Habe mir den gestern in der "Vorpremiere" angeschaut und ging eigentlich recht zufrieden aus dem Kino. Hier hat Tim Burton definitiv seinen unterhaltsamsten Film seit langem abgeliefert, innerhalb seiner Filmografie ist das zwar weiterhin sicher nicht der ganz große Wurf, aber grundsätzlich erstmal vollkommen solide, und dabei sicher einer der eigenständigeren und originelleren "Blockbuster" des Jahres. Burton serviert dabei zwar eine wenig innovative Heldengeschichte (Das tat allerdings schon die Buchvorlage nicht), weiß aber dem Stoff mit bizarren Spitzen und einem Faible für schwarzhumorige Gewalt seinen eigenen Stempel aufzudrücken, was "Miss Peregrine" nicht nur von anderen, ähnlich gelagerten Filmen der letzten Zeit abhebt, sondern auch vom Buch. Wo die Vorlage noch um einiges ernster daherkommt, scheint Burton sich die wichtigsten Elemente zu nehmen und daraus einen weitaus spaßigeren und humorvolleren Film zu machen, nicht zuletzt auch dank Samuel L. Jacksons wunderbar lustigem Bösewicht, der ruhig etwas mehr Screentime verdient hätte. Sowieso halten sich Burton und Drehbuchautorin Jane Goldman nur im ersten dritten an die Vorlage und schlagen von dort aus dann ganz andere wege ein, was die Fanbase der Buchtrilogie (Von der ich vor den Reaktionen zum Trailer nichtmal wusste, dass sie exisitiert, aber die Bücher sind wohl um einiges beliebter und erfolgreicher als gedacht) zum Teil wohl etwas erzürnt hat, allerdings baut meistens auf den besseren Elementen des Films auf und ignoriert alles, was in den zwei Fortsetzungen zu einer großen Fantasygeschichte durch verschiedene Zeiten und Welten gesponnen wird, und hält die Bedrohung und das Universum um einiges kleiner, was mir persönlich sehr gut gefallen hat, da ich die Buchfortsetzungen nicht mehr besonders gelungen fand und ganz froh darüber bin, dass Burton wohl nie die Ambitionen hatte, hier mehr als einen Film zu drehen, was man dem stark abgeänderten letzten Drittel anmerkt, und in den Zeiten wo aus nur einem Buch mehrere Filme gemacht werden ist das beinahe schon erfrischend.
Leider gibt es aber auch Sachen, die weniger gelungen sind, so ist die zentrale Liebesgeschichte, die mir im Buch noch gut gefiel, so wenig überzeugend und gehetzt erzählt, dass man sie, wenn man schon so viel ändert, praktisch komplett hätte rausnehmen können. In dem mit Exposition vollgestopften Film scheint allgemein wenig Zeit zu sein für die kleineren Momente, und so ist zum Beispiel der prominent in den Trailern angekündigte Ausflug zu einem versunkenen Kreuzfahrtschiff schneller vorbei, als es einem Lieb wäre, weil das in der kurzen Zeit, die man sich nimmt ein großartiges Setpiece ist. Auch für die Meisten der besonderen Kinder bleibt wenig Zeit, weil der Plot so rasch, oft beinahe gehetzt, voranschreitet. Bis auf die Einführungsszene im noch am angenehmsten gepacten ersten Drittel gibt es leider wenig starke Einzelmomente für die Truppe, die dann im, durchaus unterhaltsamen Showdown, kaum mehr als Mittel zum Zweck sind. Dabei hilft es dann nicht, dass Hauptdarsteller Asa Butterfield als Jake ziemlich blass bleibt (In viellerlei Hinsicht, allerdings wiederum war auch das ein Problem des Buchs), keinen wirklichen Charakter hat und keinerlei Chemie zwischem ihm und Love-Interest Emma (Gespielt von Ella Purnell, die aussieht wie direkt aus Burtons Kopf entsprungen) aufbauen kann, wenn auch die Beziehung zwischen Jake und seinem Großvater, gerade nach anfänglicher Skepsis, überraschend gut funktioniert. Eva Green hat derweil offensichtlich Freude an ihrer Rolle als skurriler Mary Poppins-Verschnitt, und schafft es in ihren wenigen Szenen eine denkwürdige Figur zu machen, aber auch hier wäre ein bisschen mehr Screentime nett gewesen.
Es ist etwas schade, hätte man sich etwas mehr Zeit für die Figuren und den Fluss der Geschichte genommen, hätte aus einem guten Film, noch ein besserer werden können, Burton (Der übrigens einen kaum zu identifizierenden Cameoauftritt von unter einer Sekunde hat) hatte offensichtlichen Spaß am Stoff und inszeniert so gut wie schon lange nicht mehr, auch wenn überrascht, wie überwiegend gewöhnlich der Film aussieht und wie sehr sich Kameramann Bruno Delbonnel hier mit seiner sonst so typischen, sehr auffälligen Beleuchtung und Farbkorrektur zurückhält. Dafür sind die Designs und Sets großartig, die Monster und Schurken sehen toll aus, es gibt sogar eine kleine, charmant makabre Stop-Motion-Sequenz. Das Drehbuch ist dabei zwar besser als der vollkommen uninspirierte Fantasyeinheitsbrei Alice im Wunderland oder das zerfahrene Durcheinander eines Dark Shadows, aber trotzdem noch Ein, Zwei Versionen davon entfernt wirklich gut zu sein. Vielleicht tut man dem Ganzen auch etwas Unrecht, und das Problem liegt in der Schnittfassung, so ist der Film mit (vergleichsweise knappen) 127 Minuten zwar Burtons längster, aber trotzdem irgendwie zu gehetzt. Auch wird Danny Elfman bitterlich vermisst, und auch wenn die Filmmusik seine Momente hat, ist er weitestgehend identitätslos und vor allem eins: Zweckdienlich. Da waren selbst Elfmans schwächere Scores (Wobei seine Musik selbst an den schlechtesten Burtons oft noch das Beste war) um Welten besser und eigenständiger. Und trotz seiner Probleme ist Die Insel der besonderen Kinder weitestgehend ein gelungener Film, der noch besser hätte sein können, in seiner jetzigen Form aber immerhin sehr unterhaltsamer Eskapismus ist, der stilistisch eigenständiger ist, als die Meisten anderen großen Publikumsfilme der letzten Zeit und mit Frankenweenie der sehenswerteste Burton seit Sweeney Todd ist.