Dr Knobel schrieb:
Im Fall GB schmeißt man aber auch Leute, die keineswegs dummes Zeug erzählen oder grundsätzlich nichts gegen Frauen haben, mit diesen Spinnern in einen Topf.
"In einen Topf schmeißen" ist eine unpassende Formulierung, ein Extrem. Ich stelle die einen nicht mit den anderen auf eine Stufe.
Mag sein, dass du das so siehst. Du differenzierst aber auch nicht. Prinzipiell steht doch die Frage/Aussage im Raum, ob man ein Sexist ist, weil man den Film wegen der Damen-Besetzung ablehnt. Dabei berücksichtigst du kaum, ob es nun an der generellen Besetzung mit Frauen liegt, oder ob es an DER Besetzung und dieser Herangehensweise liegt. Du gehst auch leider überhaupt nicht darauf ein, inwiefern die von Beginn an arg verunglückte Promotion mit an der allgemeinen Stimmung liegt. Denn all das, was man z.B. bei SW richtig machte, macht man hier falsch. Auch bei SW gab es u.a. wegen Abrams Magenschmerzen, doch das hat sich im Laufe der Zeit immer stärker verändert, weil man den Fans, dem eigentlichen Stammpublikum, das Gefühl gab: Wir wissen, was wir machen. Wir wissen, was ihr wollt. Und yeah, ihr werdet es bekommen. Im Falle von GB kackte man darauf und tat grundsätzlich das Gegenteil von dem, was der Stamm wollte. Na klar kann man das machen, aber dann darf man sich nicht über den Anti-Hype beschweren.
Ja, dann ist Ghostbusters halt ein kühl bilanziertes Projekt für ein anderes Publikumssegment. Was ist denn aber das größere Problem daran? Dass es ein vermutlich wenig kreatives Projekt ist, oder dass es vermeintlich für ein anderes Publikumssegment ist.
Das Problem ist, dass man das ursprüngliche Publikum, das Publikum, das mit den Filmen aufgewachsen ist, völlig ignoriert und offensichtlich kein Interesse daran hat, diesen Stamm zufrieden zustellen. Ja, man hat es mit dem Fanservice bei SW fraglos übertrieben, aber man hat nach dem Debakel von Episode 1-3 genau das richtige gemacht, indem man verstanden hat, dass man die alten Recken noch braucht. Hier wirft man alles über Bord. Hast du bei Feig das Gefühl, ihm ist es wirklich wichtig, dass er da einen der wichtigsten Mainstream-Filme der 80er-Jahre neu anpackt? Dass es eine Ehre sein muss, das tun zu dürfen? Dass man das mit Bedacht und viel Fingerspitzengefühl machen muss? Ich nicht. Und deswegen noch einmal: Die geballte Kritik an dem Film hängt sich nur an der Frauenbesetzung auf, weil das vor allem in Person von McCarthy der offensichtlichste Lapsus ist, ist aber nicht der alleinige Grund für diese Ablehnung. Und mit Sexismus hat das bei der breiten Masse schon einmal gar nichts zu tun.
Irgendwie überwiegt da oft die Meinung "mir gefällt das nicht, weil das für die anderen ist" ... anstelle des angebrachteren "mir gefällt das nicht, weil mir solche Filme nicht gefallen".
Es ist aber nicht einfach "solch" ein Film, und das scheint Feig nicht zu kapieren, und auch du stehst der Ablehnung ja auch etwas ratlos gegenüber. Das ist allgemeines Kulturgut. Nochmal: Ich kann natürlich mit dem Kehrbesen dadurch gehen und keinen Stein auf dem anderen lassen, aber das kann es doch bei einer Neuauflage einer bekannten Marke nicht sein. Dann darf ich mich nicht über Gegenwind beschweren. Nennt das Ding anders, versucht es nicht so offensichtlich an einen Kult anzupassen, nicht so stark zu kopieren, und die Probleme wären in dieser geballten Form nicht da. Nutze ich so eine Marke, nutze ich den Titel, gehe ich eine Verpflichtung ein. Das habe ich als Studio, das habe ich als Regisseur zu akzeptieren. Will ich mich dem nicht aussetzen, mache ich es nicht. Ansonsten heißt es: Tobe dich aus, aber bleibe in den Grenzen des Originals und gehe Veränderungen nur vorsichtig an.
Ach ja, ich schreibe "vermeintlich", weil ich bisher immer noch nicht verstanden habe, wieso Ghostbusters mit Frauen in den Hauptrollen weniger für Männer geeignet sein soll. Kannst du mir das erklären?
Das ist doch die völlig falsche Fragestellung, und dazu ignorierst du bereits genannte Dinge, weil sie nicht in deine Argumentation passen.
Erstens: Es gibt ein Franchise, in dem sind gewisse Dinge festgelegt. Wenn ich da nun so rabiat etwas ändere - und ja, vier Männerrollen nun mit Frauen zu besetzen, ist rabiat - dann muss ich doch bitte den Fans erklären, warum ich das tue, und was der Vorteil davon ist, das zu tun. Wo ist denn der Vorteil, das nun mit Frauen zu besetzen? Ich habe einfach nicht verstanden, warum man diesen Wechsel nun vollzieht. Kannst du mir das erklären?
Die wollen mich ins Kino locken, verändern aber an den Grundkonstanten etwas. Bei aller Liebe: Sie müssen mir etwas bieten und es mir erklären, damit ich das hinnehme und nicht umgekehrt.
Zweitens: Zum wiederholten Male: Es geht - unabhängig von der oben gestellte Frage - gar nicht zwangsläufig um die Neubesetzung mit Frauen, sondern es geht um diese Besetzung, allen voran McCarthy. Und auch das hat mit Sexismus nichts zu tun. Ein nicht unerheblicher Teil des Stammpublikums will sie einfach nicht in einem GB-Film sehen. Das war abzusehen, das war klar, jeder, der etwas anderes erwartet hat, ist naiv. Sie steht für bestimmte Filme, für einen bestimmten Humor (Wo auch wieder Feig ins Spiel kommt). Bin ich jetzt also ein Sexist, weil ich McCarthy da nicht sehen will, weil ich sie nicht mag?
Tomb Raider mit einem Mann. Komischer Gedanke, jetzt kommts: wäre ich aber offen für. Es gibt Figuren, bei denen das Geschlecht eine wichtige Rolle spielt - bspw bei James Bond - bei den Ghostbusters sehe ich aber keine Wichtigkeit.
Du magst da offen für sein. Fakt ist aber, dass es eine Frauenrolle ist. Und natürlich kämen Kommentare wie "Sind die jetzt völlig irre geworden"? Die Rolle mit einem Mann neu zu besetzen, obwohl es eine Frau in der Vorlage ist, macht schlicht keinen Sinn. Ooops, bin ich jetzt männerfeindlich?
Warum sollte man das also tun?
Nennt das Ding anders, passt die Frauenrollen in Bezug auf GB nicht so offensichtlich an die männlichen Vorbilder an - das empfinde ich nämlich als wesentlich frauenfeindlicher, als zu sagen: Ich will da keinen so rabiaten Wechsel - und es gäbe wesentlich weniger Gegenwind.
Und wichtig ... was ist wichtig? Die Frage ist doch eher, was ist nötig und was macht Sinn? Mache ich einen Wechsel nur um des Wechsels Willen, oder habe ich einen Plan, den ich mit diesem Wechsel verfolge? Wo ist dieser Plan im Falle von GB? Wo ist der Nutzen? Wem nutzt es?
Nur weil Figuren einmal auf eine ganz bestimmte Art etabliert worden sind, heißt das nicht, dass man krampfhaft für immer daran festhalten muss.
Nope, davon spricht auch keiner. Aber wir reden hier über ein Franchise, das vor 30 Jahren aktuell war. Wenn ich das nun aufleben lassen will, und die Teenager von einst auch heute noch erreichen möchte, sollte ich einen so ungeschickten und unnötigen Wechsel nicht so abrupt und rabiat vollziehen. Auch hier bleibt die Frage unbeantwortet: Warum gehe ich denn nicht den Weg eines sanften Übergangs? Was wäre daran so schlimm? Man könnte neue Fans gewinnen, und die alten zufriedenstellen oder zumindest besänftigen. Die Herangehensweise hier, fordert den Konflikt doch nur heraus. Und das muss jedem klar gewesen sein.
Bestes Beispiel: der Joker. Oder was ist mit John Carpenters Ignoranz gegenüber des THE THING Originals?
Warum der Carpenter-Vergleich hinten und vorne nicht passt, wurde ja schon geklärt. Schließlich reden wir hier nicht über eine Neuinterpretation einer gedruckten Geschichte, sondern über einen Film, der von seinen Darstellern geprägt wurde. Und wenn du schon den Vergleich zum Originalfilm suchst, sehe ich auch nicht, dass Carpenter sämtliche Männerrollen strich, um diese dann von Frauen spielen zu lassen. Das würde der nicht tun, weil er weiß, dass es in dieser Form unnötig ist. Und der Joker? Seine Darstellungen variierten bereits in den Comics, zudem ist es eine Nebenfigur, und ich sehe auch nicht, dass der plötzlich irgendwo von einer Frau gespielt wurde. Warum? Weil es unnötig ist, weil es Aktionismus wäre.
Um das weiterzuspinnen, kann man argumentieren "ja, wenn man offen für Änderungen sein soll, dann lasst uns doch ALLES ändern und dann ist Tomb Raider jetzt ein Orangenmusical, das auf dem Mars spielt und von der Kolonialzeit Indiens handelt. Das ist dann wieder ein blödes Extrem. Tomb Raider mit singenden Orangen ist albern. Tomb Raider mit nem Mann nicht. Ghostbusters mit Frauen noch weniger.
Gestern eine schlechte Pille erwischt?
Wieso Extrem? Wieso albern? Ich sprach nie von so etwas, sondern einfach nur davon, dass es unnötig ist, und man sich über Kritik nicht wundern darf. Ich sprach davon, dass Leute, die diesen Kurs einfach nicht mögen, mit Spinnern in einem Topf geworfen werden, und dass es sich der Artikel zu leicht macht, in dem er Zitate von Spinnern anführt, um eine vermeintliche Sexismus-Debatte zu befeuern, die ich in dieser Form im Falle GB nicht sehe. Man ist nicht gegen die Besetzung von Frauen, weil man einen Grund haben will, warum es hier gemacht wird. Ebenso wenig, wie ich bei Klassikern ohne Not keine Frauenrollen auf Männer umschreiben muss, gilt umgekehrt dasselbe. Warum sollte diese Aussage sexistisch sein?