Heute die erste Staffel beendet.
Das ist also das mexikanische "House of Cards".
Schon komisch, dass die Serie so sehr unter dem Radar läuft, denn in meinen Augen steht sie mit "Narcos" auf Augenhöhe. Von der erzählerischen Art und Weise ist sie sogar besser. Wirkt "Narcos" mehr wie eine Doku, ist man hier von Anfang an mitten im Geschehen und darf dem Werdegang von El Chapo intensiver folgen. "Narcos" ging da immer etwas auf Abstand, hier ist man so gesehen "dichter dran", obwohl es auch diverse Zeitsprünge gibt. Allerdings hat "Narcos" mit Wagner Moura den besseren Darsteller - Marco de la O als Joaquin Guzman Loera ist zwar nicht schlecht, aber ihm fehlt so'n bisschen das Charisma, um die Rolle perfekt zu tragen.
Faszinierend finde ich dabei, dass man trotz aller Brutalitäten, die El Chapo so an den Tag legt, nicht umhin kommt, mit ihm mitzufiebern. Er hat ganz klein angefangen (einen etwas längeren Rückblick gibt es in Episode neun) und sich hochgearbeitet - allen Chancen zum Trotz. Dass er ganz oben stehen will, merkt man ihm schon im Auftakt an und dafür geht er auch große Risiken ein und führt gewisse Dinge hinter dem Rücken der Drogenbarone durch. Überhaupt ist sein Spiel stets riskant und viele Situationen zu Staffelbeginn (und auch später) sind recht brenzlig. Wobei aber auch dazu gesagt werden muss, dass die (reale) Geschichte um El Chapo mit fiktiven Freiheiten ausgestattet wurde und einiges dramatisiert wird (jedenfalls nach dem, was ich so gelesen habe). Aber das schadet der Serie natürlich nicht.
Interessant ist zudem die Präsentation der Drogenbarone selbst und deren Verbindungen zu den Obrigkeiten. Der mexikanische Staat wird hier als höchst korruptes System dargestellt, wobei die Verbindungen der Kartelle bis ins höchste Staatsamt gehen. Da muss man auch gleich Don Sol (Humberto Busto) erwähnen, der sich auf der politischen Seite hocharbeitet und dabei über Leichen geht - quasi der Frank Underwood von "El Chapo".
Der Gewaltgrad lässt zudem oft schlucken. Wenn die Drogenbarone sich da gegenseitig ans Leder wollen, ist das nicht lustig. Und es spielt auch keine Rolle, welche Seite da gerade am Zug ist. Da wird vor nichts halt gemacht, ganz ohne Kodex. Und von Seiten der Obrigkeiten wird ähnlich brutal vorgegangen. Es ist sicher kein Geheimnis, dass El Chapo (mehrfach) im Gefängnis landet / landen wird, von daher vielleicht leichter Spoiler jetzt. Denn seine Festnahme und der erste Gefängnisaufenthalt sind kein Zuckerschlecken. Die Methoden in dem Hochsicherheitsgefängnis sind jedenfalls sehr extrem - was man anhand eines politischen Gefangenen auch direkt dargestellt bekommt. Bin schon sehr gespannt, wie El Chapo da fliehen will - denn seine Bemühungen, die "da draußen" stets funktionierten, scheinen hier konsequent zu scheitern - immer wenn er meint, die Nase wieder vorn zu haben, kommt die nächste Abstrafung. Sehr intensiv und - wie oben bereits erwähnt - einladend zum mitfiebern.
Staffel zwei darf kommen. Ist ja nicht mehr lang...