Joel.Barish
dank AF
Ist eigentlich bekannt, dass "Time's Up" nicht einfach nur ein fancy Hashtag ist, sondern versucht Geld zu erwirtschaften, um finanziell (oft deutlich) schlechter gestellten Opfern von Belästung oder Gewalt Anwälte vermitteln zu können, damit man gegen die finanziell übermächtigen Angeklagten/Täter auch nur den Hauch einer Chance hat?
Dieses ständige wiederholen von "Im Zweifel für den Angeklagten" ist für mein Empfinden ... na ja, nicht falsch, aber für uns unnütz. Wir müssen kein Recht sprechen. Wir müssen nur im Kleinen und im Großen ein Umfeld schaffen, in dem die Weinsteins dieser Welt gar nicht die Chance gehabt hätten, so lange unentdeckt bzw. geschützt zu bleiben. Denn für uns als Privatmenschen, die weder Juristen noch irgendwie konkret mit dem Hauptbrandherd Hollywood in Kontakt sind, ist ein "Im Zweifel für den Angeklagten" übersetzt ein "Pass auf, wen du beschuldigst" oder schlimmer noch ein "Erst Beweise liefern, sonst glaubt dir hier niemand". Und das ist doch genau das Problem, welches jetzt seit geringer Zeit gelöst oder zumindest gelockert wurde.
Und welche positiven Auswirkungen das haben kann, zeigt u.a. der Fall Dan Harmon, Entwickler von "Community" und "Rick & Morty". Eine ehemalige "Community" Schreiberin hat im Zuge von #MeToo Harmons Verhalten zu "Community" Zeiten angesprochen und kritisiert. Nicht einfach die Tat bzw. das Verhalten, sondern auch, welche komplexen Auswirkungen (u.a. auch auf die Selbstwahrnehmung der Schreiberin) dies nach sich zog. Und Harmon hat darauf reagiert. Erst via Twitter und dann in einem längeren Monolog in seinem Harmontown Podcast. (Hier zu hören, ab ca. 18:00 Minuten)
Daher würde ich Woodstock hier auch widersprechen:
@Mad Max
Ja, Oprah (dessen Anbetung ich auch nicht so ganz nachvollziehen kann) und auch Meryl Streep waren "per du" mit Weinstein. 85% der so genannten Hollywood A-List war in irgendeiner Weise "eng" mit Weinstein, da er einfach gigantischen Einfluss und Erfolg hatte. Das macht die ganze Sache ja auch so schwierig. Ich will nicht so früh (oder überhaupt) Godwin's Law bestätigen bzw. dem verfallen, vergleichen wir es bzw. die Weinstein Situation (der ja nun einmal Patient Zero der aktuellen Welle ist) daher lieber mit einem Virus oder einem Geschwür. Dieses wird jetzt gerade brutal rausgeschnitten und man kann noch nicht genau sagen bzw. abschätzen, wie sehr es "gestreut" hat. Ich glaube es wird unterschätzt, was für ein riesiges Ding diese Sache ist, was für ein gewaltiger Prozess da losgetreten wurde. Das schwappt ja nun auch in andere Länder und andere Bereiche über, aber gerade dieser zentrale Brandherd "Hollywood" - den wir ja nur aus der Ferne beobachten können - ist unglaublich kompliziert. Und ja, Oprahs und Streeps Beziehung zu Weinstein darf gerne untersucht werden und kritische Stimmen dazu gibt es auch aus seriösen Quellen. Aber dass ein Quentin Tarantino eher und schneller gefragt wurde war schon absolut richtig. Tarantino ist nun einmal in seiner Karriere mehr als irgendjemand sonst mit Weinstein verbunden. Und dahinter folgen Affleck/Damon. Das ist ein Fakt. Streep hat lange vor Weinsteins Hochphase Filme gemacht und ich könnte dir auswendig nicht genau sagen, welcher ihrer Filme eine Weinstein Produktion war bzw. welcher Film über Weinstein/Miramax vertrieben wurde. Natürlich hat das nicht ausschließlich mit direkten Arbeitsbeziehungen zu tun, so ein Einfluss kann auch über die "Hollywood Society" (nennen wir es mal so) vollzogen worden sein. Und dennoch gibt es eben genannte Gründe, warum man bei einem Tarantino schneller hinterher war als bei Streep. Nicht zuletzt auch weil Tarantino ebenfalls ein Mann ist. Dieser Vorwurf der Mitwisserschaft, der jetzt um sich greift, fällt ja nun immer zurück zur Ausgangsfrage, wer überhaupt Macht hat. Und über wen.
Inzwischen hat es da drüben eine neue Phase erreicht. Und ja, die ist ziemlich wild und konfus. U.a. eben weil diese Geschichte und ihre Auswirkungen potentiell so verflucht riesig sind. Und der für mein Empfinden unfaire Umgang z.B. mit Leuten wie jüngst Greta Gerwig (wie erwähnt im Vergleich zu z.B. Owen Wilson oder Colin Firth) zeigt eigentlich, dass da noch eine Menge Arbeit wartet. Aber ein Woody Allen ist ja auch ein besonders komplizierter Fall. Und dann sind da diese wandelnden Widersprüche Mel Gibson und insbesondere Roman Polanski. Da findet die Filmwelt - egal ob Hollywood, die USA oder Europa - ja seit Jahren keine wirkliche Antwort drauf.
Dieses ständige wiederholen von "Im Zweifel für den Angeklagten" ist für mein Empfinden ... na ja, nicht falsch, aber für uns unnütz. Wir müssen kein Recht sprechen. Wir müssen nur im Kleinen und im Großen ein Umfeld schaffen, in dem die Weinsteins dieser Welt gar nicht die Chance gehabt hätten, so lange unentdeckt bzw. geschützt zu bleiben. Denn für uns als Privatmenschen, die weder Juristen noch irgendwie konkret mit dem Hauptbrandherd Hollywood in Kontakt sind, ist ein "Im Zweifel für den Angeklagten" übersetzt ein "Pass auf, wen du beschuldigst" oder schlimmer noch ein "Erst Beweise liefern, sonst glaubt dir hier niemand". Und das ist doch genau das Problem, welches jetzt seit geringer Zeit gelöst oder zumindest gelockert wurde.
Und welche positiven Auswirkungen das haben kann, zeigt u.a. der Fall Dan Harmon, Entwickler von "Community" und "Rick & Morty". Eine ehemalige "Community" Schreiberin hat im Zuge von #MeToo Harmons Verhalten zu "Community" Zeiten angesprochen und kritisiert. Nicht einfach die Tat bzw. das Verhalten, sondern auch, welche komplexen Auswirkungen (u.a. auch auf die Selbstwahrnehmung der Schreiberin) dies nach sich zog. Und Harmon hat darauf reagiert. Erst via Twitter und dann in einem längeren Monolog in seinem Harmontown Podcast. (Hier zu hören, ab ca. 18:00 Minuten)
Daher würde ich Woodstock hier auch widersprechen:
Menschliche Interaktion ist nicht einzig und allein über das Gesetz geregelt. Es gibt so etwas wie Intuition oder das, was man gerne als "gesunden Menschenverstand" beschreibt. Es gibt eine Art ungesetzliche Etiquette und diese ist wandel- und beeinflussbar; positiv und negativ. Mal ein saloppes/übertriebenes Beispiel: Wir alle wissen, dass man nicht vor anderen Leuten auf dem Tisch sein Geschäft erledigt. ( ) Braucht es wirklich ein offizielles Gesetz, welches öffentliches Defäkieren strafbar macht? Ich denke, nicht. Und ähnlich verhält es sich - nur wesentlich komplizierter - mit den Feinheiten menschlicher Interaktion, mit Flirts, Beziehungen, Kontaktaufnahme etc. Autoritätspersonen (u.a. z.B. Lehrern) wurde im Laufe der Zeit nicht ausschließlich per Gesetz "beigebracht", dass körperliche Züchtigung unerwünscht und falsch ist. Und apropos Gesetz: per Gesetz erfüllt der uneinvernehmliche Griff an die weibliche Brust oder zwischen die Beine den Tatbestand der sexuellen Belästigung. Das hält ja nun offensichtlich auch nicht alle davon ab. Ergo müssen wir im Privaten durch verbale und non-verbale Kommunikation ein Klima schaffen, welches diese Grenzen vermittelt. Eine deckungsgleiche Einigkeit kann es natürlich nicht geben. Aber wir können gewisse Parameter mit leicht unscharfen Außenkanten etablieren. Und das ist natürlich - wie so oft - leichter gesagt als getan.Woodstock schrieb:Sagen wir es doch wie es ist, eine gewisse Form von Anmache und ungewollte Annäherung wird es von beiden Seiten immer geben, sonst kommen schlichtweg keine Paare mehr zustande. Man muss nur unterscheiden zwischen Annäherung oder offener Belästigung. Das Gesetz kann den Unterschied definieren, Presse, soziale Medien und der Lynchmob können das nicht.
@Mad Max
Ja, Oprah (dessen Anbetung ich auch nicht so ganz nachvollziehen kann) und auch Meryl Streep waren "per du" mit Weinstein. 85% der so genannten Hollywood A-List war in irgendeiner Weise "eng" mit Weinstein, da er einfach gigantischen Einfluss und Erfolg hatte. Das macht die ganze Sache ja auch so schwierig. Ich will nicht so früh (oder überhaupt) Godwin's Law bestätigen bzw. dem verfallen, vergleichen wir es bzw. die Weinstein Situation (der ja nun einmal Patient Zero der aktuellen Welle ist) daher lieber mit einem Virus oder einem Geschwür. Dieses wird jetzt gerade brutal rausgeschnitten und man kann noch nicht genau sagen bzw. abschätzen, wie sehr es "gestreut" hat. Ich glaube es wird unterschätzt, was für ein riesiges Ding diese Sache ist, was für ein gewaltiger Prozess da losgetreten wurde. Das schwappt ja nun auch in andere Länder und andere Bereiche über, aber gerade dieser zentrale Brandherd "Hollywood" - den wir ja nur aus der Ferne beobachten können - ist unglaublich kompliziert. Und ja, Oprahs und Streeps Beziehung zu Weinstein darf gerne untersucht werden und kritische Stimmen dazu gibt es auch aus seriösen Quellen. Aber dass ein Quentin Tarantino eher und schneller gefragt wurde war schon absolut richtig. Tarantino ist nun einmal in seiner Karriere mehr als irgendjemand sonst mit Weinstein verbunden. Und dahinter folgen Affleck/Damon. Das ist ein Fakt. Streep hat lange vor Weinsteins Hochphase Filme gemacht und ich könnte dir auswendig nicht genau sagen, welcher ihrer Filme eine Weinstein Produktion war bzw. welcher Film über Weinstein/Miramax vertrieben wurde. Natürlich hat das nicht ausschließlich mit direkten Arbeitsbeziehungen zu tun, so ein Einfluss kann auch über die "Hollywood Society" (nennen wir es mal so) vollzogen worden sein. Und dennoch gibt es eben genannte Gründe, warum man bei einem Tarantino schneller hinterher war als bei Streep. Nicht zuletzt auch weil Tarantino ebenfalls ein Mann ist. Dieser Vorwurf der Mitwisserschaft, der jetzt um sich greift, fällt ja nun immer zurück zur Ausgangsfrage, wer überhaupt Macht hat. Und über wen.
Inzwischen hat es da drüben eine neue Phase erreicht. Und ja, die ist ziemlich wild und konfus. U.a. eben weil diese Geschichte und ihre Auswirkungen potentiell so verflucht riesig sind. Und der für mein Empfinden unfaire Umgang z.B. mit Leuten wie jüngst Greta Gerwig (wie erwähnt im Vergleich zu z.B. Owen Wilson oder Colin Firth) zeigt eigentlich, dass da noch eine Menge Arbeit wartet. Aber ein Woody Allen ist ja auch ein besonders komplizierter Fall. Und dann sind da diese wandelnden Widersprüche Mel Gibson und insbesondere Roman Polanski. Da findet die Filmwelt - egal ob Hollywood, die USA oder Europa - ja seit Jahren keine wirkliche Antwort drauf.