Doctor Who S35E03 - Under the Lake

Clive77

Serial Watcher
In der Folge „Under the Lake“ (geschrieben von Toby Whithouse) der UK-Serie Doctor Who landen Clara und der Doctor in einer Unterwasserstation im Jahre 2119. Geister scheinen dort ihr Unwesen zu treiben. Zusammen mit der Crew versuchen der Doctor und Clara, das Rätsel zu lösen.

Classic Who
Das Setting der Serie ist nicht unbedingt neu und erinnert ein bisschen an die klassischen Folgen, die von 1963 bis 1989 zu sehen waren. Der Doctor (Peter Capaldi) und Clara (Jenna Coleman) landen in einer abgeschotteten Unterwasser-Minenstation, aus der es – abgesehen von der TARDIS – keinen Ausweg gibt und wir ahnen sofort, dass die langen Gänge der Station die eine oder andere Verfolgungsjagd nach sich ziehen werden.
Aber Fluchtgedanken kommen natürlich zunächst nicht auf. Es gilt, das Geheimnis um die geisterhaften Erscheinungen zu lüften, die unseren Neuankömmlingen zunächst etwas zeigen und sich anschließend tödlich aggressiv verhalten. Nebenbei gilt es noch, die Crew zu retten, die sich des Nachts in einer Kammer versteckt, die von den Geistern nicht durchdrungen werden kann.
Das alles verspricht schon eine angenehme, leicht gruselige (Doppel-)Folge, die sich ein wenig bei vorherigen Abenteuern bedient – es werden zum Beispiel Erinnerungen an „The Unquiet Death“, „The Impossible Planet“ / „The Satan Pit“ oder so Klassiker wie „The Underwater Menace“ geweckt. Auch erinnert die klaustrophobische Atmosphäre zusammen mit der Verfolgungsjagd, um die Geister einzufangen, an den dritten Teil der Alien-Reihe. „Under the Lake“ ist aber dennoch eigenständig genug und bringt neben der spannenden Geschichte auch eine gute Portion Humor mit ins Spiel. Sei es, wenn Clara dem Doctor einen der Merkzettel überreicht, damit er etwas menschlicher mit der Crew umgeht (wie schön bitte war die Karte mit „No one is going to be eaten / vapourised / exterminated / upgraded / possessed / mortally wounded / turned to jelly. We'll all get out of this unharmed.“ ?) oder wenn der Doctor nebenbei erwähnt, dass er zwei Wochen lang einen Ohrwurm von Peter Andres „Mysterious Girl“ hatte, der ihn wahnsinnig machte.
Dennoch überwiegen aber die dramatischen und ernsten Momente, denn die Geister sind nicht sehr geduldig. So dauert es nicht lange, bis sie Pritchard (Steven Robertson) in ihre Reihen aufnehmen oder den Tag/Nacht Zyklus der Station manipulieren. Unsere Crew wird also gehörig auf Trab gehalten und die Episode mündet schließlich in einer dramatischen Abschiedsszene, in der Clara mit zwei Crewmitgliedern zurückbleibt und zeigt uns im Cliffhanger den Geist des Doctors. Wobei uns natürlich klar ist, dass unser Timelord nicht über den Jordan gehen wird. Aber bis zur Auflösung um das Geheimnis seiner Erscheinung müssen wir uns noch eine Woche gedulden. Wie schon beim ersten Zweiteiler der Staffel stellt sich nicht die Frage, ob (der Doctor wirklich tot ist) sondern wie es dazu kam und wie es aufgelöst wird.

I see dead people
Ein zentraler Punkt, der zur Atmosphäre der Geschichte beiträgt, ist das Erscheinungsbild und die Inszenierung der Geistererscheinungen. Regisseur Daniel O’Hara versteht es, jeden Auftritt der (Un-)Toten stimmig ins Bild zu setzen und fängt auch die klaustrophobische Atmosphäre der Station prima ein. So führen die Geister ihre Bewegungen stets langsam durch und es gibt keine Blitzauftritte oder schnelle Schnitte. Im Gegenteil, die Kamera legt oft direkt und lange auf die Kreaturen an, präsentiert sie uns in vollem, gruseligem Ausmaß. Die Special-Effects Abteilung hat hier sehr gute Arbeit geleistet – vor allem die nicht (mehr) vorhandenen Augen lassen dem Zuschauer einen Schauer über den Rücken laufen, aber auch die permanenten (stummen) Mundbewegungen tragen einen guten Teil zur unheimlichen Erscheinung bei. Untermalt wird das Ganze musikalisch von Murray Golds Score, der wunderbar zur Stimmung beiträgt.
Worauf das alles hinauslaufen wird, weshalb es überhaupt zu den Geistern kommt, wird noch nicht aufgelöst. Da müssen wir die Fortsetzung abwarten. Aber Hinweise und Teillösungen werden bereits von unseren Protagonisten entdeckt (wobei unser Timelord hier selbstredend einen Großteil dazu beiträgt).

Clara
Die Begleiterin des Doctors fällt nicht negativ auf, aber so richtig glänzen kann Clara auch nicht. Sie ist dabei, sagt hier und dort ihre Zeilen auf und bekommt auch einiges zu tun. Aber sie fühlt sich hier eher wie eine der anderen Nebenfiguren an. Die wirklich bedeutsamen Augenblicke fehlen (noch?), was jetzt nicht unbedingt negativ sein muss, aber eben auch nicht besonders positiv wirkt.
Was vor allem verwundert: Keine Erwähnung von Danny Pink, was bei der ganzen Geister-Thematik schon recht merkwürdig anmutet. Gerade als der Doctor mögliche Erklärungen für die Erscheinungen durchgeht und dabei auch die Netherworld erwähnt, hätte man meinen sollen, dass da bei Clara die Erinnerung an Dannys Schicksal hochkommt. Nichts. Bereits in „The Magician’s Apprentice“, als Missy (Michelle Gomez) Danny erwähnte, löste das bei Clara keine sichtbare (mitgenommene) Reaktion aus. Hier lädt das Thema erneut dazu ein, dass sie sich Gedanken macht und die Auseinandersetzung mit dem Tod – die in der Staffel bisher recht dominierend wirkt – Einblicke in das Gefühlsleben der Figur mit sich bringt. Naja, warten wir mal die Fortsetzung ab.

Die Crew
Die Gastdarsteller machen ihre Sache gut, auch wenn bei einigen Figuren noch deutlich Luft nach oben bleibt. Pritchard kommt direkt als ein profitgieriger Charakter rüber, der so gut wie keine Sympathiepunkte sammeln kann – erst recht nicht beim Doctor („Sorry, why is this man still talking to me?“). Entsprechend gleichgültig ist es uns, als er über den Jordan geht und als Geist zurückkehrt. Aber nicht alle Nebenfiguren kommen hier als Redshirts rüber.
Hervorzuheben ist die taube Darstellerin Sophie Stone, die hier als Cass eine Besonderheit darstellt und mit Lunn (Zaqi Ismail) einen Übersetzer an ihrer Seite hat. Doctor Who ist eine Serie, die sich des Öfteren mit gesellschaftskritischen Themen befasst und dabei auch auf Minderheiten zu sprechen kommt. So ist Cass auch in der Serie taub und verständigt sich durch Zeichensprache. Aber ihr Handicap wird nicht großartig diskutiert, sondern als eine völlig normale Sache in die Geschichte integriert. Sowas ist einfach schön, denn es werden nicht Vor- und Nachteile von Themen wie Inklusion angesprochen – es wird vielmehr als bereits erfolgreich durchgeführt präsentiert.
Die beiden anderen Crewmitglieder, O’Donnell (Morven Christie) und Bennet (Arsher Ali) wirken da schon eher klischeebeladen und austauschbar. O’Donnell wird uns als UNIT Fangirl präsentiert, während Bennet hauptsächlich durch technisches Gerede auffällt. Nicht gerade die Figuren, denen man zutraut, das Ende der nächsten Folge mitzuerleben, auch wenn zumindest O’Donnell ein paar Sympathiepunkte mit sich bringt.
Zuletzt hätten wir da noch Moran (Colin McFarlane), der aber schon gleich in der Eröffnung sein Leben lassen muss und uns fortan als Geist erscheint. Vielleicht ein wenig schade, denn der Darsteller hat schon eine beachtliche Vita, spielte zum Beispiel den Commissioner Loeb in „Batman Begins“ und „The Dark Knight“ und war auch als General Pierce in der dritten Staffel Torchwood (Children of Earth) dabei. Andererseits gibt er aber durch seine Statur einen angenehm bedrohlichen Geist ab.

Fazit: „Under the Lake“ erinnert an die klassische Ära der Serie, ist weit ruhiger und weniger überdreht als der Eröffnungs-Zweiteiler von Steven Moffat, aber kann durch eine gute, gruselig-klaustrophobische Atmosphäre und eine spannende Geschichte punkten, die auch ein paar humoristische Einlagen nicht missen lässt. Zudem lässt der Cliffhanger mit Spannung erwarten, wie Toby Whithouse nächste Woche das Ganze auflösen wird. Kleinere Abzüge gibt es für ein paar typische Redshirt-Nebenfiguren und die Durchschnitts-Clara, die leider keine besonders starken Momente erhält. Dafür war aber die Integration der tauben Sophie Stone in die Geschichte ein erfreulicher Pluspunkt.

8/10 fehlende Augen

Doctor-Zitate der Woche:

Surely just being around me makes you cleverer by osmosis.

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