So, lasse ich mich hier auch mal aus...
Ich fand das Interview sehr gelungen. Dass es recht Japan-lastig war, störte mich nicht. Es ist ja definitiv ein Bereich, wo Seri sich auskennt und auch auskennen will, so seine Passion mehr als offensichtlich wird. Und ich fand auch, dass das sehr angenehm erzählt bzw. geschrieben ist. Sehr gut zu lesen, klar und präzise.
Also Seri,
... Nachdem ich jetzt schon so viel über Death Note gehört habe und es hier nun seit längerer Zeit wieder auftauchte, habe ich jetzt wirklich mal Lust, mir das zu geben. Aber sich einen Film auszuleihen ist einfacher bzw. bei Nicht-Gefallen günstiger, als eine Manga-Serie durchzugehen. Oder sagst du jetzt, es wäre von Vorteil, die Mangas gelesen zu haben? Eine Anime Serie gibt es nicht, oder? Ich weiß noch, wie ich damals, als es auf MTV lief, in "Gantz" reingeschaut hatte und von den ersten Folgen und diesen bescheuerten Lauch-Menschen eher abgeschreckt war. Gibt's bei "Death Note" irgendwas zu beachten?
Eigentlich bin ich ja nicht unerfahren bei Anime, auch wenn ich eher Filme als Serien geguckt habe. Ich habe auch keine Probleme mit Bizarrheiten oder Extremen, aber manchmal erscheinen mir manche Dinge zu unbegründet absurd und ärgerlich bescheuert, dass die Serie/der Film einen schweren Stand hat, der mit etwas mehr Geduld und/oder einem vorherigen Tipp durchaus erleichtert werden kann. Das gilt eigentlich nicht nur für Anime, passiert dort aber natürlich regelmäßiger.
Hast du dich eigentlich auch mit ein paar anderen etwas älteren japanischen Regisseuren auseinander gesetzt? Zum Beispiel mit Ozu, der jetzt bei der Sight & Sound Sache hoch gehandelt wurde und dessen "Reise nach Tokio" mich sehr begeistert hat. Leute wie Nagisa Oshima, Kenji Mizoguchi oder Masaki Kobayashi, der ja das Original zu Miikes "Hara-kiri" gemacht hat, die ich beide noch sehen wollte. Von Kobayashi habe ich "Kwaidan", ein Film, der aus mehreren Kurzgeschichten zu japanischen Legenden besteht. Und visuell ist der echt wahnsinn, aber auch ziemlich langsam. Ich habe halt viele Namen entdeckt, Regisseure und Filme, aber die Streuung ist so groß, das DVD-Angebot in Deutschland so klein, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Daher: Tipps.
Das deutsche Altersfreigabesystem ist in der Tat ein wenig komisch, auch wenn ich das bei "Die letzten Glühwürmchen" aus der Erinnerung heraus gar nicht so unpassend finde. Wobei ich durchaus gerne glaube, dass man da gnädiger war, weil "ist ja Zeichentrick, also nicht so schlimm." In erster Linie wird physische Gewalt oder direkt dargestellte Sexualität strenger bewertet, als etwas Psychologisches/Emotionales. Und auch dann stehen moralische Einschätzungen über Faktoren wie "Verstörung" oder "Schocks". Das jetzt mit dem Nationalsozialismus zu begründen, finde ich ein wenig weit hergeholt und vielleicht auch zu simpel. Und wenn dann liegt es eher am generellen Einfluss der Zeit auf die Bevölkerung und die Generationen danach, nicht am vorherigen Missbrauch des Mediums Film. Wobei ich natürlich auch nicht genau sagen, woher die moralische Grundeinstellung der deutschen Gesellschaft kommt, wo sie ihre Wurzeln hat. Einen gewissen Einfluss sollte man der NS-Zeit da dann wohl doch zusprechen. Dass Deutschland allerdings rabiater zur Sache geht, was Zensur, Verbote, Beschlagnahmungen etc. betrifft, als die meisten westlichen Kollegen, hat aber sicherlich weitere und komplexere Gründe.
Konservative Traditionen und der Einfluss der Kirche haben sich in Deutschland länger gehalten, während in Frankreich früher, länger und lauter revoltiert wurde. Es hat auch was mit dem Kunstverständnis zu tun. Deutsche Intellektuelle und Künstler waren traditionell eher in der Literatur zu finden, während das Kino nach dem Einschnitt der NS-Zeit lange Zeit nur zur Unterhaltung, Ablenkung und Aklimatisierung der Bevölkerung genutzt wurde. Das Kino hat in Frankreich einen deutlich höheren Stellenwert und damit ist auch eine Neugierde verbunden, über die nationalen Grenzen hinaus zu suchen. Wenn man sich anschaut, was die Cahiers du Cinema für einen Einfluss hatten, wie sie von Frankreich aus den amerikanischen Genrefilm beeinflusst und verändert haben, wie sie ihren Maßgeblichen Anteil daran hatten, dass Alfred Hitchcock als großer Künstler anerkannt wurde, macht es auch irgendwo Sinn, dass man in Frankreich schneller darin ist, Animeserien ins Land zu holen. Auch weil man dort eine Bevölkerung hat, die dafür offen ist.
Und weiß man schon was zu Evangelion 3.0? Nächstes Jahr in Japan? Irgendwelchen deutschen Termine? Würde mich ja weiterhin interessieren, auch wenn ich den mit Teil 2 eingeschlagenen Weg nicht mehr so wirklich toll finde. Weniger die inhaltlichen Veränderungen haben mich gestört, als diese Neigung, wilde Bilderstürme oder "epische" Momente über eine kohärente und nachvollziehbare Handlung zu stellen. Aber die ersten Fitzel aus 3.0 sahen definitiv reizvoll aus.