Story XXXV (vorbei) Die Legende der fünf Schiffe - KOMPLETT EXTENDED SPECIAL EDITION DIRECTORS CUT R

Woodstock

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Das ist die komplette, nochmal überarbeitete Version meines Wettewerbsbeitrag, Story XXXV - Die Legende der fünf Schiffe.

Anmerkung: Ein Lied das ich während des Schreibens gehört habe: This Will Destroy You - The Mighty Rio Grande

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Die Legende der fünf Schiffe

Es geht eine laue Brise durch das niedrige Gras. Es ist weich, vom Regen der Tage zuvor aber nicht zu nass. Ein Junge steht am Hang eines Berges. Vor ihm erstreckt sich das Tal; die Lichter des Dorfes leuchten hell, aber nicht heller als die Sterne. Man erkennt die Lichter der Mondstation im Vollmond besonders gut.
Der Junge kommt jeden Abend hierher und blickt in den Himmel. Eine junge Frau mit dunklen Haaren kommt auf ihn zu und legt den Arm um ihn: „Woran denkst du?“, fragt sie mit heller und fürsorglicher Stimme. „Ich denke an uns“, antwortet der kleine Junge und blickt zu seiner Mutter.
„An uns?“, Jetzt war die Mutter doch ein bisschen überrascht, da sie mit dieser Antwort nicht gerechnet hat. „Ja. Ich habe in der Schule gelernt, dass es eigentlich ein gewaltiger Zufall war, dass es uns gibt. Dass unser Planet durch Zufall entstanden ist. Und dass keiner der Planeten, die wir bereits gefunden haben, unserem auch nur ähnlich ist.“
„Das stimmt.“
„Aber das bedeutet auch, dass wir allein sind. Dass wir die einzigen sind, die nachts zu den Sternen schauen.“

Die Mutter überlegt kurz und beginnt dann zu lächeln: „Was siehst du, wenn du zu den Sternen blickst?“
„Lichter, Punkte. Es sind Sonnen, Galaxien …“, antwortet der Junge, aber er wird von seiner sanft lachenden Mutter unterbrochen: „Das ist alles richtig. Aber was siehst du?“ Sie tippt ihn mit dem Zeigefinger auf die Brust. Der Junge schaut wieder nach oben: „Ich sehe Abenteuer, Weltraummonster, nette Aliens, große Raumschiffe und gewaltige Planeten - viel größer als unserer und tausendmal hübscher." Dann fügt er traurig hinzu: „Aber das alles gibt es gar nicht.“ Seine Mutter widerspricht ihm lächelnd: „Oh doch, das gibt es.“ Der Junge senkt den Kopf: „Nein, gibt es nicht.“
Die Mutter hebt sacht den Kopf ihres Jungen an: „Weißt du, was sie dir nicht sagen? Dass es nicht darauf ankommt, was wir bereits wissen, sondern darauf, was wir nicht wissen. Weißt du, was ich sehe, wenn ich nach oben blicke?“ Der Junge schüttelt den Kopf. „Ich sehe die Sammlung von allem, was wir nicht wissen und allem, was möglich ist.“
„Auch Weltraummonster?“
„Besonders Weltraummonster!“
Der Junge beginnt zu lächeln und schaut wieder hinauf.

„Aufwachen Paul!“, reißt ihn eine weibliche Stimme aus seinem Schlaf. Paul öffnet seine Augen und wird sofort geblendet. Nur langsam gewöhnt er sich an das grelle Licht der Sonne, welches durch das Bullauge des Transportschiffes fällt. Natürlich regelt der Schild den Licht- und Strahlungseinfall, aber es ist trotzdem ein strahlend heller Anblick. Der Schmerz in seinen Augen verschwindet langsam und er sieht um sich herum. Alles ist voller Menschen unterschiedlicher Herkunft und Geschlechts, festgeschnallt in stabilen Sesseln, um bei der Beschleunigung in der Schwerelosigkeit nicht gegen die Wand zu klatschen. Jeder trägt einen blauen Overall.

„Bist du endlich wach?“, fragt die dunkelhäutige, sehr dünne Frau mit indischem Akzent neben ihm und fasst ihn an die Schulter. „Ja, Kanti. Ich bin wach“, gähnt Paul mehr, als zu sprechen. Er fährt sich mit den Fingern durch seine schwarzen Haare, welche bei der Schwerelosigkeit immer in allen Richtungen abstehen. Das Problem, nur schlimmer, hat auch Kanti. Ihre langen schwarzen Haare versperren ihm fast die Sicht. „Ich weiß, der Flug ist nicht so aufregend, aber die Ankunft wolltest du sicher nicht verpassen.“
Diese Information muss nach dem stundenlangen Flug von der Merkurstation hierher erst in sein müdes Gehirn eindringen. Sie sind angekommen.

Kanti, Paul und alle anderen Passagiere blicken erwartungsvoll hinaus und sehen die fünf gewaltigen Schiffe, die ihre baldigen Zuhause werden. Die fünf Schiffe befinden sich in einer Linie um die Sonne mit den Spitzen auf den Stern gerichtet, und verbunden mit einer Station in der Mitte. Alle Schiffe sind geschützt mit ihren eigenen ausfahrbaren, gewaltigen Spiegeln, ebenso wie die Station. Die Schiffe sind alle gleich in ihrer Bauart. Eine lange, jedoch flache Trapezform mit einer glatten Oberfläche.

Kanti beginnt zu erklären, verliert sich jedoch immer mehr ins Schwärmen: „Die Africa, die Eurasia, die Australia, die America und unseres: Die Antartica." Sie zeigt mit dem Finger auf Pauls rechte Schulter auf dem das Symbol für ihr Schiff steht. Es ist die Sonne, welche vor einer menschlichen, blauen Hand schwebt. Darunter steht der Name des jeweiligen Schiffes und darüber der Schriftzug: „Der Griff nach den Sternen.“ Kanti schwärmt weiter: „Fünf Generationsschiffe ausgelegt für Warpantrieb. Kannst du dir vorstellen, dass auf jedem dieser Schiffe eintausend Mann Besatzung und elftausend Passagiere leben werden? Zwölftausend Menschen pro Schiff. Beinahe einhundert Jahre der Planung und fünfzehn Jahre Bauzeit. Gedacht für eine friedliche Expansion in das Mysterium, das wir als Universum kennen. Ausgerüstet mit der neusten Technik was Antrieb, Waffen, Schilde und Lebenserhaltung angeht.“ Ihr schwärmender Ton wird zunehmend ernster und sie ergänzt: „Und unsere letzte Hoffnung.“

Paul verliert sein Staunen und sieht die Schiffe nun mit ganz anderen Augen. Nach einem Jahrhundert der Forschung hatten die Astronomen zwar viele erdähnliche Planeten gefunden, aber keinen einzigen, der ebenfalls eine Atmosphäre wie die Erde aufweisen konnte. Immer mehr verschwand der Gedanke eines neuen Heimatplaneten für die Menschheit in das Reich der Mythen und Legenden. Man fand sich damit ab, dass ihr Planet wahrscheinlich ein Unikat im Universum ist.

Da machte man hinter Triton, dem letzten Mond des Neptuns, eine verhängnisvolle Entdeckung. Eine Art Portal öffnete sich und spuckte unförmige Schiffe aus. Sie sahen aus wie eine Mischung aus Maschine und lebender Materie. Sie waren nicht sehr schnell, aber zahlreich und unerbittlich und hatten die Angewohnheit, aus dem Nichts aufzutauchen.
Der erste Kontakt war eine Katastrophe und anhand der Tatsache, dass man nichts über sie wusste und woher sie gekommen waren, nannte man sie Tritons - nach dem Ort ihrer Entdeckung.

Paul erinnert sich noch an die Präsentation in der Grundschule. „Tritons – Der erklärte Feind der Menschheit“ und wie sein Lehrer, den sonst immer alles kalt gelassen hatte, bei diesem Thema sehr motiviert und sogar lustig wurde. Wie erklärt man einem Sechsjährigen auch, dass er wahrscheinlich das Ende der Menschheit miterleben wird.

Beinahe dreißig Jahre lang gewannen die Menschen jede Schlacht, doch sie büßten alle Bastionen der Menschheit ein: Europa, Titan, die Wolkenstädte auf Jupiter. Stück für Stück wurde der Raum kleiner und es wurde ersichtlich, dass das Fortbestehen der Menschheit keine Selbstverständlichkeit mehr war. Es war schon paradox. Die Ankunft der Tritons hatte bewiesen, dass die Menschen nicht alleine existierten, sondern dass es da draußen noch andere Welten gab. Dies war gleichzeitig der Grund dafür, dass man diese nun erforscht.

Ein Schatten kommt durch das Fenster und die Schiffe verschwinden hinter dem Spiegelschild der Mittelstation. Ein Ruck geht durch das Schiff und Kantis schwebende Haare fallen hinab. Die künstliche Schwerkraft der Station greift auf ihr Transportschiff über. Die Gurte der Sitze öffnen sich und eine Durchsage ertönt: „Bitte verlassen Sie das Schiff geordnet und warten Sie, bis Ihre Sitzreihe aufstehen darf.“

Paul beobachtet, wie die ersten Personen aufstehen dürfen und durch die Tür verschwinden. Er kann es nach all der Zeit noch immer nicht fassen. So viele qualifizierte Menschen sind an dieser Mission beteiligt. Kanti Sen hatte sich aus den Slums in Indien hochgearbeitet, zu einer der fähigsten Exobiologinnen ihrer Genration. Und er selbst? Armee, Pilot und einer der ersten im Warpprogramm. Trotz aller seiner Leistungen weiß er genau: Ohne seinen Vater, Admiral Berger, den großen
 

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Kriegshelden und baldigen Captain der Antartica, wäre er nicht mal in das Warpprogramm gekommen. Geschweige auf eines der Schiffe. Jetzt ist er Lieutenant Paul Berger. Pilot eines der ersten Warp Generationschiffe.

Sie sind in der dritten Reihe und werden dementsprechend schnell aufgerufen. Eine Asiatin in einem grauen Jumpsuit lächelt ihnen entgegen: „Sie sind die Nächsten! Bitte beachten Sie die Weganweisungen auf Ihrem Smartsuit.“ Ihre Art hat etwas von einer Stewardess, aber Paul kann sie nicht lange beobachten. Er schaut auf die Unterseite seines rechten Arms. Dieser wird zum Monitor und eine Karte der Station erscheint. In diesem Plan verläuft ein roter Pfeil und leitet ihn zu seinem Schiff. Er folgt zusammen mit den anderen dem Weg und hört einen langgezogenen Ruf in starkem irischen Akzent: „Werte Reisende!“ Alle schauen nach oben und erblicken einen Mann mit rotem Bart in einem gelben Overall, welcher lauthals fortführt: „Willkommen auf der Tartarus Station! Dem heißesten Punkt im Universum. Ihr Smartsuit erklärt Ihnen die Richtung, der Sie folgen müssen. Bitte gehen Sie in die ausgeschriebenen Wege, so dass es keine blinden Passagiere gibt. Achten Sie dringend darauf, wohin sie treten. Ich wünsche Ihnen allen weiterhin eine gute Reise!“

„Tartarus Station?“, fragt Paul verwundert. Da kommt ihnen der großgewachsene Ire entgegen und schließt sich ihnen an: „Tartarus! Die Unterwelt irgendeiner griechischen Mythologie. Keine Ahnung. Klang jedenfalls besser als Hölle, denn früher war das eigentlich eine Merkurstation, auf der kriminelle Zwangsarbeiter Bergbau betrieben haben. Nicht ganz freiwillig versteht sich“, erklärt der Mann in Gelb und gibt Kanti einen Luftkuss, den diese aber ignoriert.

„Begrüßen Sie nicht die Leute?“, Paul ist etwas verwirrt, weil der Mann sie so einfach begleitet. Der Ire antwortet: „Was? Nein! Ich bin nur Techniker auf der Durchreise zum nächsten Problemfall und vertreibe mir zwischendurch die Zeit.“ Der Techniker schaut Paul nicht mal an und geht gleich zu Kanti: „Alroy McHale, meine exotische Schönheit! Wer bist du denn?“ Kanti antwortet nicht und geht einfach weiter. „Kein Name? Auf welches Schiff gehst du?“ Er geht vor ihr her und schaut auf ihre Abzeichen. “Antarctica! Ich war mal dort. Haben dort ein paar hübsche Inseln hingebaut. Toller Ort zum Sonnen. Ich nenn dich dann Anne!“ Kanti stoppt plötzlich und hält sich Mund und Nase zu. Der Mann im Overall lächelt sie an. „Schleuse du erstmal zehntausend Menschen durch so eine Station. Dafür ist die Belüftung nicht ausgelegt, da bleibt eine Menge Hitze in der Luft hängen.“ Er hebt seine Arme und fährt fort: “Und der Rest ist Natur.“ Kanti nimmt Paul am Arm und zieht ihn hinter sich her, vorbei an den anderen und weg von Alroy, welcher noch hinterherruft: „Wir sehen uns, Anne!“

Paul spürt ein Zwicken in seinem rechten Arm und sieht, dass er einen Anruf erhält. Er nimmt den Arm aus Kantis Griff und klickt auf den Annehmen-Knopf. Während dessen steigen sie in die Magnetbahn, welche sie zu ihrem Schiff bringen soll. Ein Gesicht erscheint. Ein älterer Herr mit weißen Haaren und in blauer Uniform und hellen Abzeichen ist zu sehen. Das Bild wackelt, denn er ist auch gerade unterwegs. „Hey Dad“, begrüßt ihn Paul.

„Ihr seid gut angekommen?“, fragte sein Vater. „Ja, wir sind gerade auf dem Weg zum Schiff. Wann kommst du? Vergiss nicht, du bist der Admiral und musst dein Schiff übernehmen.“
„Ich bin schon da. Ich beende nur noch alles auf der Magellan und komme dann.“ Paul lächelt: „Verstehe.“

Sein Vater stoppt mitten im Lauf und lässt den Kopf sinken. „Dad?" Paul sieht es ihm förmlich an: "Ich weiß, einem Fremden dein Schiff zu überlassen, fällt dir sehr schwer.“ Sein Vater schüttelt den Kopf. „Das ist es nicht. Die Tritons kommen. Ob heute oder morgen oder erst in einem Jahr ist vollkommen egal. Wem auch immer ich das Schiff übergebe, reiche ich den Platz, auf dem er womöglich sterben wird.“

So hat es Paul noch nicht gesehen. Er will noch etwas sagen, da hört er eine Durchsage am anderen Ende. „Junge, ich muss Schluss machen.“ Bevor Paul noch etwas erwidern kann, ist die Verbindung schon weg.

Admiral Berger begibt sich auf die Brücke der Magellan. Eines der sechs Schiffe, das die Generationsschiffe bewacht. Ein alter Zerstörer, ungefähr eineinhalb Kilometer lang und 800 Meter breit. Erbaut in den ersten Jahren des Krieges und geformt wie ein fliegender Wolkenkratzer. Schöne Formen und Aerodynamik sind im All nicht gefragt. Hier baut man eher günstig und stabil. Normalerweise trägt das Schiff eine Besatzung von 1500 Mann, aber die Mannschaft ist im Wechsel und man muss mit gut einem Drittel der normalen Stärke vorlieb nehmen. Der Admiral betritt die Brücke, welche klein und effizient wirkt und in dunklem Licht gehalten wird. Wie die Brücke eines U-Bootes ist sie sehr beengt. Der Kapitän hat einen Platz in der Mitte, vor ihm zwei Piloten. Rechts und links von ihm befinden sich das Radar, die Waffen und der Funk.

„Captain auf der Brücke“, ruft der erste Offizier am Rande der Tür. „Weitermachen. „Was gibt’s?“
„Funkspruch von der Mondstation“, antwortet die junge Frau rechts von ihm. „Lassen Sie hören!“, weist der Kapitän sie an.

„Das ist eine allgemeine Warnung an alle Streitkräfte. Die Tritons sind soeben in der Umlaufbahn des Mondes angekommen.“
„Schon?“, unterbricht einer der Steuermann auf der Brücke. „Es war doch die ganze Zeit ruhig. Wieso jetzt?“
„Ruhe!“ schnauft Admiral Berger und hört der Durchsage weiter zu.

„Oh Gott, was ist das? Das ist ein Asteroid. Oh Gott! Allmächtiger! Warnung an die Erde, die Tritons haben einen Asteroiden von der Größe von 400 mal 300 km.“ Der Mann am anderen Ende pausiert. Wahrscheinlich denkt er sich dasselbe wie jeder andere auch. Das ist das Ende. „Auf den Schirm! Maximale Vergrößerung“, ruft Admiral Berger und auf allen Bildschirmen erscheint dasselbe Bild. Ein gewaltiger Asteroid mit Dutzenden Installationen der Tritons auf der Oberfläche fliegt am Mond vorbei. Im Hintergrund eine gewaltige Flotte des Feindes.

„Alle Geschütze feuerbereit machen.“ Eine leisere Stimme, welche im Hintergrund zu hören ist, unterbricht ihn in Panik. „Sie eröffnen das Feuer!“

Die Mondoberfläche wird von mehreren Explosionen erschüttert und die Verbindung bricht vorläufig ab. Nach einer gefühlten Ewigkeit schalten sich hunderte Stimmen in den Funk wieder ein und wirken wie eine grausame Hintergrundmusik aus Schreien und Entsetzen. Die Tritons greifen die verbliebenen Schiffe in der Erdumlaufbahn an. Die Funksprüche werden immer mehr zum Hörspiel der Verzweiflung. Synchron mit den vielen kleinen Explosionen auf dem Bildschirm verstummt eine Stimme nach der anderen. Der Asteroid kommt der Erde gefährlich nahe und ein gewaltiger Lichtblitz zieht sich durch das Bild. Ein gewaltiger Ring aus Feuer wandert über den Planeten. Ein Funkspruch nach dem anderen verstummt. Bis alles im Hintergrundrauschen des Kosmos verschwindet.

Acht Jahre lang haben die Menschen und die Tritons um den Mars gekämpft. Sie haben sich von einer Kuppel zu anderen geschlachtet, bis der Planet schlussendlich fiel. Sie haben aus ihren Fehlern gelernt. Der Admiral hasst sich dafür, dass dies sein erster Gedanke ist.

Die Übertragung ist auf allen Schiffen, auf der Tartarus Station und auf den Generationsschiffen zu sehen. Paul und Kanti, welche auf ihrem Schiff angekommen sind, können es nicht fassen. Alle verbliebenen Menschen halten für einen Moment inne und verabschieden sich in einer kollektiven Schweigeminute. Jeglicher Funk ist still, keiner sagt ein Wort. Dann brechen alle Dämme und die Menschen fangen an zu schreien, zu weinen und geraten in Panik.
 

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In all dem Chaos blinken plötzlich zwei Objekte auf dem Radar auf. „Captain. Das sind …“
„Ich weiß.“ Auf der Magellan muss Admiral seine Mannschaft gar nicht ansehen, um zu wissen was sie denkt. „Öffnen Sie einen Kanal auf alle Schiffe.“ Er atmet tief ein, ordnet nochmal seine Gedanken.

„Wir alle haben gesehen, was soeben passiert ist. Wir haben allen Kontakt zur Erde, zur Mondstation oder zu den Schiffen der Erdverteidigung verloren. Wir müssen davon ausgehen, dass wir alles sind, was übrig ist. Die Erde ist weg.“ Er macht eine Pause und schließt die Augen. „Machen wir uns nichts vor, wir alle wussten dass es passieren würde. Darum sind wir hier! Darum haben wir diese Schiffe gebaut. Antartica, Australia, America, Africa und die Eurasia. Die Erde mag Geschichte sein, aber die Menschheit ist es nicht. Diese Schiffe sind die Zukunft. Ihr seid die Zukunft. So wahr ich hier stehe und zu euch spreche, versichere ich euch, dass dies nicht die letzte Epoche der Menschheit sein wird! Schicken wir diese Schiffe auf ihre Reise. Start vorbereiten! Alle auf ihre Stationen!“

Paul versucht, sich an sein Training zu erinnern. Im Krieg gibt es Verluste. Er versucht, sich einzureden, dass dieser nicht anders sei, so dass er funktionieren kann. Er weiß, dass er sich damit selbst belügt und dass er diesen Schwindel für sich nicht lange aufrechthalten kann, aber er muss seine Nerven behalten so lange er kann. Er schluckt seine Trauer hinunter und beginnt zu brüllen: „Ihr habt den Captain gehört. Auf eure Stationen.“

Plötzlich erscheinen die chaotisch wirkenden Bewegungen der Menschen koordiniert. Auch die in Tränen aufgelöste Kanti versucht, sich zu beruhigen. Paul geht zu ihr und blickt ihr fest in die Augen. „Kanti, du weißt, wo du hin musst? Wir schaffen das." Sie schaut ihn an. „Ja.“ Sie verschluckt ihre Antwort fast, doch wiederholt sie dafür umso lauter: „Ja.“ Paul lächelt sie an. „Gut. Dann los.“

Sie verlassen den Hangar, welcher womöglich bereits größer ist als die Tartarus Station und steigen in das schiffsinterne Transitsystem. Ein Schiff für zwölftausend Mann ist nicht gerade klein und es benötigt seine Zeit, um von Punkt A zu Punkt B zu kommen. Ihre Fahrt führt sie entlang offener Passagen der Wohnräume entlang der Hangars für Kampfflieger und der Wissenschaftsstationen.

Paul ist überrascht, wie schnell es doch geht. Er kommt auf die Brücke. Groß, weiträumig und mit geräumigen Sitzen und digitalen Oberflächen für alle Stationen. Ein weites, bogenförmiges Fenster erstreckt sich über die Front und ermöglicht den Blick nach draußen, auf welchem man gerade aber nichts sieht, da die Spiegelschilde noch immer herausgefahren werden und ihre Rückseite den Blick verdunkelt. Paul trifft bereits seinen Vorgesetzten, Commander Miller, ein großgewachsener, silberhaariger Mann mit einer Narbe auf der rechten Backe.

„Berger, auf Ihre Station. Bereiten Sie den Start vor!“ Paul geht an ihm vorbei an seine Pilotenkanzel. Direkt neben ihm befindet sich die nächste, in welcher eine junge, rothaarige Frau sitzt. Auf ihrem Namensschild steht Arkin, aber man hat nun keine Zeit, sich kennenzulernen.
Berger fängt an, den Start vorzubereiten. Drückt die notwendigen Knöpfe, reguliert die Energie und beginnt mit der Einfuhr des Spiegelschilds. Er blickt auf das Radar. Zwei große rote Punkte kommen sechs kleineren näher. Auf einem dieser sechs Punkte ist sein Vater.

„Für die Erde können wir nichts mehr tun. Bringen Sie die zwei Trintonschiffe auf den Schirm!“, befiehlt Admiral Berger, was eine männliche Stimme mit „Aye“ bestätigt. Das Bild ändert sich. Aus der Schwärze des Alls treten zwei unförmige, längliche und ziemlich breite Schiffe. Sie sind überzogen mit Metall, welche in tumorartiges Gewebe übergeht und blaugrün schimmern. Übersät mit Geschützen und drei Mal so groß wie die Magellan. Die Flotte fliegt in Formation. Die Ceres voran, daneben die Ion, links dahinter die Callisto, nach ihr die Magellan, neben dieser sind die Andromeda und die Chiron.

Berger betätigt einen Knopf an seinem Platz: „Flotte hier, Admiral Berger. Feuerbereit machen. Hellbender laden!“
„Gauss Kanonen abfeuern“, weist der Admiral an, worauf blaue und rote Geschütze aus allen Richtungen frontal auf die beiden Tritonschiffe einschlagen und ihre Oberflächen mit Explosionen übersäen. Die beiden monströsen Schiffe beginnen ebenfalls zu feuern. Blaue Striche und Teile des Schiffes, begleitet von einem Feuerschweif, fliegen lautlos durch das All und treffen das erste Schiff im Flottenverband. „Admiral! Konzentrieren Sie Ihr Feuer!“ Der Ruf kommt von der Frau rechts von ihm am Radar und den Waffen. Auf dem Schiff vor ihm sehen sie das erste ihrer sechs Schiffe in Flammen aufgehen. „Sir, wir haben die Ceres verloren“, schreit sie, während die Tritonschiffe ihr Feuer auf das nächste Schiff lenken.

„Flotte! Auf das am nächsten liegende Schiff konzentrieren“, ruft der Admiral über Funk. Diese alten Zerstörer, die Magellan und die anderen vier die noch bestehenden, mögen alt sein, aber sie haben einen Vorteil, den selbst die Tritons respektieren müssen: Die Hellbenderkanone. Die gebündelte Druckwelle einer Fusionsbombe, die in einem Strahl einen Sprengkopf in das Ziel befördert.

Und sie sind feuerbereit. Die Magellan, wie die vier übrigen Schiffe öffnen vier kreisrunde Luken. Die Dame rechts des Admirals zählt runter: „Drei, zwei, eins.“ Aus den offenen Luken tritt ein heller Lichtstrahl, welche sich alle fünf auf das rechte Tritonschiff konzentrieren. Binnen einer Sekunde löst sich das gesamte Schiff in einem hellen Lichtblitz auf. Die Magellan wird schwer durchgeschüttelt und Funken sprühen.
„Status?“, ruft der Admiral fragend in den Raum. „Wir haben die Ion verloren, Sir. Sie hat die Druckwelle nicht überstanden“, ruft der Mann links von ihm und auf dem Sichtschirm ist zu sehen, wie einer der Zerstörer in Flammen aufgeht.

„Hellbenderstatus?“
„Ist in Vorbereitung, Sir. Auch wir haben Schäden erlitten.“
Das verbliebene Tritonschiff beginnt, einen Teil von sich abzuspalten, welcher sich in Bewegung versetzt. „Sir, wir haben …“, fängt die Frau rechts von ihm an, doch wird sofort unterbrochen: "Abfangen, schnell!“ Die Magellan konzentriert das Feuer ihrer Gausskanonen auf das Objekt, ist aber trotz vieler Treffer nicht in der Lage, es zu stoppen. „Es fliegt auf die Station zu!“
„Dagegen können wir nichts tun. Hellbender?“
„Die Flotte ist feuerbereit. Wir nicht.“

„Feuer!“, ruft der Admiral. Worauf die verbliebenen Schiffe der Verteidigungsflotte auf das Tritonschiff feuern, welches sein Feuer auf das links liegende Schiff der Erde konzentriert. Es gelingt ihm, mitten im Strahl das Geschoss der Chiron abzufangen, welches noch beim Austritt aus der Luke explodiert und den Zerstörer in einem weiteren Lichtblitz zerreißt. Die Druckwelle teilt die Andromeda rechts davon in zwei Hälften, wovon eine binnen Sekunden auf die Magella zutreibt. Da das Schiff noch im automatischen Feuer seiner Gausskanonen ist, wird die Magellan längsseits mit Explosionen übersät. Die hintere Seite der Magellan wird zermalmt durch das kaum noch zu identifizierbare Stück des Wracks. Der Rest des Schiffes wird zur rechten Seite gebogen. Der Krach des sich biegenden Metalls auf der Magellan ist ohrenbetäubend. Im Gegensatz dazu ist das Sterben auf derselbigen beinahe lautlos.

Geschosse, Frackteile und Schrapnelle fliegen von links durch die Brücke, prallen ab und fliegen wie Querschläger durch den Raum. Sie treten selbst durch die Wand. Es trifft den Mann links vom Admiral und zerreißt dessen Brust. Blutige Eingeweide quellen hervor. Ein weiteres Teil trifft den Admiral und trennt sein linkes Bein knapp unter dem Knie ab. Die Frau, welcher das Radar und die Feuerkontrolle unterstellt war, bekommt ein Stück Metall in den Hinterkopf. Es tritt in ihrem Gesicht wieder aus, schlägt in der Kontrollstation ein und zerstört sie. Alles ist bedeckt mit dem Blut der Frau, während ihr lebloser Kopf auf die Konsole sackt. Der Admiral atmet schwer und hält sich den Bauch.
 

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Plötzlich herrscht Stille auf der Brücke, welche nur durch den ersten Offizier hinter ihm unterbrochen wird, dessen durchsiebter Körper leblos zu Boden fällt.

Auf der Tartarusstation ist der Techniker Alroy ganz still und sieht nur dem nun schnell laufenden Durchgangsverkehr zu. Er kann es noch immer nicht fassen. Die Erde ist weg. Seine Familie, seine Freunde. Alle tot. Da hört er den Alarm. Er kennt diesen Alarm. Früher haben sie mindestens einmal im Monat geübt. Ein Einschlag steht bevor. Er blickt auf die Empfangsstation. Die Tore stehen offen. Die junge Asiatin, welche er schon den ganzen Tag beobachtete und die immer sofort verschwand, wenn er sich ihr näherte, winkt die nun rennenden Menschen durch.

Plötzlich schüttelt eine ohrenbetäubende Explosion die Station durch. Alle Menschen werden zu Boden gerissen. Wäre die Station getroffen worden, wären sie bereits tot - es muss das angedockte Transportschiff gewesen sein. Er richtet sich auf und stützt sich auf seine Hände. Er blickt zu den Toren und sein Blick kreuzt den der jungen Asiatin.
Hinter ihr tobt ein Inferno. Flammen, brennende Menschen und das All, welches alles in sich aufsaugt. Er kann es in ihren Augen sehen. Blankes Entsetzen, Angst, Panik und traurige Gewissheit. Da wird sie schon von ihren Füßen gezogen und zusammen mit gut zwei Dutzend Anderen schreiend in die Ewigkeit des Weltraums geblasen, kurz bevor die Notfallschotts von oben und unten ineinander landen.

Alroy schaut auf die geschlossenen Schotts. Sie ist weg. Er atmet tief durch. „Ach, scheiß drauf!“, murmelt er vor sich hin, lässt alles fallen und rennt in Richtung eines der Transite zu den Generationsschiffen. Um ihn herum schlagen Funken. Sekundärexplosionen überziehen das Deck; Trümmerstücke fallen auf Menschen herunter, welche sich wieder aufraffen wollen. Er hört Metall, das sich biegt - Menschen schreien und fluchen. Er versucht, durch die panisch stürmende Menge zu kommen. Er springt über die Toten hinweg - vielleicht erschlagen, vielleicht zertrampelt. Das schert ihn in diese Moment nicht weiter. Dann kommt er kurz vor dem Ziel an einer brünetten Frau vorbei, welche ein kleines Kind fest umklammert. Er verflucht sich selber dafür, bremst und rennt gegen die Masse zurück. Er packt sie am Arm, zieht sie hoch und schiebt sie und das Kind vor sich her. Sie rennen in Richtung der Antartica Schleuse und hasten hindurch, dicht gefolgt von einem dunkelhaarigen Mann im blauen Overall, welcher von dem linksseitig herangeschossenen Schott gegen die Wand gepresst wird. Blut spritzt ihnen entgegen. Das Schott drückt gegen den Widerstand und schiebt den Mann immer tiefer in die Verankerung.

Die brünette Frau beginnt zu weinen und bedeckt die Augen des Kindes; Alroy legt beruhigend seine Hand auf ihre Schulter. Sein Blick fällt auf einen großgewachsenen Mann in einem metallenen Exoskelett und mit einem dicken Gewehr, welcher eindeutig schon viele Menschen hat sterben sehen und sich wohl gern mit Alroy beschäftigen würde. Er schaut an ihm herunter: „Du darfst nicht hier sein.“ Worauf ihm der bärtige Ire kalt antwortet: „Wenn du die Tür aufkriegst, darfst du mich gerne rauswerfen.“ Eine weitere Tür schließt sich und ein Ruck geht durch den Transit, welcher startet. Der Militär rümpft die Nase und blickt zusammen mit allen anderen hinaus.

Alroy hatte Recht, zu fliehen. Die gesamte Front der Station ist weg und sie fängt langsam an, in Richtung Sonne zu driften. Das Spiegelschild ist ebenfalls beschädigt und verglüht die offen liegenden Teile der Station. Menschen, welche das Pech hatten ins All geblasen zu werden, verglühen auf der Stelle. Die Verbindungslinie zur Station bricht ab. Der Transit bewegte sich nun frei in Richtung Antartica. Alroy ist froh - er hat es geschafft; zumindest bis hier. Das Schott, das er erst kürzlich gewartet hat, funktioniert tadellos. Nicht, dass dies aber jetzt noch wichtig wäre.

Auf der Brücke der Antartica sitzt Commander Miller auf seinem Platz und schnallt sich fest. Er geht an den Funk. „Admiral Berger, hier Antartica. Können Sie mich hören?“ Er blickt auf das Radar. Noch immer ist der große rote Punkt auf dem Weg zu ihnen und beginnt die beiden übrigen Zerstörer zu passieren. Da verschwindet einer der Zerstörer. Paul schreit: „Das ist nicht die Magellan. Das ist die Callisto.“

„Konzentrieren Sie sich auf den Start, Berger!“, antwortet der Commander und spricht gleich wieder in den Funk. „Magellan! Können Sie mich hören? Admiral?!“ Da kommt eine krächzende Antwort durch. „Ja, hier Magellan.“

Auf der Magellan schaut der Admiral an sich runter. Sein Bein ist weg und er hat eine blutende Wunde im Bauchraum. Das ist es für ihn gewesen. Als er sich umsieht kann er nur noch Leichen entdecken. Selbst seine Piloten liegen tot am Boden. Einem fehlt der Kopf. Er unterdrückt einen aufkommenden Würgereiz und widmet sich wieder dem Funk: „Admiral, das Schiff ist noch immer auf dem Weg zu uns.“ Der Admiral schaut auf den Monitor, welcher ein Loch, hat aber noch immer das Nötigste anzeigt. Das Tritonschiff ist schwer angeschlagen. Teile treiben davon und es hat Probleme, einen geraden Kurs zu halten. „Das Schiff ist schwer beschädigt. Die meisten Hellbendergeschosse müssen getroffen haben.“ Er erkennt, dass die Magellan frontal auf das Tritonschiff gerichtet ist. Beide Schiffe treiben langsam aneinander vorbei. Der Admiral rutscht von seinem Platz und zieht sich hoch zum Platz seines Waffenoffiziers. Dort schnallt er unter einigen Mühen dessen toten Körper ab und zieht ihn auf den Boden. Er hievt sich unter Schmerzen nach oben und blickt auf die beschädigte, blutbedeckte Konsole. „Der Hellbender ist geladen. Wir sind nahe dran, das dürfte ausreichen, um Ihnen Zeit zu verschaffen.“

„Dad!“, ruft Paul verzweifelt in den Funk. „Mein Junge!“, antwortet der Admiral mit mühsamer Stimme. Der Commander zögert: „Berger, bereiten Sie den Start vor!“
„Aber mein Vater …“
„Sein Opfer wird umsonst sein; alles wird umsonst sein, wenn Sie jetzt nicht tun, was ich Ihnen sage.“ Paul schweigt erst und streicht sich dann mit der Hand über den Mund. „Ja Sir.“

„Aktiviere Warpblase.“ Ein Lichtblitz geht dem Schiff entlang und die Spiegelschilde neigen sich in Richtung des Schiffs.
„Der letzte Transit ist angekommen. Schließe alle Tore und Sichtfenster. Kopple alle verbliebenen Verbindungen ab“, berichtet Pauls Kollegin Arkin. Vor dem Fenster der Brücke fährt ein dichter Panzerschild hinunter. Der Commander geht noch einmal an den Funk. „Magellan. Wir danken Ihnen.“

Der Admiral betätigt ein paar Knöpfe. Auf dem kaputten Bildschirm erscheint eine Schrift: „Katastrophale Schäden. Hellbendereinsatz fatal. Von Einsatz wird abgeraten.“ Der Admiral ignoriert die Meldung. „Sieht so aus, als ob Sie das Schiff jetzt haben, George. Passen Sie gut auf unsere Leute auf!“ Der Admiral ist kaum noch zu verstehen. Er blickt auf die Anzeige. „Hellbender bereit.“

Der Commander schließt die Augen und antwortet: „Das werde ich, Frank.“ Paul hört die Worte seines Vaters und eine Träne fließt ihm die Backe hinunter. „Bitte lassen Sie mich noch kurz ein paar Worte an meinen Sohn richten, Captain Miller.“ Der Admiral weiß, dass ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt. „Aber sicher.“ Captain Miller drückt einen Knopf und der Funk ist gänzlich bei Paul.

„Hey Paul.“
„Dad.“
„Ich werde nicht mitfliegen.“
„Ich verstehe.“ Paul versucht, ein Schluchzen zu unterdrücken.
„Du schaffst das, mein Junge. Ich bin so stolz auf dich!“
„Wie sollen wir das ohne dich schaffen? Wir wissen doch nicht mal wohin wir fliegen.“

Die Antwort lässt auf sich warten. Während dessen faltet sich das Spiegelschild der Antartica zusammen in vier dünne lange Flächen, welche sich auf die Außenhülle legen und dann unter ihr
 

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verschwinden. Dies geschieht beinahe zeitgleich auch auf der Africa, der America, der Australia und der Eurasia. Auf all den Schiffen gehen die Menschen in Stellung für den Flug. Kanti begibt sich in eines der Mannschaftsquartiere und hilft einer Mutter, ihren Jungen auf einen Sitz zu schnallen. Nicht für alle gibt es Sitze. Sie weist sie an, in den Gängen Platz zu nehmen und sich so gut wie möglich festzuklammern. Alroy tritt aus der Luftschleuse und wird sofort von drei Soldaten zu Boden gezwungen. Auch auf der Brücke schnallen sich alle an. Die Züge bleiben stehen. Alles kommt zur Ruhe.

Paul blickt auf das Radar: “Dad?“
„Als ich jung war - noch vor dem Krieg, stand ich draußen und blickte zu den Sternen", ertönt wieder leise die Stimme seines Vaters. "Ich fragte meine Mutter, deine Oma, ob es draußen andere Welten geben würde. Ich wollte damals reisen, Abenteuer erleben und Weltraummonster bekämpfen. Auf letzteres hätte ich jedoch verzichten können“, erklärt er und lacht am Ende kurz auf. Das Lachen verwandelt sich jedoch in ein schmerzhaft klingendes Husten. Paul schnauft schwer auf. Sein Vater fährt fort: „Ich war traurig, weil ich sicher war, dass ich nichts davon erleben würde. Daraufhin fragte sie mich, was ich sehen würde, wenn ich zu den Sternen blicke.“
„Und? Was hat sie gesagt?“
„Ich sehe die Sammlung von allem, was wir nicht wissen und allem, was möglich ist.“ Paul lächelt. „Du schaffst es, Paul. Ich glaube fest an dich", dem Admiral fällt das Sprechen immer schwerer. Eindringlich fügt er hinzu: "Finde ein Zuhause für unsere Leute!"
„Dad!?“
„Mach‘s gut mein Junge.“ Der Admiral betätigt den Knopf. Die beiden verbliebenen Punkte auf dem Radar leuchten hell auf und verschwinden letztendlich. Als er nur noch ein Rauschen hört, fängt er an zu schluchzen und flüstert leise „Mach’s gut, Dad.“

„Berger“, wird er von seinem Captain aus seiner Trauer herausgerissen. Er gibt sich einen Ruck: „Ja, Sir.“
„Warpflug Countdown aktiviert.“

Eine Computerstimme beginnt bei zwanzig, abwärts zu zählen. Paul und die anderen Piloten lassen ein Visier vor sich ausfahren, welches das Gesicht gänzlich bedeckt. Es ermöglicht den Blick nach draußen, trotz Schutzfenster. Paul sieht einen Sonnensturm, welcher auf der Oberfläche der Sonne tobt und gekrümmt wird. „Triebwerke starten“, schreit Arkin rechts von ihm.

Die Blase krümmt das Licht um sich herum, reflektiert es und fängt den Sturm ab, welcher die Blase vollständig umhüllt. Die gewaltigen Triebwerke der Antartica beginnen, das Schiff zu bewegen. Die Australia, die Eurasia und die anderen Generationsschiffe tauchen in ihre Blasen ein. Der Blick auf sie verzerrt sich und sie verschwinden in einem hellen Lichtblitz. Als die Computerstimme die fünf ansagt, taucht auch die Antartica in ihre Blase ein.

Die Sonne, die Trümmer und die Tartatursstation, welche langsam verglüht, werden durch die Blase verzerrt und als der Computer die Eins passiert schießt alles an ihnen vorbei.

Die Sonne, die feindliche Flotte, Asteroiden, der Jupiter, der Pluto - sie alle werden immer schneller und es fällt Paul schwer, das was er sieht, zu identifizieren.
Als sie ein anderes Sternensystem mit zwei Sonnen, welche um sich gegenseitig kreisen, passieren, verzieht sich alles zu hellen Strichen in der Schwärze des Alls. Die Striche fallen hinter sie und für einen kurzen Moment wirkt es, als würden sie inmitten des Weltalls schweben. Umzingelt von hunderten, nein, tausenden Galaxien in allen möglichen Farben.
Der Schwebemoment verfliegt, als sie auf eine der Galaxien zusteuern, in die sie eindringen und das Bild wieder von Sternen erfüllt wird, die zu Linien werden und sich langsam zu einem nicht enden wollenden Tunnel formen.

Sie fliegen in eine unbekannte Zukunft, über die sie nichts wissen können und in welcher zugleich alles möglich ist.

Paul sieht am Ende des Tunnels ein helles weißes Licht, welches sie gänzlich verschlingt. Er schließt seine Augen und sieht sich selbst als alter Mann auf einem Feld. Er geht zu seinem Enkel, der zu den Sternen blickt. Er legt seinen Arm um ihn: „Junge, habe ich dir schon einmal die Legende von den fünf Schiffen erzählt?“

Ende
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Wäre ein guter Start für eine Serie. Man müsste das ganze hier und da strecken, um mehr wichtige Charaktere einzuführen, aber generell würde ich mich danach als Pilotfolge gespannt fragen, wie es für die fünf Schiffe so weiter geht.
 

Clive77

Serial Watcher
Das war jetzt schon sehr viel angenehmer zu lesen. :top:

Würde Manny da zustimmen, liest sich wie der Auftakt oder Pilot zu einer größeren Geschichte / Serie. Gefällt auf jeden Fall. :smile:
 

Woodstock

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Ganz vergessen auf das freundliche Feedback zu antworten. (Danke!) :smile:

Ja, das startet als Einzelgeschichte aber beim Schreiben wurde es größer. Während der Stelle wo er auf das Schiff kommt, sollten noch mehr Charaktere eingeführt werden aber das habe ich gar nicht mehr geschrieben, da es zu lang geworden wäre.
 
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