren. Ich schmunzelte schief und bitter. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, wenn man bedenkt, dass ich auf dem Weg war, in die Klapse eingewiesen zu werden.
„Oh! Geschlossene psychologisch, psychiatrische Abteilung heißt es offiziell“, korrigierte ich mich mit sarkastischem Unterton selbst. In genau dem gleichen Ton, den meine Mutter benutzt hatte, als sie mir eröffnete, wohin ich gebracht werden würde. Ich glaube sie hatte befürchtet, dass ich ausrasten würde. Stattdessen saß ich nur still da, blinzelte zweimal ungläubig und starrte in die weit aufgerissenen Augen meiner Mutter, die mich erwartungsvoll und mit verkniffenen Lippen ansah. Eine peinliche Stille entstand und ich wusste nicht so recht, wie ich reagieren sollte. Gedanken rasten durch meinen Kopf und mein Blick flatterte kurz zu meinen verbundenen Handgelenken, die auf der schneeweißen Bettdecke des Krankenhausbettes ruhten. Als mein Blick wieder zurück zu meiner Mutter zuckte, sah ich, dass sie ebenfalls meine Handgelenke anstarrte. Sie fühlte sich offenbar ertappt und sah mir wieder ins Gesicht. Ich klappte den Mund auf, wusste allerdings nicht was ich sagen sollte. Ich ließ meinen Kiefer wieder zuschnappen und nickte nur betreten. Ich wusste, dass ich auf verlorenem Posten kämpfen würde.
Unser kleines Provinzkrankenhaus war allerdings nicht auf „solche Fälle“, wie der Oberarzt mich euphemistisch genannt hatte, ausgelegt. Weshalb wir jetzt eine Stunde in die nächstgelegene Großstadt fahren mussten. Ich hasste es, wie mich die Ärzte und Schwestern mit Samthandschuhen anfassten. Verdammt nochmal: Ja, ich hatte versucht mich umzubringen und ja, ich war trotzdem noch da, immer noch in diesem Elend namens Leben.
Witzig, wie überrascht meine Eltern waren, als sie am Fußende meines Bettes standen und der einzige, nicht besonders kompetente Psychologe des Krankenhauses mit ihnen gesprochen hatte. Ich saß die ganze Zeit nur stumm wie ein Fisch in meinem Bett und starrte an die Wand hinter den dreien. Nachdem der Möchtegern-Freud uns verlassen hatte, begann die elterliche Inquisition. Eine gefühlte Wagenladung an Fragen überrollte mich. Unverständnis, Sorge, Trauer und vor allem Schock lagen in der Luft. Ich antwortete monoton und knapp. Das Unverständnis blieb.
Ich wollte nicht über meine Gedanken und Gefühle reden. Ich wollte sie noch nicht einmal selbst ertragen müssen, wieso um alles in der Welt sollte ich auch noch andere damit belasten? Ich behielt alles negative im Verborgenen. Ansonsten musste ich funktionieren. Dass ich die nächsten drei Monate weggesperrt werden würde, bereitete mir Magenschmerzen.
Wir hielten an. Meine Eltern stiegen aus und die Türen schlugen zu. Ich wartete, bis mir die Tür aufgemacht wurde. Ich ging den gepflasterten Weg zur hohen Eingangstür des Krankenhauses entlang, flankiert von meinen Eltern wie Leibwächter. Mein Vater hatte mir die Hand auf die Schulter gelegt, wo sie etwas fester als gewohnt ruhte.
Wir standen am Empfang und meine Eltern sprachen mit der rundlichen Dame, die etwas gestresst zwischen verschiedenen Dokumenten hin und her blätterte. Ich achtete nicht darauf, was die drei besprachen, sondern lehnte mich gegen den Schalter, ließ den Kopf hängen und schloss die Augen. Mein Kopf war wie leer gefegt. Seitdem ich im Krankenhaus aufgewacht bin und feststellen musste, dass ich noch am Leben bin, fühlte ich mich wie betäubt. Alles schien, als wäre es unendlich weit weg und in dichten Nebel gehüllt. Es war mir egal, was mit mir passieren würde. Ich wollte nicht einmal mehr versuchen morgens aufzustehen. Alles schien so fürchterlich anstrengend, so etwas wie einen Alltag aufrecht zu erhalten glich für mich einer unlösbaren Herausforderung. Das war allerdings nichts neues. Schon die Monate vor meinem kläglichen Versuch mich vom Planeten zu schießen gelang es mir immer weniger gut, meine täglichen Aufgaben zu bewältigen. Irgendwann hatte ich nach und nach mit allem aufgehört. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte mal beim Sport gewesen war. Oder wann ich das letzte mal mit meinen Freunden in einer Bar war. Oder ob ich überhaupt noch Freunde hatte. Die letzten paar Wochen verließ ich nicht einmal mehr meine Wohnung, wenn ich nicht unbedingt musste.
Meine Mutter tippte mir behutsam auf die Schulter. Ich zuckte zusammen und hob ruckartig den Kopf. Meine Eltern und die Dame schauten mich an. Anscheinend wurde ich irgendetwas gefragt. Ich gab ein zerstreutes „Hm?“ von mir. „Ob Sie damit einverstanden sind, wenn Sie für einen Zeitraum von 3 Monaten bei uns bleiben? Ohne Ihr ausdrückliches Einverständnis können wir Sie nicht da behalten, da Sie ja bereits seit einigen Jahren volljährig sind und Ihr Psychologe es Ihnen freistellen wollte und deshalb von einer Zwangsein-, beziehungsweise eher Zwangsüberweisung abgesehen hatte“, erklärte die etwas überfreundlich dreinblickende Dame mir. „Ja. Ja, ist okay, machen Sie nur“, murmelte ich und fuhr mir resigniert mit der Hand durch die Haare. „Dann unterschreiben Sie bitte hier“, sagte die Empfangsdame und tippte auf die untere Hälfte eines Dokuments. Ich setzte meine krakelige Unterschrift unter eine Reihe von Absätzen, ohne mir die Mühe zu machen, sie durchzulesen. Es war mir egal, einfach alles egal. Es gab zunächst noch ein bisschen Hin und Her, bis alles geregelt war. Meine Mutter schloss mich in eine schraubstockartige Umarmung und ich ließ sie über mich ergehen. Mein Vater klopfte mir beherzt auf die Schulter und warf mir ein Lächeln zu, dass vermutlich aufmunternd gemeint sein sollte. Die Dame stand erwartungsvoll neben uns und wartete darauf, dass die Verabschiedung vorbei war. Meine Eltern verließen die Empfangshalle des Krankenhauses und ich hörte noch, wie die Stimme meiner Mutter bebte, als sie sich mit meinem Vater unterhielt, der ihr beschützend den Arm umlegte.
Ich sah den beiden noch eine Weile nach und fühlte mich noch einsamer und kälter als zuvor. So geborgen, wie die beiden miteinander umgingen. Ich hatte mir immer gewünscht, dass ich irgendwann mal jemanden finden würde, mit dem ich eine solche Intimität teilen könnte, aber das war schon seit langem nicht mehr wichtig. Ich glaubte, es gäbe niemanden auf dieser Welt, der sich mit mir rumplagen wollen würde und ich wollte niemanden mit mir und meinen düsteren Gedanken belasten. Wenn ich mich schon selbst am liebsten nicht mal kennen würde, wie sollte dann jemand in der Lage sein, mir so etwas wie Zuneigung zu geben?
Die rundliche, kleine Dame räusperte sich verlegen und riss mich aus meinem Gedankenstrudel. Ich sah zu ihr und sie bedeutete mir ihr zu folgen. Ich trottete hinter ihr her und wir gingen durch ein Labyrinth aus steril riechenden Gängen mit quietschenden Linoleum Fußböden. Wir kamen zu einem Fahrstuhl. Als wir nicht mehr gingen, sondern auf den Fahrstuhl warteten fühlte sich das Schweigen sehr betreten an. Sie empfand das anscheinend ähnlich und versuchte überschwänglich zu wirken: „Also, Ihnen wird es bestimmt bei uns gefallen. Wir haben sehr oft mit solchen Fällen wie Ihrem...“ „Da war es wieder „solche Fälle““, unterbrach ich sie in Gedanken. „...zu tun und unsere ehemaligen Patienten meinten, dass wie ihnen sehr helfen konnten. Sie werden schon sehen, alles wird wieder gut. Lassen Sie sich auf die Therapie ein und Sie schaffen das schon. Sie sind ja ein junger Mann, der sein Leben noch vor sich hat, sie überstehen diese Tiefphase“, schnatterte die Empfangsdame weiter und wurde mir mit jeder Silbe unsympathischer. Ich hoffte inständig, dass die offiziellen Angestellten der Klapsenabteilung etwas feinfühliger wären und nicht mit leeren Phrasen um sich werfen oder meine Depression als „Tiefphase“ bezeichnen würden.
Seit Beginn der Fahrt hatte ich mich nicht gerührt. Wir waren auf dem Weg ins Krankenhaus.
Es hatte begonnen zu regnen und die Tropfen klopften auf das Dach des Wagens. Dieses Geräusch hatte mich schon als Kind beruhigt. Ich mochte Regen schon immer. Ich beobachtete zwei Regentropfen, die träge an der Scheibe hinab glitten und wettete mit mir selbst, welcher wohl als erstes ans Ziel kommen würde. Es sah aus, als würde ich gegen mich selbst verlieren. Ich schmunzelte schief und bitter. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, wenn man bedenkt, dass ich auf dem Weg war, in die Klapse eingewiesen zu werden.
„Oh! Geschlossene psychologisch, psychiatrische Abteilung heißt es offiziell“, korrigierte ich mich mit sarkastischem Unterton selbst. In genau dem gleichen Ton, den meine Mutter benutzt hatte, als sie mir eröffnete, wohin ich gebracht werden würde. Ich glaube sie hatte befürchtet, dass ich ausrasten würde. Stattdessen saß ich nur still da, blinzelte zweimal ungläubig und starrte in die weit aufgerissenen Augen meiner Mutter, die mich erwartungsvoll und mit verkniffenen Lippen ansah. Eine peinliche Stille entstand und ich wusste nicht so recht, wie ich reagieren sollte. Gedanken rasten durch meinen Kopf und mein Blick flatterte kurz zu meinen verbundenen Handgelenken, die auf der schneeweißen Bettdecke des Krankenhausbettes ruhten. Als mein Blick wieder zurück zu meiner Mutter zuckte, sah ich, dass sie ebenfalls meine Handgelenke anstarrte. Sie fühlte sich offenbar ertappt und sah mir wieder ins Gesicht. Ich klappte den Mund auf, wusste allerdings nicht was ich sagen sollte. Ich ließ meinen Kiefer wieder zuschnappen und nickte nur betreten. Ich wusste, dass ich auf verlorenem Posten kämpfen würde.
Unser kleines Provinzkrankenhaus war allerdings nicht auf „solche Fälle“, wie der Oberarzt mich euphemistisch genannt hatte, ausgelegt. Weshalb wir jetzt eine Stunde in die nächstgelegene Großstadt fahren mussten. Ich hasste es, wie mich die Ärzte und Schwestern mit Samthandschuhen anfassten. Verdammt nochmal: Ja, ich hatte versucht mich umzubringen und ja, ich war trotzdem noch da, immer noch in diesem Elend namens Leben.
Witzig, wie überrascht meine Eltern waren, als sie am Fußende meines Bettes standen und der einzige, nicht besonders kompetente Psychologe des Krankenhauses mit ihnen gesprochen hatte. Ich saß die ganze Zeit nur stumm wie ein Fisch in meinem Bett und starrte an die Wand hinter den dreien. Nachdem der Möchtegern-Freud uns verlassen hatte, begann die elterliche Inquisition. Eine gefühlte Wagenladung an Fragen überrollte mich. Unverständnis, Sorge, Trauer und vor allem Schock lagen in der Luft. Ich antwortete monoton und knapp. Das Unverständnis blieb.
Ich wollte nicht über meine Gedanken und Gefühle reden. Ich wollte sie noch nicht einmal selbst ertragen müssen, wieso um alles in der Welt sollte ich auch noch andere damit belasten? Ich behielt alles negative im Verborgenen. Ansonsten musste ich funktionieren. Dass ich die nächsten drei Monate weggesperrt werden würde, bereitete mir Magenschmerzen.
Wir hielten an. Meine Eltern stiegen aus und die Türen schlugen zu. Ich wartete, bis mir die Tür aufgemacht wurde. Ich ging den gepflasterten Weg zur hohen Eingangstür des Krankenhauses entlang, flankiert von meinen Eltern wie Leibwächter. Mein Vater hatte mir die Hand auf die Schulter gelegt, wo sie etwas fester als gewohnt ruhte.
Wir standen am Empfang und meine Eltern sprachen mit der rundlichen Dame, die etwas gestresst zwischen verschiedenen Dokumenten hin und her blätterte. Ich achtete nicht darauf, was die drei besprachen, sondern lehnte mich gegen den Schalter, ließ den Kopf hängen und schloss die Augen. Mein Kopf war wie leer gefegt. Seitdem ich im Krankenhaus aufgewacht bin und feststellen musste, dass ich noch am Leben bin, fühlte ich mich wie betäubt. Alles schien, als wäre es unendlich weit weg und in dichten Nebel gehüllt. Es war mir egal, was mit mir passieren würde. Ich wollte nicht einmal mehr versuchen morgens aufzustehen. Alles schien so fürchterlich anstrengend, so etwas wie einen Alltag aufrecht zu erhalten glich für mich einer unlösbaren Herausforderung. Das war allerdings nichts neues. Schon die Monate vor meinem kläglichen Versuch mich vom Planeten zu schießen gelang es mir immer weniger gut, meine täglichen Aufgaben zu bewältigen. Irgendwann hatte ich nach und nach mit allem aufgehört. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte mal beim Sport gewesen war. Oder wann ich das letzte mal mit meinen Freunden in einer Bar war. Oder ob ich überhaupt noch Freunde hatte. Die letzten paar Wochen verließ ich nicht einmal mehr meine Wohnung, wenn ich nicht unbedingt musste.
Meine Mutter tippte mir behutsam auf die Schulter. Ich zuckte zusammen und hob ruckartig den Kopf. Meine Eltern und die Dame schauten mich an. Anscheinend wurde ich irgendetwas gefragt. Ich gab ein zerstreutes „Hm?“ von mir. „Ob Sie damit einverstanden sind, wenn Sie für einen Zeitraum von 3 Monaten bei uns bleiben? Ohne Ihr ausdrückliches Einverständnis können wir Sie nicht da behalten, da Sie ja bereits seit einigen Jahren volljährig sind und Ihr Psychologe es Ihnen freistellen wollte und deshalb von einer Zwangsein-, beziehungsweise eher Zwangsüberweisung abgesehen hatte“, erklärte die etwas überfreundlich dreinblickende Dame mir. „Ja. Ja, ist okay, machen Sie nur“, murmelte ich und fuhr mir resigniert mit der Hand durch die Haare. „Dann unterschreiben Sie bitte hier“, sagte die Empfangsdame und tippte auf die untere Hälfte eines Dokuments. Ich setzte meine krakelige Unterschrift unter eine Reihe von Absätzen, ohne mir die Mühe zu machen, sie durchzulesen. Es war mir egal, einfach alles egal. Es gab zunächst noch ein bisschen Hin und Her, bis alles geregelt war. Meine Mutter schloss mich in eine schraubstockartige Umarmung und ich ließ sie über mich ergehen. Mein Vater klopfte mir beherzt auf die Schulter und warf mir ein Lächeln zu, dass vermutlich aufmunternd gemeint sein sollte. Die Dame stand erwartungsvoll neben uns und wartete darauf, dass die Verabschiedung vorbei war. Meine Eltern verließen die Empfangshalle des Krankenhauses und ich hörte noch, wie die Stimme meiner Mutter bebte, als sie sich mit meinem Vater unterhielt, der ihr beschützend den Arm umlegte.
Ich sah den beiden noch eine Weile nach und fühlte mich noch einsamer und kälter als zuvor. So geborgen, wie die beiden miteinander umgingen. Ich hatte mir immer gewünscht, dass ich irgendwann mal jemanden finden würde, mit dem ich eine solche Intimität teilen könnte, aber das war schon seit langem nicht mehr wichtig. Ich glaubte, es gäbe niemanden auf dieser Welt, der sich mit mir rumplagen wollen würde und ich wollte niemanden mit mir und meinen düsteren Gedanken belasten. Wenn ich mich schon selbst am liebsten nicht mal kennen würde, wie sollte dann jemand in der Lage sein, mir so etwas wie Zuneigung zu geben?
Die rundliche, kleine Dame räusperte sich verlegen und riss mich aus meinem Gedankenstrudel. Ich sah zu ihr und sie bedeutete mir ihr zu folgen. Ich trottete hinter ihr her und wir gingen durch ein Labyrinth aus steril riechenden Gängen mit quietschenden Linoleum Fußböden. Wir kamen zu einem Fahrstuhl. Als wir nicht mehr gingen, sondern auf den Fahrstuhl warteten fühlte sich das Schweigen sehr betreten an. Sie empfand das anscheinend ähnlich und versuchte überschwänglich zu wirken: „Also, Ihnen wird es bestimmt bei uns gefallen. Wir haben sehr oft mit solchen Fällen wie Ihrem...“ „Da war es wieder „solche Fälle““, unterbrach ich sie in Gedanken. „...zu tun und unsere ehemaligen Patienten meinten, dass wie ihnen sehr helfen konnten. Sie werden schon sehen, alles wird wieder gut. Lassen Sie sich auf die Therapie ein und Sie schaffen das schon. Sie sind ja ein junger Mann, der sein Leben noch vor sich hat, sie überstehen diese Tiefphase“, schnatterte die Empfangsdame weiter und wurde mir mit jeder Silbe unsympathischer. Ich hoffte inständig, dass die offiziellen Angestellten der Klapsenabteilung etwas feinfühliger wären und nicht mit leeren Phrasen um sich werfen oder meine Depression als „Tiefphase“ bezeichnen würden.