Ein wirklich guter Film, in dem es - wie auch Jigsaw zuletzt schrieb und einige zuvor - nicht vordergründig um Online-Rollenspiele geht, sondern um Autismus.
Dennoch weckt die Aufmache des Films eine falsche Erwartungshaltung. Die Rollenspiele kommen insgesamt eher gut weg, weil sie hier das Gegenteil der an ihnen oft geäußerten Kritik andeuten. Sie eröffnen hier einem Autisten (Ausprägung des Asperger-Syndroms) die Möglichkeit, einen gewissen Bezug zu Realität und einem funktionierenden Sozialgefüge aufrecht zu erhalten. Das Rollenspiel bietet Strukturen, die Ben helfen, Ordnung in seinen Alltag, der sonst vom Chaos der Umwelt bestimmt zu sein scheint, zu integrieren.
Insgesamt grandios gespielt, aber manchmal wird duch Überzeichnung der "bösen Anderen" ein wenig zu sehr auf die Mitleidstube gedrückt, was das Gesamtbild aber kaum schmälern kann.
Die ganz großen Momente hat der Film in seinem Finale, wo die Musik von Sigur Ros so effizient eingesetzt wird, dass sie ganze Gänsehaut-Gewitter hervorruft. Ein Ende, das nicht nur einen tollen Twist hat, sondern eigentlich noch ziemlich deprimierender ist, als man meinen würde.
Das Leben selbst wird zu einem Zwang zur Lüge, um als Andersdenkender Anerkennung zu erheischen. Ben unterstreicht das zudem durch die vielen kleinen Hinweise auf das Nachdenken an die Rolle des Märtyrers in Christus-Nachfolge, aber selbst das wird augenzwinkernd ironisiert durch Bens Umgang mit dem Kreuz. Zudem bewahrt sich der Film eine gewisse Offenheit durch die Rolle der Scarlit am Ende, die dem appellativen Anspruch immer noch die Fiktion zur Seite gesellt.
Ein durchdachter, drastischer, gut gespielter Film, der nur hin und wieder etwas überzeichnet und dessen Ende so großartig, wie zwiespältig ist.
8,5/10