Bates Motel S02E09 - The Box

Clive77

Serial Watcher
Mit der Folge „The Box“ nimmt US-Serie Bates Motel Anlauf für das zweite Staffelfinale. Dabei ist es abermals Norma, die im Vordergrund steht und von allen Seiten unter Druck gesetzt wird. Und dann ist da noch die Offenbarung am Ende der Episode.

Der Mann hinter der Entführung
Wie schon zu vermuten war, entpuppt sich Nick Ford (Michael O’Neill) als derjenige, der Norman (Freddie Highmore) entführen ließ. Nachdem weder Norma (Vera Farmiga) noch Dylan (Max Thieriot) sich ihm gegenüber kooperativ gezeigt haben, zwingt er die beiden nun zum Handeln - womit die Beseitigung von Zane (Michael Eklund) gemeint ist.
Für Norma, die anfangs noch angenommen hatte, dass ihr Sohn nach dem letzten Streit einfach nur kurzzeitig das Weite gesucht hat, bringt Nicks Anruf den ersten großen Schock der Folge herbei. Schnurstracks befolgt sie die Anweisungen und sucht Dylan auf. Als sie dann erfährt, worum es geht (Zanes Ermordung) tut sie das mit einem einfachen „Then you’ll have to do it.“ ab - keine Frage, wenn es um Norman geht, spielt alles weitere keine Rolle für sie.
Aber zurück zu Nick: Der hatte sich die Sache wohl einfacher vorgestellt. Dylan kann zwar durch Jodi (Kathleen Robertson) herausfinden, wo Zane sich aufhält, bekommt aber dank dessen Leibwächter keine Chance, seinen „Auftrag“ zu erfüllen. Er schlägt stattdessen vor, Zane zusammen mit Nicks Leuten in seinem Versteck zu überfallen. Von diesem Plan ist Nick wiederum nicht begeistert und es kommt zum Kampf zwischen den beiden. Resultat: Nach einem kräftigen Schlag mit dem Feuerhaken ist Nick scheinbar tot - und Dylan weiß nicht, wo Norman versteckt gehalten wird.
Dieser Teil der Geschichte kam sehr unerwartet. Gerechnet hätte man wohl eher damit, dass Nick seinen Willen bekommt, zumal es noch interessant gewesen wäre, was ihm die von seinen Handlangern bei Norman gefundene Kette samt Zeitungsartikel von Ms. Watson (Keegan Connor Tracy) gesagt hat. Außerdem sieht es nun so aus, als wenn wir (und Dylan) uns noch länger mit Zane arrangieren müssen - die umgekehrte Situation wäre dort vielleicht attraktiver gewesen. Aber wenigstens scheint nun das Ende des Drogenkriegs absehbar zu sein.

Emma
In einem Großteil der Folgen der zweiten Staffel wurde Emma (Olivia Cooke) vernachlässigt. Hier bekommt die Figur wieder mehr Screentime, wobei die Entwicklung sich ein wenig zu schnell anfühlt. Zunächst gibt es einige Dialoge zwischen ihr und Norma und auch Sheriff Romero (Nestor Carbonell). Sie würde gerne wissen, was vor sich geht, wird aber jedes Mal abgewimmelt und nicht in die Vorgänge eingeweiht. Zuletzt kann sie das ständige „Everything is fine.“ nicht mehr hören.
Sie stellt Norma schließlich indirekt vor die Wahl: Entweder, sie erfährt nun, was vor sich geht oder sie wird nicht weiter für Mama Bates im Motel arbeiten. Geradezu rührend denkt man sich als Zuschauer dabei, dass Norma doch nicht das liebenswerte Mädchen von dannen ziehen lässt und dann - „We’ll miss you.“ - tut sie es doch.
Das Tragische an der Szene ist aber, dass aus der Sicht des Zuschauers Emma eigentlich möglichst schnell das Weite suchen sollte - wir reden schließlich vom Bates Motel und wissen, wie die Geschichte ausgehen wird. Trotzdem ist es Emma, die unsere Hoffnung aufrecht erhält, dass es mit Norman doch noch ein gutes Ende nehmen kann. Wir wissen, dass der Junge sie braucht, um seinem Schicksal zu entgehen. Und wie gefühlskalt muss man eigentlich sein, um dem Mädchen die kalte Schulter zu zeigen?
Aber noch ist Emma nicht aus der Welt des Bates Motel getreten: Als Norma in ihrer typischen Art mit George (Michael Vartan) ein Streitgespräch führt (in Normas Welt trifft die Schuld an Normans Entführung sicher ihn) und das schließlich bereut, ist es Emma, die Mama Bates tröstet. Wird sie also doch noch in die Bates-Familie aufgenommen?

Norma
Der Stresslevel könnte für Norma kaum höher sein. Norman entführt und in einer lebensbedrohlichen Lage, Emma und der Sheriff haken nach, was los ist und wo Norman ist, George steht plötzlich mit Blumen auf der Matte und erinnert sie mit seiner bloßen Anwesenheit daran, dass sie letzte Nacht ihre mütterlichen Aufsichtspflichten vernachlässigt hat. Farmiga macht ihre Sache perfekt - von den Lügen und Ausflüchten bis hin zum Zusammenbruch trifft alles den Nagel auf den Kopf.
Dabei befolgt sie strickt die Anweisungen des Entführers und hält sämtliche Personen um sie herum so lange hin, bis sie keine andere Wahl mehr hat als mit der Wahrheit heraus zu rücken. Dylan soll den Auftrag erfüllen. Alex erzählt sie, Norman läge krank im Bett. Emma wird weggeschickt. George bekommt eine Abfuhr. Der Druck wird noch dadurch erhöht, dass Alex ihr mitteilt, weshalb er Norman sprechen will und mit dem Lügendetektor-Test um die Ecke kommt.
Erst als Romero die Wohnung stürmt, um Norman ausfindig zu machen, erzählt Norma ihm von der Entführung. Da Dylan den Aufenthaltsort von Norman nicht kennt, lässt sich nun vermuten, dass der Sheriff um Nicks Versteck für solche Angelegenheiten Bescheid weiß oder eine Ahnung haben wird, wo er suchen muss. Zumindest verspricht er Norma, sich um das Problem zu kümmern.
Hut ab auf jeden Fall vor der Hauptdarstellerin, wobei auch die jeweiligen Szenen-Partner einen sehr guten Job abliefern und dem Zuschauer eine ähnliche Odyssee vermitteln wie die, die Norma durchmacht. Und dabei sind für gewöhnlich hauptsächlich die Szenen zwischen Mutter und Sohn am besten - die diese Woche nicht vorkommen (das dürfte ein Novum in der Serie sein).

Norman
Ungewöhnliche Situation, den Haupt-Protagonisten über weite Strecken einer Episode kaum zu Gesicht zu bekommen. Dafür ist das Ende der Folge umso packender. Norman hat keine Ahnung, was die Entführer von ihm wollen, geschweige denn, weshalb sie ihn irgendwo im Nirgendwo in eine Metallkiste stecken. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr setzt ihm seine unfreiwillige Lage zu.
Mit dem gescheiterten Fluchtversuch und dem Verlust von Ms. Watsons Kette wird auch er im Folgenverlauf immer unruhiger. Als nachts schließlich noch Ungeziefer und Regen in die Kiste dringt, erleben wir mit, wie er anfängt zu halluzinieren. Dass er dabei gedanklich von Mutti heimgesucht wird, ist wenig verwunderlich. Aber gegen Ende durchbricht er den Blackout, den er bei der Lehrerin hatte und zeigt uns (durch einen verschwommenen Schleier), was am besagten Abend bei Ms. Watson wirklich passiert ist.
Während der zweiten Staffel konnte man den Eindruck gewinnen, dass der Tod der Lehrerin vielleicht keine große Rolle mehr spielen wird. Selbst Romeros Ermittlungen, die scheinbar aus rein privaten Motiven wieder aufgenommen wurden und nicht die Absicht hatten, Norman dingfest zu machen (Alex will laut eigener Aussage nur die Wahrheit wissen und ist mit dem jetzigen Verurteilten als Täter zufrieden), deuteten nicht unbedingt dahin, dass Norman der Mörder war. Aber jetzt ist die Katze doch noch aus dem Sack gelassen worden und der Junge weiß, was er gemacht hat. Wie wird er nun mit diesem Wissen umgehen? Wird er sich auch an die anderen Blackouts erinnern können?
Diese Offenbarung war genau der Knall, den die Episode benötigt hat, um den Weg zum Staffelfinale zu pflastern. Und die Vorschau darauf macht die Wartezeit geradezu unerträglich.

Fazit: Eine sehr gute Episode, die viele Fäden zusammen führt und die Spannung zum Folgenende in die Höhe treibt. Toll gespielt, klasse umgesetzt und zu beanstanden gibt es nur wenig.

9/10 verführerische Lehrerinnen
 
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