Mad Men - Jon Hamm, Elisabeth Moss

Envincar

der mecKercheF
Ich frag mich ob man bei Mad Men eigtl. irgendwen mögen soll. Weil irgendwie sind alle unsympathen da xD Der Hauptdarsteller ist ein permanent Fremdgehender notorischer Lügner und Macho. Seine Frau erst naives Dummchen dann nervtötende Feministin. Auch der Rest des Casts hat hier und da seine Szenen wo man nicht weiß ob man die Person hassen soll oder nicht. Campell zum Beispiel geht mir fast in jeder Szene auf die Eier...dieser nach Anerkennung lechzende Schnösel. Gefühlt macht die Serie alles falsch was eine Serie falsch machen. Keine Höhepunkte, keine wirklich fortlaufender Handlungsstrang...permanente Zeitsprünge, quasi keine Spannung aber trotzdem guckt man weiter und fühlt sich unterhalten :hae: Versteh einer Mad Men
 

Revolvermann

Well-Known Member
Hab die Serie nun schon vor einiger Zeit beendet und war immer wiedern drauf und dran einen längeren Text zu schreiben. Ist dann aber irgendwie nichts mehr geworden.
Jedenfalls von Anfang bis Ende großartig.
Vielleicht schreibe ich demnächst doch noch ein wenig mehr.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Hab mir doch noch ein paar Gedanken zum Abschluss von Mad Men gemacht. Auch wenn es hier sicherlich nicht viele interessiert da die Sendung in Deutschland sowiso sträflich unterschätzt ist.
Ist allerdings auch bestimmt nicht für jeden was.

Ich bin froh, dass ich „Mad Men“ erst im Erwachsenenalter gesehen habe und nicht früher. Vieles wäre mir nämlich sicher auch noch mit 19 oder 20 entgangen. Viele der kleinen Deutungen, der Worte die nicht gesagt wurden, der Tränen die nicht vergossen wurden. Um „Mad Men“ zu verstehen muss man nämlich erstmal verstehen, dass die Serie vor allem eine Charakter- und Gesellschaftsstudie ist. Um das zu verstehen und jede Szene richtig nachzufühlen braucht es eine Hingabe an die Geschichte und auch an das Medium der Serie. Man guckt erstmal grundsätzlich sowas wie „Mad Man“ oder auch „The Wire“ nicht so eben nebenbei. Was vielen Leuten heutzutage sicher schwer fällt. Gibt’s doch bei „Sherlock“ alle 2 Minuten neues Erstaunen darüber, was der Detektiv für nahezu übermenschliche Fähigkeiten besitzt oder wird bei „The walking Dead“ schon wieder gemosert, wenn nur eine einzige Folge ein wenig mehr Augenmerk auf die Figuren setzt und anstatt 130 Zombies pro Folge, diesmal nur 15 geköpft, zerhackt oder per Kopfschuss hingerichtet werden. Bei „Mad Men“ geht es nicht um Mord und Totschlag und auch Cliffhanger sucht man vergebens. Es geht um langsame Entwicklungen. Verpackt in Sätze wie man sie sich eingerahmt übers Bett hängen möchte.
„Mad Men“ ist nicht „Lost“. „Lost“ nenne ich absichtlich, weil es quasi das genau Gegenteil im seriellen Erzählen ist. Eine Show die immer neue Clous parat hatte. Immer neue Cliffhanger und Cliffhanger für Cliffhanger. Mit vielen Geheimnissen, Monstern, Zeitreisen und unterirdischen Tempeln. So viel und so sehr auf diese, den Zuschauer bei der Stange haltenden Elemente fixiert, dass die eigentlichen Auflösungen, also das, weswegen man eigentlich immer wieder eingeschaltet hat, völlig aus den Augen verloren wurden. Ein Mann der auch in den letzten Jahren eher Filme für Erwachsene dreht und hierzulande ein ähnlich unterschätztes Dasein fristet wie die Werbefutzis aus New York ist Judd Apatow. Warum ich den hier in Spiel bringe? Weil bei seinem vorletzten Film „This is 40“ ein ähnliches Unverständnis dafür zu lesen war, was genau der Film eigentlich vermitteln will. Wo sind all die Pennälerwitze geblieben? Warum steht hier eine Familie im Mittelpunkt? Weil Apatow sich weiterentwickelt und nicht ewig Filme für Jugendliche macht. Im Film ist Paul Rudd als Familienvater mit echten Existenzproblemen beschäftigt. Erwachsenen Problemen. Dank Apatows Regie fühlt man sich aber dennoch nie wie in einem Drama. So ist Rudd im Film unter anderem frustriert das seine älteste Tochter nicht am echten Familienleben teilnimmt sondern sich bei jeder freien Gelegenheit hinter ihrem Laptop verschanzt. Warum sie das macht? Sie schaut „Lost“ und schreit ihren Vater aufgrund dessen Unverständnisses an, dass es bei seinen „Mad Men“ ja auch nur um Kettenrauchende Bürohengste ginge.
Aber um was geht es denn dann bei „Mad Men“?
Bei „Mad Men“ geht es genau wie bei „This is 40“ um das Leben selbst und alle seine Hürden und Sinnhaftigkeit. Da muss kein Cliffhanger kommen, weil bestimmte Ereignisse im Leben eben auch nicht so enden, sondern manchmal einfach allein auf einer Landstraße. Die Serie weiß dass das Leben einem am Ende nie einen alles erklärende Clou bereithält. Man beobachtet diesen Mikrokosmos New York in den 60ern, mit ähnlich interessiertem Blick wie eine höher Entwickelte Spezies auf die Erde schauen würde, die schon weiß wie alles ausgeht aber sich irgendwie auch immer noch fragt, was das ganze soll. Dabei ist der Blick niemals schwarz oder weiß. Man beobachtet diese Menschen wie sie lachen und leiden. Wie sie von Erfolg gekrönt, den amerikanischen Traum leben. Einen unverschämt gut bezahlten Job in der Weltmetropole New York. Ein luxuriöses Heim in der Vorstadt, mit einer wunderschönen Frau und niedlichen Kindern. Dennoch ist das natürlich nicht genug. Allzu menschlich ist es immer noch mehr zu wollen. So basiert das Leben der Hauptfigur Don Draper auf einer Lüge. Nacht für Nacht wird sich in Geschäftsessen jegliches moralisches Empfinden aus den Gliedern gesoffen. Den Lieben zuhause mit immer neuen Frauengeschichten Schmerz zugefügt. Auch wenn sie es nicht wissen. Noch nicht. Das schlechte Gewissen wird dann am nächsten Morgen im Büro direkt mit dem nächsten Scotch erstmal wieder auf die hinteren Plätze verwiesen. Die großen Werbebosse und ihre Kunden begründen ihr Selbstvertrauen mit einem für den außenstehenden Zuschauer manchmal schon lächerlichen Chauvinismus. Das Treiben in dem Olymp der Werbebranche ist ein Spiel mit festen Regeln. Ein Spiel um Millionen, welches manchmal in seiner Völlerei an die christliche Doppelmoral der Mafia erinnert. Einer Geschäftspartnerin der Draper besonders „nahesteht" sagt er einmal beim Essen: „Man wird allein geboren und man stirbt allein. Dazwischen werden einem von allen Seiten Regeln aufgedrückt, damit man das vergisst. Ich vergesse das nie. Ich lebe als gäbe es keinen Morgen. Denn es gibt keinen.“. Draper ist nur durch eine Lüge in diese Scheinwelt hineingeschlittert. Er sieht das Ganze ebenfalls aus einer etwas entrückten Position und spielt das Spiel deshalb so gut wie niemand sonst.
Die Serie bringt dabei nur so nebenbei pro Staffel eine Gesamthandlung zum Abschluss. Um diese geht es gar nicht primär. Sie ist vielmehr ein Aufhänger um die Charakterentwicklungen weiterzubringen. Niemand ist am Ende einer Staffel dort wo er am Anfang stand. Auch wenn er noch immer auf dem gleichen Bürostuhl sitzt. So kommt Draper die vielleicht größte Einsicht erst in der Mitte der letzten Staffel wenn nach all den Kämpfen, all den Meetings, nach all dem lachen und weinen ein gerade verstorbener Partner in einer entzückenden Tagtraumsequenz wie im Musical vorsingt: „The Best Things in Life are Free!“.
Jetzt mag der ein oder andere denken: „Das hört sich ja an wie eine Soap?“. Nun, wenn man unter Soap versteht ,dass eine Serie ohne Mörder, Monster, Superhelden oder Action an sich auskommt. Das eine Serie das nicht-alltägliche im Alltag sucht und seine Figuren auf meisterhafte Weise Konturen gibt. Das eine Serie die Etagen eines Hochhauses in die Machtzentren eines neuzeitlichen Roms verwandelt und mit shakespearerischem Drama unterfüttert. Ja, dann ist es eine Soap. Wenn man denkt die Serie sei eine endlos Geschichte, ohne Linie, die schlechte Schauspieler in schlecht ausgeleuchtete Kulissen stellt, dann ist „Mad Men“ sicher das Gegenteil einer Soap. Man könnte vielleicht sagen die Show ist die Soap, die jede Soap gerne wäre.
Anzumerken wäre vielleicht noch das die jede Folge perfekt ausgestattet ist und den Zeitgeist der 60er einfängt wie kaum etwas sonst. Da werden Ereignisse wie die Bürgerrechtsbewegung, das Hippietum oder die Beatles eng mit den Geschichten der vielen Charaktere verbunden. So wird ein Meeting während der Kubakrise mit der Einschränkung abgeschlossen „wenn die Welt morgen noch da ist“. Was gleichzeitig auch ein Beispiel für den oft überraschenden, trockenen Humor der Mad Men dienen kann. Oftmals tauschen „Klos im Hals“ und „herzhaftes Lachen“ wärend einer einzigen Folge die Plätze. Eben wie im echten Leben.
Wer sich also darauf einlassen will, merkt sicher spätestens nach Staffel 1 ob dem Geschehen weiter folgen will. Wobei Staffel 1 sicher nicht mal die beste Staffel ist. Aber jede Staffel ist ein Meisterwerk.
Für mich jedenfalls bleibt nur das Eingeständnis, dass ich meinem 19 oder 20 Jahre alten Ich wahrscheinlich genauso verzweifelt versucht hätte dasselbe klarzumachen wie Paul Rudd seiner Teenietochter in „This is 40“. Nämlich das Don Draper viel mehr ertragen muss als all diese Leute auf dieser bescheuerten Insel!
 

Clive77

Serial Watcher
@Revolvermann: Schöner Text. :top:
Macht mich wieder ein Stückchen neugieriger auf die Serie, die ich schon längst mal gesichtet haben wollte. Da momentan nicht ganz so viel läuft und die Herbstseason noch ein paar Wochen auf sich warten lässt, schaue ich vielleicht sogar bald wirklich mal rein. :smile:

Edit: Gerade gesehen, dass es da auch ein paar Staffeln bei Amazon Prime gibt. Macht eine Sichtung in den nächsten Tagen noch wahrscheinlicher....
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Ich warte ja schon ne ganze Weile darauf, dass die letzte Staffel auf Watchever zur Verfügung steht, weil ich nicht anfangen will mit der Serie, solange ich noch befürchten muss, nach der vorletzten Staffel erstmal ne Zwangspause zu haben.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Danke Clive!
Ich denke schon das die Serie dir gefallen wird. Es geht durchaus in eine ähnliche Richtung wie "Masters of Sex" vom Erzähstil her und das magst du ja auch.

Edit: @ Manny
Bei amazon gibts die 7.schon. Allerdings leider nur zum Kauf. Auch für Prime Kunden.
 

Clive77

Serial Watcher
@Revolvermann: Wo du gerade "Masters of Sex" erwähnst - kannst dich schon auf die dritte Staffel freuen. Gefällt mir soweit (auch wenn ich da noch nix aktuelles zu gepostet habe). Andere Empfehlung, wo wir gerade bei dieser Art Serie sind, wäre "The Knick". Andere Epoche, andere Probleme, aber vom Prinzip her doch eine sehr ähnliche Machart (auch wenn Cinemax eigentlich so 'ne Art Männersender ist). :wink:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Freu mich bei MoS auch bereits auf die 3. Staffel. Dauert nur sicherlich noch eine Weile bis ich die zusehen bekomme.
"The Knick" hab ich auf dem Zettel. Kommt auch bald mal dran.
 

Schneebauer

Targaryen
Masters of Sex war so gaaar nicht mein Ding. :/

Aber schöne 'Kritik', Revolver. Manhattan gesehen? Könnte dir auch gefallen.


e: Hab damals auf Englisch geschaut, würde aber, wenn ich die Serie nochmals starten sollte, diesmal auf deutsch schauen. Ist die Synchro halbwegs aktzeptabel?
 

Revolvermann

Well-Known Member
Schneebauer schrieb:
Masters of Sex war so gaaar nicht mein Ding. :/

Aber schöne 'Kritik', Revolver. Manhattan gesehen? Könnte dir auch gefallen.


e: Hab damals auf Englisch geschaut, würde aber, wenn ich die Serie nochmals starten sollte, diesmal auf deutsch schauen. Ist die Synchro halbwegs aktzeptabel?

Danke. Ich fand die Sychro ziemlich gelungen. Wird sicher erstmal ungewohnt sein wenn man das Original gewohnt ist.
Manhatten habe ich tatsächlich schonmal besucht und es war der Wahnsinn. :top:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Achso! :biggrin: Das Habe ich wirklich jetzt falsch verstanden weil Mad Men halt in Manhatten spielt. :biggrin:
Oh man. :facepalm:

Die Serie kenne ich nicht. Also vom Namen her schon aber nicht gesehen. Hatte nur mal ein paar Bewertungen gelesen und da kam sie eher durchschnittlich weg. Aber ist gut sagst du?
 

Schneebauer

Targaryen
Ich mochte Season 1. Find ich halt vom Thema her schon super intressant. Auch das ganze Setting und Flair kommt hervorrangend rüber. Denke die könnte dir gefallen.
 

Clive77

Serial Watcher
Richtig, "Manhattan" fällt auch noch in diese Rubrik Serie. Vielleicht auch noch "Halt & Catch Fire". Die beiden finde ich ebenfalls sehr gut.
 

Clive77

Serial Watcher
Habe jetzt tatsächlich die ersten fünf Folgen von Mad Men gesehen. Gefällt mir soweit. :top:
Wobei der Vergleich mit der Soap sicher angebracht ist (aber im positiven Sinne) und auch das Alter des Zuschauers eine Rolle spielen kann. Man merkt schon gleich im Auftakt, dass das Ding "für Erwachsene" gemacht ist und sich eher mit den Problemen beschäftigt, die der tägliche Arbeitsplatz und vor allem die Realität so mit sich bringen (können). Zwar mit Blick auf eine ganz bestimmte Sorte von Mensch (die "Ad Men" halt), aber das Spektrum ist dann doch breiter als man annehmen könnte und mit der fünften Folge (wo Dons Bruder erstmals auftaucht) entfaltet sich auch erst das Potenzial der ganzen Reihe.
Bin jedenfalls gespannt auf die weiteren Folgen und werde die Serie sicher in den nächsten Tagen weiter verfolgen. :smile:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Freut mich wenn es dir gefällt. Die Serie wird sich auch noch mehr entfalten. Aber wem sage ich das. :squint: Du kannst das sicherlich schon riechen.
Bei manchen Folgen saß ich wirklich noch ein paar Sekunden und hab voller Gedanken ins Leere gestarrt.
Übrigens würde ich, wie gesagt, auch zwischendurch mal Pause machen. Ich fand es immer gut nach einiger Zeit wieder in die Welt einzutauchen. Weil auch die Show einige kleinere Zeitsprünge hat.
 

Clive77

Serial Watcher
Ich frage mich ja, wie die bei all dem Scotch und der ganzen Kettenraucherei überhaupt was zustande bringen in ihrem Job. :biggrin:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Genau das ist der Trick. Das geht nur so. :biggrin:


Würde ich strubbeldicke in eine Vorstellungsgespräch gehen, würde ich sicher auch nur so sprühen vor Ideen und Selbstvertrauen.
Komischerweise ist das heute nicht mehr so gesellschaflich akzeptiert. :confused: :biggrin:
 
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