The Last Ship S03E13 - Don't Look Back

Clive77

Serial Watcher
Mit der Folge "Don’t Look Back" verabschiedet sich die dritte Staffel der US-Serie The Last Ship von den Bildschirmen. Unsere Protagonisten stellen sich dabei gegen Allison Shaw und die drei verbliebenen regionalen Anführer, um Amerika wieder auf den rechten Weg zu bringen.

Eröffnung
Zu Beginn des Staffelfinales folgen wir Tom Chandler (Eric Dane) dabei, wie er nach den Leuten schaut, die letzte Woche aus dem Zug befreit wurden. Es wird deutlich, dass die Bevölkerung jedwedes Vertrauen in die Obrigkeiten und vor allem das Militär verloren hat. Sie wissen nicht mehr, wem sie noch trauen sollen, sind verstört und erschüttert von den Ereignissen der vergangenen Tage.
Schon gleich in den ersten Minuten wird somit klar, dass selbst im Falle eines Sieges gegen Allison Shaw (Elisabeth Röhm) und die diversen Senatoren, die die Staaten unter sich aufgeteilt haben, niemand in Jubelschreie ausbrechen wird. Ein schweres Los für unsere Protagonisten, die natürlich trotzdem versuchen, der Lage Herr zu werden und die Missetäter auszuschalten. Denn es ist eine Sache, die verantwortlichen Köpfe zu entfernen, aber eine ganz andere, die Nation wieder dorthin zurück zu bringen, wo sie einst war.
Ob und wie es gelingen wird, die Vereinigten Staaten wiederaufzubauen und das Vertrauen der Bevölkerung zurück zu erlangen, bleibt auch mit dem Episodenende offen. Vielleicht bekommen wir in der vierten Staffel einiges davon zu sehen, vielleicht nicht. Die kurze Ansprache von Präsident Oliver (John Cothrane) am Ende der Folge dürfte, nein, sollte jedenfalls nicht ausreichen – jedenfalls, sofern auch der Rest der Bevölkerung so mitgenommen ist wie die Leute zu Episodenbeginn in der Halle.
Aber unter uns: Es liegt die Vermutung nahe, dass zu Beginn der vierten Staffel wieder einige Zeit verstrichen sein und die Lage sich halbwegs normalisiert haben wird. Womit der Tiefschlag, den Tom in den ersten Minuten dieser Episode erhält, vermutlich redundant wird.

Attacke
Der Plan, mit dem unsere Helden sich wieder in die Action stürzen, klingt plausibel: Alle Anführer und Allison Shaw gleichzeitig aus dem Verkehr ziehen und so quasi jeder der vier Schlangen gleichzeitig den Kopf abhacken. Ganz so einfach, wie Chandler sich das vorstellt, ist es aber nicht, womit sich sowohl positive als auch negative Aspekte dieser Aktion ergeben.
Negativ ist auf jeden Fall, dass es unseren Protagonisten sowohl logistisch als auch actiontechnisch mal wieder sehr einfach gemacht wird. Hatten Roberta Price (Lucy Butler) und Co. nicht jedes Gebiet mit einer Mauer und Kontrollposten abgeschirmt? Wie ist es den verschiedenen Teams der Nathan James da so einfach möglich, in die jeweiligen Gebiete und dort zu den Häusern der Zielpersonen vorzudringen? Ein solch koordinierter Angriff ließe sich doch nicht so schnell und so kontrolliert durchführen, oder? Außerdem ist die Anzahl der Details, die unsere Teams über den jeweiligen Senator bekommen haben, schon recht beeindruckend. Was unter anderen Umständen nur mit langer (vermutlich monatelanger) Observation möglich wäre, um den besten Weg ausfindig zu machen, Person X gefangen zu nehmen oder auszuschalten, wird hier in wenigen Minuten verkündet – dank Castillo (Al Coronel), der die ganze Arbeit schon erledigt und sauber in diversen Akten festgehalten hat. Wie praktisch.
Positiv ist hingegen, dass es nicht gelingt, Allison und Roberta auf diese Weise aufzuhalten – denn die beiden Damen sind nicht Daheim, sondern vielmehr dabei, einen neuen Versuch zu starten, um die USS Nathan James zu versenken. Hier wird dann auch erstmals ordentlich an der Spannungsschraube gedreht, denn die Drohne mit den tödlichen Raketen bringt die Crew unseres „letzten Schiffes“ ordentlich ins Schwitzen, wobei es auch empfindliche Treffer zu verbuchen gibt.
Der Unterhaltungsfaktor liegt ohnehin immer dann am höchsten, wenn der Kampf zwischen Gut und Böse ausgeglichener präsentiert wird und unsere Helden ernsthaft in Bedrängnis geraten. Chandler darf dabei mit einem seiner ungewöhnlichen Manöver punkten, während Saras (Bridget Regan) Team versucht, ins Weiße Haus vorzudringen und die Kontrolle über die Drohnensteuerung zu erlangen. Auch hier macht man es unseren Protagonisten nicht gerade einfach, zu Shaw und Colonel Witt vorzudringen. Allerdings war die Rettung durch Team Tex (John Pyper-Ferguson) recht vorhersehbar (wobei sich abermals die phantastisch schnellen Positionsänderungen kritisieren ließen).

Die verrückte Frau
Dass mit Allison Shaw nicht gut Kirschen essen ist, wissen wir schon länger. Aber Roberta Price hat wohl nicht damit gerechnet, dass sie diese Woche eine Kugel von der eigenen Verbündeten durch den Kopf kriegen würde. Auf Chandler wartet derweil eine äußerst unangenehme Überraschung, als Shaw im letzten Drittel der Episode scheinbar in der Falle sitzt und plötzlich noch ein Ass aus dem Ärmel zieht: Sie hat seine Kinder in ihrer Gewalt.
Ungleich der vorherigen Episoden bekommen wir hier allerdings eine kleine Erklärung dafür, weshalb Allison so handelt beziehungsweise weshalb sie so geworden ist, wie sie uns seit einigen Wochen präsentiert wurde. Wenigstens ein Ansatzpunkt, der sich halbwegs nachvollziehen lässt. Wobei sich natürlich die Frage stellt, weshalb das vorher niemand bemerkt hat. Denn wir erinnern uns noch daran, dass sie in den ersten Episoden der Staffel einen eher vernünftigen Eindruck machte und erst nach Micheners Tod durchzudrehen schien.
Aber ob nun nachvollziehbar oder nicht, mit dem Sturm aufs Weiße Haus wurde sie aus ihrer Machtposition herausgerissen und plant nun, in einem anderen Land von vorne zu beginnen. Nur Tom würde sie ganz gerne noch ausschalten. Äh, Moment. Was ist denn eigentlich aus dem ganzen Militärapparat geworden, der ihr jetzt alleine unterstehen müsste? Croft (Eddie Driscoll) und Wilson (Dougald Park) hat sie doch mit Absicht nicht Bescheid gegeben und anschließend noch Price erschießen lassen, damit sie am Ende quasi alles übernehmen kann. Dafür muss sie doch bereits vorgesorgt haben (warum sonst Price ausschalten?). Da sorgt dieser kleine Rückschlag dafür, dass sie alles stehen und liegen lässt, was sie mit monatelanger Planung, der Ermordung des Präsidenten, dem Anschlag auf Chandler, et cetera anvisiert hat? Kein Plan B für einen solchen Fall und bloß noch eine Handvoll Leute, die ihren Rückzug sichern sollen? Das kann es doch nicht sein.
Mit Blick darauf, wie der gesamte Handlungsstrang in den Staaten seit Beginn der dritten Staffel angegangen wurde, macht sich jedenfalls eine ordentliche Portion Enttäuschung beim Zuschauer bemerkbar. Ähnlich wie bei Peng (Fernando Chien) scheinen die Autoren plötzlich auf die Uhr gesehen zu haben, um zu bemerken, dass sie schnell noch alles zu Ende bringen müssen. Entsprechend werden die Gegner auf eine Handvoll Leute reduziert, nach deren Entledigung wieder zum Normalzustand übergegangen werden kann. Nicht, dass Shaw unbedingt hätte überleben müssen. Man hätte ihren Abgang sicher ähnlich gestalten können. Aber – wie so oft – wirkt es viel zu einfach, wenn sie plötzlich Anstalten macht, das Land zu verlassen und (abgesehen von Toms Kindern) nichts mehr in der Hinterhand hat.

Toms Dilemma
Womit die Episode allerdings wieder punkten kann, ist das Dilemma, vor dem Tom in den letzten Minuten der Folge steht. Er hat Shaw im Visier, nachdem es Tex und den anderen gelungen ist, sämtlichen Widerstand an Bord auszuschalten. Bei der Aktion hat Tex eine tödliche Schusswunde abbekommen und erinnert Tom noch einmal daran, dass eine kaltblütige Erschießung von Allison – selbst nach allem, was sie angestellt hat – nicht das ist, was ein Tom Chandler machen würde. Vergebens. Tom drückt (verständlicherweise) den Abzug und beendet das Thema Shaw damit ein für alle Mal.
Slattery (Adam Baldwin) macht Tom daraus keinen Vorwurf. Es ist vielmehr Tom selbst, der sein eigenes Handeln in Frage stellt – wobei auch der Name Rachel Scott erneut fällt, die er damals aus ähnlichen Gründen vor Gericht bringen wollte. Es gehört schon eine große Portion Mut dazu, den sonst so unfehlbaren Helden, der stets das Vorzeigemodell eines guten Offiziers in der Serie präsentierte, in eine solche Position zu schreiben. Das hätte man auch anders und einfacher lösen können, indem er beispielsweise Allison in Notwehr erschossen hätte. Stattdessen muss Chandler sich mit seiner Tat auseinandersetzen und seine Maßstäbe neu überdenken, was dem Ende durch seinen (scheinbar endgültigen) Abgang von Bord eine schwerere Note verleiht als sämtliche Ereignisse, die zuvor stattfanden (wie zum Beispiel der Tod von Tex).
Wir können zwar davon ausgehen, dass die vierte (und fünfte) Staffel nicht ohne Tom Chandler auskommen wird. Aber er wird nicht mehr der gleiche Tom Chandler sein, den wir bislang vor uns hatten. Seine Unfehlbarkeit ist dahin, was der Serie sicher eine etwas andere Tonart verschaffen wird.

Fazit: Trotz einiger wesentlicher dramatischer Eingriffe gegen Ende bleibt "Don’t Look Back" leider eine eher durchschnittliche Folge. Wie sich schon nach "Resistance" erwarten ließ, wird vieles zu schnell und für unsere Protagonisten zu einfach abgehandelt, auch wenn es an Action nicht fehlte, stellenweise recht spannend wurde und hier und dort ein paar gelungene Überraschungen kamen. Bleibt nur zu hoffen, dass die nächste Staffel ihre Handlungsbögen besser beenden wird.

6/10
 
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