Infinity War ist ausschließlich für Kenner und Fans der bisherigen Marvel Filme geworden, würd ich sagen. Interessiert man sich nur halbherzig für das Bisherige, ists ein relativ actionreicher, amüsanter und leichtfüßiger, aber auch konfuser, oberflächlicher, fast komplett im Computer animierter Blockbuster, der bis auf Thanos keine seiner Figuren vorstellt und schwieriger noch, keine zentrale Heldenfigur hat. Auch bietet er nichts originelles Neues, was bisher uninteressierte näher ans MCU heranführen könnte, das ist kein Logan, kein Deadpool, kein Watchmen.
Als Fan der 10 Jahre MCU kommt man hier aber auf seine Kosten, aber hallo. Grundsätzlich macht sich einmal mehr das Casting bezahlt, denn die top besetzten Figuren in neuen Konstellationen aufeinander treffen zu sehen, macht ungemein Spaß, und passt auch jeweils ideal. Die Russos verstehen es prächtig, die Kräfte der einzelnen Figuren zu kombinieren. Wenn gleich mehrere Avenger mit ihren Kräften gegen Thanos vorgehen, darf man als Nerd so sehr grinsen, dass es womöglich so stehen bleibt. Auch wenn es keine bahnbrechenden Überraschungen gibt, erwarten euch aber nette, die Verweise auf das vorherige Geschehen sind super, und viele Szenen enden anders, als man es vorher wartet hätte - ohne, dass es angestrengt verhaspelt wirkt, als wolle man um Biegen und Brechen unbedingt twisten. Das Ende ist mit Blick auf den vierten Teil relativ offen, ja, endet aber prinzipiell auf keinem Cliffhanger. Theoretisch könnte man das so als Ende des kompletten bisherigen MCU nehmen. Die vier Kinder von Thanos sind cool, insbesondere der Zauberer Maw.
Das Ding hat über 300 Mio Dollar gekostet und das sieht man auch. Der Film sieht teurer aus als alle vorherigen MCUs, nein, fuck, der sieht riesig aus. Wenn das hier kein ausschweifender Eventblockbuster ist, was dann? Da gibts echt gar nichts zu meckern.
Schwächen? Das Ende ist vielleicht nicht so emotional wie es eventuell hätte werden können, einige Helden kommen je nach Belieben womöglich zu kurz und die Erklärung, wieso Thanos all das macht, will so wie es inszeniert ist, nicht so recht nachvollziehbar wirken. Dennoch darf man wohl klar sagen, dass das lila Furchengesicht der interessanteste Bösewicht seit Black Panthers Killmonger ist. Es stimmt aber nicht, dass Thanos die meiste Screentime bekommt. Vielleicht rechnerisch, aber gefühlt teilt sich das größtenteils auf Thor+Rocket sowie Iron Man+Dr. Strange+Spider-Man auf. Die Post Credits Szene ist so lala.
Ich bin seit Anfang an Fan dieser Reihe und war zuletzt bei Civil War und Age of Ultron etwas schwächer begeistert. Der hier wirkt wirklicher selbstsicherer, besser geschrieben und die 2,5 Stunden fliegen nur so. Ich glaub nicht, dass da spartentechnisch noch irgendwas anderes drankommen kann dies Jahr. Thanos kann einem Justice League nur müde lächelnd auf die Schulter klopfen und lobend notieren, dass man zumindest bemüht war.
Unbedingt im Kino sehen.