HARD TARGET II - Versuch einer Aufarbeitung (Teil 1):
Mit einem Kumpel habe ich vor ein paar Monaten eine Roel Reine Retrospektive begonnen, die gestern ihren Abschluss fand, als er mir freudestrahlend mitteilte, dass die importierte HARD TARGET II DVD endlich ankam.
Damit es zu keinen Missverständnissen kommt:
Roel Reine ist m. E. ein Blender, ein Unfähiger, einer, dem man nicht auf den Leim gehen sollte. Man erlaube mir überdies eine Polemik, wenn ich schreibe, dass Reine für den Actionfilm das ist, was Uwe Boll einst für für die Videospielverfilmungen war: Eine Belästigung.
Reines Filme besitzen keine Identität, keine Authentizität, keinen erkennbaren Stilwillen und keine Atmosphäre, da jede Einstellung nur die Kopie einer Kopie ist. Zynisch könnte man mir nun entgegnen, dass es in manchen Fällen so schlecht nicht ist, abzukupfern. Besser gut kopiert als schlecht erfunden. Hier kommen wir aber bereits zum Kern des Problems, da man ein anständiger Kopist nur sein kann, wenn man verstanden hat, was man denn da kopiert und welchem Zweck es ursprünglich diente. Reine hat aber gar nichts verstanden. Seine Machwerke kann man mit einer gefälschten Rolex vergleichen: Auf den ersten Blick kann auch die Fälschung ganz nett ausschauen und Eindruck schinden. Aber beschäftigt man sich intensiver mit ihr, stellt man fest, dass der Sekundenzeiger hakt, dass das billige Uhrwerk völlig verrostet ist, die Datumsanzeige nur aufgemalt ist und auf dem Ziffernblatt ein paar Striche fehlen.
Reines Filme wirken stets auf befremdliche und vor allen Dingen, augenscheinlich, ungewollte Weise artifiziell. Er inszeniert seine Filme wie manipulative und nur aus Blendwerk bestehende Werbeclips von Coca Cola oder einem beliebigen Reisebegleiter. Er liebt Postkartenshots und Werbeclipästhetik. Das Resultat ist das Immergleiche: Es ist aalglatt, unnahbar, entrückt und ohne Identität.
Ein Beispiel aus HARD TARGET II:
Es gibt zu Beginn des Films eine Szene, welche in einem schäbigen Hinterhof Bangkoks spielt, der eigentlich Sinnbild sein soll für die Heruntergekommenheit, ja den Absturz, des Hauptdarstellers. Denn dieser tut Buße für eine von ihm selbst verursachte Katastrophe, in dem er freiwillig ins Exil geht und sich von der Welt abwendet. Doch dieses Exil wird von Reine so inszeniert als möchte er Touristen anlocken. Das, was eigentlich ein schäbiger Hinterhof sein sollte, schimmert in güldenem Licht. Alles ist makellos und klinisch rein. Das Holz glänzt und der sandige Boden scheint gerade von einer Reinigungskolonne keimfrei gemacht worden zu sein. Jede Ecke des Hinterhofs wirkt arrangiert und steril. Alles glänzt und leuchtet wie in einem Werbeclip und konterkariert auf fassungslos machende Weise all das, was diese Szene eigentlich ausdrücken soll.
Kommen wir zum nächsten Problem des Films: Slow-Motion!
Es ist mir unerklärlich, was sich Reine bei seinen Zeitlupen-Exzessen gedacht hat, da er es dermaßen mit diesem Stilmittel übertreibt und obendrein auf eindrucksvolle Weise unter Beweis stellt, dass er jenes Stilmittel überhaupt nicht verstanden hat. Der Slow-Motion-Einsatz nimmt überdies auch mehr als parodistische Züge an, ob der Übertreibung seines Einsatzes. Es verhält sich nämlich nicht nur so, dass Reine seine Actionsequenzen mit Zeitlupen-Exzessen "würzt", sondern, dass er auch wie ein Besessener quasi jeden Szenenübergang mit einer Zeitlupen-Sequenz einläutet. Bevor ich auf den inkompetenten Einsatz der Zeitlupe in den Actionsequenzen eingehe, liste ich ein kleines Best-Of der Zeitlupen-Sequenzen auf, welche eine Szene einläuten:
- Baylor (Adkins) und Aldrich (Knepper) posieren auf einem Hochaus, während im Hintergrund vor einem strahlenden Himmel ein Helikopter in Superzeitlupe umherschwirrt.
- Wes Baylor (Adkins) duscht sich und das Wasser tröpfelt in Superzeitlupe über Gesicht und Körper. Die Szene erinnert an eine Duschgel-Werbung von Axe.
- Baylor (Adkins) läuft bei seiner Flucht an einem Wasserfall vorbei, dessen fallendes Wasser im ersten Shot natürlich in Superzeitlupe inszeniert wird und an einen TUI-Spot erinnert.
- Einem der Protagonisten werden Kräuter mit Hilfe von Mörser und Stößel gerieben, um dessen Wunden zu versorgen. Das Zusammentreffen von Mörser, Stößel und Kräutern wird in Superzeitlupe präsentiert. Man wähnt sich in einem Kräuter-Spot.
- Aldrich (Knepper) entdeckt eine verdreckte, auf einem Tisch liegende, Landkarte und bläst sie sauber. Das Wegwehen des Drecks wird in Superzeitlupe präsentiert.
Im Gegensatz zu Großmeistern wie Sam Peckinpah und John Woo oder kleinen Meistern wie Enzo G. Castellari hat Reine kein Gespür dafür, ja keine Ahnung davon, wie man Zeitlupen einsetzt. Wann sie ein Anliegen stützen sowie die Dramaturgie befördern oder gar künstlerisch in höchstem Maße interessant sein können. Reines Zeitlupen-Einsatz hat indes keinen einzigen positiven Effekt.
Stattdessen lähmt er mit seinen Zeitlupen-Exzessen seine eigene Dramaturgie und blockiert die Actionsequenzen, indem er sie regelmäßig und geradezu lustvoll ausbremst. Diese Exzesse reißen aus der Action heraus und ersticken jede Dramatik, jede Spannung und jedes Aufkommen von Tempo im Keim. Man stelle sich vor, man führe mit jemandem Auto, der, obwohl man gerade gut vorankommt und die Straße frei ist, aus unerfindlichen Gründen alle 300m eine Vollbremsung einlegt. Spaßig ist dergleichen sicher nicht.
So, nun ein Beispiel für eine Actionsequenz des Films, welche, ob ihrer inkompetenten Inszenierung zwar herausragt, aber die gleichen Mankos aufweist, wie jede andere actionreiche Sequenz aus HARD TARGET II:
Wir wohnen einer Menschenjagd bei. Die Schurken verfolgen einen der Helden und treiben ihn vor sich her. Auf einmal befinden sich die Schurken auf einer Anhöhe am Rande eines kleinen Wasserfalls. Der Gejagte treibt sich derweil am Fuße des Wasserfalles herum und sucht Schutz hinter großen Steinen. Es folgt eine Aufnahme in Superzeitlupe (!), in welcher Reine erst einmal die in Reih und Glied am Rande des Wasserfalls aufgestellten Schurken filmt. Dann sieht man wie jeweils jeder Schurke einen Pfeil auf den Helden abfeuert. Großaufnahme des jeweiligen Schurken. Der Pfeil fliegt in Superzeitlupe in Richtung des Helden. Verfehlt den Helden oder dieser weicht aus. Dieser Vorgang wird ein paar Mal wiederholt. Uneffektiver kann man die Schuss-Gegenschuss-Technik kaum einsetzen. Die ganze Sequenz erinnert stattdessen eher an ein Werbevideo des örtlichen Armbrust-Vereins, denn an eine Szene aus einem Actionfilm. Die Szene besitzt keine Dramatik, kein Tempo und ist nicht fesselnd oder mitreißend.
Schier unfassbar ist auch der erste Kampf zwischen Baylor (Adkins) und Sofia (Mitra). Ihre Konfrontation wird alle paar Sekunden durch Superzeitlupen unterbrochen, was dem Geschehen jedes Tempo, jede Geschmeidigkeit und jegliche Dramatik nimmt. Aber der Reihe nach:
In Superzeitlupe (!) kickt Baylor die Sofia von ihrem Bike. Dann schießt Baylor aus der an seinem Bike angebrachten Kanone ein Fangnetz auf Sofia. Jenes fliegt natürlich in Superzeitlupe (!) auf sie zu. Baylor legt nach und schießt mit seiner zweiten Bordkanone noch eine Rakete auf Sofia (Superzeitlupe), welche dann in ihrem Bike einschlägt, welches hinter ihr liegt und auch sofort explodiert. Sie entfernt sich lässig von der Explosion und zückt ihre Armbrüste, während im Hintergrund ihr Bike explodiert. Natürlich in Superzeitlupe! Ich konnte kaum fassen, was ich da sah. Reine meint diese Sequenz, ja diese Art Action zu inszenieren, wirklich ernst, obwohl man dergleichen eigentlich eher in einem fiktiven HOT SHOTS 3 erwarten würde, der MATRIX auf plumpe Weise parodieren möchte.
Apropos Sofia; respektive Rhona Mitra: Ihre Rolle und ihre Interpretation eben jener lädt zum ausführlichen Fremdschämen ein. Mitra ist eine Karrikatur ihrer selbst; respektive eine Karrikatur ihrer bekannteren Kinorollen in DOOMSDAY (eine Rolle, die ja auch schon überzeichnet war) und UNDERWORLD. Sie spielt die Karrikatur einer harten Actionheldin und wirkt dabei sogar um ein Vielfaches lächerlicher als die ebenfalls - diplomatisch ausgedrückt - befremdliche Rolle der Vasquez in James Camerons ALIENS. Dass flotte Sprüche wie "Komm zu Mama!" freilich zum Standardrepertoire der Sofia (was übrigens übersetzt soviel heißt wie Weisheit) gehören, muss ich wohl kaum betonen.
Problematisch ist überdies die Inszenierung des Todes in HARD TARGET II.
Jener geht bei Reine nämlich Hand in Hand mit einer Ästhetik, welche mit Postkarten-Idylle sicher ganz treffend beschrieben ist. Der Tod
ist bei Reine etwas, dass nicht berührt. Ja, etwas, dass gar nicht berühren soll. Etwas nebensächliches. Etwas, dass er scheinbar am liebsten gar nicht thematisieren würde. Der Tod soll unter keinen Umständen belasten. Er wird von Reine dementsprechend auch inszeniert wie eine banale Alltäglichkeit.
Befremdlich und illustrativ ist dann auch eine Szene, in welcher eine der Hauptprotagonistinnen unter Wasser gedrückt wird, um sie zu ertränken. Reine greift aber auch hier auf eine Inszenierungsweise zurück, die auf glänzende Oberflächen und idyllische Ästhetik setzt. Das Wasser, in das sie gedrückt wird, erstrahlt in herrlichen Farben und der gesamte Vorgang wird natürlich auch in Superzeitlupe inszeniert, sodass strukturell und in formalistischer Hinsicht keine Unterscheidung zu jener Szene ersichtlich ist, in welcher Reine die Superzeitlupe bei dem sich duschenden Baylor (Adkins) einsetzt. Die Szene entfaltet keine Dramatik. Sie löst gar nichts aus, da man von dem ganzen Oberflächenglanz trefflich abgelenkt wird. Schauerlich, da die Reine'sche Ästhetisierung den Tod in die
Banalität, ja in die Trivialität überführt. Er steht dann in einer Reihe mit der morgendlichen Dusche, dem Frühstück und dem Abendbrot...
Damit es zu keinen Missverständnissen kommt:
Roel Reine ist m. E. ein Blender, ein Unfähiger, einer, dem man nicht auf den Leim gehen sollte. Man erlaube mir überdies eine Polemik, wenn ich schreibe, dass Reine für den Actionfilm das ist, was Uwe Boll einst für für die Videospielverfilmungen war: Eine Belästigung.
Reines Filme besitzen keine Identität, keine Authentizität, keinen erkennbaren Stilwillen und keine Atmosphäre, da jede Einstellung nur die Kopie einer Kopie ist. Zynisch könnte man mir nun entgegnen, dass es in manchen Fällen so schlecht nicht ist, abzukupfern. Besser gut kopiert als schlecht erfunden. Hier kommen wir aber bereits zum Kern des Problems, da man ein anständiger Kopist nur sein kann, wenn man verstanden hat, was man denn da kopiert und welchem Zweck es ursprünglich diente. Reine hat aber gar nichts verstanden. Seine Machwerke kann man mit einer gefälschten Rolex vergleichen: Auf den ersten Blick kann auch die Fälschung ganz nett ausschauen und Eindruck schinden. Aber beschäftigt man sich intensiver mit ihr, stellt man fest, dass der Sekundenzeiger hakt, dass das billige Uhrwerk völlig verrostet ist, die Datumsanzeige nur aufgemalt ist und auf dem Ziffernblatt ein paar Striche fehlen.
Reines Filme wirken stets auf befremdliche und vor allen Dingen, augenscheinlich, ungewollte Weise artifiziell. Er inszeniert seine Filme wie manipulative und nur aus Blendwerk bestehende Werbeclips von Coca Cola oder einem beliebigen Reisebegleiter. Er liebt Postkartenshots und Werbeclipästhetik. Das Resultat ist das Immergleiche: Es ist aalglatt, unnahbar, entrückt und ohne Identität.
Ein Beispiel aus HARD TARGET II:
Es gibt zu Beginn des Films eine Szene, welche in einem schäbigen Hinterhof Bangkoks spielt, der eigentlich Sinnbild sein soll für die Heruntergekommenheit, ja den Absturz, des Hauptdarstellers. Denn dieser tut Buße für eine von ihm selbst verursachte Katastrophe, in dem er freiwillig ins Exil geht und sich von der Welt abwendet. Doch dieses Exil wird von Reine so inszeniert als möchte er Touristen anlocken. Das, was eigentlich ein schäbiger Hinterhof sein sollte, schimmert in güldenem Licht. Alles ist makellos und klinisch rein. Das Holz glänzt und der sandige Boden scheint gerade von einer Reinigungskolonne keimfrei gemacht worden zu sein. Jede Ecke des Hinterhofs wirkt arrangiert und steril. Alles glänzt und leuchtet wie in einem Werbeclip und konterkariert auf fassungslos machende Weise all das, was diese Szene eigentlich ausdrücken soll.
Kommen wir zum nächsten Problem des Films: Slow-Motion!
Es ist mir unerklärlich, was sich Reine bei seinen Zeitlupen-Exzessen gedacht hat, da er es dermaßen mit diesem Stilmittel übertreibt und obendrein auf eindrucksvolle Weise unter Beweis stellt, dass er jenes Stilmittel überhaupt nicht verstanden hat. Der Slow-Motion-Einsatz nimmt überdies auch mehr als parodistische Züge an, ob der Übertreibung seines Einsatzes. Es verhält sich nämlich nicht nur so, dass Reine seine Actionsequenzen mit Zeitlupen-Exzessen "würzt", sondern, dass er auch wie ein Besessener quasi jeden Szenenübergang mit einer Zeitlupen-Sequenz einläutet. Bevor ich auf den inkompetenten Einsatz der Zeitlupe in den Actionsequenzen eingehe, liste ich ein kleines Best-Of der Zeitlupen-Sequenzen auf, welche eine Szene einläuten:
- Baylor (Adkins) und Aldrich (Knepper) posieren auf einem Hochaus, während im Hintergrund vor einem strahlenden Himmel ein Helikopter in Superzeitlupe umherschwirrt.
- Wes Baylor (Adkins) duscht sich und das Wasser tröpfelt in Superzeitlupe über Gesicht und Körper. Die Szene erinnert an eine Duschgel-Werbung von Axe.
- Baylor (Adkins) läuft bei seiner Flucht an einem Wasserfall vorbei, dessen fallendes Wasser im ersten Shot natürlich in Superzeitlupe inszeniert wird und an einen TUI-Spot erinnert.
- Einem der Protagonisten werden Kräuter mit Hilfe von Mörser und Stößel gerieben, um dessen Wunden zu versorgen. Das Zusammentreffen von Mörser, Stößel und Kräutern wird in Superzeitlupe präsentiert. Man wähnt sich in einem Kräuter-Spot.
- Aldrich (Knepper) entdeckt eine verdreckte, auf einem Tisch liegende, Landkarte und bläst sie sauber. Das Wegwehen des Drecks wird in Superzeitlupe präsentiert.
Im Gegensatz zu Großmeistern wie Sam Peckinpah und John Woo oder kleinen Meistern wie Enzo G. Castellari hat Reine kein Gespür dafür, ja keine Ahnung davon, wie man Zeitlupen einsetzt. Wann sie ein Anliegen stützen sowie die Dramaturgie befördern oder gar künstlerisch in höchstem Maße interessant sein können. Reines Zeitlupen-Einsatz hat indes keinen einzigen positiven Effekt.
Stattdessen lähmt er mit seinen Zeitlupen-Exzessen seine eigene Dramaturgie und blockiert die Actionsequenzen, indem er sie regelmäßig und geradezu lustvoll ausbremst. Diese Exzesse reißen aus der Action heraus und ersticken jede Dramatik, jede Spannung und jedes Aufkommen von Tempo im Keim. Man stelle sich vor, man führe mit jemandem Auto, der, obwohl man gerade gut vorankommt und die Straße frei ist, aus unerfindlichen Gründen alle 300m eine Vollbremsung einlegt. Spaßig ist dergleichen sicher nicht.
So, nun ein Beispiel für eine Actionsequenz des Films, welche, ob ihrer inkompetenten Inszenierung zwar herausragt, aber die gleichen Mankos aufweist, wie jede andere actionreiche Sequenz aus HARD TARGET II:
Wir wohnen einer Menschenjagd bei. Die Schurken verfolgen einen der Helden und treiben ihn vor sich her. Auf einmal befinden sich die Schurken auf einer Anhöhe am Rande eines kleinen Wasserfalls. Der Gejagte treibt sich derweil am Fuße des Wasserfalles herum und sucht Schutz hinter großen Steinen. Es folgt eine Aufnahme in Superzeitlupe (!), in welcher Reine erst einmal die in Reih und Glied am Rande des Wasserfalls aufgestellten Schurken filmt. Dann sieht man wie jeweils jeder Schurke einen Pfeil auf den Helden abfeuert. Großaufnahme des jeweiligen Schurken. Der Pfeil fliegt in Superzeitlupe in Richtung des Helden. Verfehlt den Helden oder dieser weicht aus. Dieser Vorgang wird ein paar Mal wiederholt. Uneffektiver kann man die Schuss-Gegenschuss-Technik kaum einsetzen. Die ganze Sequenz erinnert stattdessen eher an ein Werbevideo des örtlichen Armbrust-Vereins, denn an eine Szene aus einem Actionfilm. Die Szene besitzt keine Dramatik, kein Tempo und ist nicht fesselnd oder mitreißend.
Schier unfassbar ist auch der erste Kampf zwischen Baylor (Adkins) und Sofia (Mitra). Ihre Konfrontation wird alle paar Sekunden durch Superzeitlupen unterbrochen, was dem Geschehen jedes Tempo, jede Geschmeidigkeit und jegliche Dramatik nimmt. Aber der Reihe nach:
In Superzeitlupe (!) kickt Baylor die Sofia von ihrem Bike. Dann schießt Baylor aus der an seinem Bike angebrachten Kanone ein Fangnetz auf Sofia. Jenes fliegt natürlich in Superzeitlupe (!) auf sie zu. Baylor legt nach und schießt mit seiner zweiten Bordkanone noch eine Rakete auf Sofia (Superzeitlupe), welche dann in ihrem Bike einschlägt, welches hinter ihr liegt und auch sofort explodiert. Sie entfernt sich lässig von der Explosion und zückt ihre Armbrüste, während im Hintergrund ihr Bike explodiert. Natürlich in Superzeitlupe! Ich konnte kaum fassen, was ich da sah. Reine meint diese Sequenz, ja diese Art Action zu inszenieren, wirklich ernst, obwohl man dergleichen eigentlich eher in einem fiktiven HOT SHOTS 3 erwarten würde, der MATRIX auf plumpe Weise parodieren möchte.
Apropos Sofia; respektive Rhona Mitra: Ihre Rolle und ihre Interpretation eben jener lädt zum ausführlichen Fremdschämen ein. Mitra ist eine Karrikatur ihrer selbst; respektive eine Karrikatur ihrer bekannteren Kinorollen in DOOMSDAY (eine Rolle, die ja auch schon überzeichnet war) und UNDERWORLD. Sie spielt die Karrikatur einer harten Actionheldin und wirkt dabei sogar um ein Vielfaches lächerlicher als die ebenfalls - diplomatisch ausgedrückt - befremdliche Rolle der Vasquez in James Camerons ALIENS. Dass flotte Sprüche wie "Komm zu Mama!" freilich zum Standardrepertoire der Sofia (was übrigens übersetzt soviel heißt wie Weisheit) gehören, muss ich wohl kaum betonen.
Problematisch ist überdies die Inszenierung des Todes in HARD TARGET II.
Jener geht bei Reine nämlich Hand in Hand mit einer Ästhetik, welche mit Postkarten-Idylle sicher ganz treffend beschrieben ist. Der Tod
ist bei Reine etwas, dass nicht berührt. Ja, etwas, dass gar nicht berühren soll. Etwas nebensächliches. Etwas, dass er scheinbar am liebsten gar nicht thematisieren würde. Der Tod soll unter keinen Umständen belasten. Er wird von Reine dementsprechend auch inszeniert wie eine banale Alltäglichkeit.
Befremdlich und illustrativ ist dann auch eine Szene, in welcher eine der Hauptprotagonistinnen unter Wasser gedrückt wird, um sie zu ertränken. Reine greift aber auch hier auf eine Inszenierungsweise zurück, die auf glänzende Oberflächen und idyllische Ästhetik setzt. Das Wasser, in das sie gedrückt wird, erstrahlt in herrlichen Farben und der gesamte Vorgang wird natürlich auch in Superzeitlupe inszeniert, sodass strukturell und in formalistischer Hinsicht keine Unterscheidung zu jener Szene ersichtlich ist, in welcher Reine die Superzeitlupe bei dem sich duschenden Baylor (Adkins) einsetzt. Die Szene entfaltet keine Dramatik. Sie löst gar nichts aus, da man von dem ganzen Oberflächenglanz trefflich abgelenkt wird. Schauerlich, da die Reine'sche Ästhetisierung den Tod in die
Banalität, ja in die Trivialität überführt. Er steht dann in einer Reihe mit der morgendlichen Dusche, dem Frühstück und dem Abendbrot...