Drecksau ~ James McAvoy (vom Trainspotting-Autor) [Kritik]

Revolvermann

Well-Known Member
Wenn du sagst "sehr gut", dann muss der Film noch etwas warten. Werde ich dann wohl direkt nach meinem jetztigen Lesestoff in Angriff nehmen. :top:
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Ja die Zuschauer bekommen ein recht...eigenes Bild von Deutschland bzw. Hamburg.
Scheinbar ist typisch deutsche Musik außerhalb von Deutschland nur Nena. :ugly:
 

Bambi

hat verrückte Rehkitzideen
Naja solange die nicht in Hamburg alle mit ne Lederhose rumlaufen und nen Kölsch trinken...
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Die Kritik klingt gut, ich will den Film auch am WE sehen. Wusste gar nicht, dass Clint Mansell die Musik dazu gemacht hat :w00t:

@Joel: wenn du fertig bist, will ich deine Meinung zu dem Buch hören/lesen:wink: Und zum Film natürlich auch.
 

Wendtslaw

Well-Known Member
Spontan beschlossen geht es heute los und der Film wird geguckt.
Ich bin schon sehr gespannt drauf, auch wenn ich das Buch nicht gelesen habe.
 

Cobretti

wear a stupid man suit
Bin heute auch drin. Das erste mal allein im Kino. Ich hab mich jetzt mal genötigt... Zu viele Filme verpasst weil ich niemanden gefunden gab.
 

Wendtslaw

Well-Known Member
Ich hatte Samstag schon versucht eine kurze Meinung vom Handy aus zu erstellen und zu senden, habe aber aus versehen den ganzen Text wieder gelöscht als ich fertig war. :thumbdown:

Jetzt ist der Eindruck leider nicht mehr ganz so frisch und ich hab sicher die Hälfte vergessen die ich dazu sagen wollte.
Mir hat der Film sehr gut gefallen und ich habe James McAvoy die Rolle der Drecksau voll angenommen. Es ist eigentlich auch unglaublich, wie man ihn überhaupt nicht leiden kann, aber durch diverse Szenen zwischendurch einfach ein gewisses Mitleid bzw. Verständnis für ihn entwickelt.
Was mich sehr überrascht hat, zum Ende hin gab es dann doch recht ein paar Ah- und Oh-Momente. Und zwar ganz andere als ich erwartet hatte.

Jetzt nach der ersten Sichtung gebe ich gerne 8/10 selbstgestrickten Schals.

Als Fast-Hamburger gab es nen klitzekleinen Filmfehler zu bemängeln.
Auf der Großen Freiheit gibt es keine Nutten. :biggrin:
 

xyla

New Member
Heute Abend im OmU gesehen. Zwei Sachen: Erstens: Schottisch ist ein geiler Dialekt! Zweitens: Untertitel sind dabei öfters notwendig :biggrin:

Ein durch und durch krasser Film. Kompromissloser Humor und am ehesten möglicherweise noch mit Bad Santa und Trainspotting zu vergleichen (vermutlich auch Bad Lieutenant, den hab ich aber nicht gesehen). Der Film und vor allem McAvoy schaffen es, mit Robertson einen fantastischen AntiHelden zu schaffen. Seine Taten sind beinahe durch die Bank verabscheuenswert oder zumindest fragwürdig, aber dennoch schafft McAvoy es zwischendurch immer wieder eine komplett andere menschliche Seite durchblicken zu lassen, die erkennen lässt, wie zerrissen der Charakter eigentlich ist. Zum Teil sind einige Sachen sehr abgedreht dargestellt und ich frage mich, ob die möglicherweise eindeutiger sind, wenn man das Buch gelesen hat
z.B. der Bandwurm. Hätte ichs nicht nachgelesen, wäre ich nie drauf gekommen, dass Bruce einen Bandwurm hat, mit dem er in seinen Visionen kommuniziert.
Gegen Ende lässt der Film den größten Teil seines bitterbösen Humors hinter sich und präsentiert noch eine faustdicke Wendung, die für mich jetzt aber eher verwirrend als schockierend kam. Der Umschwung im Ton funktioniert nicht perfekt und gerade die Offenbarung wirkt nicht zu 100%. Irgendetwas fehlt da im letzten Teil, auch wenn ich das 'was' nicht auf den Punkt bringen kann. Die letzten 5 Minuten haben es dann aber wieder in sich und bescheren dem Film einen grandiosen und leicht verstörenden Abgang. 'Same rules apply'
Optisch, technisch und im Sound erlaubt sich der Film keine Fehler - gerade die Interaktion mit dem Publikum durch McAvoy ist ein gut und effizient genutztes Stilmittel. Einige Schnitte bleiben hängen, z.B. ein Anruf im Splitscreen, der es schafft, die ganze Bandbreite von Bruce Robertson darzulegen. Der Soundtrack sitzt und hat einige interessante Versionen von bekannten 90er Songs.

Durchaus empfehlenswert, wenn man mit (sehr) schwarzem Humor umgehen kann und auch mal einen Film ohne Sympathieträger als Hauptdarsteller verträgt. Ich muss mir zu einigen Sachen jetzt erstmal Interpretationen anlesen..


4/5 Kohlen
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
@xyla: zu deinem Spoiler:
Im Buch kommuniziert er nicht mit dem Bandwurm, sondern der Bandwurm entwickelt ein Bewusstsein und erzählt später was über die Vergangenheit von Bruce (sein wurmförmiger Text überlappt teilweise die Erzählungen von Bruce, als würden sie gleichzeitig reden). Bruce erfährt vom Doktor, dass er Würmer hat, und nimmt Medikamente (Der Bandwurm: "Scheiße, Chemiangriff!"). Aber sie kommunizieren nicht miteinander.
Keine Ahnung, wie sie das im Film umgesetzt haben. Ich bin immer noch nicht dazu gekommen, ihn zu sehen :unsure:
 

Wendtslaw

Well-Known Member
Tyler Durden schrieb:
@xyla: zu deinem Spoiler:
Im Buch kommuniziert er nicht mit dem Bandwurm, sondern der Bandwurm entwickelt ein Bewusstsein und erzählt später was über die Vergangenheit von Bruce (sein wurmförmiger Text überlappt teilweise die Erzählungen von Bruce, als würden sie gleichzeitig reden). Bruce erfährt vom Doktor, dass er Würmer hat, und nimmt Medikamente (Der Bandwurm: "Scheiße, Chemiangriff!"). Aber sie kommunizieren nicht miteinander.
Keine Ahnung, wie sie das im Film umgesetzt haben. Ich bin immer noch nicht dazu gekommen, ihn zu sehen :unsure:
Ganz anders :biggrin:
Den Teil hab ich auch erst etwas besser verstanden, als ich mir ein bisschen was zu dem Buch durchgelesen habe.
Also es war schon die Rede von nem Bandwurm (und er war auch zu sehen), aber zumindest für mich war nicht so ganz klar dass er auch einen hat.
Ich hab inzwischen auch schon beschlossen früher oder später das Buch noch zu lesen.
 

xyla

New Member
Tyler Durden schrieb:
@xyla: zu deinem Spoiler:
Im Buch kommuniziert er nicht mit dem Bandwurm, sondern der Bandwurm entwickelt ein Bewusstsein und erzählt später was über die Vergangenheit von Bruce (sein wurmförmiger Text überlappt teilweise die Erzählungen von Bruce, als würden sie gleichzeitig reden). Bruce erfährt vom Doktor, dass er Würmer hat, und nimmt Medikamente (Der Bandwurm: "Scheiße, Chemiangriff!"). Aber sie kommunizieren nicht miteinander.
Keine Ahnung, wie sie das im Film umgesetzt haben. Ich bin immer noch nicht dazu gekommen, ihn zu sehen :unsure:

Interessant - das haben die im Film auf jeden Fall weniger eindeutig gelöst. Aber die Umsetzung im Buch ist dann vermutlich auch ein großer Teil der ganzen 'unverfilmbar' Geschichte.

Im Film wird nicht deutlich gesagt, dass er einen Wurm/Würmer hat, der Arzt verschreibt ihm Medikamente zur Behandlung seiner bipolaren Störung und taucht danach in einer verzerrten Variante wieder in seinen Visionen auf. Dabei spricht er immer mal wieder von einem Bandwurm und ist auch ganz kurz selber als einer zu sehen. Und er kommuniziert auch mit Bruce, während er seine Vergangenheit ausleuchtet. Ich hab im Nachhinein erst so richtig erkannt, dass Bruce die Menschen zum Teil als Tiere sieht, die ihre wahre Natur widerspiegeln. Beim ersten Sichten hat sich mir das nicht sofort erschlossen - Damit hätte man auch auf den Bandwurm kommen können.
 

Joel.Barish

dank AF
So, nun auch gesehen. Hatte am Wochenende den Roman beendet (Danke, Tyler) und heute dann in der OmU Vorstellung gewesen.

Und der Film ist insgesamt gut, aber auch nur gut und nicht so gut, wie er hätte sein können. Einige Sachen haben mich gestört, aber einige Sachen haben mich auch am Roman gestört. Andere Sachen. Für mein Empfinden ist "Drecksau" eine Romanadaption nach dem Motto, "was der Roman zu viel hat, hat der Film zu wenig". Auch tonal ist der Film nicht ganz ausgegoren. Es ist ein stimmungsmäßig schizophrener Film eines auch, aber nicht ganz so stark schizophrenen Romans. Dabei ist die Adaption eigentlich ganz gelungen, zumindest oberflächlich betrachtet. In arg gestraffter Form hangelt man sich recht nah an der Vorlage durch die Geschichte. Aber in den Details machen sich einige eklatante Unterschiede bemerkbar. Die sind nicht automatisch schlecht, aber manchmal fragt man sich schon, was das sollte. Ich glaube auch, "Drecksau" hätte davon profitiert, wenn man die vollen zwei Stunden Laufzeit genutzt hätte. So wirkt manches fragmentarisch oder episodisch, nicht wirklich ausgearbeitet oder überhastet. Da fehlt manches Mal der psychologische Unterbau und das, wo der Film viel, viel früher auf psychologische Details setzt. Es geht mir nicht darum, ob ich witzige Szenen, wie Bruces gescheiterte Versuche, einen Sodomie Porno zu drehen, aus dem Roman im Film vermisse. Eher: Das, was im Film versucht wird, funktioniert nicht immer.

Insgesamt ist das Meckern auf hohem Niveau, weil der Film unterm Strich mehr als in Ordnung geht. McAvoy ist großartig, es gibt mehrere enorm witzige Szenen und einige Veränderungen in der zweiten Hälfte sind wirklich gelungen oder zumindest interessant genug [SPOILER: z.B. die verstärkte Bedeutung der Witwe mit ihrem Sohn.......]. Eddie Marsans kurzer "Rave" ist als Szene absolut herrlich! :biggrin: Aber insgesamt ist mir der Film zu nett und zu sauber. Klar, Robertson ist ein Arschloch erster Klasse, aber der Film bricht mit der Fassade eigentlich schon in der zweiten Szene. Jedenfalls verdammt schnell. Während sich der Roman ziemlich viel Zeit lässt und dabei auch ein wenig eintönig wirkt, wenn wir wieder und wieder sehen, wie Robertson kokst, säuft, flucht, sich den Arsch aufkratzt, rumvögelt, kokst, fickt, flucht, säuft, fickt, sich den Arsch aufkratzt, masturbiert, kokst, fickt, flucht, schimpft, etc. Da ist der Roman bis weit über die Hälfte die große Bruce Robertson Show, in der er als überlebensgroßer Wüterich herrscht und alles an sich reißt. Es gibt zwar Andeutungen, dass da unter der Oberfläche etwas ist, etwas Psychisches, aber es dauert, bis es deutlich sichtbar wird, bis sich der Ton stark wandelt und Robertson vom Arschloch zum Problemfall wird. Der Film ist viel schneller deutlicher Drama.

Und ja, mir ist das wirklich zu sauber. Nicht nur verglichen mit dem Buch, auch wenn man sich anschaut, durch was für ein Chaos z.B. Danny Boyle Ewan McGregor und Co damals bei "Trainspotting" schickte. Bei allem Respekt für McAvoys vollen Körpereinsatz und ja, ich kann auch verstehen, dass man Robertson als Hauptfigur nicht zu unerträglich machen darf, wenn man das Publikum nicht verlieren will. Aber hier hätte man sich ruhig noch etwas mehr gehen lassen können. Dass Bruce und seine Wohnung eigentlich jeweils vor sich hin gammeln und schimmeln, dass beide langsam verfaulen, weil Macho Bruce auf seine Frau wartet, die dann endlich wieder putzen kann, wird im Film extrem klein gehalten. Es wird später ein, zwei Mal gesagt, Bruce oder die Wohnung würden stinken, aber so wirklich schlimm sehen beide nicht aus. Das ist kein enorm wichtiges Detail, aber es hätte die Atmosphäre, die Stimmung, das ganze Verständnis von Bruce Robertson verstärkt. Abgesehen von haaren und Augen sieht McAvoy eigentlich meist noch recht adrett aus.
Dass man insbesondere die Beleidigungen und die rassistischen Entgleisungen stark reduziert hat, fällt auch auf. Das liegt auch daran, dass man Bruces Voice Over Kommentar im Film ziemlich schnell nahezu komplett abstellt. So können wir auch nicht hören, wie seine innere Stimme schimpft und flucht. Aber während im Roman jedes fünfte Wort cunt/F***e ist, gibt es das im Film kaum mehr als zehnmal. Der Film ist um ein Vielfaches netter zu Bruce, als der Roman...
Das ist, wie gesagt, nicht unbedingt schlimm. Das wirkt zwar insbesondere bei der extrem übereilten Hamburg Episode enorm fragmentarisch, aber die nötigen Hinweise auf den verstorbenen Bruder und die angeknackste Psyche schon früh verteilen, macht für einen 90Minuten Film durchaus Sinn. Die Mischung ist nur nicht immer ausgewogen. Siehe Hamburg. Oder siehe das Ende, wenn wir uns seit ner Viertelstunde auf einem Drama Level mit extrem bitterem Humor befinden, ehe Robertson im Moment seines Selbstmordes spontan wieder einen "hellen" Moment hat. Und von der saudämlichen (hihi:squint:) Animation der Endtitel wollen wir gar nicht erst anfangen. Ich fand das vorher schon nicht wirklich toll, dass sich Bruce da regelmäßig einen halben Bauernhof zusammenfantasiert, aber diese Animation - grauenhaft. Aber immerhin ist das Ende nicht ganz so zynisch und zappenduster-finster, wie das im Roman. Mit dem Ende wäre die Animation noch schlimmer gewesen.

Regisseur/Drehbuchautor Baird hat ein nicht zu leugnendes Anliegen, Bruces Seele zu retten und ihn nicht zu unerträglich werden zu lassen. Wenn ich mal kurz das Buch spoilen darf: Die Abschiedsbotschaft an Bladesey gibt es im Roman z.B. nicht. Das finde ich ganz interessant. Robertson ist mehr denn ja ein Getriebener, nicht unbedingt ein Opfer, aber ein armer Kerl, der gegen seine Natur kämpft. Aber um so was nicht halbgar wirken zu lassen, hätte man Robertson stärker durch die Hölle schicken müssen. Das passiert halt, wenn man aufgrund einer begrenzten Laufzeit nicht immer 100% genauer erzählen kann. Das merkt man auch bei Bladeseys, die viel zu schnell viel zu geil auf Bruce ist und viel zu wenig unter den Anrufen leidet.

Und bei einer Veränderung zum Roman frage ich mich wirklich, was das soll: Warum ist das Opfer des zentralen Falls ein japaner und kein Schwarzer? Dass man Bruces "Nigger" Gerede klein gehalten hat - okay. Aber wenn man zum Schluss trotzdem Carole mit einem schwarzen Freund/Partner/Liebhaber sieht, verpufft einfach jegliche Wirkung, dass dieser neue Partner für unseren Rassisten Bruce ein erneuter Schlag in die Fresse ist.
Und Apropos Carole... Ungeschickt inszeniert, wie sie da zur Leiche geschminkt in irrealen Szenen rumläuft und erzählt. Man kommt wahrscheinlich nicht darauf, dass eigentlich Bruce in Frauenkleidern herumläuft, aber dass diese Carole da nur eine Projekt von Bruces Psyche ist, eine Wunschvorstellung, ist viel zu offensichtlich und macht ihre Szenen irgendwie witzlos und unnötig. Zumindest sind sie zu dominant und zu häufig für zu wenig Effekt.

Was Bruces "Begleiter" betrifft...
Die Darstellung hat mir gar nicht gefallen. Der Wurm war mir im Roman zwar gegen Ende auch zu sehr damit beschäftigt, einfach nur Hintergrundgeschichten nachzuliefern, aber diese Darstellung im Film war wenig hilfreich. Sie ist auch einfach viel zu vage, kennt man die Vorlage nicht. Bruces gesundheitlicher Abfall wird zu wenig thematisiert (ebenso wie sein Essverhalten) und Dr. Rossi ist im Film Psychiater und damit noch weiter weg von körperlichen Beschwerden. Wie soll man dann darauf kommen, dass da ein Parasit in Bruce haust, der sein eigenes Dasein versucht zu verstehen und der in Bruces Erinnerungen schnüffelt?

Das dazu. Mal wieder länger, als zunächst geplant. :plemplem: :clap:
Wie gesagt, insgesamt war der Film ganz gut, aber er hätte so viel besser sein können. Der Roman gibt durchaus ne Menge her, ohne selbst ein Meisterwerk zu sein. Gerade weil die Besetzung, insbesondere McAvoy, wirklich gut ist. Für eine unterhaltsame schwarze Komödie, die zudem ein nicht uninteressantes Psychodrama ist, wenn auch nicht immer perfekt ausbalanciert, gibt's knappe 6,5/10 so ganz spontan.

@Tyler (und die, die es interessiert) bzgl. Roman
Ich fand den Roman jetzt spontan gesagt besser als den Film. Das wird wohl auch so bleiben. Fand beide gut, habe mich mit dem Film aber mehr geärgert. Ob das an der Vorlagenkenntnis lag, weiß ich nicht. Ich glaube nicht immer. Der Roman ist sehr unterhaltsam und im weiteren Verlauf ziemlich spannend und interessant, aber ein paar Dinge haben mich gestört. Es dauert z.B. zu lange. Es wiederholt sich auf den ersten 300 Seiten ein wenig. Irgendwann nutzen sich Bruces Gossensprache, sein dreistes Auftreten und seine sexuellen Eskapaden ab. Zwischendurch dachte ich mehrfach: Komm mal zum Punkt. Als die Geschichte dann zum Punkt kommt, ist es fast zu schnell oder einfach ein wenig unelegant gelöst. Ich muss gestehen, dass ich den Moment, wo klar wird, dass Bruce als Carole erzählt und dass Bruce in Caroles Fummeln verschleppt wurde, dass ich das doppelt lesen musste, um das zu schnallen. (Tja...) War aber eigentlich geschickt gelöst und macht rückblickend auch Sinn. Außerdem taucht Carole als Erzählerin nicht so häufig auf und so aus der Erinnerung heraus ist das durchaus ganz gut integriert, wie und warum Bruce gerade als Carole erzählt.

Dann der Wurm. Ich wusste nichts von einem Wurm. Als die erste Szene mit dem Wurm kam, wo sein Monolog über Bruces Text gelegt ist, war ich etwas irritiert. Aber ich fand den Kollegen ziemlich schnell ziemlich interessant, gerade je mehr der Wurm begann, sein Dasein zu hinterfragen, existentalistisch zu denken und auch versuchte seinen Wirt zu verstehen. Umso bedauerlicher, dass der Wurm auf den letzten 50 Seiten nur noch einfallslos und wenig elegant dazu genutzt wird, Hintergründe zu erklären. Exposition um Exposition. So nachh dem Motto, "Ach übrigens, der Bruce hatte ne ganz schlimme Kindheit". Es gab zwar hier und da Andeutungen, aber erst zum Ende hin wurde es deutlich und fast alles kam über den Wurm. Und es war etwas arg dick aufgetragen, etwas zu viel des Guten. Der verunglückte Bruder, der hasserfüllte Stiefvater, die "Spastiker"-Jugendfreundin, deren unglücklicher Tod und dann auch noch der leibliche Vater, der die Mutter vergewaltigte und ein berühmt berüchtigter psychopathischer Triebtäter ist. Zwar gibt es kurz die notwendigen Überlegungen, wie sich das auf Bruce ausgewirkt hat, inwieweit "Die Bestie" in seiner Natur steckt und inwieweit er versucht hat, diese zu unterdrücken, aber wenn man solche Überlegungen anstellt, sollte man damit nicht erst auf den letzten 50 Seiten eines 450+ Seiten Romans anfangen.

Auch das Kritik auf hohem Niveau. Und das Ende - mein lieber Herr Gesangsverein! :blink:
Würde dem Roman insgesamt 7-7,5/10 geben. Danke für's Ausleihen. :smile:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Freut mich, dass das Buch dir größtenteils gefallen hat. Was das Ende betrifft, hatte ich zuerst die gleichen Kritikpunte, aber beim zweiten Mal hat es mir (noch) besser gefallen.
Und der Wurm entwickelt sich ja vom Primitiven "iß iß iß iß iß iß iß iß iß" zu komplexeren und grammatikalisch korrekten Sätzen. Das ist Charakterentwicklung:biggrin:
Die Kritik zum Film klingt leicht ernüchternd, vor allem
gefällt mir nicht, dass man anscheinend so eine wichtige Sache wie sein Essverhalten im Film ausgelassen hat. Fast alles an seinem Verhalten hat Parallelen zu seiner Kindheit. Sein Vater zwang ihn Dreck zu essen -> der Bandwurm in ihm verlangt ständig nach Essen.
Wenn sie die "Essstörung" weglassen, vereinfachen sie die Figur.
 
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