nachoz schrieb:
Es geht mir hier um die Dauer bis man mal den Mund aufmacht.
Warum nicht gleich? Warum 20 Jahre mit solchen Vorwürfen warten? Ich weiß nicht wie es innerhalb der Hollywood Mafia zugeht.
Und das habe ich versucht zu erklären bzw. ich habe es
vor ein paar Tagen hier schon angesprochen(klick). Wenn man das Gefühl hat, dass man mit einer Anklage nichts ausrichten kann, dass man den mächtigen Chef, Studioboss oder Wasauchimmer nicht belangen kann, dass allerhand Mitwisser zum (Karriere-)Selbstschutz schweigen, wenn durch eine öffentliche Anklage im Prinzip nur die eigene Karriere gefährdet ist, da einem fast niemand sofort glaubt, dann schweigt man eben.
Und schau dir einige Namen bei Weinstein an. Ashley Judd, mit der es losging, Claire Forlani, Mira Sorvino oder Rose McGowan - das sind alles Namen von Leuten wo man in letzt Zeit womöglich dachte "Was machen die eigentlich?/Wo sind die?" Ich mein, Mira Sorvino hat einen Oscar gewonnen und musste sich kurz darauf in "Replacement Killers" verramschen und hat seitdem quasi nichts mehr gemacht. So was hat regelmäßig natürlich auch ganz normal private Gründe (siehe Alison Lohman, die ins Privatleben zurückgekehrt ist), aber bei genannten Frauen dürfte Weinsteins Einfluss eine Rolle gespielt haben.
Und bzgl. Opfern sofort glauben:
Wenn ich sage "Anklägern/Opfern glauben" heißt das nicht, dass uneingeschränkt alles durchgewunken wird. Aber wie bereits erwähnt sind die meisten von uns nicht im Justizsystem tätig. Wir fällen keine Urteile, wir müssen nicht auf die Beweisflicht pochen. Wir *müssen* allerdings - finde ich - eine Gesellschaft des Vertrauens entwickeln. Keine Gesellschaft blinder Zustimmung, aber das Vertrauensgefühl, dass man einem vermeintlichen Opfer von sexueller Gewalt nicht erst groß mit "Moment, ist das überhaupt wahr?/Hast du es vielleicht selbst verschuldet?" entgegentritt, sondern sich hinsetzt und zuhört. Dass die Vertrauensbasis da ist, damit in Zukunft eben nicht mehr Jahrzehnte ins Land gehen, ehe etwas gesagt wird. Dass man sagt: "Hey, wenn du diesen für dich belastenden Vorwurf einer sexuellen Gewalterfahrung äußerst, dann glaube ich dir. Du kannst dich darüber öffnen. Es war nicht deine Schuld. Sollen wir/Soll man zu den offiziellen Behörden gehen?" Etc.
NewLex schrieb:
Und wie gut dass wir noch in einem Rechtsstaat leben, in dem nicht jeder sofort durch einen Lynchmob aufgeknüpft wird. Ich find's ekelhaft wenn es keine Abstufung mehr gibt und plötzlich ein Spacy gleichgestellt wir mit einem Kinderschänder.
Das hat in der Form hier noch niemand gesagt. Meine Reaktion bzgl. des Alters bezog sich darauf, dass diese lockere "Party, Alkohol, man landet im Bett" Situation bei Minderjährigen irrelevant ist, weil es eben noch Minderjährige sind. Der Vorwurf des Lynchmobs ist auch nicht angebracht, nicht hier für diesen Thread bisher und nicht für den Fall Spacey, der - soweit ich das aus den Überseemedien mitbekommen habe - jetzt nicht gerade unter Polizeischutz stehen muss, der mit seinem Ablenkungsouting wohl tatsächlich halbwegs abgelenkt hat. Obwohl neue Anschuldigungen von Mitarbeitern
vom House of Cards Set hervorgekommen sind.
MadMax schrieb:
"Unangebracht"?
Lesen. Es ist unangebracht für uns als Filmkonsumenten/Einzelpersonen Polizei oder Richter zu spielen. Wir sollen nicht Polanskis Privathaus aufsuchen, ihn herauszerren und gen USA verschicken. DAS ist unangebracht. Mehr habe ich nicht gesagt.
MadMax schrieb:
Und nein, wir Konsumenten sind nicht die Polizei. Aber hier geht's darum, dass Salva "eh nur ein kleiner Filmemacher sei" und deshalb einfahren kann, aber der "große" Polanski halt nicht bzw. es bei dem "unangebracht" wäre.
Das habe ich so nicht gesagt. Das steht da auch so nicht. Ich habe lediglich beschrieben, dass es mir bei Polanski schwerer fällt auf seine Filme zu verzichten als bei Salva, dessen "Jeepers Creepers" mir maximal mittelmäßig gefallen hat. Direkt über dem Absatz, den du zitiert hast, sage ich klar und eindeutig, dass auch Polanski eigentlich keine Filme mehr drehen sollte, ehe er belangt wurde.
Das war jetzt schon mutwilliges Falschverstehen deinerseits, oder? Das darf auch anders gehen, denke ich.
MadMax schrieb:
Sprechen wir hier dann noch von einem "Missbrauch" im eigentlichen Sinn, oder von einem "Handel"?
Für eine klare Bewertung fehlen natürlich Informationen, aber so ein "Handel", wie du es nennst, erfüllt schnell den Tatbestand einer Nötigung.
Und klar, erwachsenen Menschen - ob Frauen oder Männer - darf man zutrauen eigene Entscheidungen zu treffen. Das ist u.a. das, was im internationalen Diskurs so häufig mit "agency" beschrieben wird. Aber die Machtstrukturen und die Strukturen, die die Mächtigen schützen und an der Macht lassen, spielen sehr wohl eine Rolle.