Bates Motel S01E02 - Nice Town You Picked, Norma

Clive77

Serial Watcher
Vorweg: Den „Was ist passiert?“ Absatz lasse ich bei dieser Serie in Zukunft weg bzw. verarbeite ihn in den einzelnen Betrachtungen. Und wieder gilt, dass das Geschreibsel hier nicht spoilerfrei ist.

In der Folge “Nice Town You Picked, Norma” der Serie Bates Motel betritt Normans Bruder Dylan die Bühne. Norma und Norman erfahren, dass in der Stadt nicht alles so idyllisch ist, wie es scheint.

Dylan
Schon im Serienauftakt konnte man dem kurzen Telefongespräch zwischen Norma (Vera Farmiga) und ihrem Sohn Dylan (Max Thieriot) entnehmen, dass die beiden sich nicht gerade gut verstehen. Als Dylan nun - ohne Geld, Job und Bleibe - plötzlich vor Muttis Tür steht, hält sich die Freude darüber vor allem bei Norma in Grenzen.
Für den Zuschauer offenbaren sich durch die Interaktion von Norma und Dylan aber weitere Hintergründe der Familienverhältnisse. So ist Dylan z.B. nur der Halbbruder von Norman und bringt seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, wie sie sich bei den einfachen Familienverhältnissen das Motel leisten konnte. Auch Normas letzte Ehe, von der der Zuschauer nichts zu sehen bekam, dürfte - abgesehen von Muttersöhnchen Norman (Freddie Highmore) - kein Traum für Norma gewesen sein. Dylan geht so weit, dass er den Tod von Normans Vater als Normas Werk andeutet - vor dem Hintergrund, wie Norma im Auftakt der Pilotfolge reagiert hat, kann da in der Tat was Wahres dran sein.
Als Norman im Display von Dylans Handy einen Anruf von „The Whore“ sichtet und sich seine Mutter als Anruferin entpuppt, kommt es zu einer ersten heftigen Auseinandersetzung zwischen Dylan und Norman. Normans Ambitionen, selbst als Mörder aktiv zu werden, werden dabei erstmalig vorgeführt (Küchengeräte sind doch was Feines).

Emma
Im Serienauftakt nur kurz dabei, nimmt Emma Decody (Olivia Cooke) nun eine größere Rolle in Normans neuem Umfeld ein. Ein Schulprojekt führt das „Mädchen mit der Gasflasche“ und den Siebzehnjährigen zusammen, wobei Emma dort die Initiative übernimmt. Sie lädt sich auch selbst in Normans neues Heim ein und lernt bei ihrem ersten Besuch die ganze Familie kennen. Von Norma wird sie gleich in die Zange genommen und ausgefragt. Während einige der Fragen noch auf reine Neugier geschoben werden können und gleichzeitig dem Zuschauer mehr Informationen über Emma geben, dürfte die Frage nach ihrer Lebenserwartung etwas sein, wo sich dem Zuseher ein Knoten im Magen bildet - so etwas fragt man schließlich nicht. Emma lässt das Verhör aber scheinbar gelassen über sich ergehen und darf schließlich mit Norman auf sein Zimmer gehen.
Dort findet sie das Büchlein aus der Pilotfolge und startet damit einen neuen Handlungsstrang. Schon im Abschluss der letzten Folge wurde angedeutet, dass die Darstellungen im Buch auf wahren Begebenheiten beruhen und Emma findet heraus, dass einige der gemalten Orte im Buch in der Umgebung der Stadt zu finden sind. Zusammen mit Norman geht sie auf Erkundungstour und die beiden treffen auf eine Hütte, die von bewaffneten Männern bewacht wird. Nur knapp können die beiden entkommen.
Emma fungiert somit nicht nur als love interest für Norman, sondern auch als Detektivin, die den Geheimnissen hinter dem Buch auf die Schliche kommen möchte. Und die Ereignisse im Buch deuten schon an, dass nicht nur die Bates mit der Ermordung von Keith Summers Dreck am Stecken haben. In Wirklichkeit ist alles viel viel schlimmer...

In einer kleinen Stadt
In einem Nachtclub trifft Dylan auf einen Fremden (Terry Chen), mit dem er gleich ins Gespräch kommt und prompt bei dessen Chef (Vincent Gale) vorstellig werden darf. Zwielichtige Geschäfte scheinen hier getätigt zu werden, wenn schon die Anforderungen daraus bestehen, dass man mit einer Waffe umgehen können muss.
Auch die Eröffnung der zweiten Folge deutet darauf hin, dass es in der Umgebung des Motels alles andere als ruhig zu geht. Bradleys (Nicola Peltz) Vater steuert seinen Wagen von der Fahrbahn als Norman und seine Freundinnen an der Bushaltestelle warten und wird mit schweren Verbrennungen am Steuer vorgefunden. Norma erfährt bei einem Stadtfest von Deputy Shelby (Mike Vogel), dass die scheinbar einfachen Einwohner über mehr Geld verfügen als ihre jeweiligen Tätigkeiten vermuten lassen und es in der Stadt nach dem Motto „Auge um Auge“ zu geht, was am Ende der Folge in Form eines aufsehenerregenden Ereignisses bestätigt wird.
Sheriff Romero (Nestor Carbonell) verbindet außerdem eine Freundschaft mit dem „verschwundenen“ Keith Summers und als dessen Auto in Nähe des Motels aufgefunden wird, reagiert er etwas zu aufdringlich gegenüber Norma als dass man das als bloße Nachforschungen beurteilen würde. Noch kann er der neuen Motelbesitzerin, die durchaus glaubwürdige Ausreden parat hat, nichts nachweisen. Aber er wird die Sache auch nicht so einfach zu den Akten legen.
Der letzte Punkt wären die bewaffneten Männer, auf die Norman und Emma gestoßen sind: Falls die Ereignisse im Buch durchweg Tatsachen sind, ist die Entsorgung von Keith Summers Leiche noch das kleinste Übel in der Umgebung des Bates Motel.

Vergangenheit oder Gegenwart?
Das ist die Frage, die man sich als Zuschauer immer wieder stellt. Seit dem ersten Auftreten eines Mobiltelefons ist eigentlich klar, dass die Serie nicht in den Fünfzigern spielt. Der Auftritt mancher Figuren, wie z.B. Dylan, der gut aus einer der vielen Serien à la 90210 stammen könnte, ist eindeutig gegenwartsorientiert. Als Gegensatz dazu ist Norman oft als Kind der 50er Jahre verkleidet. Auch in der Stadt wird dieser Gegensatz verwendet und als Zuschauer wird man das Gefühl nicht los, sich in einer Verschmelzung beider Zeiten zu befinden.
Es wäre vielleicht besser gewesen, die ganze Handlung konsequent in der Vergangenheit zu lassen. Die Anspielungen auf die Zeit in der Vorlage sind zwar nett gemeint, aber passen nicht so recht ins Bild und beißen sich stellenweise sogar derart mit der Gegenwart, dass der Zuschauer aus dem Geschehen gerissen wird.
Auch wird mit dieser Episode nun klar, dass die Stadt in Motelnähe weit mehr unter ihrer harmlosen Oberfläche verbirgt als zunächst angenommen. Kriminalität in allen Formen kommt zum Vorschein, was die Handhabung vom Fall „Keith Summers“ durch Norma und Norman fast wie eine Bagatelle aussehen lässt. Soll am Ende damit die Entwicklung des siebzehnjährigen Norman zum erwachsenen Norman Bates aus „Psycho“ erklärt werden?

Fazit: Die zweite Folge bringt eine Menge Potential für spannende Geschichten um das Motel und die anliegende Stadt mit sich. Wäre die Serie nicht unmittelbar mit „Psycho“ verbunden und würde diese Tatsache immer wieder betonen, hätten die Autoren ein ziemliches gutes Werk am Start. Es finden sich jedenfalls einige Erklärungen für zuvor bemängelte Holprigkeiten in der Handlung des Piloten. Hier wirkt alles runder und in sich konsistent, abgesehen vom bizarren Mix aus 50er Jahre und Gegenwart. Somit findet eine kleine Steigerung zur Vorwoche statt und verspricht eine spannende und unterhaltsame Serie.

6,5/10 Kriminelle Einwohner
 

Clive77

Serial Watcher
Thanks!

Bei der Ankündigung von "Bates Motel" dachte ich erst schon :headbash: - aber nach dieser Folge steht fest, dass ich dran bleibe und die Serie losgelöster von den Psycho-Filmen betrachte. Scheint ja doch sehr eigenständig zu sein und mit den Darstellern hat man eine sehr gute Wahl getroffen. Wenn jetzt noch die angefangenen Handlungsstränge gut weitergeführt werden bin ich sehr zufrieden.
 

Woodstock

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Ich habe doch noch reingeguckt, wahrscheinlich wegen Clive, aber ich bin mehr oder weniger durchgesprungen.

Dylan, also der Bruder wurde meiner Meinung nach viel zu früh eingeführt. Der Handlungsstrang mit Emma ist interessant, eine Figur mit Stärken und offensichtlichen Schwächen aber doch sympathisch. Das Konzept funtioniert gut, nur versaut die Serie alles um sie und Norman konsequent. Erst das Buch, welches eine total abstruse Geschichte entwickelt, nur um sie kurz daraufhin in eine noch viel abstrusere zu verwickeln. Das Mädel kriegt kaum Luft bei der Wanderung aber rennt trotzdem Hals über Kopf in ein Drittel der Zeit zurück und fährt los? Das ist nicht sehr glaubwürdig.

Leider fand ich mal wieder alles was die Mutter betrifft mehr als langweilig.

Was die Zeit angeht. Die Serie spielt heutzutage, Norman lebt aber zwei Leben. Eines in der Schule, in der Stadt und mit Emma und diese spielt in der heutigen Welt und eines mit der Familie im Hotel, welches mit dem Stilmittel des Rustikalen und Bizarren präsentiert wird. Norman trägt aber immer die "alte" Kleidung, um zu zeigen das er im Prinzip ein Teil dieser Welt ist und er in der normalen nur Besucher ist. Fraglich ist, für welche er sich schlußendlich entscheidet. Ich fände es interessant wenn sie sich vollends von Psycho lösen und er es schafft trotz der Vorlage sich von der Mutter zu befreien.

Ich warte ab jetzt wie sich die Serie entwickelt und wie die Bewertungen hier sind und schalte möglicherweise noch mal ein.
 

Clive77

Serial Watcher
Ich weiß nicht, Dylan hatte sich ja in der ersten Folge schon angekündigt. Dass er nun auf der Matte steht, erfüllt gleich zwei Funktionen: 1) Er ist das charakterliche Gegenteil von Norman und damit der Unruhepol im neuen Haus. 2) Durch ihn bekommt man eine Erklärung für die komische Eröffnung im Auftakt. Er deutet ja schon an, dass Norma wahrscheinlich nicht unschuldig am Tod ihres letzten Mannes ist und die Bezeichnung "The Whore" wirft auch ein anderes Licht auf die Mutter (die in der Folge wohl Interesse am Deputy hat).

"Abstrus" trifft wohl auf die ganze Stadt zu. Hatte man im Piloten noch den Verdacht, dass es eher eine ruhige Kleinstadt ist, scheint es sich nun um eine Hochburg der Kriminalität zu handeln. Nicht unbedingt sehr glaubwürdig, aber schon mal ein Erklärungsansatz dafür, weshalb das zukünftige Verschwinden von Kunden des Bates Motels nicht sehr auffällig sein wird.

Die Flucht von Emma und Norman hat mich auch etwas gestört, verglichen mit der Vorfolge aber eher ein kleiner Schnitzer, den ich verkraften kann. Was das Buch angeht, hatte ich erst schon Befürchtungen, dass es als "Anleitung für Serienkiller" gedacht wäre, aber das ist zum Glück nicht passiert.

Was Norma angeht, hmm, langweilig ist da irgendwie das falsche Wort. Ich würde sie eher als "auf faszinierende Weise abstoßend" beschreiben. Und je nachdem, welches Tempo jetzt vorgelegt wird (an sich passierte bis jetzt immer viel in den Folgen, vielleicht etwas zuviel), dürfte es früher oder später darauf hinauslaufen, dass sie Dylan "beseitigt".
 

Clive77

Serial Watcher
Ja, das wäre die zweite Möglichkeit. Kommt bestimmt drauf an, bei wem sich Dylan mit der Zeit unbeliebter macht.
Norman hätte diese Folge ja schon fast tödlich zugeschlagen. Norma wird aber von Dylan erpresst und ich würde es ihr zutrauen, dass - falls sie ihn beseitigt - es wie ein Unfall aussieht (wie bei ihrem Mann).
Mal schauen, möglich wären sicher beide Varianten.
 

Schneebauer

Targaryen
Hm, die 2. Episode war zwar klar besser als der Pilot, aber noch nicht der ganz große Wurf. Dylan passt super ins "Familienbild". Offen, direkt und nicht so konservativ wie der Rest aus dem Kaff. Mir gefällts auch wenn man mehrere Handlungsstränge andeutet und langsam aufbaut. Solange man dieses arg gewollt mysteriöse nicht die ganze Staffel durchzieht, sagt mir das zu. Hoffentlich wird das nicht zu zwanghaft. Gespannt bin ich auch, was die mit Bradley anstellen. Hals über Kopf in den neuen verschossen? Aber doch irgendwie den Macker/Sportler-Freund?

Ich kenne die Vorlage nicht wirklich, von daher ist mir die Treue dazu herzlich egal. Meine Spekulationen sind daher ungebunden. :smile: Einige Szenarien die ich mir denken könnte gefallen mir, einige überhaupt nicht. Abwarten.
 

Clive77

Serial Watcher
Ist schon ziemlich witzig, wenn man sich jetzt (auf aktuellem Stand) noch einmal die Texte und Kommentare durchliest.

@Schneebauer: Soweit ich mich entsinne, hatte mich die Serie mit der vierten Folge endgültig an der Angel. Und die zweite Staffelhälfte hat mir sehr gut gefallen und zum Ende hin sehr viel Spannung aufgebaut. Manchmal würde man sich vielleicht etwas weniger Tempo bei den einzelnen Handlungsstränge wünschen - andererseits steht man so nicht auf der Stelle bzw. fühlt sich nichts unnötig gestreckt an.
 
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