Blau ist eine warme Farbe ~ Cannes Gewinner [Kritik]

Joel.Barish

dank AF
BG-Kritik: Blau ist eine warme Farbe (Joel)

Der Gewinner der diesjährigen Goldenen Palme von Cannes ging in die Geschichte ein. Erstmalig in der Geschichte des renommiertesten Filmfestivals der Welt wurden mit dem Hauptpreis neben dem Regisseur auch die beiden Hauptdarstellerinnen, Adéle Exarchopoulos und Léa Seydoux (Winterdieb, Mission Impossible 4), ausgezeichnet. Das dreistündige (!) Werk des gebürtigen Tunesiers Abdellatif Kechiche wurde von der Presse extrem gefeiert, sorgte aber auch für Kontroversen, insbesondere durch die äußerst freizügigen, angeblich gar pornographischen lesbischen Sex-Szenen. Julie Maroh, die Autorin des Comics, der als Grundlage des Films fungiert, äußerte sich ebenfalls kritisch über die freizügige Darstellung der Sexualität.

"Blue is the warmest color" (oder der weniger interessante Originaltitel: "La vie d'Adèle") handelt von der 15jährigen Adèle, die eines Tages auf die etwas ältere freigeistige Künstlerin Emma trifft, die sie u.a. mit ihren blauen Haaren in ihren Bann zieht. Die Mädchen verlieben sich. Für Adèle ist es die erste große Liebe und eine Beziehung, die den mentalen Weg ebnet vom Mädchen zur erwachsenen Frau.

US-Trailer @YouTube
Französischer Trailer @Allocine [NSFW]

Als Cannes Gewinner ist der Film ohnehin eigentlich Pflicht für mich. Und Léa Seydoux ist eine der, wenn nicht gar die interessanteste Schauspielerin Europas unter 30. Aber die teilweise extrem euphorischen Reaktionen aus Cannes und auch die Kontroverse um die Darstellung der Sex-Szenen und um Kechiches Arbeitsweise, über die sich auch die Darstellerinnen nicht unbedingt nur positiv äußerten, machen diesen Film umso interessanter. Auch wenn es am Ende "nur" eine Liebesgeschichte ist.

Deutschlandstart ist der 19. Dezember 2013!

Der US-Trailer sieht, vielleicht erwartungsgemäß, ein wenig banaler aus, auch wenn Musik von Beach House immer ne schöne Sache ist. Ich glaube, vom Ton her gibt der französische Trailer ein besseres Bild ab.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Der französische Trailer hat aber die schlechtere Musik (hoffentlich kommt "I follow" nur im Trailer und nicht im Film vor), zeigt aber mehr Dialoge als der US-Trailer.
Das Ganze haut mich jetzt nicht aus den Socken, aber bei so einem Film kommt es stark auf die Atmosphäre an und vielleicht wirkt es dann ergreifender als man es in einem Trailer rüberbringen könnte. Im Moment kann ich die Begeisterung der Jury noch nicht nachvollziehen.
Die Besetzung ist zumindest interessant und oft sind die Sexszenen im Film gar nicht so heftig wie es im Vorfeld gemacht wird. Aber umstritten und dadurch aufsehenerregend zu sein, ist natürlich nicht das Schlechteste, was einem Film passieren kann.
 

Dr.WalterJenning

Düsterer Beherrscher
Nee, also tut mir leid aber was ich in Joels Link zum Regisseur und seinem Verhalten gegenüber seinen Darstellerinnen gelesen habe hat mir die Lust am Film genommen und entsetzt mich zutiefst. Der Kerl ist doch geisteskrank. Wer lässt denn bitte seine Darstellerin eine Stunde lang demütigen und von einer anderen Darstellerin mit voller Wucht verprügeln, bis Sie Rotz und Wasser weint und ihn anfleht aufzuhören und fordert danach noch weitere Takes?! Dabei steht die Crew im Raum und brüllt noch "Schlag sie, schlag sie härter..." und der Regisseur, anstatt sie zu trösten oder abzubrechen, fordert die Mimin noch dazu auf, den Rotz der verprügelten Schauspielerin zu schlucken. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, verwendet er von dieser langen Szene gerade mal weniger als 10 Minuten.

Das ist definitiv eine Grenze, die nicht überschritten werden sollte. Film als Kunst hin oder her, kein Schauspieler ect. sollte sich für einen Film und dazu noch gegen seinen Willen verletzen lassen. Es ist mir völlig unbegreiflich, warum die Darstellerinnen nicht umgehend das Set verlassen haben. Vielleicht Naivität?! Der Vorwurf der subtilen Manipulation durch den Regisseur deutet zumindest darauf hin. Wenigstens wollen beide nie wieder mehr mit diesem Mistkerl (an dieser Stelle hätte ich gerne einen anderen Ausdruck benutzt) arbeiten.

Filme sollen unterhalten, bewegen, zum Nachdenken anregen, auch provizieren oder Grenzen überschreiten und Horizonte erweitern aber bitte nicht auf diese Art und Weise.

Dieser "Film" wird von mir boykottiert und dem sogenannten Regisseur, der mit diesem Machwerk sceinbar nur seinem kranken, voyeuristischen Fetisch fröhnen wollte, sollte keine Möglichkeit gegeben werden, jemals wieder an einem Film zu arbeiten.

Edit:

Ich musste den Text merhmals überarbeiten, um nicht ebenfalls ins Niveaulose abzudriften. Nennt mich spießig, engstirnig, kleingeistig oder was weiss ich aber Gewalt, insbesondere gegen Frauen, macht mich rasend.
 

NewLex

Well-Known Member
Hab eien Bericht gelesen, dass ein Regieseur in Frankreich über seine Schauspieler wie Sklaven verfügen kann! In Amerika haben die Schauspieler viel mehr Rechte, auch durch die Gewerkschaften...

Trotz oder vielleicht wegen der krassen Arbeitsbedingungen interessiert mich der Film nun eigentlich noch mehr. Und ich muss auch zugeben dass mich die "explizieten Sexszenen" schon auch in den Film ziehen :whistling:
 

Shins

Well-Known Member
Das Interview ist wirklich... krass. Aber ich weiß nicht, ob der richtige Umgang nun darin besteht, den Film zu boykottieren. Das ist aber eine Frage, die vermutlich die Darstellerinnen selbst nicht beantworten können. Nun soll sich die harte "Arbeit" bzw besser gesagt die Qualen der beiden aber auch gelohnt haben. Der Film scheint gut zu sein. Also, ich werde ihn auf jeden Fall sichten.

Eine Diskussion, wie weit ein Regisseur gehen daff, sollte damit aber auf jeden Fall angestoßen sein. Wie gesagt: Ich bin gerade selbst sehr unschlüssig, was ich davon eigentlich halten soll.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Alfred Hitchock soll auch nicht gerade zimperlich mit den Schauspielerinnen umgegangen sein, aber zumindest hatte er niemanden gezwungen, den Rotz von jemandem abzulecken :wacko: Wobei auch die Frage erlaubt sein sollte, weshalb die Darstellerinnen das mit sich machen ließen. Selbst wenn die Regisseure in Frankreich mehr Macht haben, müsste den Schauspielerinnen doch klar gewesen sein, dass sie nicht alles mitmachen müssen. Was hätte er getan, wenn sie sich einfach geweigert hätten?
 

Joel.Barish

dank AF
Ein Boykott ist doch nur in Extremfällen angebracht. Wann, das darf jeder für sich entscheiden, aber wenn das hier schon ausreicht, wäre ich wirklich erstaunt. Das wäre auch kontraproduktiv. Da schinden sich die Darsteller ein halbes Jahr für einen Film und was ist der Dank? Keine Sau schaut den Film. Habe die Aussagen auch nicht so verstanden, als schämten sie sich für den Film. Vielmehr war es eine Schilderung der Umstände, die aber natürlich für den unbeteiligten Konsumenten eher schädlich sind. Davon sollte man sich lösen. Wir können ja auch gar nicht beurteilen, ob und wie Kechiche über seine Herangehensweise im Vorfeld sprach, bevor sich die Darstellerinnen für die Rollen verpflichteten.

Und ohne Kechiche in Schutz zu nehmen, aber dominante und rüde Regisseure gibt es viele. Hitchcock war berühmt und berüchtig dafür, insbesondere seine Darstellerinnen zu quälen. Die beiden Hitchcock Filme, die jüngst erschienen, nahmen das als Anlass für ihre "biographischen" Handlungen. Fragt mal Shelley Duvall bezüglich der Arbeitsbedingungen während Stanley Kubricks "Shining". Wenn ihr die richtigen Leute fragt, gibt es über viele Regisseure fiese Geschichten. Lily Tomlin, die vielleicht auch keine einfache Darstelleirn ist, hätte David O. Russel wohl am liebsten den Kopf abgerissen. James Cameron ist als diktatorischer Regisseur bekannt und Fincher ist mit seiner Take-Obsession ohne Rücksicht auf Verluste auch schon mehrfach angeeckt. Von jemandem wie Lars von Trier ganz zu schweigen, über den Björk am liebsten gar nicht spricht und den eine Nicole Kidman enorm bewundert.
Gerade Filmemacher mit einem erhöhten Kunstanspruch setzen dann ihr Werk vor das Wohl von Cast und Crew, in der (häufig sicherlich selbstgefälligen) Annahme, jeder Beteiligte würde ähnlich viel Herzblut in das Projekt investieren. Das soll keine Legitimation für Machtmissbrauch und unwürdige Arbeitsbedingungen sein, aber solche Dinge finden sich deutlich häufiger, als man vielleicht denkt.

Wir sollten uns aber wirklich nicht auf die Hintergrunddetails versteifen. Jedenfalls nicht ehe man den Film gesehen hat. Ich persönlich bin da mittlerweile extrem gespannt drauf und freue mich, dass es höchstwahrscheinlich noch dieses Jahr so weit ist.
 

Dr.WalterJenning

Düsterer Beherrscher
Joel.Barish schrieb:
Und ohne Kechiche in Schutz zu nehmen, aber dominante und rüde Regisseure gibt es viele. Hitchcock war berühmt und berüchtig dafür, insbesondere seine Darstellerinnen zu quälen.

Da nunmal von dem Film aus erster Hand bekannt ist, dass echte Gewalt im Spiel war, mit der die involvierten Darstellerinnen nicht einverstanden waren und die offensichtlich viel zu weit ging, von den sonstigen Demütigungen ganz zu schweigen, wurde definitiv eine Grenze überschritten, die nicht überschritten werden darf, auch nicht im Namen der "Kunst". Die Tatsache, dass auch andere Regisseure ihre Machtposition missbrauchen relativiert das keineswegs sondern verdeutlicht, was in dem Geschäft alles schief läuft.

Warum genau muss man seinen Cast zwingen, sich schlagen und erniedrigen zu lassen?! Wofür gibt es das Editing oder die Make-Up Artist- Abteilung?! Ein guter Darsteller ist durchaus in der Lage, solche Emotionen glaubhaft und authentisch zu vermitteln ohne dafür real verprügelt zu werden.

Wenn ich jetzt lesen muss, dass man sich gerade aufgrund dieser Szenen und auch der sexuellen Darstellung unbedingt diesen Film ansehen muss oder diese Szenen den Film erst interessant machen, dann hat man zwar das Medium Fim oder den Film an sich nicht- aber durchaus die zweifelhafte Intention des Regisseurs verstanden.

Hätten sich die Darsteller geweigert und das Set verlassen, wäre es ihnen anschliessend sicher schwer gefallen bzw. gemacht worden, jemals wieder ein Engagement zu bekommen und dies wurde mit Sicherheit auch so oder so ähnlich durch den Regisseur kommuniziert, Stichwirt: Manipulation.

Joel.Barish schrieb:
Ein Boykott ist doch nur in Extremfällen angebracht.

Wenn das kein Extremfall, dann weiss ich auch nicht mehr...

Bei jedem zweiten Action- oder Horrorfilm wird sich über die Gewaltdarstellung oder Gewaltverherrlichung beklagt und der Film deswegen abgewertet. Dabei handelt es sich lediglich um fiktive Gewalt, bei der kein Schauspieler zu Schaden kam, von diversen freiwilligen Ausflügen ins Stuntmen-Fach abgesehen.

Mit einem Boykott werden nicht die Strapazen oder Leistungen der Darsteller abgewertet sondern ihre sinnlose Tortur und die "Arbeitsweise" des sogenannten Regisseurs abgestraft und auch angeprangert.

Dafür genügen die Aussagen und Schilderungen der Darstellerinnen im Interview. Der "Film" besitzt sogar noch die Frechheit, das Ganze zu kürzen, zu verharmlosen und zu relativieren.
 

NewLex

Well-Known Member
Wenn ich jetzt lesen muss, dass man sich gerade aufgrund dieser Szenen und auch der sexuellen Darstellung unbedingt diesen Film ansehen muss oder diese Szenen den Film erst interessant machen, dann hat man zwar das Medium Fim oder den Film an sich nicht- aber durchaus die zweifelhafte Intention des Regisseurs verstanden.

Naja, bei Horror-Filmen freut man sich doch auch drüber wenn der Regieseur verkündet wie abgrundtief brutal und böse der Film doch werden wird. Warum sollte ich mich bei einem Liebes-Drama nicht auf die sexuelle Freizügigkeit freuen dürfen? :huh:
Weiters gehört womöglich alles ein wenig zum Marketing dazu; denn bekannter wird der Film auf alle Fälle!
 

Dr.WalterJenning

Düsterer Beherrscher
NewLex schrieb:
Naja, bei Horror-Filmen freut man sich doch auch drüber wenn der Regieseur verkündet wie abgrundtief brutal und böse der Film doch werden wird.

Mit dem Unterschied, dass in Horrorfilmen ect. die Darsteller nicht explizit dafür geprügelt und gequält werden...
 

Joel.Barish

dank AF
Dr.WalterJenning schrieb:
Wenn ich jetzt lesen muss, dass man sich gerade aufgrund dieser Szenen und auch der sexuellen Darstellung unbedingt diesen Film ansehen muss[...]
Ich weiß nicht, ob du mich damit direkt meinst, aber ich reagiere darauf einfach mal. Ich habe nichts dergleichen behauptet, man müsse den Film wegen der Szenen unbedingt gucken. Ich habe es ganz explizit jedem freigestellt, was sich eigentlich von selbst versteht. Ich bin nur bei den meisten Dingen der Meinung, dass man sich selbst ein Bild machen sollte. Wir haben es hier ja nicht mit einem "Giftschrank" Film zu tun, vor dem die halbe Welt warnt, von daher ist es einfach meine persönliche Einstellung, den Film erst zu sehen, bevor ich über ihn urteile. Da es hier um die Hintergründe und die Umstände der Entstehung geht, ist das natürlich schwieriger. Da war aber nicht dabei sind, können wir das nicht richtig beurteilen und auch da hilft es, den fertigen Film erstmal zu sehen.
Was ich sagte, war, dass es mir kontraproduktiv erscheint, einen Film zu boykottieren, für den sich die Darsteller übermäßig geschunden haben. Noch dazu verstehe ich die Interviewaussagen (wie gesagt!) nicht so, als wäre ein Boykott im Interesse der beiden Darstellerinnen. Sie deuten doch an, dass ihnen der Film gefällt, freuen sich, dass er beachtet und positiv besprochen wird, dass all der Stress sich am Ende wenigstens etwas gelohnt hat. Exarchopoulos spricht sogar davon, dass sie aus der Dreh-Erfahrungen wichtige Lektionen gelernt hat. Auch sagte ich, dass diese Gespräche über die kontroverse Darstellung der Sex-Szenen neugierig macht. Nicht, weil ich geil drauf bin oder weil mich Skandale scharf machen, sondern weil ich neugierig bin, was da wirklich hinter steckt. Gerade wenn sie einen Film betreffen, den ich vorher schon mit Interesse verfolgt hatte.

Kechiches Herangehensweise war es, u.a. durch die handlungschronologische Drehweise, die Darstellerinnen auf dieselbe Reise zu schicken, wie die Figuren. Das ist eine nicht seltene Herangehensweise. Natürlich ziehen die meisten Regisseur da ganz richtig eher Grenzen, aber große Emotionen kommen nicht immer auf Knopfdruck. 9/10 Schauspieler werden dir das bestätigen. Auch das soll keine Legitimation für die Ohrfeigenszene sein, die fraglos unschön klingt. Aber das klingt sie, weil sie sich endlos wiederholte, nicht, weil die Ohrfeige echt war. Echte Ohrfeigen gibt es doch regelmäßig in Filmen. Aktuelles Beispiel: Rihanna (ausgerechnet!) hat Michael Cera in "This is the End" auch wirklich geohrfeigt. Halt nur drei, vier Mal oder so, statt 100 Mal.
Wie bereits gesagt, wir kennen die Hintergründe nicht. Wir wissen nicht, was Kechiche vorher gesagt hatte. Wir können aber davon ausgehen, dass die Ohrfeige so im Script stand. Gerade als europäische Darstellerinnen sollten sie auch wissen, dass hiesige Autorenfilmer (und als solcher ist Kechiche eine einigermaßen bekannte Nummer) eben nicht so stark auf Hollywoodtricks zurückgreifen und Emotionen und Reaktionen so real wie möglich haben möchten. Über die Echtheit der Ohrfeigen sollte niemand verwundert sein, der sich beruflich im europäischen Autorenkino bewegt. Überrascht und bis zu einem gewissen Punkt empört darf man über die Ausdauer und die rigorose Art, mit der Kechiche dem begenete, sein. Mir persönlich reicht das nicht, um durch einen Boykott ein Zeichen gegen unwürdige Arbeitsbedingungen zu setzen. Da gibt es ganz andere Orte, wo wir anfangen könnten/müssten.

Um das nochmal zu betonen: Ich will Kechiche nicht in Schutz nehmen. Mir stößt die Vorstellung einer wieder und wieder wiederholten Ohrfeigenszene auch übel auf. Aber es sind auch "nur" Ohrfeigen. Die Frauen haben es überlebt, sind vielleicht geschockt, aber nicht traumatisiert oder durch Gewalt verstümmelt. Sie hätten auf diese Erfahrung verzichten können, aber ich glaube, wir machen hier ein etwas arg großes Fass auf, schmeißen mit etwas zu starken Worten umher. Zumindest für meinen Geschmack. Und um das nochmal zu betonen: Wer sich entscheidet, den Film nun auf ewig zu meiden, soll das tun. Freie Entscheidung. Ich hoffe nur, man wird hier nicht als gewaltgeiler Vollhorst abgestempelt, wenn man sich den Film anschaut und womöglich gut findet. Denn ganz ehrlich, ich schaue lieber einen Film, der mich emotional fordert und durch die dargestellten Emotionen aufwühlt und schockiert, als einen Film, der von mir verlangt zu jubeln, wenn ein Mensch brutal gefoltert oder getötet wird.

Die Verweise auf andere Regisseure, die auch ihre "Macht missbrauchen", sollte nur verdeutlichen, wie naiv wir bei anderen Filmen häufig davon ausgehen, hinter den Kulissen sei alles in Butter gewesen. Viele Filme, viele große Filme, sind mit viel Schweiß, Blut und Tränen entstanden, mit großen physischen und psychischen Opfern. Sollen wir Werner Herzog verdammen, weil die absurden Herausforderungen der "Fitzcarraldo" Dreharbeiten Tote forderten? Weil man das angesichts der Umstände und den Widrigkeiten fast erwarten musste? Sollen wir Francis Ford Coppola verdammen, weil "Apocalypse Now" für einige philippinische Insel eine ökologische Katastrophe war? Ich weiß, Äpfel und Birnen, aber ich persönlich möchte mir Filme nicht durch längst gelegte Eier beeinflussen. Ich nehme diese Informationen auf und schiebe die sicherlich auch nicht sofort weg, aber sie sollten nicht den Film überschatten, der womöglich in eine ganz andere Richtung wollte, als die Hintergründe den Diskurs nun lenken.
 

Dr.WalterJenning

Düsterer Beherrscher
Joel.Barish schrieb:
Ich weiß nicht, ob du mich damit direkt meinst, aber ich reagiere darauf einfach mal.

Du warst definitiv nich damit gemeint, lieber Joel :smile: Derjenige welche hat auch schon darauf reagiert.

Joel.Barish schrieb:
Ich hoffe nur, man wird hier nicht als gewaltgeiler Vollhorst abgestempelt, wenn man sich den Film anschaut und womöglich gut findet. Denn ganz ehrlich, ich schaue lieber einen Film, der mich emotional fordert und durch die dargestellten Emotionen aufwühlt und schockiert, als einen Film, der von mir verlangt zu jubeln, wenn ein Mensch brutal gefoltert oder getötet wird.

Solange man sich den Film nicht nur aus Sensationsgeilheit bezüglich der beschriebenen Szenen anschaut, läuft wohl niemand Gefahr, als solcher abgestempelt zu werden. Das gleiche gilt für das Horrorgenre bzw. dessen Subgenres, jedoch nicht für dessen verkrüppelten, pervertierten und von dir beschriebenen Ableger namens Torture-Porn. "Filme", dessen einziges Ziel darin besteht, Menschen oder Tiere auf grausamste Art und Weise und auf Spielfilmlänge gestreckt zu quälen und zu töten, trotz Fiktion, haben meiner Meinung nach nichts mehr mit dem Begriff "Film" zu tun und das nicht nur aufgrund der quasi- nicht existenten Handlung bzw. der nicht erzählten Geschichte.

Am Beispiel von 'blue is the warmest colour': Es geht um die Arbeitsbedingungen, um die Entstehung des Films und um die fragwürdige Einstellung des Regisseurs, nicht um den Film selbst. Folglich muss ich mir den Film nicht ansehen, um mir ein Bild über ihn machen zu können, wenn mich die Bedingunen, unter denen der Film entstanden ist anwidern und abstoßen.

Wenn ein Lehrer seine Schüler ohrfeigt und demütigt, um vermeintlich bessere Leistungen seiner Schüler zu erzielen, dann muss ich nicht erst die Mathearbeit analysieren um die Methode als verwerflich zu befinden.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Dr.WalterJenning schrieb:
Solange man sich den Film nicht nur aus Sensationsgeilheit bezüglich der beschriebenen Szenen anschaut, läuft wohl niemand Gefahr, als solcher abgestempelt zu werden. Das gleiche gilt für das Horrorgenre bzw. dessen Subgenres, jedoch nicht für dessen verkrüppelten, pervertierten und von dir beschriebenen Ableger namens Torture-Porn. "Filme", dessen einziges Ziel darin besteht, Menschen oder Tiere auf grausamste Art und Weise und auf Spielfilmlänge gestreckt zu quälen und zu töten, trotz Fiktion, haben meiner Meinung nach nichts mehr mit dem Begriff "Film" zu tun und das nicht nur aufgrund der quasi- nicht existenten Handlung bzw. der nicht erzählten Geschichte.
Ich bin auch kein Fan von Turture Porn (damit meinst du wohl Filme wie Hostel), aber bei den Filmen werden keine echten Menschen und Tiere gequält oder getötet, daher ist die fettmarkierte Formulierung so nicht richtig. Das klingt sonst wie ein Egoshooter-Gegner, der davon spricht, dass in den Spielen "Menschen getötet werden":wink:
 

Dr.WalterJenning

Düsterer Beherrscher
Tyler Durden schrieb:
Dr.WalterJenning schrieb:
Solange man sich den Film nicht nur aus Sensationsgeilheit bezüglich der beschriebenen Szenen anschaut, läuft wohl niemand Gefahr, als solcher abgestempelt zu werden. Das gleiche gilt für das Horrorgenre bzw. dessen Subgenres, jedoch nicht für dessen verkrüppelten, pervertierten und von dir beschriebenen Ableger namens Torture-Porn. "Filme", dessen einziges Ziel darin besteht, Menschen oder Tiere auf grausamste Art und Weise und auf Spielfilmlänge gestreckt zu quälen und zu töten, trotz Fiktion, haben meiner Meinung nach nichts mehr mit dem Begriff "Film" zu tun und das nicht nur aufgrund der quasi- nicht existenten Handlung bzw. der nicht erzählten Geschichte.
Ich bin auch kein Fan von Turture Porn (damit meinst du wohl Filme wie Hostel), aber bei den Filmen werden keine echten Menschen und Tiere gequält oder getötet, daher ist die fettmarkierte Formulierung so nicht richtig. Das klingt sonst wie ein Egoshooter-Gegner, der davon spricht, dass in den Spielen "Menschen getötet werden":wink:

Nö, da haste mich falsch verstanden und gleichzeitig den wichtigsten Zusatz unterschlagen (fett und unterstrichen) :nene: :wink: Jedem das seine, jedoch sind das für mich keine Filme, sondern, wie bereits geschrieben, Folterszenen in Spielfilmlänge, die das Prädikat "Film" in keinster Weise verdient haben.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Die Frage ist inwiefern sich ein Boykott überhaupt lohnt. Dem Regisseur wird es herzlich egal sein, wenn sich ein paar Leute seinen preisgekrönten und bejubelten Film nicht anschauen. Das seine Arbeitsweiße in keinster Weiße vertretbar ist ist natürlich nicht zu bestreiten, trotzdem finde ich das man den Film als Werk für sich trotzdem würdigen darf, natürlich ganz im Gegensatz zum Regisseur bzw. seinem Verhalten.
 

Dr.WalterJenning

Düsterer Beherrscher
TheGreatGonzo schrieb:
Die Frage ist inwiefern sich ein Boykott überhaupt lohnt. Dem Regisseur wird es herzlich egal sein, wenn sich ein paar Leute seinen preisgekrönten und bejubelten Film nicht anschauen.

Klar, das ist auch eine Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss :smile: Ändern wird es nichts aber für mich persönlich spielt es eine Rolle.
 
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