@TylerDurden: Es ging mir um die psychische Ebene, die bei dieser Serie so stark wie keine Serie (Ausnahme Twin Peaks Staffel 1 und 2) durchdacht wurde. Die Serie zeigt von Anfang bis zum Ende das Johannesevangelium und nimmt in der Symbolik starken Bezug auf die ihm nahestehenden Religionen. Es war von Anfang an klar, dass es um die Wiedergeburt der Hauptcharaktere ging. Wir wurden überschüttet mir Symbolen der Angst, dem Zweifel am eigenen Platz in dieser Welt und dem Verlust des Glaubens. Es gibt keinen Lostie, der nicht kraft dieser Konflikte auf die Insel kam, keinen einzigen. Das ganze wird halt erst durch die vielen Flashbacks deutlich. Die Insel stellt unser Inneres dar, den Ort von dem aus alles was wir als Außenwelt wahrnehmen, erschaffen wird. "Du tust dir dies alles selbst an!" hieß es an einem bedeutenden Wendepunkt der Serie.
Ich schrieb vor einiger Zeit beim Zahlensender:
"Die Serie wird noch viele Generationen mitreißen, auch wenn sie dann nicht mehr dem breiten Publikum bekannt sein wird. Lost ist etwas ganz spezielles für mich und ich schaue diese Serie nach einigen Jahren das erste mal mit meiner Frau zusammen.
Vielleicht habt ihr ja im Anschluss Lust etwas auf die philosophischen Hintergründe der Serie einzugehen. Es gab ja Stimmen aus dem damaligen Autorenteam der Serie, die angedeutet haben, dass die Insel lediglich für unseren Geist steht. Die Passagiere waren nicht “Lost”, als sie abstürzten, sondern sie waren vorher verloren und haben auf der Insel wieder zu sich zurück gefunden. Die Ganze Serie dreht sich um den Kampf des Mentals bzw. der Logik (nicht loslassen wollen) gegen den Glauben (religionsfrei) und das intuitive Handeln (loslassen, Freiheit). Wenn ich mich recht erinnere, dann steht die äußere Welt (LA, Sydney) für den in Gedankenwelten und auf Gedanken basierende Ängste, wohingegen der Absturz auf die Insel den Moment im Leben der Passagiere (Kandidaten) darstellt, der sie von all dem krebsartigen Gedankenfesseln befreit. Sie erkennen mehr und mehr, dass in Ihnen ein Licht aufwartet, dass darüber bestimmt wie ihr Leben verlaufen wird. Die Mystik auf der Insel ist dabei der Schlüssel zur geistlichen Wiedergeburt. Es ist der Scheideweg, der ihnen entweder deutlich macht, dass nichts so ist wie man gedanklich annimmt (höheres Schicksal), oder sie so sehr fesselt, dass sie innerlich aufgefressen werden und sich wieder in mentalen Zielsetzungen und Lebensplanungen verlieren (Wissenschaft vs. Glaube).
Jacob und MIB sind dabei nur zwei Spannungspole in unser aller Leben. Wir alle sind Kandidaten auf der Insel und stürzen früher oder später auf ihr ab um uns und die wahren Beziehungen zu den Menschen in unserem Leben zu erkennen.
Michael Emerson hat 2011 in einem Vortrag sehr ähnliche Hintergrundinformationen über die Serie preis gegeben. Die Macher bewegen sich die ganze Serie über eigentlich auf einer anderen Ebene, als es der Zuschauer aufgrund des nur langsam kommenden Überblicks glaubt. Deshalb ist die Enttäuschung über das Ende auch so groß."