Clive77
Serial Watcher
Vorweg: In diesem Artikel wird gespoilert. Ich würde mir zwar gerne die größte Mühe geben, mein Geschreibsel anders zu gestalten, aber es geht bei mir nicht ohne Spoiler (ich nehme gerne Bezug zur Handlung, wenn ich etwas negativ oder positiv bewerte). Wer sich also bloß drüber informieren möchte, ob die Serie vielleicht etwas taugt, dem sei das Fazit und die Bewertung nahe gelegt.
Etwas Background
Alfred Hitchcocks Film „Psycho“ basierte auf dem gleichnamigen Buch von Robert Bloch, welches sich auch die Macher der Serie „Bates Motel“ als Vorlage (neben dem Film) genommen haben. Der Film war seiner Zeit ein großer (und unvorhergesehener) Erfolg, der drei weitere Filme nach sich zog als Hitchcock schon verstorben war. Dabei beleuchtete der vierte und letzte Teil (eine reine TV-Produktion) auch die Vergangenheit von Norman Bates und bestand größtenteils aus Rückblicken in eine Periode seiner Kindheit, der sich auch die Serie annimmt. Von daher ist es verständlich, wenn man sich gleich vorweg fragt, weshalb es überhaupt einer Serie dazu bedarf - der Zuschauer weiß ohnehin schon, wie es enden wird und alles, was die Serie zur Person des Norman Bates beitragen kann/könnte, ist ohnehin eine Entmystifizierung des Charakters, den man in den Psycho-Filmen (Teil eins bis drei) so unheimlich fand. Es stellt sich somit gleich die Frage, ob man sich generell auf die Serie einlassen möchte, denn das einzig neue wäre die Verlegung der Handlung in die Gegenwart. Kann das funktionieren?
Was ist passiert?
Gleich zu Beginn der ersten Episode „First You Dream, Then You Die“ findet Norman Bates (Freddie Highmore) seinen Vater tot unter einem Regal begraben im Keller vor und gibt seiner Mutter Norma (Vera Farmiga) bescheid. Sechs Monate später ziehen die beiden um. Norma hat ein Motel erworben und damit einen Neuanfang für sich und ihren Sohn gefunden.
Norman findet relativ schnell Kontakt zu seinen neuen (weiblichen) Mitschülern, aber seine Mutter macht es ihm nicht gerade einfach, diesen Kontakt auch auszuleben. Der siebzehnjährige Junge wird gewarnt, dass er die Mädels noch nicht kennt und als er Abends heimlich ausbricht, um mit seinen neuen Freundinnen zu lernen, wird er auf eine Party gelotst (hatte Mutter etwas Recht?) - wo er durch seine Schüchternheit nicht lange bleibt.
Der vorherige Besitzer des Motels - Keith Summers (W. Earl Brown) - hat sich derweil schon recht aggressiv angekündigt und lässt an besagtem Abend Taten folgen: Er verschafft sich Zugang zum neuen Heim der Bates und attackiert Norma, die ihren Sohn zu Hilfe ruft. Als Keith schon dabei ist, Norma zu vergewaltigen, taucht Norman plötzlich auf und schlägt den Übeltäter vorerst bewusstlos. Dieser kommt aber wieder zu sich als Norman nach dem Erste-Hilfe-Koffer für seine Mutter sucht und wird von Norma mit einem Küchenmesser erstochen.
Der Junge möchte die Polizei rufen, aber - wie Norma ihm zu verstehen gibt - das wäre schlecht fürs Geschäft. Somit wird die Leiche erstmal in einer Badewanne eines Motelraums verstaut, was nicht ohne Blutspuren auf dem Teppich vonstatten geht. Norma beschließt, dass sämtliche Räume einen neuen Teppich benötigen und die zwei machen sich des Nachts an den Austausch als plötzlich die Polizei in Form von Sheriff Romero (Nestor Carbonell) und Zach Shelby (Mike Vogel) vor der Tür steht. Die beiden haben das Licht am Motel bemerkt und sehen nach dem Rechten, können aber abgewimmelt werden (das Auto von Keith scheint ihnen nicht aufgefallen zu sein).
Die Leiche von Keith wird in der folgenden Nacht nach Dexter-Manier in einer Mutter-Sohn-Aktion versenkt und das Motel bekommt das bekannte „Bates Motel“ Schild. In einer abschließenden Sequenz bekommt der Zuschauer noch zu sehen, wie eine angekettete Frau eine Spritze (den Spuren an ihren Armen nach nicht die erste) verpasst bekommt.
Norma Louise Bates
Schon gleich zu Anfang der Folge wird gezeigt, dass Normans Mutter merkwürdig ist: Statt so etwas wie Entsetzen zu zeigen, als sie ihren toten Ehemann im Keller vorfindet, macht sie sich gleich daran, ihren Sohn zu trösten. Der Tod des Ehemannes scheint da nur Nebensache zu sein. Im Verlauf der Folge wird dann klar, dass sie nur in ihrem Sohn einen aufrichtigen guten Menschen sieht („Everyone I’ve ever known has sucked. Except you.“).
Norma ist eine herrische Mutter, die nicht nur ihrem Sohn ihre Entscheidungen (wie den Umzug) aufzwängt, sondern auch keine Gelegenheit auslässt, Norman eigene Entscheidungen treffen zu lassen. Dabei geht sie schon recht geschickt vor: Als Norman ihre Erlaubnis benötigt, um sich an der Schule sportlich zu betätigen (braucht man wirklich eine schriftliche Bescheinigung der Eltern, um sich für einen Sport anzumelden?), unterzeichnet sie zwar, aber gibt Norman deutlich zu verstehen, dass sie dagegen ist - wobei der Junge gleich wieder Schuldgefühle bekommt und die Sache als nicht so wichtig abtut. Überhaupt ist Norma erstmal gegen jedwede Freizeitgestaltung ihres Sohnes und redet ihm ins Gewissen, dass sie ihn braucht, um das Motel zu führen. Damit verhindert sie auch vorerst, dass er mit seinen Schulkollegen „zum Lernen“ geht und rechtfertigt die Entsorgung der ersten Leiche.
Harter Tobak, den eigenen Sohn auf diese Art und Weise für sich einzuspannen - aber hey, immerhin bekommt er sein Schlafzimmer gleich neben dem der Mutter.
Ein weiterer Charakter, der bisher noch keinen Auftritt hatte, ist Normans älterer Bruder Dylan (Max Thierot), der kurz bei seiner Mutter anruft und in Geldnot ist. Das Gespräch wird aber von Norma abgewürgt, womit klar sein dürfte, dass Dylan keineswegs Muttis Liebling ist. Die Rolle hat Norman inne.
Der feuchte Traum eines Siebzehnjährigen?
Norman ist anfangs keineswegs das reine Muttersöhnchen und gibt Norma bereits auf der Hinfahrt zum Motel etwas Paroli, was ihre Entscheidungen angeht. Es mutet aber recht merkwürdig an, dass er an der Bushaltestelle nur auf Schülerinnen trifft (vier Mädels, nicht ein Junge, der dort in den Bus einsteigt, wirklich?) - aber gut, glückliche Zufälle gibt es auch im wirklichen Leben und als Mädel Nr. 5 mit eigenem Auto eine Fahrt zur Schule anbietet, steigt auch Norman mit ein und darf gleich Bradley (Nicola Peltz) auf seinem Schoß begrüßen und bekommt ihre Telefonnummer samt spontanem Foto ins Handy programmiert (wo waren die fünf nur als ich siebzehn war?).
Dass Norman doch eher zum schüchternen Lager gehört, stellt sich erst auf der Party heraus. Dass er unter der Annahme, die Mädels wollten nur zusammen mit ihm lernen, heimlich mitkommt, ist in der Tat süß. Es wirkt aber komisch, dass er auf der Party dann nicht die Chance ergreift und sein Glück wahrnimmt. Statt Teil der Party zu werden, schottet er sich ab und macht sich schnell davon - warum bleibt fraglich, denn soweit hat es keinen Anlass in der Folge zu dieser Zurückhaltung gegeben.
Wie dem auch sei, er ist fast rechtzeitig zu Hause und macht der Vergewaltigung seiner Mutter ein Ende. Sein Vorschlag, nach dem Mord an Keith die Polizei zu rufen, deutet auf einen gesunden Menschenverstand - im Grunde hätte man es als Notwehr auslegen können. Aber als gutgläubiger Sohn muss Mama natürlich Recht behalten und so wird zunächst die Leiche umverlegt und später werden die Teppiche aus den Motelräumen entfernt.
Abzuwarten bleibt noch, wie sich die neue Bekanntschaft in der Schule - Emma (Olivia Cooke) - auf Norman auswirkt. Abgesehen von einem kleinen Auftritt, bekommt der Zuschauer hier nicht viel zu sehen. Man kann aber schon erahnen, dass Emma etwas anders ist als ihre Mitschülerinnen und vielleicht stärker als Bradley und ihre Spießgesellinnen an Normans neuem Umfeld teilnimmt (auch wenn der Ausgang jedweder Liebeleien durch die Filme bereits klargestellt wurde).
Nach der ersten Folge ist Normans Schicksal bereits festgelegt: Mama hat immer Recht und es gilt, sie bei allen Dingen zu unterstützen. Wirklich kämpferisch kommt Norman nicht daher, wobei seine Mutter aber auch stets die passenden Argumente für ihre Seite der Sache parat hat. Es wird bereits angedeutet, in welche Richtung der Charakter gehen wird (was keine Überraschung ist). Schon jetzt ist er ein Komplize bei einem Mord, was nicht hätte sein müssen. Aber als „guter Junge“ steht er nun mal zu seiner Mutter.
... to be continued...
Etwas Background
Alfred Hitchcocks Film „Psycho“ basierte auf dem gleichnamigen Buch von Robert Bloch, welches sich auch die Macher der Serie „Bates Motel“ als Vorlage (neben dem Film) genommen haben. Der Film war seiner Zeit ein großer (und unvorhergesehener) Erfolg, der drei weitere Filme nach sich zog als Hitchcock schon verstorben war. Dabei beleuchtete der vierte und letzte Teil (eine reine TV-Produktion) auch die Vergangenheit von Norman Bates und bestand größtenteils aus Rückblicken in eine Periode seiner Kindheit, der sich auch die Serie annimmt. Von daher ist es verständlich, wenn man sich gleich vorweg fragt, weshalb es überhaupt einer Serie dazu bedarf - der Zuschauer weiß ohnehin schon, wie es enden wird und alles, was die Serie zur Person des Norman Bates beitragen kann/könnte, ist ohnehin eine Entmystifizierung des Charakters, den man in den Psycho-Filmen (Teil eins bis drei) so unheimlich fand. Es stellt sich somit gleich die Frage, ob man sich generell auf die Serie einlassen möchte, denn das einzig neue wäre die Verlegung der Handlung in die Gegenwart. Kann das funktionieren?
Was ist passiert?
Gleich zu Beginn der ersten Episode „First You Dream, Then You Die“ findet Norman Bates (Freddie Highmore) seinen Vater tot unter einem Regal begraben im Keller vor und gibt seiner Mutter Norma (Vera Farmiga) bescheid. Sechs Monate später ziehen die beiden um. Norma hat ein Motel erworben und damit einen Neuanfang für sich und ihren Sohn gefunden.
Norman findet relativ schnell Kontakt zu seinen neuen (weiblichen) Mitschülern, aber seine Mutter macht es ihm nicht gerade einfach, diesen Kontakt auch auszuleben. Der siebzehnjährige Junge wird gewarnt, dass er die Mädels noch nicht kennt und als er Abends heimlich ausbricht, um mit seinen neuen Freundinnen zu lernen, wird er auf eine Party gelotst (hatte Mutter etwas Recht?) - wo er durch seine Schüchternheit nicht lange bleibt.
Der vorherige Besitzer des Motels - Keith Summers (W. Earl Brown) - hat sich derweil schon recht aggressiv angekündigt und lässt an besagtem Abend Taten folgen: Er verschafft sich Zugang zum neuen Heim der Bates und attackiert Norma, die ihren Sohn zu Hilfe ruft. Als Keith schon dabei ist, Norma zu vergewaltigen, taucht Norman plötzlich auf und schlägt den Übeltäter vorerst bewusstlos. Dieser kommt aber wieder zu sich als Norman nach dem Erste-Hilfe-Koffer für seine Mutter sucht und wird von Norma mit einem Küchenmesser erstochen.
Der Junge möchte die Polizei rufen, aber - wie Norma ihm zu verstehen gibt - das wäre schlecht fürs Geschäft. Somit wird die Leiche erstmal in einer Badewanne eines Motelraums verstaut, was nicht ohne Blutspuren auf dem Teppich vonstatten geht. Norma beschließt, dass sämtliche Räume einen neuen Teppich benötigen und die zwei machen sich des Nachts an den Austausch als plötzlich die Polizei in Form von Sheriff Romero (Nestor Carbonell) und Zach Shelby (Mike Vogel) vor der Tür steht. Die beiden haben das Licht am Motel bemerkt und sehen nach dem Rechten, können aber abgewimmelt werden (das Auto von Keith scheint ihnen nicht aufgefallen zu sein).
Die Leiche von Keith wird in der folgenden Nacht nach Dexter-Manier in einer Mutter-Sohn-Aktion versenkt und das Motel bekommt das bekannte „Bates Motel“ Schild. In einer abschließenden Sequenz bekommt der Zuschauer noch zu sehen, wie eine angekettete Frau eine Spritze (den Spuren an ihren Armen nach nicht die erste) verpasst bekommt.
Norma Louise Bates
Schon gleich zu Anfang der Folge wird gezeigt, dass Normans Mutter merkwürdig ist: Statt so etwas wie Entsetzen zu zeigen, als sie ihren toten Ehemann im Keller vorfindet, macht sie sich gleich daran, ihren Sohn zu trösten. Der Tod des Ehemannes scheint da nur Nebensache zu sein. Im Verlauf der Folge wird dann klar, dass sie nur in ihrem Sohn einen aufrichtigen guten Menschen sieht („Everyone I’ve ever known has sucked. Except you.“).
Norma ist eine herrische Mutter, die nicht nur ihrem Sohn ihre Entscheidungen (wie den Umzug) aufzwängt, sondern auch keine Gelegenheit auslässt, Norman eigene Entscheidungen treffen zu lassen. Dabei geht sie schon recht geschickt vor: Als Norman ihre Erlaubnis benötigt, um sich an der Schule sportlich zu betätigen (braucht man wirklich eine schriftliche Bescheinigung der Eltern, um sich für einen Sport anzumelden?), unterzeichnet sie zwar, aber gibt Norman deutlich zu verstehen, dass sie dagegen ist - wobei der Junge gleich wieder Schuldgefühle bekommt und die Sache als nicht so wichtig abtut. Überhaupt ist Norma erstmal gegen jedwede Freizeitgestaltung ihres Sohnes und redet ihm ins Gewissen, dass sie ihn braucht, um das Motel zu führen. Damit verhindert sie auch vorerst, dass er mit seinen Schulkollegen „zum Lernen“ geht und rechtfertigt die Entsorgung der ersten Leiche.
Harter Tobak, den eigenen Sohn auf diese Art und Weise für sich einzuspannen - aber hey, immerhin bekommt er sein Schlafzimmer gleich neben dem der Mutter.
Ein weiterer Charakter, der bisher noch keinen Auftritt hatte, ist Normans älterer Bruder Dylan (Max Thierot), der kurz bei seiner Mutter anruft und in Geldnot ist. Das Gespräch wird aber von Norma abgewürgt, womit klar sein dürfte, dass Dylan keineswegs Muttis Liebling ist. Die Rolle hat Norman inne.
Der feuchte Traum eines Siebzehnjährigen?
Norman ist anfangs keineswegs das reine Muttersöhnchen und gibt Norma bereits auf der Hinfahrt zum Motel etwas Paroli, was ihre Entscheidungen angeht. Es mutet aber recht merkwürdig an, dass er an der Bushaltestelle nur auf Schülerinnen trifft (vier Mädels, nicht ein Junge, der dort in den Bus einsteigt, wirklich?) - aber gut, glückliche Zufälle gibt es auch im wirklichen Leben und als Mädel Nr. 5 mit eigenem Auto eine Fahrt zur Schule anbietet, steigt auch Norman mit ein und darf gleich Bradley (Nicola Peltz) auf seinem Schoß begrüßen und bekommt ihre Telefonnummer samt spontanem Foto ins Handy programmiert (wo waren die fünf nur als ich siebzehn war?).
Dass Norman doch eher zum schüchternen Lager gehört, stellt sich erst auf der Party heraus. Dass er unter der Annahme, die Mädels wollten nur zusammen mit ihm lernen, heimlich mitkommt, ist in der Tat süß. Es wirkt aber komisch, dass er auf der Party dann nicht die Chance ergreift und sein Glück wahrnimmt. Statt Teil der Party zu werden, schottet er sich ab und macht sich schnell davon - warum bleibt fraglich, denn soweit hat es keinen Anlass in der Folge zu dieser Zurückhaltung gegeben.
Wie dem auch sei, er ist fast rechtzeitig zu Hause und macht der Vergewaltigung seiner Mutter ein Ende. Sein Vorschlag, nach dem Mord an Keith die Polizei zu rufen, deutet auf einen gesunden Menschenverstand - im Grunde hätte man es als Notwehr auslegen können. Aber als gutgläubiger Sohn muss Mama natürlich Recht behalten und so wird zunächst die Leiche umverlegt und später werden die Teppiche aus den Motelräumen entfernt.
Abzuwarten bleibt noch, wie sich die neue Bekanntschaft in der Schule - Emma (Olivia Cooke) - auf Norman auswirkt. Abgesehen von einem kleinen Auftritt, bekommt der Zuschauer hier nicht viel zu sehen. Man kann aber schon erahnen, dass Emma etwas anders ist als ihre Mitschülerinnen und vielleicht stärker als Bradley und ihre Spießgesellinnen an Normans neuem Umfeld teilnimmt (auch wenn der Ausgang jedweder Liebeleien durch die Filme bereits klargestellt wurde).
Nach der ersten Folge ist Normans Schicksal bereits festgelegt: Mama hat immer Recht und es gilt, sie bei allen Dingen zu unterstützen. Wirklich kämpferisch kommt Norman nicht daher, wobei seine Mutter aber auch stets die passenden Argumente für ihre Seite der Sache parat hat. Es wird bereits angedeutet, in welche Richtung der Charakter gehen wird (was keine Überraschung ist). Schon jetzt ist er ein Komplize bei einem Mord, was nicht hätte sein müssen. Aber als „guter Junge“ steht er nun mal zu seiner Mutter.
... to be continued...