Etwas fehlte

Jimmylein

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Etwas fehlte

Das fahle Licht der kleinen, antiquierten Schreibtischlampe strahlte das gesamte Arbeitszimmer aus. Das leuchtende Weiß der schmalen Glühbirne fraß sich geradezu in Edwards Augen und machte ihn, für einen kurzen Moment nachdem er den Blick ins Dunkel richtete, blind und hinterließ einen hellen Fleck in seinem Blickfeld, so wie etwas anderes einen Fleck in seiner Seele hinterließ.

Mit jedem Tag der verstrich, begann das Loch in seiner Seele stärker und größer zu werden. Etwas fehlte ihm, aber er konnte es nicht bekommen, er wusste nicht einmal was es war. Aber es war da, beziehungsweiße, es fehlte. Nun, nach einem ganzen Jahr, war es unerträglich für ihn geworden. Seit drei Wochen befand er sich auch schon in Behandlung. Man hatte ihm den Mann empfohlen und er war, nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde, abgeneigt ihn aufzusuchen. Die Hoffnung, er könne ihm helfen Dinge zu verarbeiten, sie vollständig hinter sich zu lassen oder ihm erklären was er brauchte, war es auch, die ihn über das immense Honorar hinwegblicken ließ.

In einer Hinsicht war der Doktor auch beeindruckend. Nicht das er Wunder vollbringen konnte, aber der Mann schaffte es, dass Edward sich seit eben diesen drei Wochen schlechter fühlte als noch vor der Therapie. Das Gerede, insbesondere die Feststellungen des Doktors brachten ihn nach jeder Sitzung dazu, sich in der kleinen Kneipe um die Ecke seiner Wohnung zu betrinken. Und dann, wenn die Flasche Whisky an seinem Tisch leer war wackelte er nachhause.

Er wartete bis die hämmernden Kopfschmerzen sowie die Übelkeit nachließen machte Feuer im alten, steinernen Kamin und begann sich in die Dunkelheit der Nacht aufzumachen. Er irrte Stunden lang durch die Gassen bis er sie fand, die billigen Huren, die nach 23 Uhr aus allen Löchern krochen. Und nach den Fünf Minuten der zwanghaften Lust war der Schmerz wieder da.

Zutiefst angewidert von sich selbst, kroch er in seine Wohnung zurück, verbrannte seine Kleidung im alten Kamin, stand nackt vor dem großen Badezimmerspiegel und bemitleidete sich selbst, gab sich die schrecklichsten Namen, entschuldigte sich bei Gott. Danach duschte er, fast eine Stunde, kalt um die letzen Reste des Blutes dieser Frauen von seinem Körper zu bekommen, nahm das große gezackte Küchenmesser, zog es durch ein großes Handtuch, warf dies danach sofort in den noch brennenden Kamin und legte das Messer in die mit Wasser gefüllte Spüle um es zu säubern. Danach setze er sich wieder an seinen Schreibtisch und starrte in das fahle Licht der kleinen, antiquierten Schreibtischlampe und ihr leuchtendes Weiß fraß sich wieder in seine Augen und hinterließ einen Fleck in seinem Blick, wie auch der heutige Abend wieder einen Fleck in seiner Seele hinerließ. Wieder war da etwas das ihm fehlte und es wurde stärker.

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Manche mögen jetzt vielleicht sagen sie sei zu kurz, oder das Thema selbst ist schon bekannt, aber sie entstand vor ca. 3 1/2 Jahren in etwa 15 Minuten.

Jimmy
 

RickDreams

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Gut! Gefällt mir gut.

Erinnert mich ein wenig an Mr. Brooks mit Kevin Costner!
Zu kurz finde ich sie nicht! Gerade die Kürze macht sie spannend, mysteriös und fesselnd. Zu viel soll man auch nicht erfahren und somit verliert sich die Story nicht in Nebensächlichkeiten.

:wink:
 
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