Doctor Who S35E04 - Before the Flood

Clive77

Serial Watcher
In der Folge „Before the Flood“ (geschrieben von Toby Whithouse) der UK-Serie Doctor Who gibt es die Auflösung zu „Under the Lake“. Festhalten! Denn wenn der Doctor schon in der Eröffnungsszene auf ein Paradoxon zu sprechen kommt, kann sich der Zuschauer auf jede Menge timey-wimey-stuff gefasst machen.

Bootstrap paradox
Die Eröffnung der Episode ist sehr ungewöhnlich. Der Doctor (Peter Capaldi) spricht dabei den Zuschauer direkt an, durchbricht die vierte Wand und erklärt uns anhand eines Beispiels das „bootstrap paradox“. Womit wir uns gleich darauf einstellen können, dass die Auflösung einiges an Kopfzerbrechen verursachen wird. Der Knackpunkt dabei ist – wie bei Zeitschleifen generell – dass sich Ursache und Wirkung nicht festmachen und sich durch „lineares Denken“ nicht erklären lassen.
Während der Folge lernen wir nach und nach, wie es zum Geist des Doctors kam, der sich selbstverständlich nicht als Geist entpuppt, sondern lediglich ein Hologramm ist – mit dessen Hilfe der Doctor erst herausfindet, was zu tun ist. Nämlich unter anderem ein Hologramm von sich selbst zu erstellen und mit den Hinweisen auszustatten, die ihm zur Auflösung verhelfen. Ein in sich geschlossener Kreis ohne Widersprüche (was genial ist). Nur: Woher kamen die ursprünglichen Ideen? Als der Doctor das alles Clara (Jenna Coleman) und uns am Ende der Episode erklärt, scheint das gesamte „reverse engineering“ logisch zu sein. Trotzdem bleibt mit der Frage nach den Ideen ein Wow-Moment zurück und wir bekommen eine Gänsehaut. Denn was wir hier nicht verstehen können, ist für unseren außerirdischen Timelord kein Problem.
Whithouse lässt uns in dieser Episode also nicht mit vielen Fragezeichen im Kopf zurück, sondern erklärt alles, was es zu erklären gibt beziehungsweise erklärt werden kann. Und es ist oft besser, die Auflösung noch einmal auf dem Silbertablett serviert zu bekommen als am Ende ratlos dazustehen – auch wenn der Doctor hier vielleicht ein bisschen zu stark den Erklärbären mimt. Der gesamte Aufbau um das „bootstrap paradox“ ist jedenfalls gut gemacht und lässt den Zuschauer die Folge über dabei mitfiebern, wie der Doctor nach und nach alle Hinweise (die ihm sein „Geist“ gibt) zusammensetzt.

Fisher King
Der große Gegenspieler und die Ursache für die geisterhaften Erscheinungen ist der Fisher King (gespielt von Neil Fingerton, gesprochen von Peter Serafinowicz und geschrien von Corey Taylor). Das Thema Tod wird auch mit dieser Figur wieder in den Vordergrund gestellt, denn der Fisher King versucht mit Hilfe der Geister, seinem Ablaufdatum zu entkommen. Es wird aber kein Hehl daraus gemacht, dass wir es hier mit einer bösartigen Kreatur zu tun haben. Somit gibt es auch kein moralisches Dilemma darüber, ob der Fisher King (durch eine CGI-Flut, die als solche auch leider deutlich zu erkennen ist) ausgeschaltet werden sollte. Da wäre durchaus noch mehr drin gewesen, auch wenn es recht interessant war, dass er mit den Timelords vertraut ist.
Wirkt unser Antagonist anfangs noch recht unheimlich, schwindet dieser Eindruck später als wir ihm direkt ins Gesicht schauen können. Zwar ist seine Statur recht beeindruckend und die Stimme(n) bedrohlich, aber bei Tageslicht ist die Maske nicht sehr gut gelungen, sieht zu sehr nach Maske aus und erinnert zudem sehr stark an das Aussehen eines Predators.

Nebenfiguren
Insgesamt wurden die Gastfiguren hier etwas besser in die Geschichte mit eingewoben als es noch im ersten Teil der Fall war. O’Donnell (Morven Christie) und Bennett (Arsher Ali) begleiten den Doctor. Während O’Donnell durch eine Aufzählung von Begleitern und Abenteuern des Doctors wieder ein wenig das Fangirl heraushängen lässt und durch die Erwähnung des „Ministers of War“ vielleicht noch eine kommende bedeutsame Figur für zukünftige Folgen in den Mund nimmt, darf Bennett mit der Bemerkung darüber, ob O’Donnells Tod nur ein Test war, dem Doctor einen moralischen Seitenhieb verpassen. Leider lässt uns O’Donnells Tod aber trotzdem recht gleichgültig zurück, denn es war absehbar, dass mindestens eine der beiden Figuren die Folge nicht überleben würde.
Beim Team Clara hat allerdings alles prächtig funktioniert. Erwähnenswerte, spannende Momente sind mitunter als die taube Cass (Sophie Stone) zunächst nicht bemerkt, dass sich einer der Geister mit einer Axt von hinten nähert oder als Lunn (Zaqi Ismail) Claras Telefon zurückholen soll, weil er der einzige war, der die Schriftzeichen noch nicht gesehen hat.
Schön war auch, dass die „Tivolians“ durch Prentis (Paul Kaye) erneut auftreten durften. Zwar bekommt Prentis nicht allzu viel Screentime, aber seine kurzen Auftritte erzielen die gewünschte Wirkung. Schlägt man im Wörterbuch das Wort „Feigling“ nach, findet man bestimmt ein Bild von Prentis oder einem anderen Tivolianer dort.

Clara
Die Begleiterin des Doctors ist zwar für die meiste Zeit von unserem Timelord getrennt unterwegs, bekommt diese Woche aber trotzdem einige gute Momente spendiert. So ist sie die Ursache dafür, dass der Doctor nicht direkt aufgibt als er erfährt, dass sein Geist in der Zukunft aufgetaucht ist (und er somit sterben wird, was durch Claras Erwähnung erst fix gemacht wird – zu diesem Zeitpunkt weiß er schließlich noch nicht, dass es sich bei seinem Geist um ein Hologramm handelt): „Not with me! Die with whoever comes after me - you do not leave me!” – deutlicher kann man kaum ausdrücken, dass Aufgabe keine Option ist.
Auch wird uns erneut gezeigt, dass ihre Reisen mit dem Timelord eine Veränderung bei ihr bewirkt haben. Als sie darauf besteht, dass Lunn das Handy besorgen soll, bringt sie deutlich zum Ausdruck, dass der Doctor ein wenig auf sie abgefärbt hat. „He taught me to do what has to be done” – auch wenn dadurch möglicherweise Leben gefährdet werden.
Clara trägt somit einen wichtigen Teil zur Episode bei und funktioniert in ihrer Position als Begleitern besser als in manch anderen Vorfolgen. Genau so muss das sein.

Sonstiges
Capaldi wird als Doctor immer besser. Dieser Mix aus mürrischer, dann wieder freundlicher und intelligenter Darbietung, dieses Mal wieder gepaart mit einer ordentlichen Dosis außerirdischem Auftreten, passt hervorragend ins Bild. Bitte so weiter machen.
Das TARDIS-Sicherheitsprotokoll und die cloister bells – immer schön, wenn die Serie auf solche Dinge zurückgreift. Wobei auch der kurze Trip mit Bennett zurück zum Anfang der Folge was hatte.

Fazit: Eine tolle Folge mit nur leichten Mängeln. Endlich wird mal ein scheinbares Paradoxon auf tolle Art und Weise in die Episode aufgenommen und vernünftig erklärt (soweit es eben möglich ist). Zudem weiß Whithouse mit fast allen Figuren was anzufangen und kann nebenbei die Spannung über die gesamte Laufzeit hoch halten. Hut ab.

9/10

Doctor-Zitate der Woche:

I need to talk to ghost-me.

The first proper alien and he’s an idiot.

Und natürlich: You do not understand. When did I first have those ideas, Clara? :blink:
 
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