Supernatural S12E01 - Keep Calm and Carry On

Clive77

Serial Watcher
Mit der Episode "Keep Calm and Carry On" startet die US-Serie Supernatural in die zwölfte Staffel. Während Dean zunächst einer gewissen Mary erklärt, was in den letzten drei Jahrzehnten alles passiert ist, erfahren wir an anderer Stelle, wie es nach dem Cliffhanger um Sam bestellt ist.

The British Invasion
Sam (Jared Padalecki) ist natürlich nicht tot. Der Schuss, den Toni Bevell (Elizabeth Blackmore) im letzten Staffelfinale auf ihn abfeuerte, hat ihn lediglich am Bein erwischt (auch wenn der Winkel dafür mal überhaupt nicht passte). In "Keep Calm and Carry On" findet sich der jüngere Winchester in den Fängen der britischen Men of Letters wieder und muss den größten Teil der Folge diverse Foltermethoden überstehen.
Eines ist dabei sicher: Sympathiepunkte können die Briten vorerst keine ernten. Was ist nur aus der guten alten Tasse Tee geworden, bei der man zusammensitzt und in Ruhe alles bespricht, was einem auf dem Herzen liegt? Immerhin erfahren wir aber, weshalb die Inselbewohner in den letzten Jahren keine Anstalten gemacht haben, sich blicken zu lassen. Der Old Man, seines Zeichens wohl der Chef der britischen Men of Letters Abteilung, hat es untersagt – nicht gerade die beste Erklärung, aber wir müssen das vorerst akzeptieren.
Außerdem haben die Briten ein ausgefeiltes System, mit der sie jeder Bedrohung Herr werden, noch bevor diese sich überhaupt manifestieren kann. Schon toll, dass es somit seit Mitte der 1960er Jahre keine übernatürlichen Todesfälle mehr in dem Land zu verzeichnen gibt – haben also scheinbar alle stärkeren Monster einen großen Bogen um Großbritannien gemacht. Kaum vorstellbar, gerade mit Blick auf Leviathane oder dem Fall der Engel ein paar Staffeln zuvor. Andererseits, beim britischen Wetter durchaus verständlich. Da grenzt es schon an ein Wunder, dass die Verdunklung der Sonne durch Amara (Emily Swallow) überhaupt aufgefallen ist.
Aber gut, akzeptieren wir einfach, dass die Briten sich jetzt einmischen. Der Aufhänger zur Folter – Toni möchte von Sam mehr über andere Jäger erfahren – wirkt dennoch misslungen. Zunächst einmal wäre es wohl erfolgversprechender gewesen, wenn sie wie oben erwähnt einfach ein Gespräch gesucht und nicht gleich ihre Waffe gezückt und abgefeuert hätte. Zum anderen darf man sich fragen, weshalb es Toni überhaupt so schwerfällt, andere Jäger in den Staaten ausfindig zu machen, wenn sie die Winchesters beziehungsweise deren geheimen Bunker doch im Handumdrehen gefunden hat. Da passt doch etwas nicht zusammen. Mit dieser Episode bekommen wir jedenfalls einen ganz und gar schlechten, nicht nachvollziehbaren Eindruck von einer Organisation, die eigentlich dem Wohl der Menschheit dient und somit nicht auf Folter von Gleichgesinnten setzen sollte.
Ansonsten waren die Folterszenen teilweise schon recht hart und Sam konnte einem leidtun. Dass er trotzdem einmal kurz die Oberhand gewinnt, war eine erstaunliche Leistung und vielleicht gibt es Toni ja zu denken, dass er sie nicht erwürgt hat, obwohl er es hätte tun können – übrigens ein klassischer Fehler von Sams Seite. Er hätte sie ja nicht umbringen müssen, aber wenn er schon einmal die Oberhand hat, hätte er wenigstens sicherstellen können, dass sie ihm nicht noch gefährlich wird (und ihm genug Zeit bleibt, sich vom Acker zu machen).
Unterm Strich bringt dieser Handlungsstrang viel Stirnrunzelei mit. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Dinge da entwickeln werden und ob es Toni noch gelingen wird, etwas sympathischer und gleichzeitig weniger überheblich zu wirken. Bislang lassen sich ihre Methoden und ihr Handeln jedenfalls nicht nachvollziehen, aber vielleicht bekommen wir da noch einen besseren Einblick – spätestens wohl dann, wenn der Old Man die Bühne betritt.

Lucifer Lives
Einen kleineren Handlungsstrang bekommt Crowley (Mark Sheppard) spendiert, der ein paar Dämonen verfolgt, die wiederum Lucifer verfolgen. Letzterer hat offensichtlich Probleme damit, einen passenden Wirt zu finden und hinterlässt eine Spur aus Leichen.
Wir können also erstmal davon ausgehen, dass Lucifer nicht von Amara ausgelöscht wurde. Lässt sich leicht akzeptieren, auch wenn sein Abgang in "We Happy Few" (11x22) recht endgültig aussah. Ob Metatron (Curtis Armstrong) wohl auch noch irgendwo da draußen ist? Aber zurück zu Lucy. Dass der Charakter weiterhin dabei ist, lässt sich vorerst als positiv betrachten. Denn so bleiben noch einige Möglichkeiten für interessante Entwicklungen offen. Wir dürfen jedenfalls gespannt sein, was passiert, wenn Crowley zu ihm aufschließt – zumal es ja den Anschein hat, dass der Teufel zurzeit sehr geschwächt ist und unser ehemaliger King of Hell noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hat. Ganz zu schweigen davon, dass er wieder das Kommando über die Hölle mitsamt ihren störrischen Dämonen haben will (auch wenn diese sich teilweise wie vierzehnjährige Mädchen verhalten).

Mother Mary
Dean (Jensen Ackles) darf derweil Mary Winchester (Samantha Smith) erklären, dass sie von den Toten zurück ist und die letzten 33 Jahre verpasst hat. Später stößt Castiel (Misha Collins) zu den beiden dazu und die Suche nach Sam beginnt.
Zunächst einmal sei angemerkt, dass dieser Handlungsstrang der gelungenste der gesamten Episode ist. Mary wurde in eine Zukunft geworfen, in der vieles neu und phantastisch auf sie einwirkt. Obendrein steht sie ihrem jetzt erwachsenen Sohn gegenüber, der ihr in Kurzfassung verdammt viel erklären muss. Das sind einige Informationen, die sie da verarbeiten durfte und wohl auch in Zukunft noch verarbeiten wird. Smith gelingt es, ihre Rolle dabei überzeugend zu spielen. Eine der besten und lustigsten Szenen war das Wiedersehen mit dem Impala und der Blick auf die Rückbank – Deans Gesichtsausdruck als er bemerkt, woran Mutti da wohl gerade denken muss: Unbezahlbar.
Aber vieles ist nicht so, wie sie es sich vorgestellt hat. Ihre beiden Söhne sind Jäger geworden und auch wenn Dean ihr mitteilt, dass sie die Welt durch ihr Handeln zu einem besseren Ort machen wollen (da muss man wieder lächeln, wenn man an diverse Beinahe-Katastrophen denkt, die die beiden mehr oder weniger mitverursacht haben), hatte Mama Winchester für ihre Kinder doch etwas ganz anderes im Sinn. Später in der Episode darf sie Dean und Castiel vor Ms. Watt (Bronagh Waugh) retten, indem sie den Engelstöter durch den Körper der Antagonistin rammt. Wie sie daraufhin ihre Hände betrachtet, die gerade einen Menschen umgebracht haben, spricht Bände. Sie hatte dem Jägerleben abgeschworen und nun war beziehungsweise ist sie doch wieder gezwungen, mit eben diesen Händen ein Leben auszulöschen.
Aber wo wir gerade bei Ms. Watt waren: Dean und Castiel zu Boden zu bringen, war schon eine beachtliche Leistung. Zumal Castiel – wie anfangs gezeigt – noch immer über besondere Fähigkeiten verfügt. Die Totschläger scheinen jedenfalls eine besondere Wirkung zu haben – hoffentlich hat Dean die eingesteckt. Und es ist auch ein bisschen schade, dass wir nicht mehr von Watt zu sehen bekommen werden. Schließlich sind es oft die skrupellosen Sidekicks der Antagonisten, die mitunter für gute Momente sorgen.
Insgesamt wusste die Handlung um Mary, Dean und Castiel jedenfalls zu gefallen. Wir können uns jetzt vorstellen, dass sie ordentlich Schwung in die Serie bringen und den Alltag ihrer Söhne etwas durchwirbeln wird. Zudem macht sie einen sympathischen Eindruck und fügt sich schon jetzt an der Seite von Dean und Castiel sehr gut ins Geschehen ein. Mal abwarten, wie es wird, wenn sie auch Sam gegenübersteht.

Fazit: So richtig überzeugend war der Auftakt zur zwölften Staffel leider nicht, was hauptsächlich der weiteren Einführung der britischen Men of Letters zu verdanken ist, sich aber hoffentlich im weiteren Verlauf noch ändern wird. Derweil lässt Crowleys Suche nach dem Teufel die Erwartungen ein wenig steigen, während Marys Einführung in die Serie rundum gelungen wirkt.

6,5/10
 
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