Supernatural S10E09 - The Things We Left Behind

Clive77

Serial Watcher
Mit der Folge „The Things We Left Behind“ verabschiedet sich die US-Serie Supernatural in die Winterpause. Bei dem zentralen Thema „Familie“ steht hauptsächlich Castiel im Vordergrund.

Castiel und Claire
Der Abschied von Hannah (Erica Carroll) hatte es schon angedeutet: Castiel (Misha Collins) bekam ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Wirt Jimmy Novak aus dessen Familie gezerrt hat. Diese Woche versucht er sich an einer Wiedergutmachung, indem er Jimmys Tochter Claire (Kathryn Newton) aufsucht. Aber ganz so einfach, wie Castiel es sich vielleicht vorgestellt hat, verläuft das Wiedersehen natürlich nicht.
Castiels andauernder Kampf mit der eigenen Menschlichkeit und Gefühlen steht in dieser Episode im Vordergrund und Collins bringt seine Figur wie üblich glaubhaft, ein wenig naiv und unbeholfen rüber, wobei er stets eine Ausstrahlung von Verwirrung, Reue und Schuld an den Tag legt. Die Geschichte, die sich dabei abspielt, erfindet das Rad sicher nicht neu. Jimmys Abwesenheit hat dazu geführt, dass Claire im Hier und Jetzt auch ohne Mutter dasteht, auf die schiefe Bahn geraten ist und sich eine Ersatzfamilie in Form vom verschuldeten Randy (Roark Critchlow) und Dustin (Jake Guy) gesucht hat. Castiels Beteuerungen, er wolle sich jetzt um Claire kümmern, stoßen da zunächst auf taube Ohren. Aber das war auch zu erwarten. Es bedarf erst einer Extremsituation gegen Ende der Folge, damit die beiden zusammen finden und Claire nun womöglich tatsächlich in der Obhut des Engels bleibt.
So nett es auch ist, dem Mann im Trenchcoat bei seinen väterlichen Erkundungen und ersten Erfahrungen zu folgen, fühlt sich dieser Handlungsstrang im Midseason-Finale etwas fehl am Platze an und wäre sicher besser in einer der wöchentlichen Einzelfolgen aufgehoben gewesen, die sich weniger auf die Rahmenhandlung konzentrieren. Zum Familienthema der Episode passte das alles zwar ganz gut, aber es bleibt fraglich, wohin die Autoren mit dieser Handlung überhaupt wollen. Sehen wir Castiel in zukünftigen Folgen bei der Erziehung von Claire zu? Was ist aus dem „Grace“-Problem geworden? Die Richtung, die hier angegangen wird, wirft einige Fragezeichen auf. Oder sollte uns bloß noch einmal in Erinnerung gerufen werden, wie sehr sich unser Engel inzwischen verändert hat (auf menschlicher Ebene)?

Crowley und Rowena
Familiäre Probleme machen sich auch bei Crowley (Mark Sheppard) bemerkbar, der diese Woche ein paar Szenen mit seiner Mutter Rowena (Ruth Connell) bekommt. Hier ließ sich auch mit größerer Spannung erwarten, wie sich das Mutter-Sohn-Verhältnis entwickeln würde. Es gab wieder kleinere Einblicke in die Vergangenheit von „Fergus“, wobei es am Ende verwunderte, wie schnell Crowley bereit ist, Rowena über den Weg zu trauen.
Sollte sich durch seine Mutter eine Schwachstelle beim King of Hell bemerkbar machen? Hätte er nicht durchschauen müssen, dass Gerald (Viv Leacock) ihn nicht hintergangen und Trish (Monice Peter) bloß gelogen hat? Es gelang Rowena ungewöhnlich schnell, ihre Fesseln wieder abzulegen, auch wenn in Serienzeit mehrere Wochen seit ihrer Gefangennahme vergangen sind. Vielleicht plant Crowley auch einfach nur irgendetwas, wofür er eine Hexe gebrauchen kann und ließ sich nur scheinbar von ihr überzeugen. Wir werden es abwarten müssen und können darauf gespannt sein, wie sich die beiden als vorläufiges Team schlagen.
Rowena zeigt derweil, dass sie sich ebenfalls darin versteht, zu manipulieren und zu planen. Wie gesagt bleibt es fraglich, ob sie ihren Sohn tatsächlich überzeugt hat, aber man merkt deutlich, dass die beiden verwandt sind, jedenfalls mit Blick darauf, wie sie mit einander und ihrem Umfeld umgehen und dieses auch ausnutzen. Wobei Rowenas Absichten sich vermutlich nicht mit Crowleys Plänen decken werden oder höchstens nur vorübergehend. Die große Frage wird sein, wer da in Zukunft am längeren Hebel sitzt und sich durchsetzen kann. Und natürlich, wie dieser Handlungsstrang mit den anderen zusammenlaufen wird, denn während Castiel diese Woche zumindest etwas Kontakt zu den Winchesters hatte, kamen die Hölle und Crowley selbst schon länger nicht mehr den Brüdern in die Quere.

Sam und Dean
Von der Vorschau hätte sich erwarten lassen, dass Sam (Jared Padalecki) und Dean (Jensen Ackles) sowie die Kainsmal-Thematik im Vordergrund stehen würden. In gewisser Weise und vor allem mit Blick auf das Ende ist das auch der Fall. Allerdings mit kleinerer Screentime als angenommen.
Interessant war hier zu sehen, wie schnell Dean Castiel reinen Wein einschenkte als es um sein Kainsmal ging. Wochenlang hat er Sam nun vorgemacht, dass alles wieder in Ordnung wäre, er sich endlich wieder wie er selbst fühle. Die Episode über behält er diese Fassade gegenüber seinem Bruder auch aufrecht und macht sich über mehr Burger als gewöhnlich her - der alte Dean, so wie wir und Sam ihn kennen. Aber dem Engel gegenüber gelingt das nicht. Er bittet Castiel sogar darum, seiner Existenz ein Ende zu setzen, sollte er sich erneut in einen Dämon verwandeln. Mit Blick auf diese Bitte war es vielleicht auch nicht so verkehrt, Castiel die Folge über von einer menschlicheren, besorgten Seite zu zeigen. Im Fall der Fälle dürfte es Deans Freund somit schwer fallen, dem Wunsch tatsächlich nachzukommen. Aber schon irgendwie bezeichnend, dass Castiel eingeweiht wird und Sam außen vor bleibt, womit neue Konflikte zwischen den Brüdern vorprogrammiert sind. Vor allem jetzt, nachdem die Katze aus dem Sack ist.
Womit wir auch schon beim Ende wären: Die Rettung von Claire bringt tolle Szenen mit sich. Die Winchesters im Team mit Castiel gegen böse Buben bot schon alleine schöne Augenblicke, denn es ist eine gefühlte Ewigkeit her, dass wir die drei bei einer solchen Aktion gesehen haben. Sehr schön war zuvor auch Deans Geschichte zu John Winchester, was ebenfalls Erinnerungen an vergangene Staffeln weckt.
Der Hammer kam aber zum Schluss, als Deans blutige Visionen schließlich wahr werden und er das Verlangen des Kainsmals nicht länger unter Kontrolle halten kann. Sam will nicht glauben, welcher Anblick sich ihm bietet als er ins Haus zurückkehrt und Dean erblickt, der inmitten seiner letzten Opfer - inklusive dem eher unschuldigen Randy - kniet. Ein Moment zum Luftanhalten. Schade nur, dass die Episode in dem Augenblick auch schon wieder vorbei ist.

Fazit: „The Things We Left Behind“ ist an sich eine gute Episode und setzt den Fokus auf familiäre Bande, funktioniert als Midseason-Finale allerdings eher schleppend. Erst in den letzten Minuten kommt die Rahmenhandlung so richtig in Fahrt, um den Zuschauer gleich darauf in die Pause zu schicken. Zudem bleibt fraglich, was genau mit Castiels Handlungsstrang bezweckt werden soll und wie Crowley und Rowena sich in das größere Bild einfügen werden. Gefühlt war das mehr ein Auftakt zur letzten Episode vor der Pause, auch wenn die Lust auf weitere Folgen natürlich bleibt.

7/10
 
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