Dunkirk ~ Christopher Nolan [Kritik]

Woodstock

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Clive77 schrieb:
Diesem Review würde ich übrigens zustimmen. Bringt viele Dinge auf den Punkt, die ich an dem Film auch so sehe. Am prägnantesten fand ich aber die Kritik von Kevin Maher (The Times) zum Film:
"[Dunkirk] is 106 clamorous minutes of big-screen bombast that's so concerned with its own spectacle and scale that it neglects to deliver the most crucial element - drama."
Aber keine Angst, das war's dann auch, was ich zum Film noch loswerden wollte. :smile:
Von Nolan bin ich hingegen ziemlich enttäuscht. Normalerweise sind es die zentralen Figuren, die seine Filme tragen und trotz zuweilen verwirrender Blickwinkel das Interesse an der jeweiligen Geschichte aufrecht erhalten. Sollte er das jetzt ablegen, wird er mich über kurz oder lang verlieren. :unsure:
Ich kann dir halt in keinster Weise zustimmen. :smile:
 

NewLex

Well-Known Member
TheGreatGonzo schrieb:
Auch der Meinung hier, der Film wirke seltsam aus zu wenig Material zusammengschnitten kann ich so kaum verstehen, im Gegenteil, ich finde Dunkirk zeigt, wie weit Nolan seit Batman Begins und The Dark Knight gekommen ist, er inszeniert um einiges eleganter, die Schnitte sind viel präziser und seltener, als bei den zum Teil vollkommen unübersichtlichen Actionszenen in seinem ersten Batman-Film

Hmm, möchte das nochmals an 3 Beispielen erklären. Ja manche Szenen von Dunkirk sind gigantisch gut geschnitten (ähnlich der Wasserplanetlandung in Interstallar), aber es gibt auch Ausnahmen:

Nachdem die 2 den Verletzten auf das Schiff brachten und danach beim Steg hinunterkletterten. Hier gab es für mich keine Übersicht wie das nun Möglich war, weil ja eigentlich Dutzende Soldaten am Steg standen. Hier wurde ich das erste mal aus dem Film gerissen

Nachdem in der Nacht das Boot vom Torpedo getroffen wurde und sank. Im Wasser wurde erklärt dass kein Platz mehr im Schlauchboot sei und sie später abgeholt werden. Kurz darauf ein Schnitt und man sieht sie am Strand ankommen :pinch: Hmm, hier dachte ich mir auch da fehlt doch was; irgend eine Aktion im Wasser wäre nett gewesen...

Als sie gegen Ende im Schiffsrumpf saßen und auf die Flut warteten. Als sie dann kam, sah man das nicht, sondern nur das Schiff wie es plötzlich im Meer trieb... Hier dachte ich auch: Da fehlt doch was :huh:

Ich wurde dadurch richtig aus den Film gerissen, die Immersion ging verloren. Kann sein dass ich auch nur einen schlechten Tag hatte und mir das bei einer Zweit-Sichtung nicht mehr auffällt. Aber Dunkirk ist wohl auch kein Film den man 2 mal schaut, von daher wird er mir wohl nicht so gut in Erinnerung bleiben...
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Der direkte Bereich vor dem Schiff war doch abgesperrt, die meisten Soldaten kamen also gar nicht erst in die Nähe des Bootes. Lediglich Offiziere und die Crew bzw. die Soldaten, die schon aufs Schiff gelassen wurden, waren in der Ecke. Und die meisten davon waren einfach mit zig anderen Sachen beschäftigt, was auch so gezeigt wurde, wenn ich mich recht entsinne. Seltsam wirkte das allerdings schon.

Ich hatte es so gesehen, dass sie sich einfach haben schleppen lassen. Ins Boot durften sie nicht, aber sie haben sich an seinem Tau(?) festgehalten.

Die Flut hat man doch kommen sehen. Zunächst der kurze Blick über Bord, auch wenn sie da noch weit entfernt war, aber immerhin schon den Bug umspült hat. Danach dann halt, als das Wasser durch die Schusslöcher spült.
 

patri-x

New Member
Kann Cimmerier da nur bestätigen. Punkt 1 ist plausibel, Punkt 2 war exakt so und das dritte ebenfalls. Das 2. hat man nicht so gut gesehen, war halt ziemlich dunkel. So weit ich das erkannt habe, haben
die Insassen den beiden das Tau zugeworfen.
 

TheWolf82

Well-Known Member
Zu den Punkte:

1. ich glaube die normalen Soldaten die es mitbekommen haben hat es einfach nicht Interessiert und der Rest war beschäftigt.

2.Nicht die Insassen, sondern der Franzose der Ihnen vorher die Luke aufgemacht hat. Den haben sie scheinbar noch ins Boot gelassen (er war noch Nass) und der hat Ihnen heimlich das Seil / Tau (?) ins Wasser gelassen nachdem Ihnen gesagt wurde sie dürfen nicht mehr drauf. Und der Soldat der daneben saß hat einfach nichts gesagt.

3. Meine auch das war offensichtlich und durch das einlaufende Wasser bei den Löchern zu erkennen.
 

Revolvermann

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Holy Moly! Was für ein Streifen. Ich bin echt hin und weg. Läuft gerade der Abspann und das Einzige, über das ich mich wirklich ärgere, ist den nicht im Kino gesehen zu haben.
Den Film mit Zitaten des brillianten Rhetorikers Churchill enden zu lassen,ist nur einer von unendlich vielen, tollen Kunstgriffen, die Nolan hier mal wieder auf die Zuschauer loslässt.
Hat mich echt von Sekunde 1 an voll in Beschlag genommen, der Film. In Nolan we trust.
Muss ich erstmal noch sacken lassen.

9/10
 

Constance

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Wärst du mal so nett und könntest mir diese Kunstgriffe benennen? Wir haben den an Neujahr geschaut und von den einleitenden Sätzen bis zum Abspann hin, wirkte der Film auf mich zu offensichtlich konstruiert. Und irgendwie hab ich von Anfang an gewusst, dass der Film selbst in einer Uhr darstellt und somit gab es nur 1 wirklich spannende Szene für mich. Der Film verlief halt offensichtlich. Der Soundtrack war teilweise Bombe, teilweise wirkte er stark asynchron. Ich weiß nicht...hab etwas anderes erwartet während sich mir in den ersten 3 Szenen der Verlauf des gesamten Films offenbarte.

Für mich daher leider nur Mittelmaß in hübscher Qualität, das Spiel mit der Zeit ist hier aber lediglich ein Basisversuch. 6.5/10 Bootsrumpfen.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Naja, natürlich ist bei einem derartig an realen Ereignissen behafteter Film in gewisser Weise vorhersehbar. Das Nolan aber einen so unsentimentalen Kriegsfilm abliefert, hätte man besonders nach Interstellar nicht erwartet. Ich kann keine Soldaten mit den Fotos ihrer Frauen und schleimige Heldentode mehr sehen. Der einzige hier halbwegs zelebrierte Heldentod
fällt eine Treppe runter und das auch noch zu einen emotional ganz anderen Zweck. Nämlich um sich mit sich selbst, den Soldaten zu befassen.
Sowieso wird sich ausschließlich auf die eigene Nase gefasst. Der Feind ist nur ein dumpfes grollen im Hintergrund. Wo gab es das zuletzt? Nie?
Dazu die unglaubliche Optik. Nie sahen in den letzten 20 Jahren Fluggefechte realer aus als hier. Der innovative Soundtrack, der nicht eine Uhr darstellt, sondern tatsächlich auf Grundlage einer Taschenuhr komponiert wurde. Wäre ja egal, wenn er nicht so sagenhaft drückend und spannungserzeugend wäre. Die Uhr tickt, egal was gerade passiert oder nicht passiert. Deshalb vielleicht dein Gefühl der Asynchronität.
Ach, ich könnte mir den Film Szene für Szene vornehmen aber wen interessiert das schon? Ist man anderer Meinung, ist man anderer Meinung.
 

Constance

Well-Known Member
Naja, der Soundtrack bedient sich dem sogenannten "unendliche Stufen" Prinzip. 3 Tonspuren werden so übereinander gelegt, sodass ein unendlicher Steigerungseffekt in Kraft tritt (Natürlich ist das nur täuschend, denn es sind 3 gleichbleibende Spuren). Diese Methode haben sich Videospiele schon oft zu Eigen gemacht. Natürlich ist mir auch klar, wie das Ereignis in Dünnkirchen ausging und das ist nicht Teil der fehlenden Spannung. Der Film ist mir zu simpel konstruiert, und zudem zu offensichtlich. Die 3 Handlungsstränge:

The Mole - 1 Week
Sea 1 - Day
Air 1 - Hour

verlaufen wie Stunden, Minuten und Sekundenzeiger in einer Uhr und überschneiden sich zwingend und leider zu überraschungsarm. Der Soundtrack ist toll und drückt auf das Spannungspedal, allerdings hat mir die Offenbarung in den oben genannten 3 Einblendungen jeglichen Spannungsmoment genommen und selbst

Dass der Flügelmann von Hardy Probleme mit seinem Cockpit zu haben schien

...war mir sofort bewusst. Ich weiß leider echt nicht, wann ich zuletzt einem so vorhersehbaren Experiment beigewohnt habe. Ich wollte und will auch keine Kriegsfilme mit dem ewig gleichen Pathos, deswegen gebe ich den meisten Filmen, egal welchen Genres, einfach ne faire Chance. Vielleicht liegt das Scheitern dieses Erlebnisses in meinem eigenen Interesse an dem Thema Zeit und Relativitäten, ich hätte mir einfach etwas tieferes gewünscht... vielleicht mehr von dem immensen Druck auf den Menschen, welcher eine Woche wie Donner am Horizont steht. Generell fehlte mir hier ein wirklich bindender Sympathieträger, obwohl ich Hardy sehr in seiner Stunde mochte und mir das Ende ein erheiterndes Grinsen entlockte. Alles in allem natürlich Gemecker auf hohem Niveau, optisch und inszenatorisch war das schon wahnsinnig toll. Dieses langsame Einfahren der Kamera in diesen 3 Elementen am Strand. Toll! Generell kann ich hier sehr das Darstellen der unterschiedlichen Blickwinkel gutheißen, das war sehr groß gemacht und bedarf ein extremes Gespür für Timing!
 

McKenzie

Unchained
Ich glaube man sollte den Fokus nicht zu sehr auf die Spielerei mit den Zeitebenen legen. Die ist ganz nett, aber auch meiner Ansicht nach nicht wirklich nötig bzw. trägt sie nicht sonderlich viel bei. Ich schätze Nolan konnte einfach nicht anders, als zumindest irgendwas mit Zeit rumzubasteln :squint: Für mich war der Film einfach stark durch seine Machart, das intensive Mittendrin-Gefühl, ein Sog der sich durchzog. Sound + Musik spielten wunderbar zusammen, und ja, wie du sagst waren Optik und Kamera natürlich 1A. Und er fühlte sich einfach neu und unverbraucht an, und das bei einem filmmäßig schon derart oft umgesetzten Setting.
 

Revolvermann

Well-Known Member
@Constance
Manchmal kommt es mir so vor, als trennen die Leute alles, was nicht direkt mit der Geschichte und ihren Figuren zutun hat vom restlichen Film. Es ist nicht einfach ein Experiment sondern auch schlicht innovatives Filmemachen und das im Blockbusterkino. Es gibt nur ganz wenige Regisseure, die sich jedes Mal überhaupt derartige Gedanken über Struktur und filmische Grenzen machen. Überraschungsarm - vielleicht, aber was erwartet man auch von diesem Konstrukt? Die Zahlen stehen schon auf dem Blatt bereit bevor der Zeiger diese erreicht.
Das wäre ich eher verwundert, wenn Zuschauer den Plot als erstaunlich wahrgenommen hätten.
Und das Argument des fehlenden Sympathieträgers bzw. der fehlenden Emotionen, kann ich ebenfalls in keinster Weise nachvollziehen, da der Film ein ganze anderes Anliegen hat. Nämlich die Evakuierung von Dünkirchen als großes, pseudodokumentarisches Zusammenwirken vieler Kräfte zu inszenieren. Klar gehören da die Soldaten dazu, aber es ist eben nicht die Geschichte von Sam, Harry und David sondern, wie schon erwähnt The Mole, Sea und Air. Die Emotionen entsprangen für mich auch nicht so sehr aus den Schicksalen der einzelnen Figuren (obwohl mich das natürlich auch nicht kalt gelassen hat) sondern aus eben dieser humanitären Leistung und dem gesammten, geschichtlichen Zusammenhang, welcher auch eben zuletzt mit dem Churchill Zitat sinnstiftend zementiert wird.
Das Überraschenste am ganzen Film war, dass Nolan einen Kriegsfilm inszenieren konnte, den man so noch nie gesehen hat und das in 2017.

Wenn du dir persönlich einen tieferen Einblick in die Figuren, Storyelemente oder was auch immer gewünscht hattest, ist das natürlich für dich subjektiv unbestreitbar und völlig legitim.
 

Constance

Well-Known Member
Da geht es mir nicht um die Tiefe der Figuren. Ich fand es sogar super, dass Nolan die Flucht vom Strand abseits dieser Evakuierung als gleichgültig scheiternd inszeniert. Natürlich verarbeitet der Film die gesamte Evakuierung als dramatisch, traumatisierendes Element. Auch sehr gut anhand von Cilian Murphy eingeflochten. Natürlich ist es imponierend, was Nolan hier aufgestemmt hat, ich liebe diese Blickwinkel und viele Details, aber vielleicht hatte ich einfach ein Inception Feeling erwartet und war nicht auf diese Vorhersehbarkeit vorbereitet.

Deswegen ein persönlich eher enttäuschendes Erlebnis. Schade, weil viele Elemente in Dunkirk echt was drauf haben.
 

Constance

Well-Known Member
Interstellar fand ich enorm gut.
Der Soundtrack :love:
Die Bilder :love:

Auch wenn dessen Ende etwas sehr Fiktion war, so war das für mich recht rund. Sogar der Punkt, der zur falschen Entscheidung bzgl. des ersten Planeten führt ne super Sache. Und das Thema Zeit ist hier natürlich so überbedrohlich präsent.
 

MadMax

Well-Known Member
Constance schrieb:
Interstellar fand ich enorm gut.

Ich wiederhole mich nach wie vor (auch nach mehr als 3 Jahren): Das damalige "Erst-Drehbuch" mit entsprechenden Korrekturen hätte den Film für mich persönlich noch um Einiges besser gemacht. Dan hätte es das Ende in der Form nicht gebraucht.
 

MadMax

Well-Known Member
Constance schrieb:
Welche Änderungen wären das gewesen?

Auf die schnell konnte ich mal das finden.

http://interstellarfilm.wikia.com/wiki/2008_script

Für mich wäre das ein bei weitem besseres Script gewesen. Weg vom "familiären Hauptplot", hin zu mehr "Science-Fiction". Nicht falsch verstehen, Interstellar ist gut. Mich wurmt es aber auch nach mehr als 3 Jahren immer noch, wie viel besser er aus meiner Sicht aber hätte sein können.
 

McKenzie

Unchained
Hm nah. Der Film hätte auch recht interessant sein können, darf man gern so ähnlich auch mal verfilmen, aber Interstellar passt mir so wie er ist.
 
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