Black Sails S01E05 - V.

Clive77

Serial Watcher
In der fünften Folge der US-Serie Black Sails zeigt sich endlich, dass die Reihe nicht nur aus Planung, Bündnissen, Verrat und großen Worten besteht. Einer der beiden großen Handlungsstränge gibt dem Zuschauer ein Bild davon, wie Piraten ihrem Handwerk auf See nachgehen.

Daheim in Nassau
Während Flint (Toby Stephens) mit seiner Besatzung dem Schiff von Bryson (Langley Kirkwood) hinterher jagt, sieht Eleanor (Hannah New) sich auf New Providence Island mit einem großen, unerwarteten Problem konfrontiert: Ihr Vater Richard (Sean Michael) zieht sich in aller Öffentlichkeit aus dem Geschäft zurück, was einen verärgerten Mob zur Folge hat. Den schwarzen Peter schiebt Richard dabei seiner Tochter unter, womit Eleanor im Fokus des verärgerten Pöbels steht.
Erst letzte Woche hat Richard seine Tochter bereits hintergangen und dafür gesorgt, dass Bryson seine Waffen nicht wie vorgesehen Eleanor und somit Flint überlässt, sondern an Bord behält. In dieser Episode setzt er noch einen drauf und verweist alle, die noch für ihre (erbeuteten) Waren bezahlt werden müssen, an seine Tochter. Unabhängig davon, dass er wirklich im Fokus der englischen Krone steht und verhaftet werden sollte, kein feiner Zug. Offensichtlich liegt ihm nicht viel an Eleanor.
Dass diese momentan knapp bei Kasse ist (wir erinnern uns an die vielen monetären Zugeständnisse für Flint) und niemanden bezahlen kann, macht die Sache nicht gerade einfacher. Zudem wollen nun alle auf einmal bezahlt werden. Sie steht also mit dem Rücken zur Wand. Ihre einzige Hoffnung liegt darin, mit den Kapitänen - allen voran Benjamin Hornigold (Patrick Lyster) - zu einer neuen Ordnung überzugehen und damit ihr Geschäft zu retten. Doch Hornigold stellt eine entscheidende Bedingung: Er macht nur dann mit, wenn Charles Vane (Zach McGowan) von Eleanor rehabilitiert wird. Aber das ist etwas, was Eleanor auf keinen Fall machen will.
Es ist offensichtlich, wie sie sich entscheiden muss. Der letzte, der ihr dahingehend ins Gewissen redet, ist John Silver (Luke Arnold), der wohlweislich von Flint in Nassau zurückgelassen wurde (schließlich kann Flint nicht das Ableben von Silver riskieren, während er Bryson überfällt). Objektiv betrachtet bleibt Eleanor damit keine andere Wahl als Vane zu rehabilitieren und sie kann dabei keine Rücksicht auf Max (Jessica Parker Kennedy) nehmen, deren Tortur auch diese Folge weiter geht.
Apropos Max. Durch die Szenen mit ihr bekommt Anne Bonny (Clara Paget) endlich etwas mehr Dialoge in den Mund gelegt, auch wenn es nur bei kurzen Eindrücken bleibt, die der Zuschauer dabei von der Figur bekommt. Was das Trio um Vane angeht, hat Jack (Toby Schmitz) tatsächlich die Chance wahrgenommen und die drei sind nun stolze Eigentümer eines Hurenhauses. Jack ist damit momentan quasi der bessere John Silver und kann mit seinem Verhandlungsgeschick mal wieder punkten, während letzterer in Ketten gelegt kaum etwas zu tun bekommt. Mysteriös bleiben weiterhin die Motive von Charles Vane. Er bleibt größtenteils schweigsam und mit welcher Absicht er gegen Ende der Folge auf sein Schiff zurück kehrt, bleibt vorerst ein Geheimnis.
Auch wenn die Ereignisse an Land dem üblichen Schema folgen - Verrat, Bündnisse, Pläne, die zu neuem Verrat und neuen Bündnissen führen - ist es schon beeindruckend, wie die Autoren mit dem Figurengeflecht spielen und die Handlung stets voran treiben. Wenn Flint wieder zurück nach Nassau kommt (und das wird er, schließlich benötigt er Silver für die Jagd auf die „Urca de Lima“), wird er vollkommen andere Verhältnisse vorfinden als noch in der letzten Episode. Es wäre gut möglich, dass Miranda Barlow (Louise Barnes) dann schon mit Richard Guthrie das Weite gesucht hat, um sich in Boston eine neue Existenz aufzubauen. Charles Vane dürfte seine Mannschaft wiederbekommen und damit - wie ursprünglich geplant - als Partner von Flint auf Beutezug gehen. Eventuell kommen sogar noch mehr Teilhaber dazu, falls die Kapitäne um Hornigold mit einbezogen werden - was ein logischer Schritt wäre, denn die fünf Millionen Dollar potentielle Beute sind für einen unabhängigen Piratenstaat angedacht.

Auf See
Abseits der Geschehnisse an Land spielt ein Großteil der Episode auf See. Endlich, möchte man meinen. Schließlich wurde uns der Mund schon lange mit großen Seeschlachten wässrig gemacht. Dabei folgt die Serie allerdings nicht dem üblichen Schema, welches aus zahlreichen Piratenfilmen bekannt sein dürfte. Aber fangen wir vorne an.
Billy (Tom Hopper) und Flint haben zu Beginn ein Gespräch, welches Billy ein wenig die Augen geöffnet haben dürfte. Es geht um Lügen und Vertrauen - zwei Dinge, die Billy schon länger plagen und ihn für Flint gefährlich werden lassen könnten. Flint macht dabei deutlich, dass jede seiner Entscheidungen ein gewisses Risiko beinhalten und es oft notwendig ist, die (volle) Wahrheit zu verschweigen - so hätte Bryson zum Beispiel eine andere Route nehmen können und nicht die offensichtliche, auf der man seinem Schiff nun hinterher jagt.
Für Flint ist die Erreichung seiner Ziele - wie bisher auch - stets ein Pokerspiel. So bleibt zunächst auch offen, ob Billy sich hat überzeugen lassen. Aber nur kurz, denn Billy spielt mit Dufresne (Jannes Eiselen) kurz darauf ein ähnliches Spiel und gibt dem Buchhalter, der noch nie eine Waffe abgefeuert hat, etwas Vertrauen für die bevorstehende Schlacht, indem er ihm mitteilt, dass bisher noch kein Neuling beim ersten Raubzug gestorben ist - eine glatte Lüge. Dazu kommt, dass er bei der Diskussion ums Segelsetzen den Kapitän wieder unterstützt und auch bei der Feststellung, dass das Waffenarsenal der „Walrus“ zu wünschen übrig lässt, sorgt er dafür, dass die Mannschaft dem Plan von Flint folgt. Zweifel kommen erst gegen Ende wieder auf als Billy einen Brief einsteckt, der „Miranda Barlow“ als Absender trägt.
Vom Segelsetzen über das Angriffsmanöver bis hin zum Entern von Brysons Schiff hängt damit stets das Damokles-Schwert über Flint und seiner Besatzung. Der Mast könnte brechen, die „Walrus“ von den feindlichen Kanonen versenkt werden oder aber die Mannschaft könnte dem Widerstand von Brysons Crew nicht gewachsen sein. Alles Faktoren, die den Erfolg der Mission auf Messers Schneide stellen und zur Spannung der Folge beitragen.
Der Angriff selbst weist schließlich auch einige Besonderheiten auf. Wer hätte schon mit dem Scharfschützen gerechnet? Oder damit, dass das Entern des Schiffs aus der Sicht von Dufresne gezeigt wird? Letzteres war übrigens ein guter Schachzug der Macher. Man konnte sich als Zuschauer gut in die Figur hinein denken, war mitten im Geschehen statt nur dabei. Umso größer war auch die Überraschung als der ängstliche Dufresne im Kampf um sein Leben schließlich zum Tier wurde und seinem Kontrahenten im wahrsten Sinne das Wortes an die Kehle sprang (und diese durchbiss). Auch wenn der Angriff (das Entern) insgesamt nur recht kurz gehalten wurde, lassen sich die Intensität der Bilder und auch die dazu passenden Geräusche kaum in Worte fassen. Chaotisch, brutal, verwirrend und authentisch wären die Worte, die einem dazu wohl einfallen würden.
Als die Schlacht schließlich gewonnen scheint und der Rauch sich etwas legt, kommen die nächsten Überraschungen. Zunächst einmal hat Bryson offensichtlich nicht nur Kanonen im Laderaum sondern auch „menschliche Ware“. Darunter befindet sich auch Mr. Scott (Hakeem Kae-Kazim), der ebenfalls von Richard hintergangen wurde und sich nächste Woche als Joker erweisen könnte - denn der „Panic Room“, in dem Bryson und seine Männer sich verschanzt haben, sieht recht uneinnehmbar aus. Und um Flint noch mehr Stress zu machen, hat Bryson bereits vor Verlassen des Hafens in Nassau einen Hilferuf an die Royal Navy abgesetzt, die in den letzten Minuten in Form der „Scarborough“ auch am Horizont aufkreuzt. Cliffhanger.

Fazit: Na bitte, geht doch. Die Mischung der beiden großen Handlungsstränge zu See und an Land dürfte bislang das Beste gewesen sein, was die Serie zu bieten hatte. Es bleibt zwar noch Luft nach oben, aber in dieser Art darf es gerne weiter gehen. Und dem Cliffhanger nach zu urteilen, wird zumindest die nächste Episode diese Form beibehalten.

8,5/10 blutige Gesichter
 
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