Black Sails S02E10 - XVIII.

Clive77

Serial Watcher
Mit der Folge „XVIII.“ endet die zweite Staffel der US-Serie Black Sails. Den Zuschauer erwartet ein geradezu bombastisches Finale mit kinoreifer Action, blutigen Szenen und einem Ende, das Lust auf mehr macht. Das wird eine sehr lange Pause bis zur dritten Staffel.

„Everyone is a monster to someone.“ - Kapitän Flint.

Nassau
Eleanor (Hannah New) ist Dank ihrer Entführer auf dem Weg nach London, wo sie vor Gericht gestellt werden soll. Entsprechend bekommen wir diese Woche nichts von ihr zu sehen und können sie frühestens in der dritten Staffel zurück auf der Bühne erwarten.
Die Szenen in Nassau konzentrieren sich folglich auf Max (Jessica Parker Kennedy), die sich die Hinterlassenschaften von Eleanor vorerst aneignet und sich damit ein ganzes Stück weiter nach oben manövriert. Sie passt allerdings auf, dass sie nicht direkt als Eleanors Nachfolgerin ins Licht gerückt wird - schließlich ist es gefährlich, wenn man zu sehr im Rampenlicht der Geschäfte des Piratennests steht.
Sehr viel passiert in Nassau allerdings nicht. Max füllt die Lücke, die Eleanor vorerst hinterlassen hat und steht nun quasi an der Spitze. Aber wenn wir Max erwähnen, sollten wir auch Anne Bonny (Clara Paget) und Jack Rackham (Toby Schmitz) nennen, die sich diese Woche - leider offscreen - das Urca-Gold holen.
Das Verhältnis von Anne zu Jack wird dabei wieder ein wenig gerade gerückt. Nicht auf einem romantischen Wege, sondern in Form einer dauerhaften geschäftlichen Partnerschaft („You and I will be partners till they put us in the fucking ground“), was den beiden auch besser steht als das Liebesdreieck mit Max.
Wie sich herausstellt, war der Widerstand der Spanier doch nicht so klein, wie Flints (Toby Stephens) Späher berichtet hatten und der Laderaum von Jacks Schiff nicht groß genug, um das ganze Gold aufzunehmen. Gut, dass die beiden noch auf die Walrus zurückgreifen konnten, sonst hätten sie nicht den ganzen Schatz nach Nassau holen können. Die mögliche Befürchtung, dass die Schatzbergung sich noch in die dritte Staffel verlagern könnte, war also unbegründet. Schade ist nur, dass wir nichts von den Geschehnissen am Strand der havarierten Urca de Lima zu sehen bekamen - aber im Angesicht der Ereignisse in Charleston lässt sich das sehr leicht verkraften.
Mit dem ganzen Gold im Hafen von Nassau bleibt die Frage, was Max, Jack und Anne nun damit anstellen werden und wie sie gedenken, ihre wertvolle Fracht vor anderen zu schützen. Besonders ein gewisser Flint bekam ein zorniges Glänzen im Auge, als ihm davon berichtet wurde, dass der Schatz nicht auf dem Weg zurück nach Spanien ist, sondern von einer anderen Crew in Angriff genommen wurde.

Vor Charleston
Nach dem Ende der letzten Episode war uns bereits klar, dass Charles Vane (Zach McGowan) versuchen würde, Flint irgendwie zu retten. Aber bevor es dazu kommen kann, gilt es zu bedenken, dass die Crew von Flint und Vanes Männer nicht plötzlich zu Freunden werden, bloß weil Vane mit einem Rettungsplan um die Ecke kommt. Peter Ashe (Nick Boraine) ist bei den Piraten gefürchtet, und Charleston ist eine Festung, in deren Hafen auch noch Schiffe liegen, die der spanischen Man O’ War sehr gefährlich werden könnten. Ein Frontalangriff käme einem Selbstmord gleich, da würde Vanes Gefolge nicht mitmachen.
Es ist sehr gut, dass diese Problematik nicht vergessen wird, sondern einen wesentlichen Teil der Episode einnimmt. Billy Bones (Tom Hopper), John Silver (Luke Arnold) und die restliche Besatzung von Flint bleiben in Ketten gelegt an Bord, während Vane von seinen Leuten nur eine Minimalbesatzung zurücklässt - nicht genug Männer, als dass sie sich einfach mit dem Kriegsschiff davon machen könnten, weil sie kein Interesse an Flints Rettung haben. Das Kommando während Vanes Abwesenheit übernimmt Jenks (Robert Hobbs), der liebend gerne der kommenden Schlacht den Rücken kehren würde.
Grandios werden nun wieder alle Figuren auf dem Schiff genutzt, um die Spannung hoch zu halten. Was hat Vincent (Adrian Collins) Jenks erzählt? Möglicherweise vom Schatz der Urca? Oder ist der Vorschlag, den er Jenks unterbreitet, ein Teil von Silvers - wie auch immer gearteten - Plan, die Fesseln wieder abzulegen? Und wird John vielleicht doch zehn Leute nennen, die zu Jenks überlaufen würden? Immerhin sähe es Silver ähnlich, sich irgendwie aus seiner Notlage zu befreien und dabei keine Rücksicht auf Verluste zu nehmen - schließlich könnte der Urca-Schatz bereits in Nassau auf ihn warten.
Die Auflösung des Ganzen entpuppt sich als ein weiterer gekonnter Handlungsbogen, bei dem John Silver sein Bein verliert - ein lange erwarteter Schritt mit Blick auf Robert Louis Stevensons Buchvorlage, zu der die Serie bekanntlich ein Prequel ist. Ob John seinen Plan wohl auch durchgeführt hätte, wenn er schon vorher gewusst hätte, dass ihm die Aktion ein Bein kosten würde? Aber bevor wir jetzt annehmen, dass Silver sich tatsächlich für die Crew und mit nur wenig Eigennutzen aufgeopfert hat, sollten wir uns sein letztes Gespräch mit Flint vor Augen führen, bei dem er dem Kapitän erzählt, dass der Urca-Schatz noch nicht verloren ist und den bereits toten Vincent als Verantwortlichen für die Fehlinformation angibt. Es passt einfach perfekt zu John, jemand anderem die Schuld für etwas in die Schuhe zu schieben, was er erst angestoßen hatte.
Unterm Strich ist Silver - vielleicht neben Max - auch der große Gewinner der zweiten Staffel. Er hat zwar ein Bein verloren, aber die Crew hat ihn zum neuen Quartiermeister erklärt und bei Flint hat er auch einen Stein im Brett. Die Frage wird sein, für wen er sich entscheidet, wenn es um den Schatz der Urca geht. Wird er Flint in den Rücken fallen oder sich gegen Jack, Max und Anne stellen? Vielleicht plant er auch, beide Parteien irgendwie gegeneinander auszuspielen, um dann heimlich das größte Stück vom Schatz-Kuchen einzuheimsen. Wer weiß. Sicher ist auf jeden Fall, dass wir bei John Silver mit allem rechnen können.

In Charleston
Kommen wir zum Kernstück der Episode. Vanes Plan beschert uns hier die wohl größten Action-Momente der Serie bis dato. Dass Abigails (Meganne Young) Tagebuch - an Charles überreicht durch Billy Bones - dabei eine Rolle spielt, war ein weiterer guter Schachzug, schließlich wird ihren Voice-Overs und Aufzeichnungen aus einer der Vorfolgen nachträglich eine größere Bedeutung zugemessen.
Es sah auch zunächst so aus, als wenn Charles tatsächlich versuchen würde, Flint alleine durch die niedergeschriebenen Worte von Abigail aus seiner misslichen Lage zu befreien. Aber es entpuppt sich als reines Ablenkungsmanöver, damit seine Leute heimlich die Kanonen des Forts unter ihre Kontrolle kriegen und das Chaos ausbrechen lassen können. Und was für ein Chaos wir hier zu sehen bekommen. Flint und Vane in Ketten, kämpfen sich durch die Menge, während eine Kanonenkugel nach der anderen einschlägt. Dazwischen immer wieder Szenen vom Schiff, wo Silver von Jinks gefoltert wird. Dem Zuschauer wird hier eine wahre Tour de Force geboten, die einen einfach nicht wegsehen lässt. Großartig.
Nebenbei steht natürlich in Charleston erneut Kapitän Flint im Vordergrund, an dessen vergangenen Namen „James McGraw“ wir zu Beginn der Folge durch Abigail erneut erinnert werden. Wir sehen, wie James McGraw sich ein letztes Mal aufbäumt und an Peter Ashe appelliert. Aber vergebens. Der offene Sarg mit der toten Miranda (Louise Barnes), ein aufgestacheltes Volk, was ihren Leichnam mit Gemüse und Abfall bewirft - im Verlauf der Episode wandelt sich James McGraw endgültig zu dem „Monster“ Flint, als dass er durch Peter immer beschrieben wurde. Und der darf schließlich - schwer verwundet, aber (noch) nicht tot - mit ansehen, wie Charleston dem Erdboden gleich gemacht wird. Ein treffendes Ende für den Gouverneur von South Carolina - sofern er denn wirklich tot ist, schließlich bekamen wir seine Leiche nicht mit Sicherheit zu Gesicht.
Vom dramatischen Aspekt her wäre es vielleicht interessant gewesen, wenn Peter sich - ob nun durch das Tagebuch von Abigail oder gegen Ende in seinen letzten Momenten - doch noch gewandelt hätte. Denn ironischerweise ist er die Ursache dafür, dass es das „Monster“ Flint überhaupt gibt, und er hätte eventuell die Möglichkeit gehabt, doch noch irgendwie einzulenken und den Untergang von Charleston zu verhindern beziehungsweise die Schäden deutlich zu reduzieren. Andererseits können wir so nun Flints Wandlung zum blutrünstigen Piraten als abgeschlossen betrachten. Ready the guns. Full compliment.
Dann noch ein Wort zum Team-Up von Flint und Vane: Es ist noch nicht so lange her, dass Vane versucht hat, Flint umzubringen. Es ließe sich somit bestimmt monieren, dass diese plötzliche Zusammenarbeit nicht ins Bild passt - schon gar nicht, dass auch nach der erfolgreichen Flucht die Fehde zwischen den beiden abgelegt bleibt. Diese „jetzt ist es wir gegen die“ - Mentalität, die mehrmals in der Episode betont wird, ist aber dennoch nachvollziehbar und treffend. Immerhin hat die Serie (und damit auch Flint, wie wir nun in der zweiten Staffel anhand der Rückblicke erfahren haben) lange Zeit darauf hin gearbeitet. Eine friedliche Lösung ist vom Tisch, also müssen die Piraten jetzt tatsächlich stärker zusammenhalten, wenn sie denn weiter ihrem Geschäft nachgehen wollen.

Fazit: Wow. Ganz großes Kino.

10/10
 

Woodstock

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Rackham ist ganz toll getroffen. :thumbsup:

Ganz großes Kino trifft es voll und ganz. Super Finale aber es stellt sich ein Muster ein. Auf dem Wasser ist alles großartig auf Land nur langweilig. Der Anfang und das Ende sind stark, die Mitte lahmt.

Wird es eine dritte Staffel geben?
 

Clive77

Serial Watcher
Dritte Staffel wurde bestellt, ja. :smile:

Also, was da in der letzten Folge in Charleston abging, hätte ich gerne im Kino gesehen. Auf die Staffel bezogen waren die mittleren Folgen tatsächlich etwas lahm, aber das hat mir weit besser gefallen als so manches aus der ersten Staffel. Die Serie macht sich, wie ich finde. Und mit der letzten Folge ist mir auch klar, wo ein Großteil des Budgest "verpulvert" wurde... :ugly:
 
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