Black Sails S02E08 - XVI.

Clive77

Serial Watcher
In der Folge „XVI.“ der US-Serie Black Sails gibt es viele neue Entwicklungen, die sich auf charakterlicher Basis stimmig gestalten und das Gesamtbild der Figuren weiter vervollständigen. Fans von Actioneinlagen müssen sich allerdings weiterhin gedulden.

Zur See
Kapitän Flint (Toby Stephens) ist zusammen mit Miranda Barlow (Louise Barnes), Abigail Ashe (Meganne Young) und dem Rest seiner Crew auf dem Weg nach Charleston, South Carolina, wo er versuchen wird, den Gouverneur Peter Ashe (Nick Boraine) für sein Vorhaben einer unabhängigen Piratennation zu begeistern. Doch der ist bekanntlich ein erklärter Gegner des Piratentums. Mit dem vermeintlichen Verlust des Urca-Golds bleibt Flint momentan aber nur diese Option. Die Anspannung wächst, je näher die Mannschaft ihrem Ziel kommt.
Einen Großteil dieser Reise bekommen wir aus der Sicht von Abigail erzählt, die ihre Gedanken schriftlich festhält. Bislang haben wir noch nicht viel von ihr erfahren. Wir wissen, dass sie als Peters Tochter und nach den Geschehnissen der letzten Tage und Wochen ebenfalls nicht gut auf Piraten zu sprechen ist und den Namen Flint mit einem Monster verbindet. Doch je weiter die Reise voran schreitet, desto mehr ändert sich ihr Blick auf die Männer, die ihr Vater so sehr hasst. In Charleston angekommen, ist sie es dann auch, die erst den Weg zu einem Treffen zwischen Flint und Peter Ashe ebnet. Aber ob Peter tatsächlich ruhig zuhören wird, wenn Flint seine Pläne unterbreitet?
Die Krux an der Sache erschließt sich uns nämlich mit einem Rückblick auf ein vergangenes Ereignis, welches bereits in der ersten Staffel - wenn auch nur am Rande - erwähnt wurde: Flint hat Thomas Hamiltons Vater Alfred (Danny Keogh) mit Mirandas Hilfe ausfindig gemacht und umgebracht - ein Racheakt für den Verrat an Thomas. Diese Tat hat erst bewirkt, dass Peter seine Sicht auf die Piraten änderte und nun mit voller Härte durchgreift, wenn er auch nur jemanden der Piraterie verdächtigt. Sein Hass gilt folglich nicht nur der Piraterie generell, sondern Flint im Speziellen, was das Treffen zwischen beiden sehr viel heikler macht, als man ohnehin schon annehmen konnte. Wir dürfen also gespannt darauf warten, wie die Audienz ausgehen wird - und das ist noch unabhängig davon, ob und wie Charles Vane (Zach McGowan) mit seinen Leuten in Charleston für Chaos sorgen wird.

John Silver
Während Flint sich auf das Treffen vorbereitet, muss John Silver (Luke Arnold) sich Sorgen um einen der Späher machen, die Flint auf Johns Anweisung hin vom Verlust des Goldes berichtet haben. Nicholas (Tyrel Meyer) verhält sich - glücklicherweise nur von Silver bemerkt - verdächtig, als er bei einer von Johns üblichen Stories vor der Crew im Hintergrund vor sich hinlacht. Dem zweiten Späher Vincent (Adrian Collins) gegenüber erwähnt Silver daraufhin, dass Nicholas zu einem Problem werden könnte - und löst damit eine Kette von Ereignissen aus, die auch Abigails Sicht auf die Piraten beeinflusst.
Es ist und bleibt beeindruckend, wie sicher die Autoren hier einmal mehr zwei verschiedene Handlungsstränge mit einander verweben. Ohne den Tod von Nicholas hätte es keine Seebestattung gegeben, bei der Abigail Trauer in den Augen der Crew gesehen hätte. Erst hier kam sie zu dem Schluss, dass es sich bei den Piraten nicht um herzlose Monster, sondern um Menschen handelt, die keineswegs so verroht sind, wie ihr Vater immer behauptet. Es wäre jedenfalls zu bezweifeln gewesen, dass einzig die kurze Geschichte zur Vergangenheit von Billy Bones (Tom Hopper), die Flint ihr mitteilt, ihre Ansicht derart hätte beeinflussen können. Zumal sie den Eindruck hatte, dass Billy nicht zu den anderen Männern passt. Mit der Bestattung bekommt sie aber einen generellen Blick auf die Crew, was später in Charleston auch dazu führt, dass sie für Flint spricht als dieser von den Männern ihres Vaters attackiert wird.
Aber zurück zu Silver: Es war überhaupt nicht seine Absicht, dass Vincent Nicholas aus dem Weg räumt. Aus Johns Sicht wäre der „Unfall“ viel zu riskant gewesen, hätte womöglich für Aufsehen gesorgt und Fragen nach sich gezogen, wenn Vincent dabei einen Fehler gemacht hätte. Man könnte an dieser Stelle auch monieren, dass es ein großer Zufall war, dass gerade Nicholas bei Nacht am Hauptmast herumklettern musste. Nichtsdestotrotz läuft die Sache für Vincent und John aber zu ihrem Vorteil, denn der Sturz wirft keine weiteren Fragen auf. Glück gehabt.
John Silver erkennt danach übrigens, über welche Macht er bereits verfügt. Vincent erklärt es ihm direkt, als er meint, dass Flint zwar das Kommando habe, die Crew aber nur soviel auf den Kapitän gibt, weil John sie dafür in die richtige Stimmung versetzt. Das anfängliche Gespräch zwischen Mr. Scott (Hakeem Kae-Kazim) und Billy hätte es dazu garnicht gebraucht, denn uns ist schon lange klar, dass Silver eine nicht zu unterschätzende Figur ist, die mehr Fäden in der Hand hält als die Crew und auch Flint vermuten würden. Da Silver sich jetzt seiner Macht bewusst ist, können wir erwarten, dass er sie in naher Zukunft erneut gebrauchen wird. Dann allerdings mit voller Absicht. Wehe dem, der ihm dann im Weg stehen mag.

Nassau
Wurde schon erwähnt, wie toll die verschiedenen Handlungsstränge in einander greifen? Silvers Plan, heimlich das Urca-Gold zu beschaffen, wird wie erwartet durch Max (Jessica Parker Kennedy) und Jack Rackham (Toby Schmitz) in Angriff genommen. Kurioserweise ist diese Woche von Anne (Clara Paget) keine Spur zu sehen (hatte Max ihr nicht letzte Woche noch weitere Partnerschaft erklärt?), aber das soll uns nicht weiter kümmern - die taucht schon wieder auf (vielleicht als männliches Crew-Mitglied verkleidet auf Jacks Schiff?).
Jedenfalls hat Jacks Quartiermeister Featherstone (Craig Jackson) große Bedenken, was die Schatzbergung angeht. Er muss dafür vorerst an Bord des Schiffes Platz machen, was für Aufsehen sorgen und die Frage von Außenstehenden nach sich ziehen könnte, wofür da Platz gemacht wird. Außerdem stellt sich noch die Frage, wohin das Gold gebracht werden soll, sobald es geborgen wurde. In einem Piratennest würde sich ein solcher Fang zwangsweise schnell rumsprechen und Jack müsste jederzeit damit rechnen, dass ihm die Beute wieder abgenommen wird.
So kommt es dann, dass Rackham sich zum Fort begibt, wo er das Gold zu lagern gedenkt und auch mit dem Gedanken spielt, sich die Hilfe von Charles Vane (oder wer auch immer nun das Kommando dort hat) für sein Vorhaben zu sichern. Doch abgesehen von einem toten Richard Guthrie (Sean Cameron Michael) ist das Fort verlassen - Überraschung. Es bleibt gegen Ende noch offen, ob Jack das Fort benutzen wird. Anzunehmen wäre, dass Kapitän Hornigold (Patrick Lyster) sich dort erneut breit macht. Schließlich war das seit Vanes Übernahme dessen Absicht und ohne Widerstand würden die Leute, die ihm noch geblieben sind, sicher folgsam zum Fort gehen. Aber ob Jack sich dann mit Hornigold verbünden wird? Wäre eine interessante Möglichkeit, zumal Hornigold und Dufresne (Roland Reed) ohnehin Flint an die Engländer ausliefern wollen.
Während Jack sich mit der Planung beschäftigt, taucht eine Figur aus der ersten Staffel wieder auf und könnte Rackham, Max und Silver einen Strich durch die Rechnung machen. Mrs. Mapleton (Fiona Ramsey), die ehemalige Bordellmanagerin, ist gut informiert über die Vorgänge im Hurenhaus und hat sich auch sonst einen Überblick über die Vorgänge in Nassau verschafft. Das Verschwinden von Logan (Dylan Skews) und Charlotte (Angelique Pretorius), die angebliche Nachricht, dass das Urca-Gold außer Reichweite ist und Featherstones Bemühen, Freiraum in Jacks Schiff zu machen - sie zieht aus allem den richtigen Schluss, dass das Gold noch nicht verloren ist und Rackham es sich unter den Nagel reißen und nach Nassau bringen will. Eleanor (Hannah New) kann diese Ausführungen nicht ignorieren, denn in den falschen Händen wird das Gold ihre eigenen Ziele zunichte machen. Es bleiben ihr eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder findet sie einen Weg, sich mit Rackham (und damit auch Max) zu arrangieren oder aber sie vereitelt seinen Plan. Doch wofür sie sich entscheiden wird, bleibt mit dem Ende der Episode noch offen.
Was die Figuren betrifft, passiert also auch in Nassau sehr viel. Der Weg für neuerliche Auseinandersetzungen wird gelegt, wobei erneut Charaktere aufeinander treffen, die zuvor separate Richtungen eingeschlagen hatten. Dabei ist es erstaunlich, wie konsistent das Geschehen bei den ganzen Vorgängen bleibt und auch Figuren wie Mrs. Mapleton in die Handlung mit einbindet, die man als Zuschauer garnicht mehr auf dem Schirm hatte.

Charles Vane
Die größte Überraschung kommt wie gewohnt zum Schluss. Die Karten von Charles Vane sahen nach der letzten Episode dank Eleanors Befreiungsaktion sehr schlecht aus. Ganz offensichtlich hat er aber nicht aufgegeben und sogleich geplant, nicht auf das Lösegeld zu verzichten, welches Abigail ihm hätte bringen können. Der Cliffhanger der letzten Folge zeigte also tatsächlich Vanes Leute, wie sie Richard Guthrie auf seinem Weg abgefangen haben.
Richards Tod und der hinterlassene Brief an Eleanor zeigen deutlich, dass Vane noch nicht aus dem Spiel ist. Wie auch immer er jetzt in Charleston eingreifen wird, Eleanor wird das nicht mehr verhindern können. Zudem dürfte Charles’ Vorhaben die Pläne von Flint durchkreuzen, denn das letzte, was der jetzt gebrauchen kann, ist eine Bande Piraten, die in Charleston für Unruhe sorgen und Peter Ashe verstimmen. Somit darf der Zuschauer auch hier mit Spannung der nächsten Episode entgegen blicken.
 

Clive77

Serial Watcher
Fazit: Auch wenn es kaum Action gibt, macht „XVI.“ einen guten Eindruck. Es gibt weitere Hintergrundinformationen (Billy Bones, Peter Ashes Sinneswandel zum Piratenjäger) und das Figurengeflecht schreitet mit größeren Schritten auf das Staffelfinale zu. Kleinere Twists sowie charakterliche Wendungen und Entwicklungen bestimmen das Geschehen, welches auf dramatischer Ebene stimmig wirkt. Dabei wird deutlich, dass vieles bereits im Vorfeld von den Machern so geplant (Bezüge zur ersten Staffel) und nicht erst im Nachhinein zur Aufstockung der Serie aus den Fingern gesaugt wurde.

7,5/10
 
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