Black Sails S01E08 - VIII.

Clive77

Serial Watcher
Mit der achten Folge der US-Serie Black Sails verabschiedet sich die erste Staffel - mit einem entscheidenden Knall, einem Cliffhanger und einigen Überraschungen. Vor allem die letzte Viertelstunde dürfte genau das parat gehalten haben, worauf sich die Zuschauer einer Piratenserie seit der Ankündigung gefreut haben.

Daheim in Nassau
Als Charles Vane (Zach McGowan) letzte Woche Albinus (Garth Collins) aus dem Weg geräumt hat und zuvor bereits Pläne für einen Überfall auf Nassau hat durchklingen lassen, waren die Zeichen für das Finale an Land bereits gesetzt. So war es wenig verwunderlich, dass gerade in dem Moment als Eleanor (Hannah New) ihre Position wieder gefestigt und den Handel in Nassau wiederbelebt hat, Kanonenfeuer aus dem Fort ertönt und Vane damit seine Rückkehr ankündigt.
Wer jetzt allerdings einen offenen Kampf zwischen Vanes neuen Leuten und den Männern um Kapitän Hornigold (Patrick Lyster) erwartet hat, dürfte wohl enttäuscht sein - es bleibt bei einem kurzen einseitigen Feuerwerk. Kurioserweise ist Vane keinesfalls auf blinde Rache aus. Sein Plan ist es vielmehr, eine Partnerschaft mit Eleanor zu erzwingen - womit er auch Erfolg hat.
Somit hat Vane jetzt seinen Weg zurück aus dem Nichts gefunden und steht zumindest geschäftlich an der Seite von Eleanor. Wie lange dieses Arrangement hält, wird die zweite Staffel zeigen, wobei Eleanor schon angekündigt hat, dass er sich vorsehen muss. Wie Max (Jessica Parker Kennedy) treffend bemerkt: „On sand nothing is fixed, nothing is permanent. Fates change so quickly.“ In Bezug auf die Figuren in Nassau trifft diese Aussage den Nagel auf den Kopf. Egal, ob man jetzt Vane, Eleanor, Max oder eine andere Figur betrachtet: Die Dinge ändern sich schnell. Wer heute noch eine gehobene Position hat, kann schnell wieder ganz unten stehen und umgekehrt.
Jack (Toby Schmitz) und Anne (Clara Paget) bekommen ebenfalls Besuch von Vane. Auch hier kommt es nicht zu einer harten Konfrontation, obwohl die beiden einige von Vanes Männern aus dem Weg geräumt haben. Als Strafe kündigt er lediglich an, dass Jack niemals wieder als Quartiermeister tätig sein wird. Mit Blick darauf, wie gut das Geschäft im Hurenhaus floriert, ist ihm diese „Strafe“ sicher recht. Außerdem hat er zuvor kein Wort darüber verloren, wieder - mit wem auch immer - in See stechen zu wollen.
Die weiteren Handlungen in und um das Prostituiertengeschäft sind ohnehin nicht weiter erwähnenswert. Mit der Hilfe von Max haben Jack und Anne ein geregeltes Einkommen für sich erschlossen und die anfänglichen Widrigkeiten aus dem Weg geräumt. Gleichzeitig hat sich Max als Geschäftsfrau bewiesen und ihren Status wieder verbessert. Auch wenn das Verhältnis zwischen Max und Eleanor weiterhin kühl bleibt, liegt hier vorübergehend ein Waffenstillstand vor.
Zu den anderen Figuren gibt es höchstens Erwähnungen am Rande. Mrs. Barlow (Lousie Barnes) bleibt der Handlung gänzlich fern, während Richard Guthrie (Sean Michael) sicher in der kommenden Staffel noch Probleme mit seiner Tochter bekommen wird. Insgesamt bleibt die Handlung in Nassau damit hinter den Erwartungen zurück und vergleichsweise ruhig. Der nächste Aufruhr steht wohl erst dann ins Haus, wenn Kapitän Flint (Toby Stephens) zurück kehrt - ob mit oder ohne Beute, muss sich erst noch zeigen.

Zur See
Während die „Walrus“ und die „Ranger“ auf Beutezug sind, steigt die Spannung fast ins Unermessliche. Zu viele Leute wissen bereits um die Wege bescheid, die Kapitän Flint bereitwillig in Kauf nimmt, um die „Urca de Lima“ zu kapern. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Lage schließlich explodiert, ohne dass der erste Kanonenschuss abgegeben wurde.
Einige der besten Szenen sind dabei Flint und Gates (Mark Ryan) vorbehalten. Die beiden sind bereits durch dick und dünn gegangen und als beide sich bei einem Drink gegenseitig alte Geschichten erzählen, sieht es für kurze Zeit so aus als wenn die neuesten Geschehnisse weniger schwer wiegen als Gates letzte Folge durchblicken lassen hat. Solange jedenfalls, bis Billys (Tom Hopper) Name fällt.
Die wirklich unangenehme Überraschung taucht in Form einer spanischen Kriegsgaleone auf. Offenbar hat die „Urca de Lima“ - die weiterhin nicht in Sicht ist - doch eine Eskorte dabei und sorgt für Ernüchterung. Sowohl Gates als auch Dufresne (Jannes Eiselen) und De Groot (Andre Jacobs) halten die Angriffspläne von Flint für aussichtslos und wollen den Plan abbrechen. In einem Gespräch unter vier Augen kommt es schließlich zur letzten Auseinandersetzung zwischen Gates und Flint.
Wenn es zuvor noch Zweifel daran gab, ob Flint bei Billys Sturz Nachhilfe geleistet hat, dürften die sich nun zerstreut haben. Wir bekommen erster Hand zu sehen, was Flint alles bereit ist zu tun und das schließt auch die Ermordung von Gates mit ein, der mit der „Ranger“ das Weite suchen wollte. Dennoch hätte er Flint vor der Mannschaft soweit verteidigt, dass dieser hätte nach Boston aufbrechen können. So kaltblütig der Mord an Gates vollzogen wird, so schwer wiegt er auf Flint. Nicht nachgeben und das Ziel verfolgen ist zwar am Ende für Flint wichtiger als das Leben eines Vertrauten, dennoch nimmt ihn die eigene Tat mit und er erkennt gleich darauf, dass er damit zu weit gegangen ist: „There is no way out of this.“
Sein Glück, dass der findige John Silver (Luke Arnold) der erste ist, der Flint und den toten Gates entdeckt. „Take it from me. There’s always a way.“ - dass das kein leerer Spruch ist, durfte Silver schon öfter demonstrieren und hier tut sich für ihn die große Chance auf, endlich bei Flint den nötigen Eindruck zu schinden und die eigene Haut zu retten, nachdem er den Trumpf mit der gemerkten Route der „Urca de Lima“ bereits ausspielen musste.
Dufresne und De Groot lassen sich überzeugen, dass sie den gewitzten Plan um das spanische Kriegsschiff soweit mitmachen, bis der Angriff darauf unmittelbar bevor steht. Dufresne hat dabei einen Brief von Gates als Joker in der Tasche, um die Mannschaft zu überzeugen. Aber Randall (Lawrence Joffe) verhilft überraschend Silver aus der Gewalt von De Groot und dieser feuert den ersten Schuss auf das spanische Kriegsschiff ab. Der Angriff wird damit unausweichlich und liefert die bis dato eindrucksvollste Schlacht der Serie.
Bereits in „V.“ gab es einige chaotische Bilder zu sehen als die Piraten ein feindliches Schiff kaperten. Diesmal findet der Kampf aus der Ferne statt und der Kanonendonner und die Einschläge der Kugeln sorgen für Chaos an Bord. Dabei wird auch klar, weshalb Gates so kritisch diesem Angriff gegenüber stand, denn die Feuerkraft der Kriegsgaleone ist gewaltig und der Verlauf der Schlacht trotz Überraschungsangriff alles andere als gut für die „Walrus“ und die „Ranger“. Passend dazu sehen wir, wie auch Flint bei einem Kanonenschlag ins Wasser geschleudert wird und scheinbar dem Schicksal entgegen eilt, welches Gates zuvor prophezeite: „There are no legacies in this life, are there? No monuments, no history. Just the water. It pays us and then it claims us - swallows us all. As if we’ve never been here at all.”
Wie Flint sich scheinbar den Tiefen des Meeres hingibt, hätte schon einen guten Cliffhanger abgegeben. Aber ganz so hoffnungslos entlässt uns die Serie nicht in die Pause zwischen den Staffeln. Wir kriegen noch zu sehen, wie die schwer angeschlagene „Walrus“ mitsamt den wichtigsten Figuren am nahegelegenen Strand vorerst in Sicherheit ist. Wie sich herausstellt, hatte die „Urca de Lima“ beim vorherigen Sturm weniger Glück und die Aussicht auf große Beute bleibt mit dem Cliffhanger bestehen.

Eindruck nach der ersten Staffel
Als Zuschauer steckt man von Anfang an in der Mitte eines Geschehens, welches kaum Sympathieträger oder Identifikationsfiguren bietet. Es dauert somit eine Weile, bis sich Figuren zum Mitfiebern finden. Dabei gelingt es den Autoren, ein beeindruckendes Figurengeflecht zu kreieren und ein Weltbild ins Leben zu rufen, welches nicht unbedingt historisch akkurat, aber doch sehr glaubwürdig daher kommt. Auch die mächtigsten Charaktere sind dabei auf Hilfe angewiesen. Durch Verrat oder neue Bündnisse kann jeder einzelne von jetzt auf gleich tief fallen oder aber empor steigen. Eine Atempause für den Zuschauer gibt es dabei nur selten, stets verändern sich die Situationen und bleiben - ähnlich wie die See - in Bewegung. Mal kontinuierlich und wie zu erwarten, mal überraschend und chaotisch. Für eine Piratenserie findet dabei überraschend viel Handlung an Land statt. Umso intensiver werden dann aber die Szenen auf See vom Zuschauer wahrgenommen.
Sollte es in der Art mit der zweiten Staffel weitergehen, wäre der Rezensent weiterhin sehr zufrieden mit der Serie. Es wird im Sommer interessant werden zu sehen, wie sich „Crossbones“ auf NBC schlägt. Starz hat mit „Black Sails“ ganz gut vorgelegt - ob „Blackbeard“ John Malkovich ähnliches zu vollbringen vermag?

Fazit: Charles Vane ist zurück und überraschend gnädig, was die Handlungen in Nassau im Vergleich zum Sturm auf See wie eine leichte Flaute wirken lässt. Dafür aber kommen die Geschehnisse um Flint und seine Mannschaft mit voller Breitseite auf den Zuschauer zu. Inklusive zahlreicher Überraschungen, die das Geschehen zum bisher spannendsten machen, was die Serie zu bieten hatte. Die zweite Staffel könnte schon gerne nächste Woche auf Sendung gehen, die Wartezeit wird lang.

9/10
 
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