Vom Winde verweht

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Vom Winde verweht (Gone with the Wind, 1939)
Regie: Victor Fleming
mit: Vivian Leigh, Clark Gable, Leslie Howard, Olivia de Havilland

Story: Die egozentrische Scarlett O'Hara (Leigh) verliebt sich während des amerikanischen Bürgerkrieges in einen Mann, den sie niemals kriegen kann. Die Kriegszeit überstehend, verfällt sie widerwillig dem Playboy Rhett Butler (Gable)...

Vom Trailer verweht

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Fast vier Stunden lange tragisch-romantische Bürgerkriegsschmonzette. Kitschig? Nicht wirklich, denn obwohl die Lovestory der beiden Figuren essentieller Bestandteil der Handlung ist, geht es doch viel mehr um die widerspenstige Scarlett, die ihr schwieriges Schicksal zu überstehen versucht. Ich hatte den schon mal mehrfach angefangen zu sehen, aber noch nie durchgezogen - jetzt aber. Leigh ist in den meisten Einstellungen des Films zu sehen und ist ein Pferd von Präsenz, nicht äußerlich, aber vom Eindruck her. Sie stampft, zetert, weint und stürzt mitreißend durch ihre große Geschichte ihres krampfhaften Festhaltens an der Familienbehausung. Bei Gable muss man unweigerlich an Roger Moore denken, der die verschmitzte Chauvi-Gentleman-Nummer Rhett Butlers fast identisch für seine Bond-Inkarnation übernommen haben könnte. Gable spielt ebenfalls sensationell, und bei beiden Figuren ist es interessant zu merken, wie Sympathien aufkommen oder aber auch wieder verschwinden, jenachdem, was sie tun oder wozu sie werden.

Große Bilder und Score, tolle Kulissen (umwerfend sind die Aufnahmen vor rotem Abendhimmel, die Spielberg in seinem War Horse nachahmt), eine nicht leicht zu durchschauende Story und ein grandioses Ende machen Vom Winde verweht zu einem Film, der seine Laufzeit und seinen Titel als Monumentalfilm unbeschwert rechtfertigt. Wer abgeschreckt sei mag, dass es ein reiner Frauenfilm ist - nope. Es ist zu allererst ein Historiendrama, das mal nicht von der Zivilkriegs-Front, sondern von den Zurückgebliebenen und den Folgeschicksalen nach Kriegsende berichtet.

Negativ können heute die alten moralischen Wertvorstellungen auffallen, die der Film hat, aber nicht immer als negativ erscheinen lässt; sowohl die Inszenierung der Sklaven-als auch die Männerhandhabe gegenüber Frauen (a la "jetzt hab dich nicht so") sind mit heutigen Augen vermutlich ungemütlich zu sehen. Dazu sind einige der Rückprojektionsaufnahmen arg trashig, wenn die Bildauflösung zu gut ist. Aber hey, der Film ist von der Beginnzeit des Zweiten Weltkriegs und die HD Qualität kann richtig was.

9/10
 

Sesqua

Lebt noch
Ernsthaft 4 Stunden?

Ich wollt ihn mir auch mal ansehen aber die laufzeit schreckt mich schon ab.

Perl Habor fand ich schon sehr lang gezogen und wegen der Länge nur einmal gesehen.
Casanova BBC war auch über 3 Stunden aber das merkt man ihm nicht an.
Das Kammerspiel von Hamlet ist auch über 2 Stunden lang. Aber wegen dem alt englisch nur bis dato 1 Stunde davon gesehen.

Wenn du jetzt vom Winde hier dazwischen einordnen müsstest. Wohin würdest du es packen Jay?

Will mir nicht die Geschichte/Handlung durchlesen wegen spoiler :wink:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Pearl Harbor ist natürlich kurzweiliger, und im Vergleich zu Casanova und Hamlet ist VWV kein Kammerspiel, und sprachlich auch einfacher. Man befindet sich fast nur auf dem Anwesen, aber es ist riesig und ein ganz anderes Set als viktorianische Buden. Visuell macht der schon weit mehr her, soll das heißen. Dazwischen gibt es Szenen mit unzähligen Extras, Kampfszenen etc. Es ist also nicht nur Vivian Leigh, wie sie in Kleidern herumstakst, sich das Taschentuch an die Stirn hält und von Liebe säuselt, auch wenn das der popkulturelle Durchschnittseindruck zum Film sein mag. Das ist nicht Jane Austen.

Der Film ist in 2 Teile aufgeteilt (es gibt eine platzierte Intermission zwischendrin), du kannst also auch aufgelockert häppchenweise erst die eine, dann an einem anderen Abend die andere Hälfte schauen. Dafür solltest du aber generell Filme wie Gods and Generals oder Die vier Federn mögen und nicht gerade auf Kurzweil aus sein.
 

Mr.Anderson

Kleriker
Ach so? Wenn einem Filme wie Gods and Generals gefallen, dann kann man sich den tatsächlich ansehen? Dann sollte ich das vielleicht auch endlich mal nachholen. Das ist nämlich einer von einer Handvoll Klassikern an die ich mich bis heute nicht ran getraut habe. Citizen Kane ist auch so ein Beispiel...
 

Sesqua

Lebt noch
Die vier Federn hab ich gesehen. God s and Generals sagt mir nix.

Ich hab ja nix gegen Romance wenn der Film auch dafür ausgelegt ist und nicht irgendwie gekünztelt ist.
Legenden der Leidenschaft hab ich auch gesehen. Aber der is auch wesentlich kürzer :wink:
Die beste geschriebene Liebesstory finde ich aber in der Serie Farscape wieder.
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Vom Winde verweht fand ich auch ganz in Ordnung. Clarke Gable war toll. Und Vivian Leigh hat ja wohl die Frauenlogik in Person gespielt (das eine Sagen, das andere meinen) :ugly: Hoffentlich gibt's jetzt nicht haue. :biggrin:

Wenn Jay jetzt sagt, dass einem VWV gefallen kann, wenn man Die 4 Federn und Gods and Generels mochte, muss ich - der ich VWV ganz ordentlich fand - die beiden im Umkehrschluss ja auch noch auf meine to watch Liste setzen.
 
B

Bader

Guest
@Sesqua: Ich finde es irgendwie ironisch... Serienmarathon schaffen, aber keine 4 Stunden eines Spielfilmes? :biggrin:

Ansonsten muss ich endlich mal an den Film ranwagen... schon allein wegen der Filmgeschichte muss der gesehen werden und bisher waren alle echte Klassiker die ich sah auch als Klassiker berechtigt. Hat scho seinen Grund wieso der Film wegweisend war.
 

Joel.Barish

dank AF
Jay schrieb:
Es ist also nicht nur Vivian Leigh, wie sie in Kleidern herumstakst, sich das Taschentuch an die Stirn hält und von Liebe säuselt, auch wenn das der popkulturelle Durchschnittseindruck zum Film sein mag. Das ist nicht Jane Austen.
Ich glaube, du brauchst ein wenig Jane Austen Nachhilfe, Kollege. :nene:

"Vom Winde verweht" ist schon ne ziemlich melodramatische Schmonzette und daher nur bedingt Fans von "Gods and Generals" zu empfehlen, aber ein toller Film ist es dennoch. Allein als überlebensgroßer Schmachtfetzen, mit großartigen Bildern. Angesichts von vier verschiedenen Regisseuren und David O. Selzniks gewohnt rigoroser Herangehensweise als Produzent ist es eigentlich ein Wunder, dass der Film so geworden ist. Um mich über die Darstellung und Behandlung von Sklaven, Frauen und Playboys auszulassen, müsste ich den Film aber nochmal sehen. Ist ne ganze Weile her. Dabei läuft der doch einmal im jahr mindestens auf Kabel 1 (oder so), wo er um eine Stunde Werbung erweitert wird. :wacko:
 

narn5

Elwood Blues
Eigentlich absolut nicht mein Genre, aber ich mag den Film. Den würde ich tatsächlich mal im Kino sehen wollen. Die Bilder sind einfach für die große leinwand gemacht!
Die Farben! und die Musik. Alleine der Feuersturm. Toll
Ach ja, muss ihn mir wohl mal wieder geben!

8/10
 

Mr.Anderson

Kleriker
Manny schrieb:
Wenn Jay jetzt sagt, dass einem VWV gefallen kann, wenn man Die 4 Federn und Gods and Generels mochte, muss ich - der ich VWV ganz ordentlich fand - die beiden im Umkehrschluss ja auch noch auf meine to watch Liste setzen.

Wenn du Gods and Generals anschauen möchtest, dann bitte auch Gettysburg (1993) auf die Liste setzen, falls du den noch nicht gesehen hast. Gods and Generals ist das zehn Jahre später produzierte Prequel zu Gettysburg. Schade dass die geplante Trilogie bis heute nicht beendet wurde. Allerdings ist Gods and Generals jetzt auch gerade zehn Jahre alt, also der richtige Zeitpunkt um endlich den letzten Teil "Last Full Measure" zu produzieren.

Edit: Gerade mal ein bisschen nachgeforscht. Der Film soll tatsächlich 2014 u. a. mit Laurence Fishburne und Morgan Freeman in Produktion gehen. Na endlich!
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Mr.Anderson schrieb:
Wenn du Gods and Generals anschauen möchtest, dann bitte auch Gettysburg (1993) auf die Liste setzen, falls du den noch nicht gesehen hast.
Schon längst in meiner Sammlung. :wink: Selten eine dermaßen starke Leistung von Jeff Daniels gesehen.
 

Sesqua

Lebt noch
Ich bin da etwas schräg drauf Bader :squint: ... ich kann mir 10 Stunden am Stück jegliche Serien reinziehen... und schau von GOT bis Renegade :wink: alles mögliche... aber da kann ich selbst entscheiden je nach 45-55min ob ich weiter sehen will oder ob ich zu ner anderen Serie dann switche... wenn ich aber einen Film sehe der 4 Stunden läuft dann muss ich die 4 Stunden am Stück schaun :wink: ... abbrechen geht da nicht.. ich würd dann nicht mehr aufdrehen und später weiter sehen...

Dann kommt noch dazu das ich kein großer Fan von Film.mehrteilern bin...
kein Harry Potter, kein Herr der Ringe oder sonst was kann an das rann reichen was ich an Serien mag...
warum weiß ich auch nicht... hab mich das selber schon oft gefragt.
Ich bin zb begeisteter Marvel Film gucker und Avengers is die Krönung... aber auch hier schau ich mir die 10te wiederholung von Stargate vorher an bevor ich einen Marvel Marathon starte :squint:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Mr.Anderson schrieb:
Citizen Kane ist auch so ein Beispiel...
Mister Anderson. Wenn es einen Citizen Kane gibt den du gesehen haben solltest, dann Citizen Kane. (musst du kennen)

Sesqua schrieb:
God s and Generals sagt mir nix.
Muss er auch nicht, denn so gut ist er auch nicht, s. >

Manny schrieb:
Wenn Jay jetzt sagt, dass einem VWV gefallen kann, wenn man Die 4 Federn und Gods and Generels mochte, muss ich - der ich VWV ganz ordentlich fand - die beiden im Umkehrschluss ja auch noch auf meine to watch Liste setzen.
Oha, bitte nicht falsch verstehen. Gods and Generals und Die 4 Federn sind keineswegs mit Vom Winde verweht auf eine Stufe zu stellen. Ich habe die nur genannt, weil es mit die letzten größeren ähnlichen Filme waren.

Dann besser s. >

Mr.Anderson schrieb:
Wenn du Gods and Generals anschauen möchtest, dann bitte auch Gettysburg (1993) auf die Liste setzen,
Gettysburg schauen. Der ist stark!

Recht bekannt in Sachen Bürgerkrieg ist ja auch die Miniserie Fackeln im Sturm mit Patrick Swayze (nicht zu verwechseln mit dem Titelabklatsch Flammen im Sturm). Ist die empfehlenswert?
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Jay schrieb:
Oha, bitte nicht falsch verstehen. Gods and Generals und Die 4 Federn sind keineswegs mit Vom Winde verweht auf eine Stufe zu stellen. Ich habe die nur genannt, weil es mit die letzten größeren ähnlichen Filme waren.
Tja, zu spät. Habe beide gestern Abend bestellt. :ugly: Und irgendwie ist mir bei Betrachtung des 4 Federn Covers so, als hätte ich den irgendwann schon mal gesehen.....und ich glaube ach für gut befunden. Mal sehen.

Gettyburg hab ich gesehen und in meiner Sammlung. :smile:
 

Mr.Anderson

Kleriker
Jay schrieb:
Gettysburg schauen. Der ist stark!

Recht bekannt in Sachen Bürgerkrieg ist ja auch die Miniserie Fackeln im Sturm mit Patrick Swayze (nicht zu verwechseln mit dem Titelabklatsch Flammen im Sturm). Ist die empfehlenswert?

Echt? Du hast noch nie Fackeln im Sturm gesehen? Bei der Erstaustrahlung damals dachte ich die Serie wäre eher was für Frauen. Bin von einigen Freunden immer wieder belabert worden mir die Serie doch mal anzusehen. Habs dann irgendwann Anfang der 90er mal gemacht und bin seit dem am amerikanischen Sezessionskrieg interessiert. Ich sehe mir die Serie im Schnitt einmal pro Jahr an. Falls du dich mal da ran wagen willst, schau die aber nur die ersten beiden Staffeln an. Die dritte Staffel mit drei Folgen wurde einige Jahre später produziert und fällt in der Qualität schwer ab.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Mr.Anderson schrieb:
Ich sehe mir die Serie im Schnitt einmal pro Jahr an.
Holla, das muss ja was heißen. Werde ich bei Zeiten auf jeden Fall nachholen, wenn du das so empfiehlst.

@Manny
Keine Sorge, wirklich schlecht sind sie nicht. Etwa so gut wie The Alamo mit Dennis Quaid, falls du den kennst.
 

McKenzie

Unchained
Ich hab heut mal eine große Bildungslücke geschlossen, und den hier im Kino geschaut, in 4K und OV.

Ja doch, war recht positiv angetan, zumindest von der ersten Hälfte. Nach der Intermission begann sich die Story zu ziehen, ewige Beziehungsstreits und eine Nebenfigur nach der anderen kratzt ab, aber sonst tut sich nicht mehr übermäßig viel.
Interessant fand ich, dass wir es hier im Grunde mit zwei nicht besonders sympathischen und vor allem menschlich teils durchwachsenen Hauptfiguren zu tun haben, während die Nebencharaktere eigentlich durchwegs einfache, aber klassisch gute Personen sind. Für mich ist das große Problem von Rhetts und Scarletts Beziehung, dass beide Egoisten sind die obendrein immer nach dem trachten, was sie nicht oder nur schwer erreichen können. Dadurch kommt es zwangsläufig zu einem ewigen hin und her. Auch wenn man vor allem Scarlett gerne mal anschreien würde, weil sie so eine egomanische Zicke ist, finde ich es aber eigentlich recht positiv, dass die beiden keine standard-positiven Hollywood-Charaktere sind. Sie durchleben eine langsame Entwicklung innerhalb der Story, ob sie aber tatsächlich bessere Menschen werden, sei dahingestellt.

In technischer Hinsicht fielen mir gleich von Beginn an die vielen großen Kranfahrten auf bzw. generell fast durchwegs bewegte Kamera - Da macht sich bemerkbar, dass Gone with the Wind damals der teuerste Film überhaupt war, denn mit den damaligen Systemen waren derlei Spielereien natürlich nicht so selbstverständlich wie heute. Gefiel mir dementsprechend also gut. Kein Lawrence von Arabien natürlich, aber der hier ist ja auch aus den 30ern, und dafür auf jeden Fall eindrucksvoll.

8/10
 
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