Bret Easton Ellis (American Psycho, Glamorama etc.)

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Bret Easton Ellis, Jahrgang 1964, ist ein sehr guter US-Schriftsteller, der mit seinem umstrittenen Roman "American Psycho" 1991 zum Kultautor wurde.

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Ich füge hier mal meine Kritik zu American Psycho ein:

Ich glaube, zum Inhalt muss ich nichts sagen, es dürfte wohl jeder den Film mit Christian Bale kennen :wink:

Ich kann nun nachvollziehen, weshalb das Buch so umstritten ist und eine Zeit lang sogar auf dem Index stand (wenn ich mich nicht irre). Dabei wird meiner Meinung nach zu viel auf die Gewalt- und Sexszenen geachtet und der Rest (fast) ignoriert, denn das Buch bietet wesentlich mehr als Provokation durch übertriebene Gewaltdarstellung.

Patrick Bateman schildert uns sehr detailliert, wie jeder aussieht, den er trifft und welche Kleidung von welchem Modedesigner wer trägt. Dadurch (und durch seine ausführlichen Erklärungen bezüglich Körperpflege) wird die Obeflächlichkeit und der Materialismus der Yuppie-Welt angedeutet und auch wenn so eine Beschreibung manchmal ermüdend wirkt, so passt sie doch bestens zum Gesamtkonzept. Er fragt auch sehr oft mitten im Gespräch, der Panik nahe: "Wie sitzen meine Haare?"
Der Running Gag mit dem Verwechseln der Personen ("Ist das Paul Owen da drüben?" "Nein, das ist nicht Paul Owen, das ist der und der mit seiner Verlobten" "Kann nicht sein, das ist sie nicht, das ist die und die" usw) spielt auch eine Rolle: so wird angedeutet, dass die Geschäftsleute sich teilweise so ähnlich (oder genau) kleiden und herrichten, dass sie praktisch austauschbar und ohne eine eigene Persönlichkeit leben. Bateman wird von anderen Menschen auch oft für einen anderen gehalten. Individualismus ist ein Fremdwort für sie.

Es gibt auch weitere gute Running Gags - es geht oft um den Wahnsinn im Fernsehen (Patty Winters Show), oder auch den fast schon legendäre Satz: "Ich muss ein paar Videos zurückbringen". Lustig fand ich auch seine Begegnung mit Tom Cruise und mit Sylvester Stallone, die Geschichte um den Affen, der ein großer Oprah-Fan war und sein "Gedicht", das er für die Freundin geschrieben hat.
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und die Dialoge sind auch hervorragend.

Und nun was die Gewalt- und Sexszenen betrifft: Natürlich ist alles sehr extrem dargestellt und hat mich schon schockiert, aber ich denke, dass es zum Gesamtkonzept passt. Hier geht es um einen Psychopathen, und da es schon bei den "Normalos" so viel Wahnsinn gibt, musste es so extrem ausfallen, damit diese Figur wirklich wie ein durch und durch Verrückter auf uns wirkt. Sonst wäre er ja "nur" ein "normaler" Mörder. Außerdem: wenn der Autor die Morde weniger grausam dargestellt hätte, würden die Leser (oder zumindest ein Teil von ihnen) mit dieser Figur womöglich noch mitfühlen oder mitfiebern, und das wollte er scheinbar nicht. Ich jedenfalls habe mich nicht in die Figur hineinversetzt, sondern hatte das Gefühl, das Ganze von der Seite zu betrachten - und das obowhl hier aus der Ich-Perspektive erzählt wird.
Der Film ist wirklich harmlos im Vergleich zum Buch und Patrick Bateman ist in diesem Roman gefühlte 1000 Mal wahnsinniger als er im Film rüberkam.

Das ist auf keinen Fall etwas für jeden Leser. Selbst wenn man Horrorliteratur wie Stephen King oder Clive Barker liest, werden einem die Gewaltszenen auf den Magen schlagen, und das war auch das Ziel des Autors.

Fazit: Ein sehr gut durchdachtes Buch, jedoch nichts für Jedermann.

10/10

Ansonsten habe ich noch die Bücher "Die Informanten" und "Einfach unwiderstehlich!" von diesem Autor gelesen, und beide waren gut.
Was Bret Easton Ellis in meinen Augen ausmacht, ist seine Art, über die Banalität und die Oberflächlichkeit des Yuppie-Alltags zu schreiben. Es sind die "normalen" College-Absolventen (so wie Ellis einer ist), die in seinen Büchern zu Worte kommen und über den Drogenkonsum und die Sexgeschichten berichten. Meistens geht es um den sonnigen Westen der USA - man kan diese Jungs und Mädchen mit dem Pullover, der ihre Hüften oder Schultern umschlingt, förmlich sehen. Wo es bei anderen Autoren meistens um Polizisten, Privatdetective und Journalisten geht, sind es bei Ellis diese jungen aufstrebenden Manager und andere Geschäftsleute, denen man eigentlich nicht viel zutraut, weil sie ja solche "Sunnyboys" sind.

Wer hat sonst noch seine Bücher gelesen? Ich weiß zumindest, dass frost und Brick was von ihm gelesen haben und Layla liest (oder hat bereits gelesen) American Psycho.
 

.adversus

New Member
Ich hab American Psycho auch. Bin allerdings noch nicht dazu gekommen es zu lesen, vorher steht noch ein anderes Buch an.

Hatte es mir mal gekauft, nachdem ich den Film gesehen hatte. (Letztes Jahr im November) Das Buch liegt allerdings noch nicht solang hier. :wink:

Habe schön öfter mal durchgeblättert und ich weiß ja auch, dass es wohl sehr harte Kost sein soll. Bis jez hat mich da allerdings noch nichts überrascht. Mal sehen was passiert wenn ich es lese :omg:
 

frost

segmentation fault
find den kerl echt genial. american psycho ist mit das gestörteste/tollste was ich bisher so gelesen hab. auch eins der wenigen bücher die ich schon mehrmals las. absolute seltenheit bei mir :smile:

ansonsten habe ich von ihm noch das großartige glamorama (10/10), die informanten (9/10) und unter null (10/10) gelesen...ich kann das einfach alles nur empfehlen. ich denke den lesern hier an board wird das alles gut gefallen.

vorallem bin ich der festen überzeugung das chuck palahniuk easton ellis als vorbild hat. der stil ist sich stellenweise so ähnlich - das kann kein zufall sein.

einfach unwiderstehlich und lunar park werd ich noch lesen müssen ... aber erstmal das kainsmal. ich hab einfach so wenig zeit ... .-/
 

Mestizo

Got Balls of Steel
Ein Kumpel von mir hat mir immer Glamorama und Unter Null ans Herz gelegt, kannst du vielleicht mal ein paar Worte darüber fallen lassen, frost?

Hab vor Ewigkeiten mal American Psycho gelesen (kurz nachdem die Indizierung aufgehoben wurde) und war jetzt nicht so extrem von dem Buch angetan, aber die Erinnerung ist wie so oft bei mir, eher schwammig, eben weil mich das Buch nicht so sehr beeindruckt hat.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von frost
vorallem bin ich der festen überzeugung das chuck palahniuk easton ellis als vorbild hat. der stil ist sich stellenweise so ähnlich - das kann kein zufall sein.
Ja, das erwähnt er auch in seinem Buch "Stranger than Fiction". Sie sind ja auch fast vom gleichen Jahrgang. :wink:
 

frost

segmentation fault
also glamorama ohne spoiler zu beschreiben is irgendwie nicht so leicht für mich. ich versuchs ma :smile: es ist relativ lang und beschäftigt sich sehr mit der high society aus der film/musik welt und karikiert diese ziemlich scharf. satire vom feinsten ... teilweise hart zu lesen und auch etwas anwidernd. man muss den stil schon mögen. irgendwann ab der mitte gibts dann nen relativ krassen bruch wie ich finde und es wird alles ziemlich "abgefahren" bzw. noch abgefahrener. zum einen entwickelt sich ne story und was so passiert wirkt wie eine surreale / reale mischung ... mal so mal so. man weiss nie so recht was jetzt echt und was nicht echt ist. es wird richtig spannend, während es in der ersten hälfte eher dokumentarisch bzw. tagebuchartig war. über das ende kann man diskutieren ...

zu unter null gibts sogar nen film: http://www.imdb.com/title/tt0093407/

hab ich aber noch nicht gesehen. auf jeden fall war das wohl sein erstes buch...hier muss ich wohl n bissel was vom inhalt verraten - aber echt wenig. es geht um nen kerl der nachdem er ne zeitlang irgendwo studiert hat, wieder heim kommt in sein altes leben. sein freundeskreis besteht quasi aus lauter reichen kids, deren eltern sich nicht für sie interessieren. dort gehts vorwiegend ums feiern, saufen, drogen nehmen. hip in der szene zu sein ... fette autos fahren etc. ist aber wohl alles nicht mehr so seine welt, weil er langsam das alles in frage stellt und auch bemerkt wie seine sogenannten freunde sich verändern...seine familie kann er eh vergessen. es gibt keine wirkliche handlung. er fühlt sich allein in der gesellschaft und das soll wohl der kern des buchs sein. das ganze wird halt in einer besonders abgefuckten gesellschaftsform dargestellt. sollte man echt ma gelesen haben.

hoffe ich konnte n bissel was rüberbringen.
 

Beaker

New Member
Ich habe Unter Null und natürlich American Psycho in meiner Sammlung.

Das zweitere finde ich einen Tick besser als das erste.

Ist auch das krasseste was ich bisher gelesen habe. Das einzige was mich stört ist das oft über eine Seite lang Markennamen aufgezählt werden, was wirklich etwas ermüdend ist. Ansonsten finde ich beide Bücher gut geschrieben.

Von den Verfilmungen kenne von den beiden Büchern nur American Psycho, der mit Christian Bale als Patrick Bateman imo nicht besser hätte besetzt werden können.
Interessant wäre vielleicht gewesen wie der Film ausgesehen hätte wenn Oliver Stone oder David Cronenberg die Regie übernommen hätten.

Die Regeln des Spiels, die letzte Verfilmung eines Ellis Romans befindet sich auch in meiner Sammlung. Diesen finde ich so lala.
Nächstes Jahr soll ja die Verfilmung von Lunar Park erscheinen. Bin mal gespannt wie die wird.

Wie ist denn eigentlich das Buch?
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
@Beaker: Demnächst wird auch "Die Informanten" verfilmt. :wink:

Original von frost
vorallem bin ich der festen überzeugung das chuck palahniuk easton ellis als vorbild hat. der stil ist sich stellenweise so ähnlich - das kann kein zufall sein.
Besser gesagt ist Ellis EINER der Vorbilder, denn noch mehr Gemeinsamkeiten hat er mit Kurt Vonnegut.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
@frost: da du scheinbar der einzige außer mir bist, der "Glamorama" gelesen hat, würde ich gerne wissen, wie du das interpretierst.

Ich verstehe es nähmlich so:
Dass er immer bei extremen Szenen Konfetti sieht und Scheiße riecht, deutet für mich darauf hin, dass
er das alles nur fantasiert. Ich meine, wie komplex soll dass denn sein, wenn der eine für seinen Vater arbeitet UND für CIA und gleichzeitig die Jamie auch noch in irgendwelchen Machenschaften drin steckt... Also ich glaube, das war alles nur in seinem kaputten Kopf drin.
Oder wie siehst du das?
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Da ich nun alle Bücher von Ellis gelesen habe, hier meine Rangliste:

1. American Psycho
2. Glamorama
3. Unter Null
4. Die Informanten
5. Lunar Park
6. Einfach unwiderstehlich!

Die Plätze 3, 4 und 6 ähneln sich schon sehr, sodass man fast sagen könnte, der Autor würde sich wiederholen. Aber es ist eher wie bei Charles Bukowski - er behandelt einfach meistens die gleichen Themen, aber wirklich störend sind diese "Wiederholungen" nicht.

Ich bin mal auf die Verfilmung von "Die Informanten" gespannt.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
So nun hab ich American Psycho fertig gelesen.
Auf jedenfall kein 10/10 Kandidat.

Ich fand es nicht schlecht, aber es war zu lange, anders wie der Film tröpfelt das Buch so vor sich hin und die ganzen Running-Gags öden einen mehr an, wenn die Handlung nicht mal richtig vorangeht. Es wird klar was Bret Easton Ellis mit dem Buch sagen will, aber wie er es macht funktioniert nicht immer. Es ist nur ein Ausschnitt aus Batemans Leben ohne Anfang und Ende, so ist es und wirkt es.
Berühmt-berüchtigt ist das Buch ja wegen dem hohen Gewaltgrad und den Ausschmückungen, wie Tyler sagte ist das nötig um zu zeigen was für ein Psychpath er ist, aber das muss ich dann nicht 10mal lesen müssen.

mind. 100-150 Seiten weniger, mehr Handlung als wiederholendes Geplätschere und er wäre bei mir vielleicht über 7 Punkte hinausgekommen.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Mensch, diese Langeweile gehört doch zum Konzept, weil sie noch mal verdeutlicht, wie langweilig und oberflächlich und banal ein Yuppie-Alltag ist, aber nun gut. Das Buch hat dir halt nicht gefallen, und es war auch nicht zu erwarten, dass dieser Roman jedem gefällt. Jay hat auch so seine Abneigungen gegen dieses Buch, und das kann ich nicht mal jemandem verübeln.
Hach, was kann es für einen Autoren schöneres geben, als umstritten zu sein? :wink:
 

TheRealNeo

Well-Known Member
ch finde es ja nicht komplett schlecht.
7/10 ist ja auch keine schlechte Bewertung.

Aus meiner Sicht hat es eben ein paar Makel, aber wenn es dir noch besser gefallen hat, habe ich da kein Problem damit.

Aber nun mal abgesehen davon. Würdest du mir ein anderes Buch von Bret Easton Ellis empfehlen oder eher nicht?
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von TheRealNeo
Aber nun mal abgesehen davon. Würdest du mir ein anderes Buch von Bret Easton Ellis empfehlen oder eher nicht?
Wenn dir schon bei American Psycho einige Stellen zu langatmig und "handlungsarm" waren, dann wüsste ich nicht, welches Buch von Ellis dir sonst noch gefallen könnte. Vielleicht "Lunar Park", weil es sich doch ziemlich stark von den anderen Büchern unterscheidet.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ja, die Geschäfts- bzw. Yuppiewelt und ihre emotionale Versteinerung, Desinteresse usw. In Lunar Park bleibt dieses Thema eher im Hintergrund. Vom Gewaltgrad her ist "American Psycho" natürlich am härtesten, aber die anderen Bücher sind auch relativ brutal, nur kommt es dort teilweise erst gegen Ende.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Der Gewaltgrad war ja eher störend, da es, meiner Meinung nach, zu oft und zu lange war und kein prinzipielles Problem bei mir.
 

ThePlake0815

...der mit dem Gamepad tanzt
Welches Buch lag denn "Rules of Attraction" als Vorlage vor? War auch ein genialer Film...Falls der mit "die Regeln des Spiels" gemeint ist...
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von ThePlake0815
Welches Buch lag denn "Rules of Attraction" als Vorlage vor? War auch ein genialer Film...Falls der mit "die Regeln des Spiels" gemeint ist...
Japp, genau dieser Film ist es und er basiert auf dem Buch "Einfach unwiderstehlich" :wink:
 
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