Whiplash - Miles Teller, J. K. Simmons [Kritik]

B

Bader

Guest
Vorgestern gesehen. Bin geflasht... schöne Psychospielchen und das Ende... woah...Perfektion in Dramaturgie, Visualität & Akustik. Definitiv *RealNeozitier* DICKE Empfehlung!
 

Clive77

Serial Watcher
Hat mir auch sehr gefallen. :top:
Simmons erinnerte mich in der Rolle an meinen alten Chemielehrer. :ugly: Also, von der Art des "Unterrichtens"...

Stimme da voll und ganz mit Jays Kritik überein. Auch von mir 9/10 blutige Finger.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Fakten auf den Tisch:

Inherent Vice >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Whiplash >>>>>>>>>> Birdman

:wink:

Whiplash fand ich in Ordnung, teilweiße wirklich auffällig gut und schön dynamisch inszeniert, aber die "Das Ziel rechtfertigt alle Mittel"-Ideologie, die der Film auch selber zu bestätigen scheint, hinterließen zumindest bei mir einen faden Nachgeschmack.
 

Revolvermann

Well-Known Member
TheGreatGonzo schrieb:
Whiplash fand ich in Ordnung, teilweiße wirklich auffällig gut und schön dynamisch inszeniert, aber die "Das Ziel rechtfertigt alle Mittel"-Ideologie, die der Film auch selber zu bestätigen scheint, hinterließen zumindest bei mir einen faden Nachgeschmack.

Genau das ist auch mein Problem. Ich dachte wärend des Films so einige Male, wie ich den Typen richtig fertig gemacht hätte. Das kann ich ganz gut. (Natürlich auf ganz fiese Art. Nicht mit Fäusten)
Wie dem auch sei. Dieses Erreichen eines Ziels um jeden Preis, mit Inkaufnahme jeglicher Verluste, ist eine für mich von Grund auf falsche Ideologie. Hier dargestellt durch eine Art Talent-Darwinismus, wie er doch typisch amerikanisch wirkt und sich auf unzählige andere Themen in der realen Welt anwenden lässt. Angewedet wird.
Ich hörte vorher der Film habe Ähnlichkeit zu "Karate Kid". Ich sehe vielmehr Ähnlichkeiten zu "Black Swan", welcher quasi diesselbe Ideologie verfolgt, nur mit genau anderem Ausgang.

Allerdings sehe ich den Film keinesfalls selbst als ideologisierend. Er stellt dem Zuschauer frei, wie er das bewertet. Auch wenn es hier gewinnbringend ausgeht, kann man die Mittel klar als fragwürdig ausmachen.
Auch wird nie bewertet oder geklärt ob Fletcher
Schuld war am Tod seines alten Schülers.

Was aber völlig außer Frage steht, ist das J.K. Simmons im Zusammenspiel mit Miles Teller einem den Schweiß auf die Stirn treibt. Ein Paradebeispiel was Ehrgeiz kann, was Ansporn kann, was Musik kann. Im Guten, wie im Schlechten.

Meiner Meinung nach hätten 10 bis 15 Minuten mehr, dem Film allerdings gut getan. Empfindet man Andrews Bemühen erst als gnadenlose Tour de Force, ist sie auch schon vorbei.

8/10
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Allerdings... stellt der Film diese Ideologie doch nicht als richtig hin? Fletcher wird als das große Übel präsentiert, doch an Neyman selbst wird doch auf subtile Art auch kein gutes Haar gelassen. Er enttäuscht und verlässt seine Freundin, er bricht mit seinem Vater, schlägt alle sozialen Kontakte aus. Ohne zu spoilen wie der Film endet, aber auch ohne dass es explizit gezeigt oder ausgesprochen wird, hatte Neyman so immer eine schlechte Zukunft vor sich.

Hattet ihr das Gefühl, dass Neyman als sympathisch verkauft werden sollte? Charismatisch, exzentrisch, hochbegabt. Aber nicht sympathisch.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Ich für meinen Teil fand ihn nicht sonderlich sympathisch. Ich denke so sollte er auch nicht wahrgenommen werden.
Allein schon
der Anruf bei seiner ehemaligen "beinahe Freundin", als er aus der Band geflogen ist. So nach dem Motto: Ich bin gescheitert. Jetzt sind gewöhnliche Menschen wieder gut genug für mich.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Enthält Spoiler:

Ich weiß nicht, ob man allein dadurch Kritik an der gezeigten Ideologie ausübt, wenn man die Figuren nicht sympathisch schreibt. Am Schluss geht Neyman dann halt eben doch als der große Gewinner hervor, der es allen, vor allem JK Simmons, bewießen hat, dabei zwar jegliche Moral und Beziehungen hinter sich gelassen, angesichts seiner spektakulären, sicher lebensverändernden One-Man-Show sind das dann aber nur Kollateralschäden. So hat es zumindest auf mich gewirkt. Das verschiedene Menschen das verschieden auslegen spricht aber, denke ich, für den Film und die Gratwanderung, was seine Ideologie angeht.

Aber allein angesichst der wirklich fabelhaften Inszenierung, freue ich mich auf den nächsten Film des Regisseurs, (Achtung, unsubtile Werbung für eigenen Thread) ein Musical mit Ryan Gosling und Emma Stone.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Ja, Revolvermann. Das war fraglos erbärmlich.

SPOILER AHEAD

@Gonzo
Neyman mag am Ende im Grunde gut dastehen, aber was folgt? Sein Ziel ist zu beweisen, dass er ein ebenso genialer Drummer ist wie sein großes Vorbild Buddy Rich. Das ist das einzige, was ihn antreibt. Er will keinen Fame, keine Fans, und schon gar keine Band. Freundin sucht er nur, wenn er gerade Schwäche hat. Wo wird ihn das hinführen? Er ist ein egozentrischer Arsch, also kann er sich abschminken, jemals länger bei anderen Künstlern als Drummer engagiert zu werden. Auch wird er selbst nie lange eine eigene Band halten können, da keiner mit ihm arbeiten wollen wird. Nun können Künstler fraglos exzentrische Ärsche sein, wenn sie andererseits mächtig liefern können, aber was Neyman nie gezeigt hat: dass er kreativ ist. Er mag Stücke perfekt nachspielen können, aber was kann er neues schaffen?

Ich denke, auf kurz oder lang wird er an der gleichen Stelle wie Fletcher landen: als Lehrer. Und er wird vermutlich ein ebenso mieser, fordernder Lehrer sein, dessen Können man respektiert, dessen Pädagogik man aber hassen kann. Der Unterschied ist, dass Fletcher neben seinem Alltag auch noch recht ausgeglichen und zurückhaltend Musik mit anderen genießen kann. Das wird Neyman verwehrt bleiben. Ich glaube, dass uns der Regisseur hier geschickt einen anfangs vermeintlich sympathischen Jungen vorstellt, der auf ein Monster trifft. Aber dann stellt sich heraus, dass das Monster auch menschliche Seiten hat, und dass der Junge vielleicht ein viel schlimmeres Monster wird.

Neyman muss ja nicht sympathisch sein, nur faszinieren. Tut er meiner Meinung nach.
 
M

Mad Ei Pape

Guest
SPOILER

Jay schrieb:
Er mag Stücke perfekt nachspielen können, aber was kann er neues schaffen?
Das Stück am Ende (Caravan) ist eine Improvisation von Neyman. Er kann neues schaffen.

Ich denke nicht dass Neyman ein Leben wie Fletcher führen wird. Fletcher ist penibel, streng, sadistisch und hat ein verdammt gutes Gehör sowie Taktgefühl, aber eben kein Genie am Instrument. Sein Spiel reicht für Jazzclubs, aber nicht für die große Bühne. Andrew dagegen hat sein Genie bewiesen und nun steht ihm die Welt offen. Die Angebote kommen und wir wissen nicht, wie er sich entwickelt wenn der Druck sich als Bester beweisen zu müssen gewichen ist. Irgendwann wird dann auch Zeit für eine Freundin sein, die dann halt damit leben muss die 2. Geige zu sein. Wird schon gut gehen für Andrew.

Ich denke dass sich hier 2 getroffen haben, die einander gebraucht haben. Und letztendlich nur dadurch die musikalische Reife möglich war, die Andrew am Schluss beweist. Vielleicht will das der Film sagen, dass es ein harter Weg ist zu den Besten zu gehören und dass es Opfer kostet und das Genies eben immer allein und unverstanden bleiben, weil sie sich in Sphären bewegen, die wir nicht nachvollziehen können. Vielleicht macht ihn das unsympathisch, weil der Rest ihm egal ist, aber vorwerfen kann man es ihm nicht.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Weiterhin Spoiler.

Hmh, ich hatte nach dem Film nicht unbedingt, das Gefühl, als möchte er die Entwicklung Neymans so vorausgreifen. Es war ein mitreisendes Finale, bei der wir mitfiebern, ob uns die Figur nun besonders sympathisch ist oder nicht. Auch das Neyman danach ähnlich enden wird wie sein Lehrer, wie oder zumindest ein Leben führen wird, dass diesem Höhepunkt nicht gerecht wird, ist reine Spekulation. Sicher dürfte vor allem erstmal sein, dass Neyman nach diesem Auftritt "der Shit" in der Jazzszene sein wird. Ob das nun Jahre lang so weiter geht ist da eine andere Frage, finde ich aber auch eher uninteressant, weil das dann zu sehr über die Handlung des Films hinausgeht. Er sagte auch, wenn ich mich recht entsinne, nie, dass er nicht in einer Band spielen will, Fletcher erwähnte nur, dass er nicht in einer Rockband enden möchte. Weil, als Schlagzeuger, als Musiker allgemein, macht man eben meistens das, in einer Band spielen, und auch eigene Stücke, auch wenn ich nicht weiß, welchen Stellenwert das Komponieren von neuen Sachen in der Jazzwelt hat. Da würde ich auch eher spekulieren, dass Neymans Ego zu groß wird, um mit anderen zusammen zu spielen, aber auch das ist wieder reine Spekulation, die über den Zeitrahmen des Films hinaus geht. Und am Schluss des Films steht er nunmal als großer Gewinner da, sicher nicht menschlich, aber das wollte er ja auch nie.
 

Mr.Anderson

Kleriker
Ihr habt den Film alle nicht verstanden! :biggrin: Das ist nicht Karate Kid, das ist Mr. Miyagi - Der Film.

BÖSE SPOILER!

Hier geht es nicht um Neyman, der einfach nur der Beste sein will. Es geht um Fletcher, der wie er selbst erklärt den nächsten Charlie Parker entdecken will. Das ist ihm bisher nicht gelungen, wie er selber sagt. Er hat alles aus seinen Leuten herausgeholt, mehr als man von ihnen erwartet hat. Wer seiner Meinung nach nur "gut gemacht" hört, holt nicht alles aus sich heraus. Er setzt sich das hohe Ziel mit seiner Art einen neuen Louis Armstrong oder Charlie Parker für die Welt zu entdecken... herauszukitzeln. Fletcher erzählt Neyman die Geschichte von Charlie Parker, der als er noch ein Junge war bei einem Improvisationswettbewerb gespielt hat und daneben gehauen hat. Zur Strafe wurde ihm ein Becken gegen den Schädel geworfen. Er wurde auf der Bühne blamiert und ausgelacht. In der Nacht heulte er, aber am nächsten Morgen übte er schon wieder und übte und übte mit dem Ziel nie wieder ausgelacht zu werden... und spielte ein Jahr später das beste gottverdammte Solo das die Welt je gehört hatte. Fletchers Meinung zu Folge wäre aus Charlie Parker nie der Charlie Parker geworden, wenn er statt eines Beckens gegen den Schädel vielleicht ein "gut gemacht" gehört hätte. Auch erklärt er ihm das ein wahrer Charlie Parker sich niemals entmutigen lassen würde. Darauf lädt er ihn in seine Band ein und bietet ihm an beim JBC mit teilzunehmen. Fletcher lässt ein Stück spielen das Neyman nicht kennt. Neyman improvisiert ohne Noten und blamiert sich, rennt von der Bühne und sucht heulend in Papis Armen Zuflucht. Ich denke in Papas Armen ist dann der Moment in dem ihm die Worte von Fletcher über Charlie Parker durch den Kopf gehen. Er lässt sich nicht entmutigen, geht wieder auf die Bühne reißt quasi die Band an sich und spielt vermutlich das gottverdammt beste Solo was man in den Hallen jeh gehört hat.

Und Fletcher lächelt.

Er hat seinen Charlie Parker gefunden. 8)

Was weiter aus Neyman wird, interessiert kein Schwein... :rolleyes:
 

Puni

Well-Known Member
Fand den höchstens ganz nett. Fletcher wirkt teilweise sehr aufgesetzt, ich könnte sowas als Schüler absolut nicht ernst nehmen. Das Hauptproblem ist aber viel mehr Neyman, der höchst unsympathisch (seine Trennung von der Freundin war ja wohl ein schlechter Scherz) ist, und dadurch dem ganzen Film ein wenig die Basis nimmt. Alles in allem recht spannungsarm, auch wenn die Schauspieler natürlich recht gut sind, schreit der Film mir zu sehr nach Oscar. Wieso der so gehypt wird, kann ich absolut nicht nachvollziehen.
 

Dr.Faustus

Well-Known Member
Gestern gesehen, hat mich sehr angetan.
Inszenierung, Musik, darstellerische Leistung.
8,5/10

PS: Es hätte mich zwar noch interessiert, wie es mit den beiden weitergeht, aber der Film hat mit dem gegeben Ende die Ziele der beiden Hauptfiguren erreicht und ist damit gut so wie es ist :top:
 

Dr Knobel

Sie nannten ihn Aufsteiger
Jetzt endlich gesehen. Überwiegend grandios. Etwas zu viel Spiel mit den gängigen Klischees, in denen man sich h bisweilen zu verheddern droht und das Ende ist durchaus interpretationswürdig, was ich jetzt aber nicht zwangsläufig als Makel ansehen würde. Etwas mehr Laufzeit hätte dem Ganzen gut getan, denn im letzten Drittel passiert sehr viel, da hätte es etwas mehr Sorgfalt gebraucht.
Trotzdem fraglos mit das beste, was das Filmjahr 2015/16 zu bieten hatte.
8.5/10
 

TheUKfella

Well-Known Member
Für mich einer der besten Filme der letzten 2 Jahre. JK Simmons bewirkt durch seine Darbietung richtige Angst im Zuschauer. Angst wie ein junges Schulkind dass Angst vor dem Klassenlehrer hat während es vor der gesamten Klasse zur Schnecke gemacht wird. :bibber:
Mich würde es interessieren was nach dem Schlusskonzert passiert sein könnte. Fletchers Ziel war es ja, Andrew vor einem riesen Publikum zu demütigen. Was ihm ja auch für ungefähr 1 Minute gelungen war. Aber danach dreht Andrew ja volles Rohr auf und zeigt allen was ein Meister Drummer ist. Ich frage mich wie das Verhältnis zwischen ihm und Fletcher danach gewesen sein könnte? Weiterhin der pure Hass gegenseitig? Oder ein respektabler handshake und danach getrennte Wege??
 

Schneebauer

Targaryen
Die Demütigung auf der Bühne sehe ich mehr als Rache für seinen Rauswurf. Momentaufnahme. Entweder er kommt drüber hinweg und zeigt was er kann - beweist ihm quasi dass er Recht hatte, oder eben nicht. Sein Ziel, das Beste aus Andrews Talent rauszuholen und ihn zu einem der Besten Musiker zu machen gibt er deswegen aber nicht auf.
 
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