Blau ist eine warme Farbe ~ Cannes Gewinner [Kritik]

Member_2.0

New Member
Mir hat der Film irgendwie von Anfang an nicht zugesagt. Ich kann gar nicht sagen, warum genau.
Vielleicht weil er sich nahtlos in die Liste der Filme mit "lesbischer" Thematik einreiht die entweder dramatisch (Tod, Trennung etc)
enden oder eben mit irgendwelchen Skandälchen (hier geprügelte Darstellerinnen und explicite Sexszenen) aufwarten.
Mir geht das einfach so total auf die Nerven. Ist es nicht möglich die Thematik einfach mal ganz normal einfließen zu lassen?
Vielleicht ist es dem Film gegenüber unfair, mag sein, dass es sich vielleicht lohnt ihn zu sehen. Aber irgendwie bin ich
müde womöglich mit ungutem Gefühl aus dem Kino zu gehen...

Und wenn ich dann jetzt auch noch daran denken muss, dass die Mädels sich gegenseitig den Rotz aus der Nase schlecken.... :facepalm: :ugly:

Ich denke, ich werde dem Film frühestens im TV ne Chance geben und warte auf Carol :rolleyes:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Bin mal auf Neos längeren Eindruck gespannt. Der Trailer sah schon richtig gut aus, aber ob das über 3h (!) funktionieren mag?
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Habe ihn nun gesehen und bin noch etwas zwiegespalten. Fand ihn an sich schon gut, aber auch nicht sensationell gut. Ich fand es toll, dass man diesen realistischen und emotionalen Liebesfilm mit zwei Frauen in den Hauptrollen gemacht hat und dabei vielleicht sogar ein kleines Statement gesetzt hat, wo doch Homophobie auch heutzutage noch erschreckend viel in der westlichen Gesellschaft grasiert. Aber der Film behandelt diese Liebe auf die menschlichste und redzuierteste Art und Weise und, auch wenn es hinter den Kulissen wohl anders aussah, hat Regisseur Abdellatif Kechiche einen sehr feinfühligen Film inszeniert, der auch in den viel, vor allem zu viel, diskutierten Sexszenen nie wirklich anstößig oder voyeuristisch wirkt. Eher im Gegenteil. Die Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarcharpoulos liefern hier auch ganz großartige Leistungen ab, sodass die anscheinend strapaziösen Dreharbeiten immerhin für etwas Gut waren, aber so wirklich voll und ganz gepackt hat mich der Film letzendlich leider nicht, zumindest nicht immer: Emotional und filmisch, wo mich vor allem die Tatsache irritiert hat, das 90% des Films in Nahaufnahmen, vornehmlich von Gesichtern, gedreht ist, was den Einsatz eines 2,35:1-Bildformarts irgendwie sinnlos erscheinen lässt. Trotzdem, der Film hat sicher seine Stärken, hin und wieder darf ein Anflug von Brillanz vernommen werden, vor allem in den ersten langen Dialogszenen zwischen Emma und Adèle, die mit zum rundum wundervollsten des Filmjahres gehören dürften, und auch die unaufdringliche Symbolik ist schön, aber am Ende war doch zu viel Leerlauf da. Der Film schien mir nie so recht zu wissen, wie er seine dreistündige Laufzeit effektiv einsetzen kann und erzählt zwar über mehrere Jahre hinweg über die Beziehung der beiden Figuren, was jedoch nie so wirkt und sich tatsächlich nach dieser Zeit anfühlt, die Zeitsprünge auch nie wirklich erkennbar sind, weswegen der dramatisch-emotionale Aspekt des ca. letzten Drittels bei mir auch nicht vollends funktioniert hat. Der eher langweilige Originaltitel des Films, der lang nicht so schön und passend symbolisch ist wie der deutsche bzw. englische bzw. der französische Originaltitel der dem Film zu Grunde liegenden Graphic Novel, spielt jedoch auf etwas an, das ich noch durchaus interessant finde: La Vie d'Adèle - Chapitres 1 & 2 darf ja, wie ich meine, eindeutig so verstanden werden, dass es noch mehr von Adèle zu erzählen gibt. Hätte man dahingehend mehr in diesen, einen Film gepackt, oder wäre man auch etwas offensichtlicher und stärker auf die Zeitebenen eingegangen, hätte mir der Film im Endeffekt wohl auch besser gefallen, eine Forsetzung, so in ein paar Jahren, hätte aber ebenfalls ihren Reiz.

Das der Film bei vielen anderen Leuten mehr Eindruck hinterlassen hat als bei mir, ist schade, da ich mich eigentlich wirklich gefreut habe. Bei Filmen dieser Art ist es meist auch eine Frage der emotionalen Involvierung und deswegen viel subjektiver zu beurteilen als bei anderen. Und so toll ich die beiden Hauptfiguren fand, so wirklich gepackt und berührt hat er mich weitestgehend nicht. Eher auch in der ersten Hälfte, die für mich die prinzipiell stärkere war. Der Film hat viele Qualitäten, sicher auch seine Schwächen, wie oben schon gesagt, aber so weit gebe ich erst einmal 7/10.
 

Joel.Barish

dank AF
Habe den Film gestern schon gesehen, hatte heute aber kaum Zeit für eine Kritik und musste den eh noch sacken lassen. Kommt dann morgen. Aber so als quasi-Spoiler sage ich schon mal, dass ich den Film zumindest nicht beschissen fand. :squint: Ach, was solls. Größerer Bewertungsspoiler: Bei einer Szenen gegen Ende in einem Café habe ich fast Atemnot bekommen, so fühlbar waren die Emotionen.

Und @Gonzo, die Sache mit "Chapitres 1 + 2" und dem Bildformat bzw. dem Hang zu starken Closeups ist mir auch aufgefallen und mich ne Weile beschäftigt. Nach der Kritik fällt mir dazu vielleicht noch Genaueres ein.

Aber Adèle Exarchopoulos. Oh mein Gott. ♥ Was ne Leistung! Und das hat wenig bis gar nichts mit der Freizügigkeit zu tun.
Und wahrscheinlich kriege ich die nächsten zwei, drei Wochen bei Spaghetti Liebeskummer. :/
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Also im Graphic Novel

stirbt sie am Ende. Da hat sie auch Drogenprobelme, was man im Film ja komplett weggelassen hat.
 

Member_2.0

New Member
TheRealNeo schrieb:
Also im Graphic Novel

stirbt sie am Ende. Da hat sie auch Drogenprobelme, was man im Film ja komplett weggelassen hat.

Oh man, es hätte also noch schlimmer kommen können :blink: Obwohl ja tatsächlich fast jeder von dem Film zumindest ansatzweise
sehr begeistert ist, kann ich mich dennoch nicht durchringen...aber vom Gefühl ist er zumindest von TV auf DVD vorgerückt :smile:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Vielleicht schnapp ich den auch noch in den Feiertagen, das hört sich doch irgendwie verführerisch an. Wie sehr würdet ihr den mit Room in Rome vergleichen?
 

Joel.Barish

dank AF
Kann man nicht wirklich vergleichen. Nur weil es in beiden Filmen um zwei sich liebende Frauen geht, muss man die noch nicht vergleichen. Oder sind "Schlaflos in Seattle", "Blue Valentine" und "Deep Throat" dasselbe, weil es um heterosexuelle Liebe geht? :ugly:

Ich persönlich finde "Room in Rome" gar nicht mal schlecht, weil es tatsächlich zu einem recht großen Teil um die Figuren geht und um ihre Sicht auf dieses Abenteuer. Aber der Film ist deutlich sinnlicher bzw. ist durchweg sehr auf Sex und Körperlichkeit aus, was bei "Blau..." nur eine Phase ist. Auch hat man bei RiR eher den Verdacht, dass es stärker mit dem Hintergedanken gedreht wurde, eine männliche Zielgruppe anzusprechen, die sich gerne zwei nackte Frauen beguckt. Männer, die "Blau..." gucken wollen, um sich aufzugeilen, müssen sich für zehn Minuten "Spaß" (aus ihrer Sicht) durch 180 Minuten Coming of Age Geschichte und Beziehungsdrama "quälen". Die zwei, drei Szenen sind schon explizit und auffällig, aber das Hauptaugenmerk des Films liegt ganz klar auf Adèle als junge Frau, die sich, ihre Interessen, ihre Sexualität und sich als Beziehungsmensch und als Person generell nach und nach kennen lernt.
Ich weiß zwar nicht genau, was du vom Film befürchtest @Member, aber ich glaube, das könnte trotzdem klappen.
 

Member_2.0

New Member
Joel.Barish schrieb:
Kann man nicht wirklich vergleichen. Nur weil es in beiden Filmen um zwei sich liebende Frauen geht, muss man die noch nicht vergleichen. Oder sind "Schlaflos in Seattle", "Blue Valentine" und "Deep Throat" dasselbe, weil es um heterosexuelle Liebe geht? :ugly:

:love: Danke :top:

Was ich von dem Film befürchte? Klischees, Drama, kein Happy End...klar können Filme mit all dem auch gut sein, aber da man als
homosexuelle Frau schon sehr an der kurzen Leine gehalten wird, was gute (und überhaupt) lesbische Filme (oder Filme mit lesbischen Inhalt) angeht, bin ich sehr mißtrauisch geworden. :thumbdown:
 

Joel.Barish

dank AF
Na ja, Klischees fasst jeder unterschiedlich auf. Die sind manchmal unvermeidbar, um ein lebendiges Drama zu erzählen. Kommt immer darauf an, wie man damit umgeht. Auch ein erstklassiges Hetero-Drama wie die "Before" Reihe mit Ethan Hawke und Julie Delpy kommt nicht ohne Klischees aus. Und "Blau..." ist keine Romcom, sondern halt ebenfalls, wie eben die "Before" Filme, ein Liebes- und Beziehungsdrama. Zum eventuellen Happy End will ich nichts sagen, weil Spoiler. Aber wenn Figuren und Emotionen interessant und ehrlich (d.h. in sich geschlossen und glaubwürdig) sind, kann das kitschigste Happy End genau so gut funktionieren, wie ein erschütterndes Un-Happy End. Zumindest geht es mir da so.
 

Member_2.0

New Member
Das stimmt alles natürlich, aber auch ich möchte in einem Film mal sehen, dass eine homosexuelle Beziehung bestand haben kann.
Das ist in Filmen das Genres leider sehr sehr selten (wobei es auch da Lichtblicke gibt).
 
Oben