Doctor Who S34E09 - Flatline

Clive77

Serial Watcher
In der Folge „Flatline“ (geschrieben von Jamie Mathieson) der UK-Serie Doctor Who wollte der Doctor (Peter Capaldi) eigentlich Clara (Jenna Coleman) nach einem Abenteuer wieder zu Hause abliefern. Aber die TARDIS landet in Bristol, wo mehrere Einwohner auf mysteriöse Art und Weise verschwunden sind. Außerdem scheint das Gefährt des Doctors äußerlich zu schrumpfen.

Wer sich mit Clara bislang nicht anfreunden konnte, wird vermutlich weniger Spaß an dieser Episode haben. Alle anderen bekommen ein tolles Abenteuer, das die Begleiterin des Doctors in den Mittelpunkt stellt, denn sie darf diese Woche selber die Rolle des Doctors übernehmen. Unser Time Lord findet sich indessen nach kurzer Zeit in der TARDIS gefangen vor, deren äußere Form so klein wird, dass die Tür sich nicht mehr passieren lässt. Während Clara sich daran macht, das Geheimnis um die verschwundenen Personen aufzuklären, muss der Doctor herausfinden, wie er die TARDIS wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzen kann.

Ganz ohne Hilfe des Doctors steht Clara zwar die meiste Zeit über nicht da, aber gegen Ende liegt es ohne Funkkontakt alleine an ihr, den Doctor zu retten und damit auch das Abenteuer erfolgreich zu beenden. Die Rollen vom Time Lord und seiner Begleiterin werden somit vertauscht, was eine nette Abwechslung bietet und auch zu vielen lustigen Momenten führt. Dabei sieht es so aus, als wenn ein bisschen was vom leicht soziopathischen Pragmatismus des Doctors auf Clara abgefärbt ist. Vor allem wenn es ums Lügen geht, steht sie unserem Time Lord in nichts mehr nach - egal, ob es dabei um die Interaktion mit den Nebenfiguren geht oder um den Anruf von Danny (Samuel Anderson), der wohl bald herausfinden wird, dass Claras Reisen mit dem Doctor noch lange nicht beendet sind. Apropos Dannys Anruf, der Doctor findet diese Woche heraus, dass Clara auch ihn belogen hat, was Dannys Einverständnis mit ihren TARDIS-Abenteuern angeht.

Coleman macht dabei wie schon oft zuvor eine gute Figur und versteht es, die Episode zu tragen. Dafür bleiben allerdings die Nebenfiguren recht blass und nahezu bedeutungslos. Selbst Rigsy (Joivan Wade), der „Doctor Oswald“ über große Teile der Folge begleiten darf, wird wohl kaum einen bleibenden Eindruck beim Zuschauer hinterlassen haben. An seiner Stelle hätte es sich vielleicht angeboten, Danny zu verwenden. Das hätte den Vorteil gehabt, dass wir die Figur bereits kennen und die Möglichkeit geboten, Claras Freund nicht nur von der Notwendigkeit der Abenteuer des Doctors zu überzeugen, sondern ihm auch zu zeigen, wie gut Clara darin mittlerweile geworden ist. Aber vielleicht bekommt sie ja nächste Woche Gelegenheit dazu.
Von den Gastdarstellern bleibt am ehesten noch der miesepetrige Fenton (Christopher Fairbank) in Erinnerung, der Clara als einziger etwas Paroli bietet und auch gegen das psychic paper immun ist. Aber gewaltigen Widerstand verursacht er dann doch nicht, ganz zu schweigen davon, dass Fenton auch in seiner Art sehr überzeichnet wirkt.

Als Ursache für die ganzen Probleme, die es diese Woche gibt, fungieren Wesen aus einer zweidimensionalen Welt. Diese scheinen neugierig auf unsere dreidimensionale Ebene zu sein und bieten furchteinflößende Effekte, sobald sie mit Menschen in physischen Kontakt treten. Die Motivation dieser Wesen wird leider nicht erklärt und hätte das sprichwörtliche i-Tüpfelchen einer ansonsten gelungenen Invasionsgeschichte bieten können. Stattdessen werden sie gegen Ende schlicht als Monster abgestempelt und vom Doctor verbannt.
Aber die Effektschmiede hinter der Episode leistet gute Arbeit. Die Vorstellung, auf die zweidimensionale Ebene geholt und dabei noch seziert zu werden, sorgt jedenfalls für die nötige Gänsehaut beim Zuschauer und die Anzahl der Opfer ist abermals ungewöhnlich hoch. Zudem entwickeln sich die unheimlichen Besucher im Verlauf der Folge und nehmen schließlich die Form verzerrter dreidimensionaler Gestalten an, die entfernt an Zombies erinnern - und der Kontakt mit diesen „Zombies“ verläuft ähnlich tödlich wie bei einem Biss von Romeros Untoten.

Neben den Effekten, die den unheimlichen Besuchern ihre Form geben, sind auch die Veränderungen bei der TARDIS sehenswert und liefern einen eher humorlastigen Gegenpol zu den Monstern. Die Blickwinkel in die TARDIS alleine (oder aus ihr heraus) sind schon toll eingefangen und das Spiel mit den unterschiedlich großen Dimensionen (TARDIS in der Handtasche, jeder Moment, bei dem der Doctor Clara einen Gegenstand reicht, etc.) wird hervorragend ausgenutzt. Ein kleines Highlight darunter war der Versuch des Doctors, die TARDIS mit seiner Hand von den Gleisen zu bewegen - das hatte was vom eiskalten Händchen der Addams-Family.
In Bezug auf die TARDIS gab es außerdem neben dem Größeneffekt noch einen Belagerungsmodus zu sehen, bei dem sie die Form eines Würfels annimmt. Es kommt nicht oft vor, dass das Gefährt des Doctors sein Erscheinungsbild ändert - der Mechanismus (der sog. „Chameleon Circuit“) dafür ist kaputt und wurde bislang nicht repariert (in „Attack of the Cybermen“ von 1985 hat sich der sechste Doctor (Colin Baker) einmal daran versucht). Aber für den Belagerungsmodus scheint eine Ausnahme zu gelten. Es gab übrigens mit „Planet of Giants“ (1964) einmal eine Geschichte, in der die TARDIS samt Insassen geschrumpft wurde und die Protagonisten auf Minigröße ein Abenteuer bestehen mussten.

Zu guter Letzt sei noch Missy (Michelle Gomez) erwähnt, die am Episodenende einen weiteren Auftritt bekommt. Die Worte „Clara, my Clara. I have chosen well.“ geben Anlass zu neuen Spekulationen darüber, was es mit Missy auf sich hat und natürlich, inwiefern sie Clara ausgewählt hat. Und ausgewählt wofür?
Das Staffelfinale ist nur noch drei Episoden entfernt und der Titel der letzten Folge lautet „Death in Heaven“ - spätestens dort werden wir dann wohl mehr über Missy und ihren „Himmel“ erfahren.

Fazit: „Flatline“ ist eine sehr gute Folge mit einem tollen Monster-Konzept, beeindruckenden visuellen Spielereien und bietet eine gute Mischung aus Gänsehaut und Humor. Coleman darf erneut in ihrer Rolle glänzen und sich einmal selbst als „Doctor“ probieren, während unser Time Lord in der Klemme steckt. Die Episode wirkt frisch und originell, kleinere Abzüge gibt es hauptsächlich wegen der Gastfiguren.

8,5/10 Blickwinkel
 

Woodstock

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Endlich mal wieder ein tolles Monster und ein toller Doctor Moment. Sowas habe ich vermisst und endlich bekommen. Danke!
 
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