Auslöschung (Annihilation) ~ Natalie Portman [Kritik]

Naturmystikk

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Cimmerier schrieb:
Naturmystikk schrieb:
[...]
Und ich würde davon abraten in so einer Diskussion mit Geschmacksfragen zu kommen, denn sonst lautet die Antwort zu jeder Diskussion: Ist halt geschmackssache. Die Konsequenz daraus ist, dass es keine guten oder schlechten Filme mehr gibt, "als müsste es auch schlechte Filme für schlechte Menschen geben". Von solchen Diskussionsansätzen hat niemand was, der Film wird ja dann letztlich auf ein tieferes Niveau gesetzt, als ob er nicht so wichtig wäre, sich drüber zu streiten (-> keine Kunst mehr).
[...]

Ich breche es keineswegs auf den Geschmack runter, aber eine generelle Aussage, Villeneuve könne keine Emotionen übermitteln ist unhaltbar. Woran machst du das fest? Nur weil du nicht ergriffen warst und dir der Zugang fehlt? Was ist die Messlatte?

Um die Messlatte genau zu definieren fehlt mir leider die Zeit, da bräuchte ich ein mehrseitiges Essay, darüber kann man ja auch Bücher schreiben. Ich mache es aber mal an dem Ende von Arrival fest, was ungemein stört und tiefgreifende Emotionen verhindert.

Das Ende von Arrival ist deterministisch geprägt. Als Louise in Ian den Vater ihrer Tochter erkennt und dabei auch weiß, dass sie nur eine kurze Zeit verweilen werden, wird einem klar, dass hier eine Moral aufgegriffen wird, die man ungefähr mit "Es passiert halt, ich kann sowieso nichts dagegen machen, wieso dann über Veränderungen nachdenken" umschreiben könnte. Sprich: Ethik ist unnötig, wenn wir sowieso wissen, was in der Zukunft passieren wird. Natürlich ist das, in der Szene in der wir uns im Film selbst befinden, eine emotionale Szene, vor allem für die Charaktere. Aber für uns? Was nehmen wir aus dem Film für unser Leben daraus mit, welche Emotionen, die wir durch den Film bekommen, bringen uns dazu, unsere Handlungen mehr zu reflektieren? Sprich: Welche metaphysischen Fragen hilft uns der Film entweder aufzuwerfen oder unsere Sicht auf die Dinge zu verändern? Und hier lautet die Antwort: Sofern man kein Determinist ist und an das unveränderbare Schicksal glaubt, also ein in sich passiver Mensch ist, der alles einfach passieren lässt, lässt uns der Film emotionslos zurück für unser Leben. Die Emotionen verweilen im Film, in der Szene, aber nach dem wir aus dem Kino gekommen sind, vergessen wir sie schnell wieder.

Shins schrieb:
Zum Punkt Geschmackssache: Man sollte eine Diskussion nicht darauf herunterbrechen. Aber den Geschmack auch niemals außer Acht lassen. Der Blick sollte im Idealfall mit einem analysierenden und einem genießenden Auge geschehen. Denn auch das ist Kunst: Sie wird von jedem anders empfunden. Und ich würde davon abraten, eine Ebene der Diskussion zu betreten, in dem ein Film komplett objektiv gesehen und bewertet werden kann. Denn dann wird eine der wichtigsten Aspekte überhaupt außer Acht gelassen: Was macht ein Film mit einem persönlich?

Das wäre dann aber wiederum kein Kriterium, ob ein Film gut oder schlecht ist. Sonst kann man wieder über jeden Film behaupten, er wäre gut oder schlecht. Eben: Geschmackssache. Wenn eine romantische Komödie mit Adam Sandler mich zum weinen bringt, halte ich es für einen guten Film, aber ist das dann auch deswegen tatsächlich ein guter Film? Letztlich sagt dann gut oder schlecht rein gar nichts mehr aus und alles versinkt in einem Konsens. Lucas Curstädt von zweiteproduktion hat das (in einem Essay über den Filmkritiker Robert Hofmann) so ausgedrückt: Als wollten seine Zuschauer so durchschnittlich sein wie die Skalen auf Rotten Tomatoes. Dadurch lässt sich aber seine Kritik für oder gegen einen Film auf keine Verhandlungsbasis stellen, denn im Zweifelsfall wird sich in den sicheren und unumstößlichen Kokon der „eigenen Meinung“ zurückgezogen: Alles Geschmacksache, so die Devise der Entschuldigungsrede und damit gottgleiche Unfehlbarkeitsformel eben jenes Subjektivismus, der mittlerweile in allen gesellschaftlichen Sphären vorstellig wird. [...] Sein Gequassel ist dann natürlich so geschwätzig, wie das alltägliche Zuggespräch, das Mittagessen in der Mensa oder der Weg zum Kino – und genau das will das Publikum: Flache (im Sinne der Hierarchie wie des Niveaus) schnelle, verdauliche, bekannte, nach einfachen Konfektionsgrößen funktionierende Einordnungen.

TheRealNeo schrieb:
Shins schrieb:
Man braucht nur ein paar Jahre zurückschauen und findet nur sehr wenige Sci-Fi-Filme. Und wenn, dann großes, belangloses Spektakel oder komplettes Indie-Nischen-Produkt (was beides nicht wertend gemeint ist). Selbst buntes, aber schräges Event wie "Guardians of the Galaxy" wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen. Der Geschmack der Masse hat sich schon gewandelt. Man ist offener geworden. Ja, sowas wie "Arrival" oder "Auslöschung" ist leider noch immer für ein etwas gewählteres Publikum. Aber es tritt nicht mehr nur so im Untergrund auf, wie es mal war.

Wenn man mal nur die 2000er nimmt war doch auch da das Genre relativ präsent. Klar es ist die Frage, ob man AVATAR mit in die SciFi-Schiene stecken möchte oder einem da zu viel Fantasy dabei ist, aber auch der Film hat das Genre wieder, zumindest finanziell, in bestimmte Höhen gebracht. Und auch davor war es doch immer mal wieder mit mehr oder wenigen großen Filmen (MOON (2009), MINORITY REPORT (2002, ja Verfilmung einer Vorlage), WALL-E (2008), DISTRICT 9 (2009), SERENITY (2005), die drei STARGATE-Serien, WAR OF THE WORLD (2005), DONNIE DARKO (2001), EQUILIBRIUM (2002), K-PAX (2001), A.I. (2001), SUNSHINE (2007), SIGNS (2002), I, ROBOT (2004), THE ISLAND (2005)...) auch immmer wieder präsent und mit Ausnahmen auch innovativ.
Sehe da jetzt aktuell kein Mehr an Filmen und BLADE RUNNER 2049 ist ja dann leider wieder mehr ein Negativbeispiel was den Erfolg beim Publikum betrifft.

Es geht mir auch bei der Krisenbennenung nicht darum, dass wenige Sci-Fi Filme produziert werden. Tatsächlich haben wir in der Nachfrage und im Angebot eine Steigerung in den letzten Jahren bekommen, nicht zuletzt durch den Erfolg von Avatar und den Marvelfilmen, die auch immer einen großen Sci-Fi Anteil haben. Mir geht es um die Identität der Filme, welche kulturellen oder metaphysischen Fragen sie aufstellen, was sie letztlich als Film zur Kunstform macht. Und bei der ganzen "Flut" von Sci-Fi Filmen sind eben nicht sehr viele dabei, die das schaffen. Letztlich ist das ja nicht nur ein Problem des Sci-Fi Genre sondern das unterliegt dem Kinofilm generell. Im Schnitt kommen natürlich jedes Jahr immer noch sehr viele gute Filme raus. Aber man muss das auch immer kulturdiagnostisch sehen, wie sich das in Zukunft entwickeln wird, auch bei Auslöschung im Falle der Verweigerung an eine Veröffentlichung im Kinorahmen. Das ist aber wieder eine andere Diskussion.
 

Constance

Well-Known Member
Nicht jeder Film muss zwingend eine metaphysische kernaussage besitzen, das würde sogar das Blockbusterkino absolut determinieren. :wink:

Es gibt solche und solche. Und man wird nur wenige Filme finden, aus denen man klar eine verhaltensänderung in Resultat erwarten dürfte. Das klappt bei mir eher durch plakative darstellungen, wo ich von ethischen und moralischen Themen, die mich persönlich berühren und somit eine verhaltensänderung ermöglichen. Das Verhalten oder die Sichtweise zu verändern klappt dabei, nachhaltig, auch nur schwer. Hier spreche ich beispielsweise von Filmen wie die Dokumentation über gewisse gesellschaftlich/wirtschaftlich unkorrekte Ethik oder Moral.

Bleiben wir mal bei sci-fi: Ja, sogar the day after tomorrow wäre prägender als interstellar. Wobei letzterer meisterhaft ist. Genau wie der marsianer, inception, Edge of tomorrow etc. All diese Filme sind Sci-Fi und behandeln im Kern eigentlich Themen, die emotional relevanter sind als ihr "science"setting.

Trotzdem muss nicht jeder Film sich mit einem metaphysischen Thema auseinander setzen. Gravity ist Thrill und Survival pur, darf es das nicht geben, oder besser gefragt: sollte es so etwas nicht auch geben dürfen? Mir gefällt es und ich finde es auf seine Art großartig.

Und bei Arrival geht es nicht darum, ob determinismus etwas zerstört oder eine bedenkliche Anschauung ist, bei Arrival geht es darum, wie du trotz des Wissens damit umgehst. Und die Frage kann schlecht jemand für sich selbst beantworten, aber viele ethische und moralische Fragen können somit für einen persönlich gravierende Antworten parat haben.
 

squizo

Zillion Dollar Sadist
Ich kann nachvollziehen, warum euch der Film so gut gefällt. Ich bin damit leider aber gar nicht warm geworden. Angefangen bei allen Hauptdarstellerinnen, die irgendwie absolut unglaubhaft unpassend und langweilig waren.
5/10
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Mich stört es einfach, wenn mir gesagt wird, was ich in einem Film gefühlt oder eben nicht gefühlt habe. Ich war vom Film und von den Figuren ergriffen. Da greift das „uns“ schon nicht mehr, weil ich mich da nicht drin wiederfinde. Ich hab kein Problem damit, wenn es so sachlich und fundiert erläutert wird, warum es jemand anders sieht. Das ist alles durchaus nachvollziehbar, aber diese Sichtweise hat keine Allgemeingültigkeit. Oder entgeht mir hier irgendetwas?

Dass der Film mein Leben nicht umgekrempelt hat, das ist ja durchaus korrekt. Aber das hat bisher noch kein Film bei mir getan. Ich fühle für die Figuren, aber finde dort eine Situation wieder, die ohnehin nicht auf mein Leben gemünzt werden kann. Und trotzdem wälze ich das Gezeigte immer wieder mal in meinem Kopf.
 

Driver

Well-Known Member
Constance schrieb:
@ Driver

Ich glaube du hast die Funktion des schimmers falsch verstanden.
er streut lediglich alle Gene, Elemente, Wellen etc. Und somit mutiert alles scheinbar zufällig aber immer in dem Spektrum von dem, was die Umgebung, durch den Einfall von Licht und Schimmer zerstreut, hergibt.

Deswegen sind am Zentrum, der Leuchtturm, auch gläserne Mutationen erwachsen. Das hat doch nur geringfügig mit tlou zu tun.

Also sorry aber ich erwähne doch seit drei Beiträgen das es mir lediglich um den Look des Mannes geht, der mich zu sehr an TLOU erinnert hat. Was hat das mit dem Schimmer an sich zu tun? Natürlich kann das alles so bewusst vom Regisseur dargestellt worden sein um die Funktion des Schimmers auch optisch klar zu verdeutlichen, das ändert aber wenig daran das es mich trotzdem an TLOU erinnert. Ich denke wir drehen uns da im Kreis. Wie gesagt ich fand den Film ja immer noch gut und bin eben gespannt wie in Zukunft einmal eine TLOU Verfilmung aussehen wird. Bis dahin dürfte Auslöschung wohl schon längst vergessen sein. :biggrin:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Ungeheuer faszinierend. Voll toller Ideen und mit erstaunlich gruseligen Momenten. Für mich ein echtes Highlight dieses Jahr.
Hab gerade erst nach dem Film die Kritik von Joel gelesen und kann mich dem ganz faul einfach anschließen.

8/10
 

Driver

Well-Known Member
Cimmerier schrieb:
Oldboy ist doch ne komplett andere Hausnummer. Genau wie das asiatische Remake von What Women Want oder das Remake von My Sassy Girl. Inspiration oder Hommage sind doch damit nicht vergleichbar.
Natürlich ist das vergleichbar schließlich hat sich das amerikanische Remake von Oldboy in vielerlei Hinsicht vom originalen Oldboy inspirieren lassen, ist logischerweise normal bei einem Remake. Bei Auslöschung ist es nur eine andere Art von Inspiration. Dort haben Sie sich eben teils optisch und ein wenig musikalisch an TLOU orientiert.

Im Kern fand ich beides unnötig. Bei Auslöschung hätte bloß der Look etwas anders sein können und das Oldboyremake hätte am besten die Planungsphase nie verlassen dürfen. Ich weiss wir leben in einer offenen Filmwelt und es ist vieles möglich was ja auch nicht immer verkehrt ist, man muss aber nicht alles deswegen gut finden oder akzeptieren.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Sehe ich komplett anders. Wieso ist eine offensichtliches und als solches deklariertes Remake vergleichbar mit einer Inspiration? Ob du das unnötig findest oder nicht, ist doch gar nicht die Frage. Es sind trotzdem zwei verschiedene Herangehensweise an ein Thema. Oder möchtest du mir jetzt weismachen, Annihilation würde die 1:1 die Story von Last of Us erzählen? Ist in deinen Augen ein Avatar dasselbe wie ein Oldboy, ein Let Me In oder ein Psycho?
 

Member_2.0

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Cimmerier schrieb:
Sehe ich komplett anders. Wieso ist eine offensichtliches und als solches deklariertes Remake, bei dem die Rechte dafür auch eingeholt worden vergleichbar mit einer Inspiration? Ob du das unnötig findest oder nicht, ist doch gar nicht die Frage. Es sind trotzdem zwei verschiedene Herangehensweise an ein Thema. Oder möchtest du mir jetzt weismachen, Annihilation würde die 1:1 die Story von Last of Us erzählen?

Seh ich genau so. Bei einem Remake geht es doch darum den Originalfilm nochmal zu drehen und mit eigener Sichtweise neu zu interpretieren.

Sich einzelner Stile (ob das hier geschehen ist, sei mal dahin gestellt) zu bedienen und im eigenen Film unterzubringen finde ich, ist etwas völlig anderes.
Vielleicht sogar, wenn es passiert, etwas frecher, weil ja nicht öffentlich...
 

Shins

Well-Known Member
Da schließe ich mich meinen beiden Vorrednern an. Und möchte die Frage stellen: Kann man sich überhaupt vollkommen gegen Inspirationen wehren?
 

Joel.Barish

dank AF
Shins schrieb:
Kann man sich überhaupt vollkommen gegen Inspirationen wehren?
Nein, ich denke nicht. Gleichzeitig kann man sich aber auch nicht gegen seine subjektiven Assoziationen wehren. Wenn Driver sich die ganze Zeit über an TLOU erinnert fühlte, dann können wir dieses Gefühl mit Argumenten nicht rückgängig machen. Allerdings muss ich mich entschieden gegen den Vorwurf des Diebstahls wehren, denn das ist ein ganz anderes Feld als subjektive Ähnlichkeitsimpressionen. So was kommt sicherlich mal vor, aber in diesem Fall hier ist es für meine Begriffe nicht zutreffend und unfair. Wenn wir das Spiel weiterführen kommt dann auch TLOU schnell in die Bredouille. Wir könnten z.B. auf "Swamp Thing" zurückblicken, finden ähnliche Naturelemente insbesondere in den italienischen Zombiefilmen der 70er oder in den "Obacht, Kommunisten!" Sci-Fi-Filmen der 50er. Am Ende landen wir in Griechenland, u.a. bei Ovids Metamorphosen, wodurch klar werden sollte, dass manche Ideen und Konzepte einfach ... hm ... "naturgegeben" (!) sind, dass sie uns begleiten, seit Menschen einander Geschichten erzählen.

Ich persönlich empfand die Ähnlichkeiten z.B. bei "The Girl with all the Gifts" deutlich auffälliger, aber auch da nicht störend, da die Ziele anders waren.
 

Constance

Well-Known Member
@ Driver:

Natürlich redest du von der einen, besagten, Szene. Für mich ist diese allerdings keine Kopie. Ich hätte mich auch an Aliens erinnert fühlen können. Die zu Grunde liegende Prämisse ist fast die selbe. Ok, tat es aber nicht. Im Gefüge der Story war das einfach ein tolles Detail. Und selbst wenn man dabei designtechnisch an TLOU gedacht hat, dann würde ich das nicht als "Diebstahl" oder dreistes kopieren nennen, vielleicht eher in Tribut zollen.

Nunja, wir drehen uns tatsächlich im Kreis, und wie Joel sagte: wir können das Gefühl nicht umkehren.

Zum punkt interpretieren:
Man kann sich nie einer bewussten oder unbewussten Interpretation erwehren, weil neben dem aktiven Prozess immer der unbewusste, passive präsent ist, der unsere Reize mit Erfahrungen abgleicht und welche Bestandteile dabei dann eine übergeordnete Rolle spielen. Das bedeutet: man kann sich nicht dagegen wehren.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Ich wünschte, mir hätte der Film so gut gefallen wie Joels Kritik zu lesen. Die ist mal wieder ausgesprochen toll formuliert und damit so typisch für ihn, dass er unbedingt bald was Geschriebenes im Handel veröffentlichen sollte. In jeglicher Form. :squint:

Für mich ist der Film ein kleines bisschen wie Sunshine, ebenfalls von Garland geschrieben. Fesselnde Prämisse, einige sehr gelungene Spannungsmomente, bevor der Wagen im letzten Drittel eine Ausfahrt nimmt, an der ich gefühlt grübelnd und distanziert vorbeifahre. Bei Sunshine war es ein urplötzlich simples Actionfinale (mit einem getoasteten, nicht zu erkennenden Mark Strong), das ganz wild auf Popcornunterhaltung zu sein schien. War aber konfus gefilmt und zu platt konstruiert für das, was zuvor zu sehen war.

Auslöschung machts anders, der ist eigentlich den gesamten Film über relativ gleich, und was zum Schluss trotz Granateneinsatz passiert, passt tonal zum langsamen, mystischen Rest. In meinem Fall wars eher so, dass mir so ungefähr gegen Filmmitte dämmerte, dass sich der Film in eine Richtung entwickelt, die mir nicht sonderlich zusagt. Dass es Garland kaum um weiteren Überlebenskampf und Erforschung der seltsamen Zone geht. Stattdessen erinnert mich das Finale schon fast eher an Arrival und Melancholia. Die Gefühlswelt Lenas und die Verarbeitung ihres Traumas steht wesentlich stärker im Vordergrund als alles andere, und das was zum Schluss passiert, ist eine Antwort darauf. Schon bei dem ersten Flashback hab ich mir leise gedacht "oh oh, SO ein Film".

Natürlich ist es nicht bezweifeln, dass die Atmosphäre dicht ist, der Score packt, einige Bilder fraglos ins Kino gehören und die Tierbegegnungen ungemein spannend ausfallen. Dafür aber, dass Lenas Geschichte so emotionslastig ist und auch die Schicksale der anderen Frauen ergreifen sollen, hat mich der Ausflug in die Zone völlig kalt gelassen. Gerade bei den letzten Bildern wäre ich gern ergriffen gewesen. Eigentlich hätte ich direkt abends noch fasziniert den Score auflegen und die Büchertrilogie bestellen müssen. Ich weiß auch nicht, ob ich Natalie Portmans depressive Forscherin in einem zweiten Teil nochmal sehen wollen würde.

Überhaupt scheine ich in letzter Zeit ein Problem mit derartigen Figuren zu haben. Amy Adams in Arrival war sehr ähnlich. Vielleicht nicht so zornig, aber ebenfalls verletzt, traumatisiert, unfähig, sich der offenen Wahrheit zu stellen, bis dann durch ein ungewöhnliches Ereignis eine Form von Katharsis eintrifft.

Aktuell würd ich lieber Life 2 als Auslöschung 2 sehen wollen.
 

Member_2.0

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@jay: Kauf dir die Bücher. Teil eins ist genial.

und ich denke nicht, dass es einen zweiten Teil vom Film geben wird. In Buch zwei ist der Schimmer noch vorhanden. Film 1 ist abgeschlossen denke ich. Es sei denn sie machen was mit den Figuren, die ja scheinbar den Schimmer in sich tragen...
 

Revolvermann

Well-Known Member
In diesem Fall bin ich eher nicht bei Jay. Oftmals sogar gegenteilig.
Ich habe mich spätestens gegen Mitte des Films eher fasziniert an den Rand des Sofas gedrängt gefühlt, mit der spannenden Erkenntnis, dass es sich hier wohl nicht um den 753sten "wir durchforschen eine fremde Wildnis und müssen gegen Monster kämpfen"-Streifen handelt.
Auch gefiel mir die subtile Figurenzeichnung, die auch mich an "Arrival" erinnerte. Würde das aber nicht als emotionslos bezeichen.
Ich für meinen Teil fand beispielsweise Adams überraschte Furcht, mit schwerem Atmen und natürlich dem grandiosen Score in "Arrival" hundertmal spannender, immersiver und authentischer als alle Charaktere in "Life" zusammengenommen. So auch Portmans Figur hier. Unterstützt wird das durch Feinheiten wie z.B. das Ausbleiben wummernder Spannungsmusik beim Alligatorangriff.
Die augenscheinliche Ruhe der Hauptdarstellerinnen in "Arrival" als auch in "Annihilation" wird tatsächlich mit den jeweiligen Verlusten zutun haben und den daraus resultierenden Depressionen. Wird doch oft bei Patienten mit starker, klinischer Depression eine verstörende Gemütsruhe im Angesicht tatsächlicher Gefahr beobachtet. Was mich, wie auch Jay direkt an den Film denken lässt, der sich unter anderem ausgiebig damit beschäftigt: "Melancholia".
Natürlich ist auch der Kampf gegen Depressionen bzw. das" dunkle Ich" ein wichtiger Punkt in dieser Geschichte.
Ich persönlich bin eher schnell gelangweilt, wenn nun im Dschungel, auf einer Raumstation oder sonstwo die immer gleichen Schablonen von Figuren die immer gleichen Schreckensszenarios abspulen inkl. "Lauf! Lauf!", "Oh mein Gott!" und "Was zum...?!".
Nichts gegen "Life". Den fand ich insgesammt ganz in Ordnung.
"Annihilation" hingegen wird mich aber mit seiner kreativen Optik, der auffalenden Mutations bzw. Krebs-Allegorie sowie spannendem Interpretationsmöglichkeiten noch lange beschäftigen und bei späteren Sichtungen immer wieder neue Sichweisen preisgeben.
 

Måbruk

Dungeon Crawler
Auch heute gesehen und großteils begeistert. In der Grundsumme wird zwar nicht viel neues geboten, aber in den ganzen, besonders optisch kreativen Details fährt Garland wirklich echte Kunst auf, veredelt von einem wundebar minimalistischen Elektronik Score, der die Bilder absolut auf den Punkt bringt. Dazu Garlands mit sehr ruhiger, empathischer Hand geführte Regiearbeit - Intensität pur.
Der Film wird mir insgesamt vielleicht etwas viel gehypt, was aber den Hype definiv verdient hat, ist Garlands Lebenswerk. Mit Dredd, Ex-Machina und Annihilation hat Garland als Regisseur tatsächlich die Zukunft des Sc-Fi Films abgebildet und man darf hoffen, dass seine zukünftigen Werke durchgehend im Kino gezeigt werden und das Kino endlich mutiger wird. Aber nicht nur das Kino, sondern vor allem auch die Zuschauer, die einfach zu wahllos in die seelenlosen Blockbuster rennen. 8/10
 

Driver

Well-Known Member
Cimmerier schrieb:
Wieso ist eine offensichtliches und als solches deklariertes Remake vergleichbar mit einer Inspiration? Ob du das unnötig findest oder nicht, ist doch gar nicht die Frage. Es sind trotzdem zwei verschiedene Herangehensweise an ein Thema. Oder möchtest du mir jetzt weismachen, Annihilation würde die 1:1 die Story von Last of Us erzählen? Ist in deinen Augen ein Avatar dasselbe wie ein Oldboy, ein Let Me In oder ein Psycho?
Ein Remake kopiert ja nicht zu 100% die Vorlage sondern lässt sich auch größtenteils inspirieren. Das US Remake ist ja auch keine 1 zu 1 Kopie. Sie leihen sich viele Elemente (lassen sich inspirieren), erschaffen aber ihren eigenen Oldboy.

Ich wollte auch nicht damit sagen das es die gleiche Herangehensweise ist sondern das es mich ähnlich gestört hatte. Das war vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt.

Ich habe zu keiner Zeit behauptet Annihilation wäre eine 1:1 Kopie der Story von TLOU. Da ich es jetzt schon fünf mal erwähnt habe ein letztes mal. Nur der LOOK sprich diese pilzartige Wucherung und Verschmelzung des Mannes mit der Wand im Schwimmbad hat mich an TLOU erinnert. Genauso wie der immer wiederkehrende minimalistische Gitarrensoundtrack. Das sind beides zentrale Elemente in TLOU.

Vielleicht war von einer Kopie zu sprechen etwas zu hart aber der Regisseur hat sich definitiv stark davon inspirieren lassen.
 

NewLex

Well-Known Member
Was mich ein wenig wundert ist das sich Niemand über das überbelichtete, mit Lens-Flares durchzogene, ausgebrannte Bild aufregt. Selbst fand ich zwar die Sets usw. ziemlich hübsch, aber Bildtechnisch schrecklich eingefangen. Als ob mit einem Camcorder mit Mini-Dynamikumfang ein Dunkles Objekt mit grellem Hintergrund gefilmt wird. :huh: Ich weis sehr wohl dass das Absicht war und wohl der Schimmer dafür verantwortlich ist, aber ich fands stilistisch eher grausam.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
@Driver
Und trotzdem ist ein Remake einfach kein Stück mit dem vergleichbar, was du Annihliation vorwirfst. Ich sträube mich einfach dagegen, bei einem Remake von Inspiration zu reden und gleichzeitig Annihilation als Negativbeispiel zu nennen, welches Elemente von TLOU entlehnt haben soll und dafür von dir kritisiert wird. Ich sehe einfach nicht, wie man beides in eine Schublade packen kann, wenn die Unterschiede so immanent auf der Hand liegen.
 
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