Leben die Autoren ihre Fantasien aus?

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Die Autoren müssen sich ja immer wieder die Sprüche gefallen lassen wie: "hat doch nur seine Fantasie aufgeschrieben".
Was meint ihr - ist da was dran? Haben die Autoren (vor allem Horrorautoren) einfach nur einen Weg gefunden, wie sie ihre kranken Fantasien loswerden?

Ich hatte bisher nur bei Marquis de Sade dieses Gefühl. Aber angeblich soll er ein sehr guter Philosoph gewesen sein. Saß zwar in der Psychiatrie, aber zu der Zeit war die Psychiatrie noch viel viel unterentwickelter. Da kann man nicht wissen, ob er wirklich krank war.

Hier wurde auch zum Beispiel Richard Laymon vorgeworfen, er habe seine Fantasie bei "Die Insel" aufgeschrieben, denn am Ende
überlebt nur ein Junge und lässt die Frauen absichtlich im Käfig sitzen. Ein anderer hat die Käfige vor ihm abgeschlossen, und der Junge schreibt als letztes irgendwie sowas wie: "Vielleicht hole ich den Schlüssel unter der Matratze raus".

Und wie seht ihr das? Benutzen die Autoren das Schreiben, um ihre kranken Fantasien "auszuleben"?
 

Rebell

Well-Known Member
Ich denke schon das jeder Autor in gewisser Weise in der Geschichte drin steckt. Sonst würd das Buch nix werden...

Nehmen wir also an die schreiben wirklich ihre Fantasien daher... eig. ist die Antwort ganz einfach:
Keiner ist gezwungen sowas zu Lesen. Wer es dennoch tut würde sich ja iwie an den Fantasien ergötzen...

SAW z.B. ist eine "Film"reihe die ich mal gar nicht leiden kann. Einfach weil mich die Thematik nicht anspricht und mir das zu "Extrem" ist. Andere wiederrum finden gefallen dran. Ich denke aber nicht das die deshalb Krank im Kopf sind oder neigungen haben :uglygaga:

Und es gibt ja noch die Leute die das Drehbuch/Script geschrieben haben...

Iwer findet sich immer um die Massen zufrieden zu stellen.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ach ja, bezüglich Marquis de Sade: Hat noch einer außer mir seine Bücher gelesen?
Es hat schon einen Grund, weshalb man die sexuelle Neigung (Sadismus) nach ihm benannt hat. Ich habe aber auch ein paar Sachen von Leopold von Sacher-Masoch gelesen, wo es um Unterwerfung geht. Beides schräge Richtungen.
 

Rebell

Well-Known Member
Wenn wir da auf Avatar kommen...
ich denke viele von uns haben eine eigene Fantasie Welt. Leute wie Cameron haben halt die Finanziellen möglichkeiten diese anderen zu zeigen. :wink:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Ich würde mal sagen, dass man da ganz stark differenzieren muss. Nur weil einem grausige Morde einfallen und man diese in Geschichten packt muss das nicht heißen, dass man daran Gefallen findet.

"Fantasien ausleben"... deutet ja an, dass man das heimlich will. Das werden manche wenige sein, so wie Ed Gein Kleidung aus Leuten machte, aber generell sehe ich das so, dass Geschichten an sich umgesetzt werden wollen und müssen. Der Autor ist nur Mittler.

Er kriegt seine Ideen und sie nehmen Form an, wenn er es zulässt. Also bei mir hat das höchst selten mit dem zu tun, was ich mag oder in meinem Leben haben will.
 

Rebell

Well-Known Member
Gut. Aber was ist mit Fantasy?

Wenn ich nen guten Fantasy Roman habe merkt man richtig: Der Autor ist richtig drin in der Welt. Ist das Buch schlecht merkt man einfach: Der schreibt, aber ohne Herz und Verstand...

Das mit den Morden und so: Stimmt. Aber ich sag mal so: Morde sind eig. schon fast "normal" bei sowas.
(sowas wie SAW find ich ja wie gesagt z.B. nit so toll)
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Rebell
Gut. Aber was ist mit Fantasy?

Wenn ich nen guten Fantasy Roman habe merkt man richtig: Der Autor ist richtig drin in der Welt. Ist das Buch schlecht merkt man einfach: Der schreibt, aber ohne Herz und Verstand...
Darum geht es hier aber nicht. Es geht hier darum, ob die Autoren sich wünschen, dass das, was sie da schreiben, Wirklichkeit wäre. Denkst du, dass Joanne K. Rowling davon träumt, mal ein Zauberlehrling zu sein? :wink:

Was du meinst, ist zwar auch Fantasie, aber eine, die der Autor extra für das Buch entstehen lässt. In "Das Schwarze Haus" gibt es einen Kannibalen - meinst du, dass Stephen King und Peter Straub selber gerne Kannibalen wären?
 

Joel.Barish

dank AF
In einigen Fällen kann die gewählte Ausdrucksform, also hier Literatur, schon eine Art Therapie sein. Ich hab von ein paar Thrillerautoren gelesen, dass sie sagten, ohne ihre Bücher hätte aus ihnen auch ein Verbrecher werden können. Da muss man aber noch die raus kicken, die sich mit solchen Aussagen nur wichtig machen wollen und das sind sicher nicht wenige.

Fakt ist, wer als Autor halbwegs Zugang zu dem hat was er schreibt und nicht emotionslos Auftragsarbeiten runter rotzt, der bringt auch immer etwas von sich selbst mit ein. Kann kaum anders, das - würde ich jedenfalls aus eigener Erfahrung sagen - geschieht aber auch für den Schreiber mehr unterbewusst und wenn es nicht so beabsichtigt ist, kann man nie 1:1 von Werk auf Ersteller übertragen. In der Literaturwissenschaft ist die Biographie immer ein beliebter Schlüssel. Bei Kafka ist das z.B. Standard. Aber egal wie sehr der Autor tatsächlich im Werk steckt, so würde ich doch ganz klar sagen, dass man, nur weil man über Mord, Verbrechen, sexuelle Perversion oder wasauchimmer schreibt, muss man selbst noch lange nicht genau so sein oder das Beschriebene gut finden. Ein guter Autor kann auch über Dinge schreiben, die ihm nicht gefallen.
 

Deathrider

The Dude
Ist ein schwieriges Thema.
Sexuelle Phantasien, Vorlieben usw. habe ich bisher aus meinen Geschichten herausgehalten. Einerseits weil ich nicht das Bedürfnis danach empfinde darüber zu referieren und andererseits weil ich mir nicht vorstellen kann dass das (hier) überhaupt jemand wissen will.

Aber ich bringe in Horror-Geschichten meistens Themen, Bilder und Begebenheiten ein die ich selbst für verstörend und gruselig halte. Ich fühle mich zu solchen Ereignissen nicht hingezogen. Allerdings halte ich eine Konfrontation mit solchen Dingen für gut und richtig.

Eine andere Sache ist es, wenn ich Dinge beschreibe die ich selbst faszinierend finde, um diese faszination zu teilen, wie damals bei dieser Sci-Fi-Story.

Ob man aber nun gewisse Dinge schreibt um eine ablehnende Emotion beim Leser zu erzeugen oder um eine Anziehung auf den Leser auszuwirken, ist im Text selten bis gar nicht explizit differenzierbar. Darum sind Missverständnisse vorprogrammiert.
Z.B. könnte man über etwas schreiben was man selbst als moralisch verwerflich erachtet, um die selben Emotionen beim Leser zu erwirken die einen selbst beschleichen. Es kann dann aber passieren, dass der Leser die Intention verkennt, obwohl die gewünschte Reaktion erzeugt wurde (etwa bei jemanden der sich abgestoßen fühlt und den Autor als Perversling sieht, der hier nur seine Phantasie verwirklicht sehen will). Oder das Gegenteil der gewünschten Reaktion wird erzeugt und der von der Gewalt begeisterte Leser sieht im Autor fälschlicher Weise einen Bruder im Geiste.

Die Intention des Geschriebenen hat also nicht immer etwas mit dem Zu tun was vom Leser aufgenommen wird. Natürlich kann ein guter Autor eher beeinflussen wohin die emotionale Reise des Lesers gehen soll, aber eben nicht vollends.

Natürlich leben Autoren Dinge in ihren Geschichten aus, allerdings nicht in allem was sie schreiben. Bei der einen Geschichte ist es mehr, bei der anderen weniger.
Aber ich bin auch gar nicht sicher ob man unbedingt hinter die Intention kommen muss, die hinter dem Geschriebenen steckt. Wichtig ist doch was es bei einem selbst auslöst und was man selbst daraus ziehen kann.
 

Joel.Barish

dank AF
Original von Deathrider
Ist ein schwieriges Thema.
Sexuelle Phantasien, Vorlieben usw. habe ich bisher aus meinen Geschichten herausgehalten. Einerseits weil ich nicht das Bedürfnis danach empfinde darüber zu referieren und andererseits weil ich mir nicht vorstellen kann dass das (hier) überhaupt jemand wissen will.
[...]
Aber wenn du davon schreibst, müssen es ja nicht deine eigenen Vorlieben oder Phantasien sein. Dich kann ja irgendwas mal "inspiriert" haben oder du hältst es schlicht für passend im Kontext von Figuren und Handlung.

Und dass die Leser Manches so und Anderes so auffassen, dagegen kann man kaum etwas tun. Wie du es schon erklärt hast. Deswegen lasse ich die Leserschaft mehr oder wenigen außen vor beim Schreiben. Ich versuche mir vorzustellen, dass die Geschichte lesbar, verständlich und interessant ist, zumindest für mich und weil ich mich nicht für einen derart schrägen Vogel halte, gibt es mit Sicherheit noch ein, zwei andere Personen, denen das zusagt. Wenn man verhindern will, dass die Leser dir als Autor etwas unterstellen, sollte man gar nicht erst was veröffentlichen, denn sonst müsste man sich so verbiegen, dass man nur noch Groschenromanabziehbildgeschichten ohne Ecken und Kanten, ohne eigene Note, ohne Originalität, ohne Herzblut schreibt.
 

Deathrider

The Dude
Original von Joel.Barish
Original von Deathrider
Ist ein schwieriges Thema.
Sexuelle Phantasien, Vorlieben usw. habe ich bisher aus meinen Geschichten herausgehalten. Einerseits weil ich nicht das Bedürfnis danach empfinde darüber zu referieren und andererseits weil ich mir nicht vorstellen kann dass das (hier) überhaupt jemand wissen will.
[...]
Aber wenn du davon schreibst, müssen es ja nicht deine eigenen Vorlieben oder Phantasien sein. Dich kann ja irgendwas mal "inspiriert" haben oder du hältst es schlicht für passend im Kontext von Figuren und Handlung.
Aber dann schreibe ich ja über Sex generell. Damit hätte ich keine Probleme, weil es nicht in der Art und Weise in meine eigene Privatsphäre eindringt wie das was ich in meinem Post meinte.


Original von Joel.Barish
Wenn man verhindern will, dass die Leser dir als Autor etwas unterstellen, sollte man gar nicht erst was veröffentlichen, denn sonst müsste man sich so verbiegen, dass man nur noch Groschenromanabziehbildgeschichten ohne Ecken und Kanten, ohne eigene Note, ohne Originalität, ohne Herzblut schreibt.
Genau so schaut's aus.
 

Joel.Barish

dank AF
Ja was meintest du denn dann mit deiner Aussage. Wenn wir bei sexuellen Phantasien bleiben. Angenommen, du lässt deine Hauptfigur gerne in Swinger Clubs gehen und da tut er das was man halt so tut und was immer du noch für die Handlung wichtig findest. Ich nehme jetzt einfach mal an, dass du nicht bei derartigen Etablissements verkehrst (haha, das Wortspiel war unbeabsichtigt) :wink: aber es passt halt zur Figur. Die Leser kennen dich ja nicht und wissen nicht, was du in deiner Freizeit machst. Und bei sowas gibt es wie angesprochen Leute, die nun glauben, dass Autor und Hauptfigur gemeinsame Interessen haben und es gibt Leute, die erstmal nur die Figur wahrnehmen.
 

Deathrider

The Dude
Original von Joel.Barish
Ja was meintest du denn dann mit deiner Aussage.
Es war zunächst mal nur eine Randbemerkung, dass das "in Geschichten Ausleben" bei mir in diesem Fall nicht der Fall ist und wollte das jetzt nicht breit treten.

Original von Joel.Barish
Wenn wir bei sexuellen Phantasien bleiben. Angenommen, du lässt deine Hauptfigur gerne in Swinger Clubs gehen und da tut er das was man halt so tut und was immer du noch für die Handlung wichtig findest. Ich nehme jetzt einfach mal an, dass du nicht bei derartigen Etablissements verkehrst (haha, das Wortspiel war unbeabsichtigt) :wink: aber es passt halt zur Figur.
Ja, dann ist es die Sexualität der Figur und nicht meine. Sie entstand dann daraus dass die Figur in all seinen Facetten zum Leben erwacht und nicht dadurch, dass ich sie zu einem Ebenbild von mir machen wollte. Das ist ein Unterschied. Obwohl es kaum zu leugnen ist, dass in allen Figuren die ein Autor erschafft mindestens ein winzig kleiner Teil des Autors selbst drin steckt.

Original von Joel.Barish
Die Leser kennen dich ja nicht und wissen nicht, was du in deiner Freizeit machst. Und bei sowas gibt es wie angesprochen Leute, die nun glauben, dass Autor und Hauptfigur gemeinsame Interessen haben und es gibt Leute, die erstmal nur die Figur wahrnehmen.
Da hast du recht. Da wollte ich jetzt aber auch nicht so explizit hinaus. Es sollte nur eine Randbemerkung sein. :wink:
 

Joel.Barish

dank AF
[...]Ja, dann ist es die Sexualität der Figur und nicht meine. Sie entstand dann daraus dass die Figur in all seinen Facetten zum Leben erwacht und nicht dadurch, dass ich sie zu einem Ebenbild von mir machen wollte. Das ist ein Unterschied.[...]
Und genau das ist doch Tylers Frage, im Prinzip. So habe ich sie jedenfalls verstanden. Es war die Frage, um bei diesem Beispiel zu bleiben, ob du die Figur in einen Swinger Club gehen lässt, weil sie dadurch lebendig wird, oder weil du selbst dort hin gehst, bzw. - Stichwort eigene Phantasie - weil du es gerne würdest und über diese Figur kannst du es. Vielleicht sogar von beiden Seiten etwas. :wink:
 

Deathrider

The Dude
Original von Joel.Barish
[...]Ja, dann ist es die Sexualität der Figur und nicht meine. Sie entstand dann daraus dass die Figur in all seinen Facetten zum Leben erwacht und nicht dadurch, dass ich sie zu einem Ebenbild von mir machen wollte. Das ist ein Unterschied.[...]
Und genau das ist doch Tylers Frage, im Prinzip. So habe ich sie jedenfalls verstanden. Es war die Frage, um bei diesem Beispiel zu bleiben, ob du die Figur in einen Swinger Club gehen lässt, weil sie dadurch lebendig wird, oder weil du selbst dort hin gehst, bzw. - Stichwort eigene Phantasie - weil du es gerne würdest und über diese Figur kannst du es. Vielleicht sogar von beiden Seiten etwas. :wink:
Ja sicher. So hab ich's ja auch verstanden. Es ist halt so, dass beides möglich ist. Und aus Lesersicht hat beides die gleiche Wahrscheinlichkeit, solange man es nicht besser weiß (soll heißen die Biografie des Autors nicht kennt).
Wenn ich bei mir und bei diesem Beispiel bleibe, dann geht die Figur (bis dato) eher in den Swingerclub weil es die Figur will und nicht weil ich es wollen würde. Aber ich KÖNNTE es auch andersrum machen. Was hielte mich denn davon ab? Das figurbezogene Ergebnis wäre vermutlich ähnlich, wobei ich denke dass bei letzterem Fall der Fokus wesentlich stärker auf diesen einen Charakterzug/ dieser einen Handlung liegen würde, weil es mir dann auch persönlich wichtig wäre. Schließlich würde ich es ja dann auch ausleben wollen und das geht nicht in einem Nebensatz.
 
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