Adventures of Captain Marvel (1941) - 12teiliges Serial

Clive77

Serial Watcher
Mit diesem kleinen Review kommen wir zur erfolgreichsten Comic-Figur der 1940er Jahre. 1939 von C. C. Beck und Bill Parker kreiert, erblickte Captain Marvel (deutscher Wiki-Link) erstmals im Februar 1940 das Licht der Comic-Welt - damals noch beim Verlag Fawcett Comics. Nur ein Jahr später hatte Captain Marvel sein Kinodebüt mit dem hier behandelten Serial „Adventures of Captain Marvel“, welches mit zwölf Episoden daher kam, die eine Gesamtlaufzeit von 216 Minuten haben.

Um Missverständnissen vorzubeugen, vorweg ein paar Infos zur Figur und deren „Leidensweg“: Captain Marvel ist das Alter Ego von Billy Batson, der sich mit dem Zauberwort „Shazam“ in den Helden (und wieder zurück) verwandeln kann. Seine Superkräfte basieren auf sechs mythologischen Figuren: Solomon (Weisheit), Hercules (Stärke), Atlas (Ausdauer), Zeus (Macht), Achilles (Mut) und Mercury (Geschwindigkeit) - man schaue auf die Anfangsbuchstaben der Namen.
Die Figur war so erfolgreich, dass sie von den Verkaufzahlen her selbst den Man of Steel der Detective Comics (ab 1946 National Comics, heute DC Comics) in die Tasche steckte. Da die Fähigkeiten von Captain Marvel allerdings sehr stark denen von Superman glichen, kam es zu einer lange andauernden Urheberrechtsklage. Als Folge davon legte Fawcett 1953 seine Captain Marvel Reihe auf Eis. Die Rechte an der Figur gingen 1972 (zunächst lizenziert, bis 1991 vollends) an DC über und Captain Marvel wurde (in mehreren Versuchen) wiederbelebt.
Allerdings hatte es in der Zwischenzeit bei den Marvel Comics eine Figur mit gleichem Namen gegeben - die Rechte am Namen (und nur am Namen) hatte sich Marvel in den späten 60ern gesichert, in der sie auch ihren Captain an den Start schickten. Langer Rede kurzer Sinn: Heute wird DCs „Captain Marvel“ als „Shazam!“ vertrieben. Alles klar? Dann kann’s ja weiter gehen.

Republic Pictures brachte das Serial an den Start, welches von Ronald Davidson, Norman S. Hall, Arch B. Heath, Joseph Poland und Sol Shor geschrieben und von William Witney und John English inszeniert wurde. Für die Produktion verantwortlich war Hiram S. Brown, Jr., dem ein Budget von ca. 135.000 US-Dollar zur Verfügung stand (am Ende kostete das Serial etwa 10.000 Dollar mehr) - ein recht ansehnliches Budget, wie sich auch in der Reihe bemerkbar macht.
Tom Tyler wurde als Captain Marvel verpflichtet, in den sich Billy Batson (gespielt von Frank Coghlan, Jr.) nach einer kurzen Origin-Geschichte verwandeln kann. Das Problem der möglichen Wiedererkennung von Billy als Captain Marvel wird damit direkt außer Kraft gesetzt, denn es handelt sich tatsächlich um zwei unterschiedliche Darsteller. Billy zur Seite stehen dabei Betty Wallace (Louise Curry) und Whitey Murphy (William Benedict). Auf der Gegenseite wartet „The Scorpion”, ein maskierter Missetäter, dessen Identität es zu enthüllen gilt. Als kleiner Spaß wird in den Credits zwischen den ganzen Darstellern auch „The Scorpion“ aufgeführt - eben so, als wenn es diese Figur tatsächlich geben würde. Trailer. Poster.

Aber nun zur eigentlichen Geschichte: In Siam (dem heutigen Thailand) erkundet eine archäologische Expedition im „Valley of the Tombs“ eine alte Grabstätte und findet dabei eine goldene Skorpion-Statuette. Diese ist mit verschiedenen optischen Linsen ausgestattet, die in der richtigen Anordnung und mit Hilfe einer Lichtquelle zu einer mächtigen Waffe werden: So lässt sich beispielsweise einfaches Gestein in Gold verwandeln. Die Mitglieder der Expedition beschließen, die Linsen, die Statue und die ebenfalls gefundene Anleitung zur Benutzung unter sich aufzuteilen - so dass sich nur im Einverständnis aller die Statue gebrauchen lässt. Der junge Billy Batson hat zuvor in einer Geheimkammer der Ruinen Bekanntschaft mit Shazam (Nigel De Brulier) gemacht, der vom Eindringen der Expedition in die angeblich verfluchte Grabstätte geweckt wurde. Er sieht in Billy einen guten Menschen und verleiht ihm die Fähigkeit, sich in Captain Marvel zu verwandeln. Billys Aufgabe ist es, den goldenen Skorpion zu schützen.
Kurz darauf wird die Expedition von den Einheimischen angegriffen und der große Gegner - „The Scorpion“ - macht sich bereits daran, die Statue und deren Anleitung zu entwenden.
Nach der Flucht zurück in die Staaten sind die Expeditionsmitglieder nicht sicher vor Scorpion, der nun hinter den Linsen her ist. Es liegt an Captain Marvel, ihn aufzuhalten.

Soweit die Prämisse. Die ganze Geschichte ist sehr actionreich inszeniert und bietet neben zahlreichen Kämpfen - egal ob mit der Hand oder mit Schusswaffen - die Frage danach, wer der verkleidete Bösewicht ist, der mit seinen Schurken stets die Pläne der Expeditionsmitglieder zu kennen scheint. Schnell wird klar, dass Scorpion einer der Wissenschaftler sein muss, die an der Expedition teilnahmen. Nur wer? Während Billy, Betty und Whitey rätseln, versucht sich auch der Zuschauer daran, hinter die geheime Identität zu kommen.
Problematisch dabei: Es gibt zwar Hinweise, aber so richtig lernt man keinen der Herren Doktoren kennen, die sich der Archäologie verschrieben haben. Wir sehen sie meist nur, wenn sie sich treffen und beraten, lernen aber sonst nicht viel über die Figuren - es könnte jeder sein. An zwei Stellen gibt es zudem Tipps, die sich hinterher als wertlos herausstellen. Einmal verletzt Betty mit einem Schuss die Hand von Scorpion - aber der mit der verletzten Hand erweist sich dann doch nicht als Täter (eine weitere Erklärung dazu bleibt aus). Ein anderes Mal verliert der Bösewicht seine Maske und es lässt sich in etwa ausmachen, wie er aussieht - zu dumm, dass es keiner der Darsteller war, die in Frage kämen. Statt also dem Zuschauer eine Chance zu geben, erweist sich die Raterei als sinnlos, was doch sehr schade ist.

Die Actionsequenzen sind allerdings das, was das Serial richtig angeht. Es wird zwar auch hier hin und wieder bei den Cliffhangern etwas gemogelt, aber es gab bessere Einfälle und auch pompösere Situationen als es beispielsweise bei den späteren Superman- oder Batman-Serials der Fall war. Highlights sind da sicher ein Captain Marvel, der sich in einer Höhle Lavamassen gegenüber sieht oder ein auf Felsen havariertes Schiff, welches mit Billy und Betty in den Meerestiefen versinkt.
Die Special Effects können sich dabei übrigens sehen lassen. Die größeren Katastrophen sind gut umgesetzt (für 1941) und auch die Flugkünste von Captain Marvel wirken sehr viel besser als beim späteren Superman-Serial. Was möglich war, wurde per Hand gemacht - wobei der Stuntman Dave Sharpe zum Einsatz kam oder aber Tom Tyler an Drähten aufgehängt vor einer Leinwand posierte. Für längere Flüge wurde ein Dummy eingesetzt, was zwar manchmal deutlich sichtbar ist, aber dennoch besser funktioniert als die Zeichentrick-Einlagen bei Supes 1948. Sowohl die Absprünge in die Luft als auch die Landungen kommen gut rüber. Auch in manchen Nahkämpfen wurden übrigens Dummys verwendet, wenn Captain Marvel beispielsweise die Schurken durch die Gegend wirft.

Ein Punkt, der weniger gefallen hat, ist die Anzahl der Tode, die auf Captain Marvels Konto gehen. Gleich in der ersten Episode schießt er drei flüchtigen Angreifern mit einem Maschinengewehr in den Rücken. Auch in anderen Situationen hat er scheinbar kein Problem damit, Schurken vom Dach zu werfen oder anderweitig zu töten. Jetzt ist Marvel zwar keine kaltblütige Mordmaschine und die Schurken sind auch nicht gerade zimperlich, wenn es um Menschenleben geht, aber für einen (guten) Superhelden wirkt das manchmal sehr unpassend.
Etwas merkwürdig ist zudem, dass sich kaum einer über die Auftritte von Captain Marvel wundert. Seine Existenz wird von den beteiligten Figuren mehr oder weniger akzeptiert und abgesehen von Scorpion macht sich auch niemand die Mühe, den geheimnisvollen Auftritten auf die Spur zu kommen.

Zu den Figuren: Die bleiben durch die Bank weg ziemlich platt. Es gibt keine charakterlichen Entwicklungen oder dergleichen. Gut ist gut. Böse ist böse. Punkt. Etwas erfrischend war da nur Betty, die an einigen Stellen mit guten Einfällen punkten konnte und nicht bloß als „damsel in distress“ verwendet wird.
Worüber man auch hinweg sehen muss, sind die Einheimischen in Siam, die keinerlei asiatische Züge haben. Kunststück, sind die Darsteller doch - wie im Fall von Tal Chotali (John Davidson) oder Rahman Bar (Reed Hadley) - Amerikaner. Der einzige Asiate im Serial - Chan Lai (Tetsu Komai) - gehört übrigens zu den zwielichtigen Gestalten.

...to be continued...
 

Clive77

Serial Watcher
Monieren lassen sich außerdem ein paar Fehler, die je nach Empfinden schwer ins Gewicht fallen können. Wenn Betty beispielsweise bewusstlos am Steuer eines Wagens liegt und das Auto problemlos von den oberen Etagen des Parkhauses durch zahlreiche Kurven bis auf die Straße fährt, ohne vorher einen Unfall zu haben. Oder wenn ein paar Schurken bei einem der Doktoren durchs Fenster ins Haus einbrechen und nachher wieder daraus fliehen, aber als Captain Marvel die Verfolgung aufnimmt das Stockwerk sich scheinbar in luftigen Höhen befindet. Ein logischer Knackpunkt gegen Ende ist zudem die Allianz zwischen Scorpion und Rahman Bar, dem Anführer der Einheimischen von Siam. Rahman soll den verbliebenen Expeditionsteilnehmern eine tödliche Falle stellen - und dieser Falle würde im Erfolgsfall auch Scorpion zum Opfer fallen, denn er ist ja einer der Archäologen.

Hui, das war jetzt eine Menge Kritik. Liegt vielleicht auch daran, dass die Reihe sich ziemlich ernst nimmt und an kaum einer Stelle etwas Humor durchblicken lässt. Dennoch gehört „Adventures of Captain Marvel“ zu den besseren Serials aus der Zeit, was vor allem an der technischen Seite liegt, die für damalige Verhältnisse bestmöglich umgesetzt wurde. Es kommt auch keine Langeweile auf, denn die Geschichte steht nie still, führt immer wieder neue Sets ein und bleibt damit abwechslungsreich. Bis hin zum runden Ende.

Fazit: Empfehlung. Die Macher haben sich hier sichtlich Mühe gegeben und hatten auch die nötigen Mittel zur Verfügung. Aller obigen Kritikpunkte zum Trotz sind die Abenteuer von Captain Marvel ein kleiner Meilenstein bei den Serials. Wer sich für die alten Schwarten interessiert, ist hier genau richtig aufgehoben (oder sollte alternativ bei Flash Gordon reinschauen :biggrin: ).

6/10 Teuflische Todesfallen

P.S.: Was das Kryptonit für Superman ist, ist ein Knebel für Billy Batson. :biggrin:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Interessant, dass Black Adam da noch gar nicht dabei ist. Den zählt man ja heutzutage automatisch dazu, wenn man DCs Captain Marvel hört.

Für uns heute ja auch fast unvorstellbar, dass Captain Marvel tatsächlich mal beliebter war als Superman. Die langen Rechtestreits haben sicher dazu beigetragen, dass die Figur ziemlich aus dem "Public Conscience" rausgefallen ist. Später konnte man die Figur ja nicht mehr dahin zurückholen und das hofft der kommende Film wieder zu ändern.

Ebenfalls auffällig ist, dass Captain Marvel hier sogar noch Leute erschießt. Heute undenkbar, aber zu der Zeit waren wir ja gerade noch im Zweiten Weltkrieg, da sah alles anders aus. Auch Batman begann ja ursprünglich mal mit Waffengewalt und erschoss in den ersten Ausgaben Gangster mit einem Gewehr.
 

Clive77

Serial Watcher
Dass Black Adam nicht vorkommt, hat sicher mehrere Gründe: Einmal war der Comic noch recht frisch und ich wäre mir gar nicht so sicher, ob die Figur bis 1941 bereits einen Auftritt hatte. Zum anderen war es bei den meisten Serials so, dass sich die Filmabenteuer deutlich von den Comics unterschieden - bei den Batman-Reihen kommen beispielsweise überhaupt keine bekannten Gegner vor, Lex Luthor war erst beim zweiten Superman-Serial dabei und selbst dort tritt er überwiegend maskiert auf, wenn er seine Taten begeht. Man hat sich also schon bewusst etwas von den Vorlagen abgegrenzt und hauptsächlich auf die gute(n) Hauptfigur(en) konzentriert, ohne bekannte Gegner zu bringen. Vielleicht hatte man dort einfach Angst, das Gleiche nochmal in grün zu bringen. Obwohl, zumindest bei Flash Gordon lief man mit den bekannten Gegnern ziemlich gut.

Witzig ist übrigens auch, dass die Geschichte hier eine einmalige Sache war - am Anfang bekommt Billy Batson seine Fähigkeit und am Ende ist es mit Captain Marvel wieder vorbei. Für eine Fortsetzung (die es übrigens in Comic-Form gibt) hätte es einer neuen Origin-Geschichte bedurft.

Der Rechtestreit hat schon deutliche Folgen hinterlassen - Fawcett Comics ging daran komplett zugrunde und hat 1953 alle Comic-Reihen eingestellt (die meisten Rechte wurden dann von der Konkurrenz aufgekauft). Ist ja oft so, dass die Konkurrenz mit Neid auf den Erfolg des anderen schaut und versucht, mit allen Mitteln entweder eine Scheibe davon abzuschneiden oder aber Steine in den Weg zu legen. Auch als die Dreharbeiten zur Serie starten sollten, hat National Comics versucht, das zu verhindern (hatte aber glücklicherweise keinen Erfolg damit).

Der Gewaltfaktor ist hier wirklich etwas, was störend auffällt. Bei den anderen Serials sind zwar auch Leute gestorben, aber oft nur durch Gegnerhand oder aber in Notwehr. Da war ich schon etwas geschockt, wie brutal und unnötig Captain Marvel teilweise die Gegner abservierte. Sowas habe ich bisher auch in keinem anderen Serial aus der Zeit gesehen, aber ganz so viele habe ich ja noch nicht gesichtet, vielleicht gibt es noch mehr Helden, die nicht zimperlich mit ihren Gegnern umgehen (The Phantom steht ja auch noch auf meiner Liste).
 
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