Black Sails S03E01 - XIX.

Clive77

Serial Watcher
Mit der Folge "XIX." startet die US-Serie Black Sails in die dritte Staffel. Wir bekommen im Auftakt zu sehen, was mit unseren Piraten seit dem letzten Staffelfinale passiert ist, und ein paar neue Spieler betreten die blutige Bühne.

Neue Situation in Nassau
Was die ersten beiden Staffeln besonders ausgezeichnet hat, waren die Ränkespiele und Machtkämpfe in Nassau. So gerieten in regelmäßigen Abständen so ziemlich alle Figuren aneinander. Egal, ob Charles Vane (Zach McGowan), Eleanor Guthrie (Hannah New), Max (Jessica Parker Kennedy), Jack Rackham (Toby Schmitz) oder Flint (Toby Stephens) – jede Figur war an der Umsetzung der eigenen mehr oder weniger durchschaubaren Pläne interessiert und hat dabei in Kauf genommen, die anderen Mitspieler zu hintergehen.
Insofern hätte sich annehmen lassen, dass Rackham, Max und Anne Bonny (Clara Paget) das Urca-Gold für sich behalten würden oder es zumindest probieren. Dem ist aber nicht so. Stattdessen haben sie sich mit Vane und Flint zusammengesetzt, womit fast alle wichtigen Figuren letzten Endes gemeinsam am gleichen Strang ziehen. Wir erhalten damit eine neue, frisch wirkende Konstellation der Figuren. Außerdem wird somit klargestellt, dass der Kampf zwischen Piraten und der britischen Marine jetzt einen neuen Level erreicht hat, wie die Episode auch gleich zu Beginn unmissverständlich zeigt.
Es versteht sich von selbst, dass weder die Spanier (deren Gold man sich geschnappt hat) noch die Briten ruhig mit ansehen werden, wie das Piratennest in Nassau floriert. Wenn man aber New Providence Island verteidigen will, benötigt man ein neues Fort – schließlich wurde das alte letzte Staffel zerlegt, so dass es momentan keine großartige Verteidigungsmöglichkeit gibt und das Gold recht ungeschützt vor sich hin schlummert.
Während die Piraten aber lieber feiern als zu arbeiten, muss Jack einen Weg finden, die alte Festung wieder aufzubauen. Nur, wie stellt man das an, wenn die Bewohner um den Schatz Bescheid wissen und einen horrenden Lohn haben wollen? Sie zu zwingen würde schließlich dem Freiheitsprinzip widersprechen, welches die Freibeuter für sich beanspruchen.

Rackhams Plan
Wie Charles Vane bei seinem jüngsten Beutezug erfährt, hat Jack zum Wiederaufbau des Forts Sklaven als Arbeiter im Sinn. Für Vane, der die Sklaverei am eigenen Leib erlebt hat, nicht gerade eine Lösung, die er gut heißt. Statt nun aber einen blutigen Kampf mit Jack vom Zaun zu brechen, setzen sich die beiden zusammen und kommen zu dem Schluss, dass es keine andere Alternative gibt, als die frische Beute zur Errichtung des neuen Forts zu nutzen.
An dieser Stelle lassen sich gleich mehrere Dinge kritisieren. An erster Stelle steht dabei die Frage, weshalb es überhaupt so schwierig ist, die eigene Crew beziehungsweise die Bewohner von Nassau zu überzeugen, sich am Bau zu beteiligen. Schließlich sollte jeder wissen, dass ohne große Verteidigungsmöglichkeit das momentane schöne Leben bloß eine Frage der Zeit sein wird. Verdeutlicht wird uns das auch durch das Gespräch zwischen Max und Anne, wo Max ihre Sorgen über die Zukunft zum Ausdruck bringt und das Gold am liebsten hinter Jacks Rücken wegschaffen würde. Wenn aber schon unsere wichtigen Figuren besorgt sind, dass der momentane Status bloß vorübergehender Natur ist, weshalb ist es dann so schwierig, Freiwillige für den Bau des Forts zu finden? Selbst wenn nicht jeder weiß, dass früher oder später mehrere Schiffe mit britischer Flagge vor der Insel ankommen werden, dürfte es doch nicht schwer sein, die aktuelle Lage als gefährdet zu deklarieren und jedermann davon zu überzeugen, wie notwendig es ist, die Verteidigungslinien wieder aufzubauen. Außerdem mutet es schon recht komisch an, wenn sämtliche Geschäfte in Nassau betrieben werden (was ja auch unter Arbeit fällt) und Jack sogar jemanden hat, der ihm beim morgendlichen Geschäft musikalisch unterhält – da lassen sich ernsthaft keine Leute finden, die das Fort wieder aufbauen?
Zweiter Punkt ist die Benutzung von Sklaven selbst. Denn damit wird ja gerade dem Freiheitsprinzip widersprochen, welches Jack davon abhält, die Bewohner zum Bau zu zwingen. Klar, Sklaven sind keine Piraten, aber mit Blick darauf, dass hier (sofern Flints Wunsch noch immer besteht) eine eigene kleine Nation aufgebaut werden soll, passt es nicht ins Bild, dass die Arbeit auf dem Rücken von anderen ausgeführt werden soll. Es bleibt jedenfalls das Gefühl zurück, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Flint
Mit dem Tod von Miranda (Louise Barnes) ist Flint tatsächlich zu einem Monster geworden. Wo immer jemand Piraten aufknüpfen lässt, muss damit gerechnet werden, dass Flint grausame Rache übt und dabei auch nicht davor zurückschreckt, Frauen zu ermorden und ganze Siedlungen auszulöschen. Man sieht Stephens förmlich an, wie Flint den Wahnsinn seiner Aktionen umarmt und den eingeschlagenen Weg unbeirrbar fortsetzt. Er ist entschlossener denn je, Angst und Schrecken unter seinen Gegnern zu verbreiten – an erster Stelle stehen dabei die Briten.
Sollten tatsächlich bloß etwas mehr als zwei Wochen seit Ende der letzten Staffel vergangen sein, kann man sich natürlich fragen, wie er es in der kurzen Zeit geschafft hat, derartig viele Überfälle auszuführen, dass man in der britischen Heimat bereits um seine Aktionen Bescheid weiß und es sogar schon Nachahmer unter den Piraten gibt, die es ihm gleich tun, eigene Crews zusammenstellen und seinem Beispiel folgen. Dazu wäre die Zeitspanne schlicht zu knapp, so dass wohl eher ein paar Monate vergangen sind.
Auf jeden Fall weiß die Figur Flint nach wie vor zu fesseln, was besonders bei seiner Ansprache zur Geltung kommt, die er hält, als Captain Hornigold (Patrick Lyster) und Dufresne (Roland Reed) ihn samt Crew auf See in eine Falle gelockt haben. Die Tatsache, dass das überlegene Schiff aber nicht sofort angreift, sondern Hornigold Begnadigungen für die Piraten im Fall der Aufgabe anbietet, zeigt auch uns, dass die Angst vor Flint und seinem Gefolge große Ausmaße angenommen hat. Auf den ersten Blick bleiben dem gefürchteten Piraten nur zwei Optionen. Entweder er gibt auf oder er geht im Kampf unter. Er wählt aber Option drei und flieht mit seinem Schiff in einen Sturm, der im Vorfeld als „Ship-Killer“ bezeichnet wurde.
Erneut bekommen wir hier zu sehen, wie der Wahnsinn bei Flint dominiert. Gleichzeitig versteht er es aber, seine Crew davon zu überzeugen, dass Aufgabe keine Option ist. Wir sehen zwar nicht gerade wenige unsichere Blicke unter der Besatzung, aber am Ende dominiert Flints Überzeugungskraft und die Segel werden gen Sturm gesetzt. Hoffentlich bekommen wir nächste Woche dann auch zu sehen, wie sich die Crew im Unwetter schlägt – dass die wichtigen Figuren dabei überleben werden, steht wohl außer Frage, insofern wird es leider keine großen Überraschungen geben. Aber das Spektakel selbst dürfte für gute Unterhaltung sorgen und schürt die Vorfreude auf die zweite Episode.

Silver
John Silver (Luke Arnold) hat sein Bein verloren und ist damit einen Schritt weiter in Richtung Vorlage gerückt. Zur Seite steht ihm diese Woche hauptsächlich Billy Bones (Tom Hopper), mit dem er mehrfach die aktuelle Lage und Flint diskutiert. So ganz wohl scheinen sich die beiden dabei nicht zu fühlen, aber bislang folgen sie Flint noch und lassen höchstens wage vermuten, dass sie in Zukunft vielleicht hinter dem Rücken des Captains aktiv werden.
Silver hat dabei mit seinem Bein zu kämpfen und trotzt vorerst den Warnungen des Arztes, es nicht zu sehr zu belasten, obwohl sich bereits eine Infektion ausbreitet. Ob da tatsächlich noch ein Stück abgenommen werden muss? Und hey, da wächst tatsächlich so etwas wie ein Bart in Silvers Gesicht. Mit Blick auf den Prequel-Charakter der Serie lässt sich erkennen, dass unsere Geschichte langsam aber sicher zur Vorlage aufschließt.

Eleanor
Fernab vom Hauptgeschehen sitzt Eleanor Guthrie in einem britischen Gefängnis und hat in den letzten Wochen wohl einiges durchmachen müssen. Es wäre damit zu rechnen gewesen, dass ihr der Prozess gemacht wird. Aber es kommt (natürlich) anders, denn unverhofft wird ihr von Woodes Rogers (Luke Roberts) ein Angebot unterbreitet, welches sie direkt wahrnimmt.
Mit aller Deutlichkeit wird uns gezeigt, dass die Briten in der Tat vorhaben, New Providence Island zurückzugewinnen – die Armada von Schiffen im Hafen war schon beeindruckend. Dass Rogers Eleanor als eine Schlüsselfigur zum Sieg betrachtet, verwundert dabei nicht. Uns stellt sich aber die Frage, welchen Namen sie ihm da wohl gegeben hat. Ganz offensichtlich sollen wir annehmen, dass Charles Vane auf dem Zettel steht (was mit Blick darauf, dass er ihren Vater getötet hat, auch Sinn macht). Aber ist nicht in Wirklichkeit Flint die Figur, die Rogers beseitigen müsste, um sein Vorhaben erfolgreich durchzuführen und müssten die Briten das nicht ohnehin schon wissen? Oder steht womöglich jemand ganz anderes auf dem Zettel?
Es wird auf jeden Fall spannend werden, was Eleanors Rolle betrifft. Wird sie Rogers unterstützend zur Seite stehen oder wird sie insgeheim dafür sorgen, dass er scheitert? Da sie momentan abgesehen von ihrem Leben nichts mehr zu verlieren hat, stehen hier viele Möglichkeiten offen.

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Clive77

Serial Watcher
Blackbeard
Die Einführung von Edward Teach (Ray Stevenson) a.k.a. „Blackbeard“ ist sehr gelungen. Stevenson versteht es einfach, der Figur direkt ein ruhiges, aber bedrohliches Charisma zu verleihen, so dass die wenigen Minuten Screentime bereits ausreichend sind, um ein Bild von dem Mann zu bekommen, der wohl als bekanntester Pirat sein Unwesen getrieben hat. Auch wenn es vielleicht einige Leser stören wird, aber John Malkovich hatte im Vergleich dazu in Crossbones doch arge Probleme, einen überzeugenden Blackbeard abzugeben (wobei die Serie natürlich hauptsächlich mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hatte).
Auch war es schön zu sehen, dass die (reale historische) Verbindung zu Charles Vane ebenfalls in der Serie behandelt wird und er gleich nach seiner Ankunft in Nassau nach ihm fragt. Wollen wir mal hoffen, dass Blackbeard eine größere Rolle in der Staffel einnehmen wird als Ned Low (Tadhg Murphy) in der letzten. Der hatte zwar eine großartige Präsenz, aber ihm wurde leider keine lange Überlebenszeit gegönnt.

Fazit: Ein guter Auftakt für die dritte Staffel. Die neue Konstellation der Charaktere wird ansprechend ins Bild gesetzt, es gibt einiges an Action und für die Zukunft lässt sich noch viel von der Geschichte um die Piraten erwarten. Zudem ist Ray Stevenson als Blackbeard schon jetzt ein toller Neuzugang. Als Mangel lässt sich das Vorhaben mit den Sklaven betrachten, außerdem scheinen sich auf der zeitlichen Ebene ein paar Ungereimtheiten bemerkbar zu machen. Aber das schmälert nicht, dass die Serie nach wie vor zu fesseln weiß.

8/10
 
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