Bates Motel S01E06 - The Truth

Clive77

Serial Watcher
In der Folge „The Truth“ der US-Serie Bates Motel müssen die Protagonisten mit den Vorfällen der letzten Episode fertig werden und beschließen, was als nächstes zu tun ist. Titelgebend ist eine Wahrheit, die erst einmal verdaut werden muss.

Dylans Beförderung
Als Zuschauer war man doch ziemlich geschockt über den Abtritt von Ethan (Terry Chen) in „Ocean View“, der den Schuss in den Hals nicht überlebt hat. Ebenso schockierend war Dylans (Max Thieriot) Vergeltungsaktion als er den Mörder von Ethan rücksichtslos über den Haufen fuhr. Sämtliche Ereignisse gesteht Dylan diese Woche - sichtlich mitgenommen - seinem Boss Gil (Vincent Gale), der sich zufrieden mit der vorschnellen Racheaktion zeigt. Es hat den Anschein, Dylan hat richtig reagiert und verstanden wie die Geschäfte in White Pine Bay laufen. Er bekommt genau erklärt, wo und wie er den Wagen von Ethan entsorgen soll, um die Beweise für seine Aktion aus der Welt zu schaffen. Dabei lernt er einen weiteren Mitarbeiter von Gil kennen: Remo (Ian Tracey).
Remo scheint etwas neidisch auf Dylan zu sein, der mit seinen 21 Jahren bereits jetzt den Status von Remo erreicht hat, der seit 23 Jahren im schmutzigen Geschäft tätig ist. Um die neue Bekanntschaft abzuschätzen, versucht sich Dylan im Small Talk, aber ohne großen Erfolg. Remo stellt auch gleich klar, dass Dylan nun keineswegs für ihn arbeitet, sondern für „sich selbst“. Was genau das bedeutet, ist schwer abzuschätzen. Gil dürfte immer noch der Boss sein und man muss abwarten, welchen Aufgaben Dylan nun nachgehen muss oder wird. Bezahlt wird er zumindest noch (und die Finanzspritze von Ethan braucht er wohl auch nicht zurück zahlen) und sein Problem aus der Vorfolge wurde prompt aus der Welt geschafft.

Was tun?
Der Cliffhanger aus der letzten Episode zeigte, wie das asiatische Mädchen Jiao (Diana Bang) unmissverständlich Zack Shelby (Mike Vogel) als ihren Peiniger gegenüber Norma (Vera Farmiga) identifiziert. Aber wie den Vorfall der Polizei oder gar dem FBI melden, ohne selbst von Zack, der immer noch den Werkzeuggürtel von Keith Summers besitzt, des Mordes beschuldigt zu werden? Für Norma und Norman (Freddie Highmore) ist die Lage verzwickt, zumal Emma (Olivia Cooke) ebenfalls mittendrin steckt und darauf pocht, die Sache zu melden.
Mutter und Sohn beschließen nach dramatischem hin und her, die Sache auf Morgen zu vertagen und wimmeln Emma vorerst mit der Ausrede ab, dass Jiao sich erstmal ausruhen sollte. Die Umarmung von Emma und Norma zum Abschied ist dabei ein wichtiger Moment für beide Figuren. Emma fehlt - wie wir erfahren - die eigene Mutter und Norma hat sich von der mitfühlenden Seite gezeigt, sowohl für Jiao als auch für Emma. Norma scheint unterdessen Emma als passende Kandidatin für Norman zu sehen. Ihr Mitgefühl wirkt echt, vor allem als sie sagt, dass sie sich eine Tochter wie Emma wünschen würde. Doch sollten wir nicht vergessen, wie gut Norma anderen etwas vorspielen kann und dass sie sich bei der ersten Begegnung der beiden gleich nach Emmas Lebenserwartung erkundigt hat. Emma ist für diese Folge auf jeden Fall damit aus dem Spiel. Vorerst.

Der Werkzeuggürtel
Mutter und Sohn sind ratlos. Norman ist sich sicher, dass Zack den inkriminierenden Werkzeuggürtel nicht im Haus hat - dabei hat er in besagter Folge wohl kaum das ganze Haus des Deputys untersucht. Dylan hat dafür die Lösung parat, die dem Zuschauer an der Stelle auch bereits klar sein dürfte: Wenn der Gürtel nicht im Haus von Zack ist, dann muss er auf dem Boot sein, wo Emma und Norman das Mädchen gefunden haben. Die Brüder machen sich auf den Weg, finden den Gürtel und entsorgen ihn im Meer. Ganz nebenbei erzählt Dylan, dass er bereits einen Strandbungalow erworben hat und drängt darauf, dass Norman bei ihm einzieht, um Abstand von Norma zu gewinnen. Dabei äußert er seinen bestimmten Verdacht, dass der Unfall von Normans Vater Sam (David Cubitt) kein Unfall war sondern das Werk von Norma. Seine Meinung über Normans Eltern steht jedenfalls fest: „He was a bastard and she is insane. [...] Stick with me, kid.“
Aber ist es wirklich besser für Norman, bei seinem Bruder einzuziehen? Bis zu dieser Stelle wurde Norma immer als diejenige wahrgenommen, die sich „verrückt“ verhält. Sie wirft Norman stets Schuldgefühle entgegen, versucht ihn von der Außenwelt zu isolieren, ihn immer in ihrer Nähe zu haben - zum großen „Warum“ kommen wir gleich noch. Aber wie sieht es mit dem „vernünftigen“ Dylan aus? Er steckt mitten in den kriminellen Machenschaften der Stadt drin und ist spätestens seit letzter Folge auch ein Mörder. Sicher, Norman gegenüber ist er wie ein großer Bruder und (bisher) sehr nachsichtig und wohlwollend gewesen. Aber wie lange wird das anhalten?
Egal, wofür Norman sich am Ende entscheidet - und das bleibt weiterhin offen - zu diesem Moment dürfte keine der beiden Wahlmöglichkeiten optimal sein.

Zack Shelby
Während Dylan und Norman nach dem Gürtel suchen, bekommt Norma unerwarteten Besuch vom Deputy, der zwar letzte Folge noch der Meinung war, die beiden sollten sich eine Zeit lang nicht sehen, aber nun offensichtlich auf ein Schäferstündchen aus ist. Es ist ein wahres Vergnügen, dabei zu zusehen, wie Norma sich mit ihren Ausreden immer weiter in die (von den Drehbuchschreibern vorgesehene und leider vorhersehbare) Bredouille begibt und sich schließlich mit Zack in einem der Motelzimmer wieder findet.
Erwartungsgemäß nimmt Zack Geräusche wahr - in diesem Fall ist es die Wasserleitung, denn Jiao hat beschlossen, eine Dusche zu nehmen - und sucht nach dem Ursprung der Laute, wobei er Blutspuren an Tür Nr. 11 bemerkt (hätte Norma die nicht im Laufe des Tages beseitigen können?). Ab hier überschlagen sich die Ereignisse. Jiao rennt davon und Zack jagt ihr nach. Kurz darauf kommen Dylan und Norman zurück und noch ehe Norma irgendwas über ihren unerwarteten Besuch erzählen kann, sorgt Dylans Anweisung an Norman, seine Sachen zu packen, für Diskussionsstoff in der Familie, die sich eigentlich sofort aus dem Staub machen müsste. Es kommt, wie es kommen muss und der Deputy (der Jiao scheinbar nicht gefunden hat) ist plötzlich zurück. Er weiß überraschenderweise über Dylans neuen Job bescheid, nimmt dessen Waffe an sich und drängt alle ins Haus, um die Angelegenheit „auszudiskutieren“.
Als Zack im Haus schließlich handgreiflich wird und auf Norma einschlägt, gehen bei Norman die Sicherungen durch und er geht auf Zack los. Der verliert im Handgemenge seine Waffe und schleudert Norman zur Seite, der - mit dem Gesicht gebremst - das Bewusstsein verliert. Dylan gelingt es, die Waffe an sich zu nehmen und es kommt zur Schießerei. Einige gekonnte Actionszenen zeigen sich dem Zuschauer an dieser Stelle, inklusive gegenseitiger Schussverletzungen, eines leeren Magazins und dem spannenden Ausgang des Kampfes. Währenddessen schleift Norma den bewusstlosen Norman vor die Tür und ruft die Polizei an. Im Auto bemerkt sie, dass sie ihre Wagenschlüssel nicht bei sich hat. Plötzlich endet der Kampf im Haus mit drei lauten Schüssen und einer vielsagenden Stille: Der Sieger steht fest. Dabei lässt die Serie es sich nicht nehmen, ein weiteres Klischee zu nutzen und den tödlich verletzten Zack zuerst aus dem Haus torkeln zu lassen - nur um dann vorm Auto zusammenzubrechen.

Die Wahrheit
Da die Polizei bereits auf dem Weg ist, beschließt Dylan, dass es an der Zeit ist, den Gesetzeshütern die ganze Geschichte von Anfang an zu erzählen - inklusive Keith Summers, Zack’s Hobbykeller und der gerade erfolgten Auseinandersetzung. Reinen Tisch machen, keine Lügen, keine Geschichten mehr. Was Norma daraufhin enthüllt, kann durchaus als „Gamechanger“ gewertet werden: Es war nicht sie, die ihren Mann Sam umgebracht hat, sondern Norman. Er hat gesehen, wie Sam gegenüber seiner Mutter handgreiflich wurde, sich den Mixer geschnappt und seinem alten Herrn damit so sehr auf die Runkel gehauen, dass der sich nun die Radieschen von unten ansehen darf. Der Knüller dabei: Norman kann sich an die Tat nicht erinnern. Wann immer jemand gegen Norma handgreiflich wird, brennt eine Sicherung durch und er schreitet ein, wie auch in dieser Folge. Dabei nimmt er - wie nun im Auto - einen apathischen Gesichtsausdruck an und die Ereignisse werden auf wundersame Weise aus seinem Gedächtnis gelöscht. Norma hat damals lediglich die Leiche von Sam unter dem Regal begraben, um es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Sie musste aber begreifen, dass sich Norman an den Mord an seinem Vater nicht mehr erinnern konnte.
Diese Erklärung lässt Normas bisheriges Verhalten in einem gänzlich anderen Licht dastehen: Sie war im Piloten nicht überrascht, ihren Mann tot unter dem Regal vorzufinden - sie wusste ja bereits, was passiert war. Ihr Versuch, Norman von der Außenwelt zu isolieren, hat keine egoistischen Gründe. Sie will ihn nach Möglichkeit immer im Auge behalten, um ihn zu schützen - vor allem vor dem, was er in seinem „Zustand“ machen könnte. Was Norma in den bisherigen Folgen gegenüber Norman als „verrückt“ hat wirken lassen, ergibt plötzlich Sinn und kann als das bezeichnet werden, was eine gute Mutter durchaus machen würde. Abgesehen vielleicht davon, dass man den Sohnemann zu einem Arzt bringen würde.

...to be continued...
 

Clive77

Serial Watcher
Was bedeutet diese Wahrheit für die Serie?
Wer als Zuschauer erwartet hatte, eine Erklärung für Normans Wandlung vom normalen Jungen zum bekannten Psychopathen aus den Filmen zu bekommen, geht leider leer aus. Der Junge hat schon vor der Serie einen Knacks weg gehabt. Das ist irgendwie schade, denn so eine Entwicklung nach und nach umzusetzen dürfte einer der Gründe gewesen sein, weshalb viele Zuschauer Woche für Woche dabei sind.
Andererseits könnte man sich vor diesem Hintergrund alle bisherigen Folgen erneut ansehen und Normas Verhalten mit den neuen Informationen begutachten. Dieser Twist ist den Autoren gelungen, denn vorhersehbar war diese Wahrheit wohl kaum. Und so ganz sicher kann man sich auch nicht sein, dass nicht doch noch einige Erklärungen und Wandlungen in Bezug auf Norman kommen. Noch ist er die meiste Zeit lang der nette Junge und es gibt nur gelegentlich Aussetzer.
Eine Frage, die an dieser Stelle berechtigt sein dürfte: Was hatte es nun mit dem eingebildeten Gespräch mit Norma auf sich? Daran kann sich Norman noch erinnern. Gibt es somit Aussetzer mit und ohne Gedächtnisverlust?

Fazit: Rasante Entwicklungen und eine große Überraschung am Ende lassen die Folge zu keiner Zeit langweilig werden. Dabei gibt es aber durchaus Holprigkeiten und Klischees, die ein klein wenig auf die Laune drücken. Ob die erfahrene Wahrheit über Norman nun als gut oder schlecht empfunden wurde, eines bleibt sicher: Von jetzt an wird man die Familie Bates mit anderen Augen sehen.

8/10 apathische Blicke
 

Paddywise

The last man
na ja ich hab diese Wahrheit schon recht früh erahnt durch die Blackouts.

Ist aber auch besser so das man das recht früh erfährt. Und ob es die Endgültige Wahrheit ist muss auch nicht gesagt sein.

DIe Serie ist für mich das neue Twin Peaks. Und lebt davon das jeder Dreck am stecken und seine Geheimnisse hat.
 

Clive77

Serial Watcher
@Paddy:
Echt? Hut ab, ich hab' das nicht kommen sehen. Bei mir war Norma von Anfang an die Verdächtige, hauptsächlich weil sie Keith Summers abgestochen hat. Hätte mir das bei ihrem Mann ähnlich vorgestellt...

Zum Thema Twin Peaks: Carlton Cuse und sein Team haben mittlerweile zugegeben, dass sie sich stärker an Twin Peaks orientieren als an Psycho. Klick.
 

Paddywise

The last man
Jap ehrlich. Das ist eben der Nachteil wenn man zu viele Serien gesehen hat. Bissi kombiniert man dann eben.
 
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