Hardcore (Actionfilm aus Ich-Perspektive) ~ Sharlto Copley [Kritik]

serd

Well-Known Member
Ich glaube schlussendlich ist die Ego-Perspektive ein Gimmick wie Found-Footage und es kommt darauf an, was man mit dem Gimmick macht.

Gute Regisseure nutzen es auf unterschiedliche Weise, während bei schlechteren Regisseuren es oft Gimmick des Gimmick willens ist und man oft merkt, dass es an die Grenzen stößt. Ilya Naishuller würde ich jetzt vom Gefühl her eher in die zweitere Kategorie stecken.
 

Mestizo

Got Balls of Steel
Schlecht wird mir da sicherlich auch nicht, wobei das natürlich schon sehr gewöhnungsbedürftig sein kann, wenn man eben nicht wie einem Spiel, die Kontrolle über die Bewegungen hat. Störend wiederum ist halt so ne Sache, wenn man sich durch die Perspektive gezwungen sieht das Storytelling auf eine bestimmte Art und Weise vorzunehmen. Ich denke halt, dass man für so eine Art von Film, einen recht starken Regisseur benötigt und es eines guten Drehbuchs bedarf. Dahingehend bin ich recht skeptisch, ob das bei Hardcore Henry beides zusammenkommt.
 

McKenzie

Unchained
Mestizo schrieb:
Ich befürchte halt, dass das einfach zu einer simplen Aneinanderreihung von mehr oder weniger gut inszenierten Actionsequenzen verkommt. Wo ist da Platz für Dialoge und Storytelling durch Kameraeinstellungen?
Ich bin sogar überzeugt dass das Storytelling nicht grad umwerfend sein wird und es eine simple Aneinanderreihung von Action ist. Und nicht falsch verstehen, würde das Trend werden und sich Film generell (okay was red ich - Tut es ja eigentlich längst..) vermehrt in Richtung reine Schauwerte orientieren, diese Entwicklung wäre/ist mir ein Gräuel. Da das Gimmik hier aber noch recht frisch ist nehm ich das mal hin und gehe in den Film wie in eine Achterbahn, ein 5D-Kino oder wenn ich mir groß angelegte Sportfilme wie Art of Flight ansehe. Einfach als interessante Randerscheinung der Kunstform, inkl. der Stärken und Schwächen.
 

brawl 56

Ich bin auf 13 Sternen zum Tode verurteilt!
Gestern Abend gesehen und mal ein wenig durch den Kopf gehen lassen :smile:

Erstmal vorweg: Ich habe den Film heiß erwartet, weil ich wissen wollte wie sich die Perspektive bei einem Kinofilm macht. Sprich auf der Leinwand, und bei der Dauer, daher waren mir Inhalt erstmal egal.
Da erwarte ich keine tiefen Charakterzüge oder herzensschwere Emotionen :rolleyes:


Zur Perspektive an sich:
In den ersten paar Minuten war es erst lustig. Es war neu und ungewohnt.
Aber das war eben nur der Anfang, denn wenn man realisiert hat, dass es sich nicht ändern wird und man sich darauf eingestellt hat, geht die Achterbahnfahrt auch schon los.
Ich hatte mich recht schnell dran gewöhnt und es als nicht störend empfunden, meiner Freundin erging es leider nicht so. Ihr wurde durch die ganze Hektik und Wackeligen Aufnahmen sehr schwindelig. Aber sie hat tapfer durchgehalten :love:
Überraschenderweise bleibt die Übersicht durchaus am Leben. Nur wenn es wirklich absolut hektisch mit Rollen, Saltos und schnelle Wechsel der Blickrichtungen gab, war es einfach nur ein wildes Farbgewische.
Da Hardcore Henry der erste Spielfilm in dieser Perspektive ist, hab ich da Nachsicht, denn man merkt deutlich Luft nach oben.
Man hat selber einen natürlichen Ausgleich beim Sehen, der die Schwankungen beim Gehen ausgleicht. Das fehlte in dem Film, was man in folgenden Filmen ruhig ändern darf, sodass es natürlicher wirkt.

Zum Film selbst:

Abartig geile Action :thumbsup:
Blutig, brutal, kompromisslos und nonstop Action. Wirklich nur höchstens eine Minute ein paar mal tief Durchatmen und schon ging es weiter in die nächste Schießerei.
Das tolle waren eben die ganzen Stunt, praktische Effekte und wahnwitzige Ideen die so großartig umgesetzt wurden, wie man sie nur selten sieht. Richtig, richtig gutes Zeug dabei.
Trotz der Perspektive hat man allein durch die Art und Weise wie sich Henry bewegt ein Gefühl für den Charakter bekommen, wie er Tickt und Denkt. Hätte ich vorher nicht gedacht, zumal er Stumm ist und nur durch Kopfbewegungen oder Handzeichen mit anderen Charakteren kommuniziert. Klappte erstaunlich gut. Wenn man jetzt noch Sprache mit einbringt kann man da durchaus mehr als nur einen reinen Actioner draus machen.

Akan, der Schurke war ein relativ belangloser Typ. Hatte unerklärte telekinetische Fähigkeiten und wollte die Weltherrschaft. Reichte in diesem Fall aus, weil die Story zwar einfach aber durchaus gut erzählt wurde. Gibt schlimmere Kandidaten, die das mit herkömmlichen Mitteln schon nicht schaffen. Zumindest hatte Akan noch ein paar flotte Sprüche auf Lager... so zum Thema Baseballschläger usw. :ugly:

Sharlto Copley als Jimmy war allerdings der beste Charakter im ganzen Film. Was es mit ihm auf sich hat mag ich an der Stelle nicht verraten, aber es ist genauso irrwitzig, wie der ganze Film an sich :ugly:
Was der Typ alles spielen kann ist der Wahnsinn.
Und das Wiedersehen mit Wikus van de Merwe war zu göttlich :clap:

Was noch aufgefallen ist, ist die Laufzeit. 15-20min weniger hätte dem Finale gut getan, weil es dann schon sehr anstrengend wurde. An sich aber nicht schlimm.

Punkte?
Das Ding hat mich so dermaßen gut unterhalten, ich hatte stellenweise Tränen in den Augen vor Lachen und so derbe inszeniert...
8/10 :top:

Wer knallharte nonstop Action mit verdammt guter Inszenierung sucht wird hier mehr als fündig!
Absolut gelungenes Experiment, und ich will mehr davon! :w00t:
 

<Rorschach>

Well-Known Member
Hat mir leider nicht gefallen.
Positiv anrechnen muss man natürlich den Mut zum Experimentellen und die Umsetzung für (wahrscheinlich) ein sehr überschaubares Budget.
Jedoch war ich echt froh als ich nach den 80 Minuten die sich wie eine Ewigkeit anfühlten aus dem Kino gehen durfte.
Das große Problem ist halt, dass sich der Ego-Shooter (und genau das ist der Film... ein langer stumpfer Ego Shooter) sehr schnell abnützt. Ich bin mir die meiste Zeit vorgekommen als würde ich gerade im Kino auf Twitch einem Obersüchtler bei CoD oder sonst was zuschaun. Hinzu kommt noch dass es für meine Augen sehr anstrengend war dem ganzen zu folgen, somit taten mir nach einer Stunde die Augen ziemlich weh.

Nettes Experiment, dass vielleicht irgendwann ausgereift genug sein wird oder man es zumindest irgendwie sinnvoll in einem Film einbaun kann, der nicht 89-90 Minuten damit verbringt 1000 Gegner über den Haufen zu ballern.

4/10 Scheibenwischerkills
 

Driver

Well-Known Member
Hab Ihn nun auch gesehen und naja nach dem Kinobesuch ist so gut wie nix hängen geblieben. Ist eben wie ein Hamburger bei Mcdonalds, macht kurz satt aber es war bei weitem kein Genuss.

Der Film ist klasse gemacht aber insgesamt kein guter Film was die Geschichte betrifft. Ich habe mir teilweise gedacht wozu jetzt was passiert und worum es eigentlich geht. Letztendlich war es dann doch zu simpel gestrickt um es als Film zu bezeichnen. Es sind definitiv aneinander gereihte Aktionsequenzen mit dem kurzen Einstreuen von Storyelementen die aber nur dazu dienen den Charakter weiter durch die Gegend zu treiben.

Es ist eben abgedrehter und kranker Aktionblödsinn der kurze Zeit Spaß machen kann aber mehr eben auch nicht. Am meisten hat mich der Film an Crank erinnert in dem ja auch der Hauptcharakter comicartig durch die Welt getrieben wird um seinem Ziel näher zu kommen. Aber selbst der hatte mehr Story zu bieten. Zum einmal ansehen lohnt sich der Film schon. Nur Kino ist nicht unbedingt Pflicht aber wer diese Perspektive voll erleben möchte kommt an dem Cinema um die Ecke nicht vorbei.

Insgesamt vergebe ich 5/10 Baseballschläger 8)
 

McKenzie

Unchained
Kann ich so oder so ähnlich unterschreiben. Ich würde noch ergänzen, dass der Ego-Shooter-Aspekt sogar so richtig dominant ist. Der ganze Aufbau des Films erinnert an ein Game, mit einem langen Intro-Video, dann kriegt Henry immer neue Objectives per Handy (Da ist ein Punkt auf der Karte, da musst du hin. Töte dort alle!), kämpft sich durch verschiedene Level (einmal Fahrzeuge mit mounted gun, einmal melee, meistens mit Knarren), wobei er die verschiedenen üblichen Waffengattungen durchnimmt - Pistole, Doppel-Pistole, Shotgun, Maschinengewehr, Sniper, Granatwerfer...alles dabei, und in der gewohnten Reihenfolge :squint: Und dazwischen quasi immer Zwischensequenzen mit Dialogen, die die weitere Handlung bestimmen.
Wer Shooter mag, wird sich das ein oder andere Lächeln also nicht verkneifen können, Leute denen sowas fremd ist, werden sich wohl schwer tun mit Hardcore.

Apropros schwer tun - Meinem Bruder wurde im Kino durchaus schlecht, und so ganz gut ging's mir auch nicht damit (unser dritter Begleiter war allerdings begeistert und hatte null Probleme). So falsch es klingt das zu sagen, aber ich denke dass Hardcore ein weitaus angenehmerer Filmgenuß auf dem heimischen Fernseher ist, wo man auch mal pausieren kann und wo das Bild nicht derart viel Sichtfeld einnimmt, als auf der großen Leinwand.

Was mich aber mehr desorientiert hat als das Wackeln (und ja, das war teils heftig), war die Schnittführung. Klar hat man bei reiner Egoperspektive keine so große Auswahlmöglichkeit, aber die vielen Jump Cuts (Schnitte, in denen sich der Bildinhalt nur marginal ändert) sind auf Dauer wirklich anstrengend, weil das Hirn dann immer zusätzlich zum Wackeln auch noch immer abgleichen muss, ob Henry jetzt noch an der gleichen Stelle ist oder ein bisschen woanders. Das hätte man definitiv geschickter lösen können, daher mal "nur"

6,5/10

Es könnte eventuell eine 7 werden, wenn ich mir das in 15min-Häppchen zuhause ansehe und die Machart bewundern kann, aber als Kinoerlebnis war ich zu abgelenkt von der Orientierungs-Problematik. Hardcore ist jedenfalls definitiv kein Film für jedermann. Wenn man aber in die überschaubare Zielgruppe fällt, bietet der schon einiges.
 

Diego de la Vega

Not Yet Rated
Mir würden zwar spontan weiterhin 27 Filme mit Hardcore, Action oderHardcore-Action im Titel (bzw. einer Inhaltsangabe) einfallen, die höher auf meiner zu schauen Liste stehen als Hardcore Henry - und die merkwürdigerweise auch POV gefilmte Hardcore-Action zeigen - aber die Kritik macht Bock auf den Streifen. :top: :top:
 
B

Bader

Guest
Mir geistert schon seit Jahren eine Idee durch den Kopf, der zu Zeiten des WW II spielt. Der Film fängt da an wo diverse Soldaten im Flieger hocken. Jeder verarbeitet das Bevorstehende auf seine eigene Weise bis es zum Absprung kommt. Anschließend riesiges Meer an Fallschirmen und Flackfeuersalven. Am Boden dann bis zum Einsatzziel vorkämpfen. Zwischendurch auch Ruhepausen wo man die einzelnen Soldaten näher kennenlernt. Halt eine emotionale Achterbahnfahrt aus Krieg, Schrecken und einzelne Schicksale. Bevorzugend viele Plan Sequenzen um die Eindringlichkeit zu erfassen.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Klingt aber mehr nach Videospiel und damit befinden wir uns schon mitten in der Diskussion um die Sinnhaftigkeit dieses POV-Gimmicks. Interessant vor allem, dass es scheinbar für einen Großteil nur Sinn ergibt diese Perspektive innerhalb des Action-Genres anzusiedeln.
 

McKenzie

Unchained
Ich sag mal so - Als alleinstehendes Experiment gefällt mir Hardcore, trotz der zwangsweisen Unzulänglichkeiten. Generell verspüre ich aber weiterhin keinen Bedarf nach mehr POV-Filmen. Ja, die Egoperspektive ist ein Gimmik, aber das war von vorneherein klar und wurde auch nie anders dargestellt. Und ein Gimmik mal ausprobieren kann spaßig sein. Grundlage für eine neues (Unter-)Genre bietet es aber in meinen Augen nicht. Ich will es nicht mal vermehrt in "normalen" Filmen szenenweise eingesetzt sehen. Störte mich in Amazing Spiderman, störte mich im Hobbit, auch wenn es da nur kurze Momente waren.

Neo, du würdest den bestimmt nicht mögen, so wie ich das einschätze. Und da ist auch nix falsch dran. Wie gesagt und im Vorfeld vermutet, der Film zielt auf seine ganz spezielle Zielgruppe ab.
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
TheRealNeo schrieb:
Interessant vor allem, dass es scheinbar für einen Großteil nur Sinn ergibt diese Perspektive innerhalb des Action-Genres anzusiedeln.
Jain. Was Bader beschreibt wäre ja auch zu einem gewissen Teil Drama.
 
B

Bader

Guest
Korrekt. Üblicher Antikriegsfilm aus POV Sicht. Der Protagonist muss ja auch nicht rumballern bzw. sind Szenen wo der Protagonist viel am schießen ist, bei WWII Filmen eher rar gesäät. Wir sind ja nicht in der Gegenwart wo Vollautomatik an der Tagesordnung ist, daher hat man da viel mehr Spielraum für Dramaturgie.
 
B

Bader

Guest
Ich vermag zu erinnern, dass wir schon mal über die selbe Thematik ausgetauscht haben und daher kaue ich das nicht nochmal durch, damit Herr Neo zufriedengestellt ist. :nene:
 
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