2016 - Eine Bilanz (Teil 2):
Die 38 besten, der von mir gesehenen, Filme des Jahres 2016 (Nur die besten "15" bilden eine durchdachte Rangfolge):
15. WIENER DOG
(Wer Todd Solondz kennt, leider gar nicht mal so viele, dessen Leben ist ein wenig reicher.)
14. THE MODEL
(Der Kampf ist nicht vorbei, wenn der Gipfel erklommen ward. Der zweite Film, der sich nach dem überragenden THE NEON DEMON dem Model-Milieu annimmt. Niederschmetternd und unbequem. In seinen Motiven vielleicht ein wenig überraschungsarm, aber mein Seherlebnis war geprägt von hoher Intensität.)
13. TATORT: MUROT - ES LEBE DER TOD
(
"Traurigkeit führt zu Einsamkeit. Und Einsamkeit macht traurig." Hervorragend wie bereits IM SCHMERZ GEBOREN. Jeder Murot-Tatort gehört ins Kino. Aber da ist ja schon dieser Schweiger. Verkehrte Welt. Übrigens: Jens Harzer, der hier den Antagonisten gibt, ist einer der besten deutschen Schauspieler überhaupt. Ist allerdings vorrangig im Theater anzutreffen.)
12. TONI ERDMANN
(Was ist absurder? Das ständige Gefasel von
skills,
challenges und
evaluations oder ein haariges Wesen, welches auftaucht und in der Wortlosigkeit verharrt, ehe es kausal für eine wunderschöne Gefühlsregung wird? Trotz allem: Ein Film über die Einsamkeit.)
11. DER WERT DES MENSCHEN
(Wie viel Demütigung kann ein Mensch ertragen? Dieses Werk verdient es gesehen zu werden. Auf ICH, DANIEL BLAKE kann hingegen gerne verzichtet werden. Aber diesen merkwürdigen Ken Loach konnte ich ohnehin noch nie ertragen.)
10. VALLEY OF LOVE
(VALLEY OF LOVE ist ruhig, meditativ, einnehmend, tiefgründig und vor allen Dingen wahrhaftig. Depardieu und Huppert gehören zu den besten Schauspielern aller Zeiten. Kann man gar nicht oft genug betonen.)
09. PERSONAL SHOPPER
(Fressen Zerstreuung Seele auf? Ein mutiger Film. Warum? Weil Regisseur Assayas sich bewusst angreifbar macht, da er nicht auf Nummer sicher geht. Überdies demonstriert Kristen Stewart einmal mehr, dass sie zu den größten Talenten ihrer Generation gehört.)
08. ANOTHER EVIL
(Wenn das vermeintlich abstrakte, unwirkliche Böse, sich auf einmal direkt und unmittelbar vor einem personifziert, und man es nicht hat kommen sehen, wiewohl es möglich gewesen wäre. Höhepunkt ist für mich eine Szene gewesen, die sicherlich fünfzehn Minuten andauert, und in der einer der Hauptprotagonisten monologisch eine verstörende Geschichte aus seiner Vergangenheit erzählt und sich parallel dazu in meinem Kopf der dazugehörige
Film wie selsbstverständlich abspielte. Erstmalig scheint mir, habe ich verstanden, was Kopfkino
wirklich bedeutet. Exzellente Dialoge, umwerfende Darsteller und der subtile, sich gängigen Konventionen widersetzende, Aufbau machen das Werk fast einzigartig. Ach, was rede ich so lange rum: Meisterwerk!)
07.
MÖRDERLAND (MARSHLAND)
(Angesiedelt in der unmittelbaren Post-Franco-Ära, versucht sich die spanische Gesellschaft der Achtzigerjahre zu finden, zu ordnen: In Sachen Dialog geht es hier eher karg zu, also bitte nicht zu einer Drehbuchkritik hinreißen lassen. Es sollte schon eine
Filmkritik sein. Das Werk besticht durch eine ungewöhnlich perfekte Bildsprache, die obendrein auch auf der rein ästhetischen Ebene - im Wortsinne - atemberaubend ist, wenn man sich die wie prachtvolle Gemälde aussehenden Vogelperspektiven des titelgebenden Marschlandes so anschaut. MÖRDERLAND
ist Bildsprache. Die Geschichte wird mittels der
visual literacy erzählt; das gesprochene Wort hat hier das Nachsehen. Kurze Blicke und Handberührungen sollte man sich schon sehr genau ansehen. Wer also die grässliche Übung pflegt, während einer Filmbetrachtung im Internet zu surfen oder sein Smartphone zu betatschen, Film also nebenbei zu "genießen" pflegt und nur aufschaut, wenn es kracht oder gar meint, dass es schon ausreiche, wenn man nur auditiv den Dialogen fröhnt, der wird MÖRDERLAND in der Gänze nicht fassen können. Dies sei als gutgemeinte Warnung dem Filmerlebnis vorausgeschickt.)
06. INTO THE INFERNO
(Herzog erzählt uns einmal mehr sehr viel über uns, uns Menschen.)
05. THE NEON DEMON
(Verschlingend. Ein Erlebnis nicht nur für Sinne, sondern auch für den Intellekt. Der Film versetzte mich - wie auch schon ONLY GOD FORGIVES - in einen sonderbaren Zustand der Introspektion, der mir viele fruchtbare Gedankengänge schenkte.)
04.
THE REVENANT
(Am Ende wartet nur das Nichts auf die Getriebenen.)
03. THE HATEFUL EIGHT
(Nachhaltig und bei jeder Neubetrachtung hinzugewinnend. Auffallend ist weiterhin, dass Tarantino einer der wenigen, dem "Mainstream" nicht unbekannten, Regisseure ist, der sexuelle Gewalt von Männern gegen Männer visualisiert. Man erinnere sich auch an PULP FICTION. Dergleichen findet sich im Kino selten.)
02. THE SURVIVALIST
(Müsste eigentlich ebenfalls auf Platz 1 stehen. Von Kritiker Rajko Burchardt m. E. fehlinterpretiert, ist der Film ganz offensichtlich die Umsetzung der Hobbes'schen Staatsphilosophie. Hobbes allerdings nicht gedeutet als jemand der eine pessimistische Antrophologie vertritt (was soll das überhaupt sein?), sondern als ein Theoretiker, der auf ein Strukturproblem hinweisen möchte. Der Naturzustand entwickelt Probleme und normative Grundlagen, die aufzeigen, was der Zweck des Staates und warum er unverzichtbar ist. Der Hobbes'schen Konstruktion geht es nicht um die Frage, ob
alle aggrressiv sind, sondern ob man ausschließen kann, dass
einige aggressiv sind und wie man dann - im Rahmen des Naturzustandes - damit umgeht. THE SURVIVALIST spielt die Hobbes'sche Staatsphilosphie eindrucksvoll durch. Beeindruckend, wirklich beeindruckend.)
01. CAMINO
(CAMINO ist ein existenzialistischer Überlebensfilm, Drama, Affektkino, Kopfkino, Actionkino, Gewaltstudie, intimes Kammerspiel, feministisches Kino. CAMINO will alles. CAMINO kann alles!
Hier findet sich meine ausführliche Besprechung:
Camino ~ Zoë Bell, Kevin Pollak )
Außer Konkurrenz:
-
CREED