We need to talk about Kevin [Kritik]

Joel.Barish

dank AF
http://www.bereitsgesehen.de/kritik/pics5/weneed2.jpg
BG-Kritik: We need to talk about (Jay)


Ach, Sid, du...! :knueppel
: Warum jetzt? :wink:
Ich sollte in Zukunft einfach die Threads dann aufmachen, wenn mir der Film unterkommt (In diesem Fall also vor ein paar Monaten) und nicht erst auf einen Trailer warten. Ich denke nämlich immer, dass Threads zu Filmen dieser Art ohne Trailer kaum mehr als zwei, drei Antworten bekommen. Wenn überhaupt. Egal. :wink:

Ich lese inzwischen das Buch und finde es absolut faszinierend. Die ersten 100-120 Seiten sind ein geradezu beängstigend niederschmetterndes Statement gegen das naive Vorhaben Kinder in die Welt zu setzen. Nicht nur weil aus ihnen Amokläufer werden können, sondern weil es Veränderungen mit sich zieht. Durch die Briefe ist man nur in der Gedankenwelt Evas und da sieht es echt finster aus. Man (ich jedenfalls) wünscht sich hier und da fast schon die Antwortbriefe von Franklin, weil Eva echt eine krasse und schwierige Figur ist.

Stelle mir eine Verfilmung allerdings schwierig vor. Es sind nur Briefe und auch, wenn jeder Brief einen Schwerpunkt hat und man sich mehr oder weniger chronologisch durchs Leben von Eva vor, während und nach Kevin liest, springt man doch ziemlich umher. Im Film will ich keine lineare Handlung haben. Dafür will ich Briefe und Off-Kommentare.

Regisseurin Lynn Ramsey scheint aber mit ihren Stil, radikal realistischer, britischer Independent-Film, durchaus gut dazu zu passen. Erspart uns jedenfalls die Gefahr eines weiteren "The Lovely Bones". Tilda Swinton ist absolut perfekt ausgewählt. Das passt wie die Faust aufs Auge. Der Kevin-Darsteller passt optisch auch, wobei er ja noch "Geschwister" für Kevin im Alter von 0-14 braucht. Nur John C. Reilly ist eigentlich zu bärig, knuffig und sympathisch für Franklin. Na ja, das so als frühe Einschätzung.
 

Joel.Barish

dank AF
In Lost-Manier - also eine lineare Haupthandlung, in der man immer wieder in die Vergangenheit springt? Ja, so oder so ähnlich werden sie es wohl auch machen. Aber es sind ja nicht einfach zwei Zeitlinien im Buch. Es ist ja mehr als a) Eva schreibt in den Wochen nach dem "Donnerstag" die Briefe an Franklin; und b) Eva und Franklin bekommen Kevin, der sich nach und nach zum Amokläufer entwickelt. Da gibt es ja unzählige Zwischenstationen in den Briefen, die Eva mit einfließen lässt und das hätte ich gerne auch im Film.

Und Angst vor Kevin? Ja, das ist schon ein unheimlicher kleiner Wicht, aber aktuell macht mir die zynisch-verbitterte Gedankenwelt Evas noch mehr zu schaffen. Besonders, weil ich nicht so klar auf Ablehnung gehe, wie ich eigentlich gedacht hätte und wie ich eigentlich auch gehen müsste. Um eine Freundin zu zitieren, die das Buch just beendet hat: "Zwischendrin war mir diese Frau so dermaßen fern, das war echt heftig!"
 

The Blorps

BG Enfant Terrible
Beim Thread-Titel dachte ich an ein Sequel der Kevin Allein Zu Haus-Reihe. :ugly:

Ah....Wieder ein Amokläufer-Thema.
Könnt vll interessant sein.
Da ich Elephant kenne, wobei dieser zu den regelrecht ruhingen Filmen zählt. Musste bei dem Film richtig Geduld aufbringen bis es passiert war. Elephant war gut, aber bediente sich allerdings auch Klischees bei den Jugendlichen.

Nur dieser hier genannte Film hat eine andere Herangehensweise an das Thema.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Hab das Buch vor ca. einem Jahr gelesen und stelle mir eine Adaption eher schwer vor.
Ich glaube die nehmen da einfach die Briefform komplett raus bzw. beginnen vielleicht Szenen mit Briefzeilen oder Monologen und gehen dann in normale Spielszenen über.

Die Briefe im Buch berichteten ja chronologisch über Kevin, oder? :gruebel:

Besetzung ist mit Swinton super, von der Regisseurin kenne ich leider zum Vergleich nichts.

Großes Interesse an der Adaption bleibt auf jedenfall.

Gibt wohl auch schon ein Promo-Poster, warum auch immer:

[url]http://img218.imageshack.us/img218/6852/movie6075poster.jpg[/URL]

http://www.ioncinema.com/news/id/4870
 

Joel.Barish

dank AF
Wenn Tilda Swinton da nicht immer wieder aus dem Off kommentiert hat der Film für mich schon einen ganz wichtigen Faktor verpfuscht. Ich schätze/hoffe, dass man sie immer mal wieder vor dem PC sitzten sieht und ihr Getippe geht in die Handlung über, begleitet von ihrem Kommentar, der aber natürlich nicht durchgehend ist. Vielleicht, hm, vergleichbar mit z.B. "Fight Club".

Die Entwicklung von Kevin ist in den Briefen größtenteils chronologisch, aber in den Briefen selbst springt Eva selbst hin und her. Kombiniert Kevins Kindheit mit einem jüngsten Besuch im Gefängnis oder einem Erlebnis, bevor sie Mutter wurde, etc. Linearität fänd ich hier zu simpel.

Das Poster ist mir irgendwann auch mal untergekommen. Sieht recht billig aus, beinhaltet aber zwei durchaus passende Indizien: Die Maske und das überkritzelte "Kevin".
 

Joel.Barish

dank AF
Original von Tyler Durden im 'Das zuletzt gelesene Buch' Thread
Wir müssen über Kevin reden von Lionel Shriver

Das Buch ist in Form von Briefen aufgebaut, die die Mutter eines Amokläufers ihrem Mann schreibt. Darin versucht sie zu ergründen, welche Ursachen dazu geführt haben.

Also die Ausdrucksweise, bzw. den Schreibstil der Autorin fand ich wunderbar. Auch das Thema ist wichtig und interessant. Manche der Gedankengänge in dem Buch fand ich nicht übel, aber einige Aussagen waren doch ziemlich fragwürdig. Da wird zum Beispiel Mobbing extrem verharmlost (sie sagt so in etwa: "Manche laufen Amok, bloss weil sie jemand als Tunte bezeichnet hat", was ganz schön weit an der Realität vorbei geht. Vielleicht sah Mobbing vor 100 Jahren so aus, aber heute laufen die Dinge anders). Die Eltern, die Schule, das soziale Umfeld, die Gesellschaft werden als Gründe für einen Amoklauf ausgeschlossen. Und auch die Begründung von Kevins Tat fand ich ein bisschen seltsam.
Er läuft Amok, weil er einfach nur als ein böser Mensch zur Welt gekommen ist? Er ist ja schon als Säugling so böse und schreit absichtlich, um seiner Mutter zu ärgern. Ich musste die ganze Zeit an Stewie aus "Family Guy" denken. Nur dass es hier ernst gemeint ist.
Das ist auch eine der Schwächen des Buches: Die Figuren sind überzeichnet und eindimensional. Jeder scheint nur einen einzigen Charakterzug zu haben, und dieser ist dann extrem ausgeprägt. Wir haben den Jungen, der böse auf die Welt gekommen ist und seit seiner Geburt seine Mutter ärgert (ganz zu schweigen davon, was er später macht), wir haben die kleine Schwester, die als Engel auf die Welt gekommen ist und ihren Bruder trotz seiner Boshaft liebt, wir haben den konservativen Vater, der den Krieg befürwortet, die Republikaner wählt und für die "alten Familienwerte" ist, und die höchst liberale Mutter, die ihn trotz allem liebt.
Das Buch ist voller Vorurteile - nicht nur geschlechtsbezogen, sondern auch rassistisch.
Was soll man davon halten? Ich weiß es nicht. Es könnte ja sein, dass die Autorin hier nicht ihre eigenen Ansichten verbreitet, aber ehrlich gesagt sieht es ganz danach aus, als würde sie es tun.
Da ich mir nicht sicher bin, gibt es keine Wertung.
Tyler, du scheinst bei "Wir müssen über Kevin reden" den Fakt zu ignorieren, dass wir das gesamte Buch bzw. alle Einzelheiten nur aus der Sicht von Eva erfahren. Es ist ihre subjektive Sicht und sie glaubt, Kevin sei von Geburt an so gewesen. Ich finde, das Buch macht es sehr subtil spürbar und verständlich, dass sie an der Entwicklung maßgeblichen Anteil hatte und dass sie das am Ende auch weiß. Eva handelt falsch und es ist Sache des Lesers zu erkennen, wo man mit Eva d'accord geht und wo man ihr widersprechen will. Nicht das Buch verharmlost Mobbing, sondern Eva. Und für Kevins Amoklauf gibt es so einene elendig großen Batzen Gründe und doch wieder keinen. Das Buch ist da sehr reichhaltig an Theorien und Andeutungen, ohne platt eine klare Antwort zu geben. Das ist für mich alles andere als eindimensional.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Joel.Barish
Nicht das Buch verharmlost Mobbing, sondern Eva.
Deshalb schrieb ich ja:
Es könnte ja sein, dass die Autorin hier nicht ihre eigenen Ansichten verbreitet, aber ehrlich gesagt sieht es ganz danach aus, als würde sie es tun.
Mir ist bewusst, dass hier aus der Sicht der Frau erzählt wird und das Ganze wohl zu ihrer Figur gehört, aber ich bin mir, wie gesagt, nicht sicher, ob die Autorin ihre eigenen Ansichten und Überlegungen in der Mund dieser Figur gelegt hat. :wink:

Und "eindimensional" war auf die Figuren bezogen, nicht auf die Handlung. Sie war vielschichtig.

bzgl. ihrer Schuld/Unschuld an der ganzen Sache: ich sehe es auch so, dass
sie auch maßgeblich dazu beigetragen hat, dass ihre Beziehung zu ihrem Sohn so schlecht war. Sie hat ihn von Anfang an nicht gewollt, und als er zur Welt kam, empfand sie nichts für ihn. Und als sie der Meinung ist, er würde sie (als Säugling) absichtlich ärgern usw. könnte man das auch so interpretieren, dass sie an Wahnvorstellungen leidet bzw. sich was einbildet.
Also ja, das Buch lässt eindeutig viel Raum für Interpretationen.
 

Joel.Barish

dank AF
Wie die Autorin tickt, können wir auch gar nicht beantworten. Wir müssen ja das nehmen, was sie uns in die Hand drückt und das sind Evas Worte. Wir dürfen Eva analysieren, aber von der Hauptfigur auf die Verfasserin schließen geht von unserem Wissensstand nicht. Und ich finde es im Buch auch gar nicht so eindeutig, wie es bei dir klang. Da kommen so viele Meinungen vor und was Kevin zu seinen Taten sagt geht nochmal in eine ganz andere Richtung. Es liegt halt an der Erzählperspektive, dass Eva immer das letzte Wort hat. Das ist natürlich Manipulation beim Leser, aber Literaturtechnisch absolut geschickt und faszinierend gemacht. Und es gibt für meinen Geschmack auch genügend Anzeichen, dass Eva eine unzuverlässige Erzählerin ist. Das meint sie selbst immer mal wieder, aber das kann man auch an den Nebenfiguren sehen. Ich habe mir beim Lesen schon ziemlich früh gewünscht, dass Franklin mal einen Antwortbrief schreibt (:wink: ), weil Eva eben - zumindest für mich - keine überaus sympathische Person ist. Und das macht das Buch so stark für mich.

Über Eindimensionalität der Figuren lässt sich streiten. Ich würde sagen, dass auch das primär an der Erzählperspektive liegt. Besonders Evas Blick auf ihre Kinder. Dass Franklin im Ansatz schon so was wie ein klischeehafter Republikaner Patriot ist, schimmert durch, aber er ist ja nicht nur das. Franklins Charakter wird ja auch durch Evas Schuldzuweisungsprozess beeinflusst. Das betrifft auch Kevin. Dass sie sich etwas eingebildet hat, also dass sie Wahnvorstellungen hat, würde ich klar ausschließen. Kevin hat ihr Arbeitszimmer ruiniert und sich über die Kellnerin lustig gemacht. Nur Eva fasst die Taten anders auf, interpretiert sie anders und das schon, seit Kevin ihr das erste Mal an die Brust gelegt wurde. Ich würde zwar auch sagen, dass Kevin andere Veranlagungen hatte, als Celia später, aber Eva beeinflusste die Entwicklung stark. Gleichzeitig aber auch Franklin. Seine Einstellung zu den jeweiligen Kindern ist auch unterschiedlich. Und das macht die Geschichte wieder so interessant, gerade weil Eva und Franklin solche Gegensätze sind. Klar definierte Gegensätze, ja, aber nicht eindimensional. Jedenfalls nicht für mich.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Joel.Barish
Dass sie sich etwas eingebildet hat, also dass sie Wahnvorstellungen hat, würde ich klar ausschließen.
Bei den späteren Sachen, die er als Heranwachsender macht und die auch von anderen Personen gesehen werden, würde ich dir zustimmen. Aber was ist mit den Sachen, die er (angeblich) als Säugling anstellt? Also dass er zum Beispiel absichtlich schreit, um sie zu ärgern und nicht weil er Hunger hat oder weil die Windel gewechselt werden muss. Kann ein Säugling wirklich schon so viel Persönlichkeit besitzen und so boshaft sein, dass er alles daran setzt, um seine Mutter in den Wahnsinn zu treiben? Ich denke nicht, und zumindest diese "früheren" Sachen von ihm hat sie sich meiner Meinung nach eingebildet.
Wie gesagt, ich musste da teilweise an Stewie aus "Family Guy" denken :wink:
 

Joel.Barish

dank AF
Nur damit ich das Wort richtig verstehe und wir die gleiche Basis fürs Verständnis haben: "eingebildet" soll bedeuten, dass sie etwas sieht, was nicht da ist. Ja?

Ich bin der Meinung, dass das eindeutig alles da war, nur dass sie die falschen Schlussfolgerungen daraus gezogen und sich in die Sache hineingesteigert hat. Gerade das Schreien eines Säuglings passt dazu. Das Kind schreit, weil es Hunger hat, weil es ne volle Windel hat und du denkst "Hey, ich hab mich doch grad um dich gekümmert. Super Timing. Ich bin hier gerade beschäftigt! Was genau willst du Quälgeist von mir?" Du, als Mutter, bist mit dem Kind alleine und es macht Terror ohne Ende und als Daddy kommt, hat das Balg gerade seine angenehme Phase. Und ich glaube auch, dass selbst Säuglinge spüren, wie die Person, die sich gerade mit ihm beschäftigt, zum Kind steht. Das bedeutet nicht, dass ein zweijähriges Kind absichtlich seine Mutter tyrannisiert, weile diese unzureichend Liebe zeigt. Eher ist es - für mich jedenfalls - Ausdruck kindlicher Unsicherheit, dass die Person eben "nicht nett" wirkt. Beim warmherzigen Vater fühlt man sich dann geborgener. Und Kevin war ja allem Anschein nach hochbegabt. Also halte ich es durchaus für machbar, dass er so ab dem vierten Lebensjahr mehr oder minder wusste, wie Mama tickt, wie man sie nerven kann und wie man sie kontrollieren kann. Der vierjährige Kevin mag noch nicht alle Konsequenzen oder Bedeutungen seines Handelns kennen, aber einige Mechanismen im Umgang mit Menschen durchaus. Das ist jedenfalls mein Verständnis.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Joel.Barish
Nur damit ich das Wort richtig verstehe und wir die gleiche Basis fürs Verständnis haben: "eingebildet" soll bedeuten, dass sie etwas sieht, was nicht da ist. Ja?
Ja, und sie hat sich eben seinen Vorsatz, sie absichtlich zu tyranniesieren, eingebildet :wink:
Natürlich hat er geschrieen usw. aber eben nicht um sie zu quälen.

Wie empfandest du eigentlich die Szene gegen Ende, als
Kevin seinen Vater tötet? Sie waren ja im Vorgarten, und Kevin schafft es, 4 (oder waren es 5?) Pfeile mit einer Armbrust auf ihn abzuschießen, während er auf ihn zu läuft. Es dauert doch ganz schön lange, so eine Armbrust nachzuladen, und ich glaube nicht, dass ihr Vorgarten so groß wie ein Fussballfeld ist und dass Kevin es schafft, aus dieser Entfernung den ersten Treffer zu landen.
Ist keine große Sache, hat mich nur ein wenig gewundert.
 

Joel.Barish

dank AF
Original von Tyler Durden
Original von Joel.Barish
Nur damit ich das Wort richtig verstehe und wir die gleiche Basis fürs Verständnis haben: "eingebildet" soll bedeuten, dass sie etwas sieht, was nicht da ist. Ja?
Ja, und sie hat sich eben seinen Vorsatz, sie absichtlich zu tyranniesieren, eingebildet :wink:
Natürlich hat er geschrieen usw. aber eben nicht um sie zu quälen.[...]
Ah, ja! Das scheinen wir dann mehr oder weniger ähnlich zu sehen. Aber das Buch ist da uneinandeutig genug, dass es eben keine klare Antwort gibt, wie sehr Eva genervt ist und überreagiert oder wie deutlich Baby Kevin sich schon von seiner Mutter abgrenzt.

Was den Spoiler betrifft:
Ich hab's nicht mehr so genau im Kopf, wer mit wie vielen Pfeilen erschossen wurde und sich wo im Garten aufgehalten hat. Nehmen wir mal an, es waren etwa 10-20 Meter zwischen Kevin und Franklin. Du bist der Vater und plötzlich wirst du von einem Pfeil getroffen. Du gehst zumindest in die Knie und musst dich orientieren, wo der herkam. Du blickst dich um und siehst schon den zweiten Pfeil auf dich zukommen. Wieder Schmerz, du hockst auf den Knien und erkennst, dass dein eigener Sohn mit einer Armbrust auf dich schießt. Bis du das verarbeitet hast, bist du schon das dritte Mal getroffen. Du kämpfst dich mit letzter Kraft hoch und stapfst deinem Sohn entgegen. Treffer 4 und 5. So könnte man sich das vorstellen. - Und ich glaube, es gibt tatsächlich Armbrüste mit so einer Art automatischer Nachladefunktion.
:wink:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich habe mir die Stelle noch mal angesehen.
Und sie fängt so an, dass sie schreibt: "Ich stelle es mir so vor...". Da sie ja selbst nicht dabei war, kann sie natürlich nicht schreiben, wie es wirklich abgelaufen ist, von daher ist deine Vermutung wohl die richtige. Und es stimmt, es gibt auch solche automatischen Armbrüste (gibts zum Beispiel auch in "From Dusk Till Dawn").
Also war mein "Gemecker" wohl unbegründet :wink:

Um auf die Verfilmung zurückzukommen: Tilda Swinton finde ich passend, John C. Reilly kenne ich bisher nur aus wenigen Filmen und weiß nicht so recht, ob er in der Rolle eines ultrakonservativen Republikaners überzeugen wird.
Und wie wollen sie die Handlung eigentlich rüberbringen? Im Buch ist ja alles, was geschiet, aus ihrer subjektiven Sicht erzählt. Wollen sie es dann so zeigen, dass alles wirklich so abgelaufen ist, wie sie es wahrgenommen hat? :gruebel:
 

Joel.Barish

dank AF
Da der Film gestern als offizieller Wettbewerbsbeitrag in Cannes bestätigt wurde, bin ich aktuell wieder ziemlich heiß darauf. War ich immer, aber abgesehen von "The Tree of Life" gibt es aktuell nix, was ich lieber sehen würde. Nicht mal "Melancholia" - und das muss schon was heißen.

Dass er im offiziellen Wettbewerb läuft und nicht "nur" in "Un certain regard" ist schon mal ein Statement. Damals, als dieser Thread entstand, hatte ich von Lynne Ramsay nur "Movern Callar" gesehen und fand sie interessant und erfreulich eigenständig und avantgardistisch-europäisch, für den Film. Seit ich auch ihren "Ratcatcher" kenne, ist sie für mich die personifizierte Hoffnung, dass der Film nicht nur nicht schlecht, sondern tatsächlich grandios werden könnte. Kein Hollywood Amoklaufdrama, sondern... eben so ein intelligentes, ambitioniertes, vielschichtiges Wunderwerk, wie eben das Buch. Tilda wird alles in Grund und Boden spielen, aber Ramsay hat eine tolle Herangehensweise, bei ihren beiden vorherigen Filmen. Und Ezra Miller, der Kevin Darsteller, sieht nicht nur annähernd exakt so aus, wie ich mir Kevin vorgestellt habe, er hatte in "Afterschool", den ich inzwischen auch gesehen habe, schon eine Rolle, die man als Training hierfür ansehen könnte. John C. Reilly muss sich erst durch bewegte Bilder bei mir etablieren, aber ansonsten... gnaah!!! Wie ein Flitzebogen. So gespannt bin ich. :terror:

Bitte, Verantwortliche vom Film, rückt spätestens zu der Cannes-Premiere einen Trailer raus. Und bitte, deutscher Verleih, den es aktuell noch nicht gibt, lass den Film noch dieses Jahr in Deutschland anlaufen! :biggrin:
 

Joel.Barish

dank AF
http://s1.directupload.net/images/110506/64b868n8.jpg
Okay, ich habe im Zuge von Cannes 2011 (seit Mittwoch im Gange) auf einen Trailer gehofft, aber zum Start bin ich auch mit 3 Clips zufrieden. Drei Ausschnitte, größtenteils getreu aus Lionel Shrivers Romanvorlage entnommen und brillant umgesetzt, mit einer wunderbar wortarmen, "ökonominischen" Vermittlung von Emotionen und Informationen. Tilda Swinton ist gigantisch und Ezra Millers nuancierte "Go fuck yourself" Attitüde ist prächtig.

Es geht um eine Mutter, die Briefe an ihren getrennt lebenden Mann schreibt, nachdem ihr gemeinsamer Sohn an seiner Schule bei einem Amoklauf mehrere Menschen getötet hat.

Clip #1 @ YouTube
Clip #2 @YouTube
Leichte Spoiler-Warnung für Clip #3 @ YouTube

Alter Falter, will ich den Film dringend sehen!
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich bleibe immer noch skeptisch, was diese Verfilmung angeht. Die Clips bestätigen leider meine Befürchtung, dass man hier die Sicht der Mutter nimmt und sie als "Wahrheit" präsentiert. Im Buch ging es doch um eine psychisch gestörte Frau, die ihren Sohn seit seiner Geburt nicht leiden kann und ihn bloß als große Last empfindet. Da das Buch aus ihrer Sicht erzählt wurde, war es sehr "subjektiv". Hier zeigt man aber das Ganze so, als wäre es eine "objektive" Betrachtung der Situation. Die arme Frau wird von ihrem boshaften Sohn seit seiner Geburt tyrannisiert, und ihr ultra-konservativer Ehemann hält auch noch zu dem Sohn und nicht zu ihr. :gruebel:

Hoffentlich ist mein erster Eindruck falsch und der Film wird dann doch besser.
 

Joel.Barish

dank AF
Tyler, du hältst dich irgendwie arg verkrampft an deiner ohnehin schon etwas zu streng gesehenen Vermutung. Wo sagen diese drei Clips denn, dass der Film auf die subjektive Sicht der Mutter verzichtet? Nur, weil wir nicht pausenlos einen Voice Over um die Ohren gehauen bekommen? Der muss natürlich irgendwie kommen, aber ich bin ganz froh, dass man es damit noch bremst. Im tatsächlichen Trailer dürften wie Genaueres erfahren. Die Szene mit dem Haus und der "Verschönerung" der Tür im zweiten Clip dürfte ja so ziemlich die erste Szene des Films sein. Ich halte alle Beteiligten für intelligent genug, dass sie auch auf den Trichter kommen, die Eva-Perspektive irgendwie zu etablieren. Wenn man dann nach der Haustürszene ein, zwei Szenen hat, wo Eva ihren Brief schreibt und wir mit "Lieber Franklin" in die erzählte Vergangenheit abtauchen, ist die interne Fokalisierung doch sofort etabliert. Dann noch ein paar Erzählkommentare und ein denkender Zuschauer erkennt zumindest die Möglichkeit, dass Evas Erzählung subjektiv und unzuverlässig ist. Das Buch erzählt mehr über Eva, als über alle anderen.

Und Eva so simpel als "psychisch gestört" (was auch immer das heißt) abzustempeln, finde ich auch übereilt. Es ist doch gerade so spannend, weil keine Schtweise wirklich eindeutig ist. Ja, Eva interpretiert in Kevins Verhalten zu viel rein und begegnet ihm von der ersten Sekunde an ablehnend, aber schon früh scheint Kevin gewisse Züge zu entwickeln, bewusste Entscheidungen zu treffen, die natürlich zum Großteil auf ein zerrüttetes Mutter-Sohn-Verhältnis zurückzuführen sind, aber eben nicht nur. Und Franklin erneut (du hast dich ja schon mal über die vermeintlich simplen Klischee-Figuren aufgeregt, was ich bis heute nicht verstehen kann) als ultra-konservativ zu bezeichnen, ist doch auch zu einfach. Außerdem lässt du dich dabei direkt von Evas subjektiver Schreibweise täuschen. Sie sagt auch glaube ich mehrfach im Buch, dass es ihr leid tut, ihn (Franklin) so in eine Schublade zu stecken.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Letztendlich müssen wir wohl den fertigen Film abwarten, um zu sehen, wie die Erzählweise nun wirklich wird. Es war ja nur mein erster Eindruck.
So wie die Figuren im Buch dargestellt wurden (aus der Sicht der Mutter), fand ich sie halt eindimensional. Kevin hat zum Beispiel keinerlei positive Seiten, sondern ist durch und durch böse. Als Gegenteil haben wir die Tochter als Engel. Und der Vater hängt an seiner konservativen Sichtweise (bzgl. Rollenverteilung und Krieg zum Beispiel). Da habe ich mich sowieso schon gefragt, wie die zwei überhaupt miteinander klar kommen - sie als selbstbewusste, emanzipierte Karrierefrau und er mit seiner Einstellung.
Na jedenfalls bin ich gespannt, wie die Figuren dann im Film dargestellt werden.
 
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