Supernatural S12E04 - American Nightmare

Clive77

Serial Watcher
In der Folge "American Nightmare" der US-Serie Supernatural führt ein neuer Fall die Winchesters zu einer ungewöhnlichen Familie mit einem dunklen Geheimnis. Mr. Ketch ist in den Staaten angekommen, während die Handlung um Lucifer pausiert.

„Demons I get. People are crazy.“ – Dean Winchester ("The Benders",1x15)

Back to the roots
Wie bereits letzte Woche im Review zu "The Foundry" angesprochen, fühlt sich momentan alles danach an, als wenn die Macher mit ihren Fällen der Woche die Anfänge der Serie huldigen wollen (was bereits in den anfänglichen Rückblicken deutlich wird). So steht dieses Mal fast ausschließlich die Familie Peterson im Vordergrund, deren Geheimnisse es aufzudecken gilt und die Sam (Jared Padalecki) und Dean (Jensen Ackles) zunächst recht ratlos dastehen lassen. Hexe oder Dämon? Weder noch. Bloß eine verrückte Mutter (Christina Carlisi) und eine telekinetisch begabte Tochter (Paloma Kwiatkowski), deren mentalen Hilferufe sich als Ursache für die Morde entpuppen.
Die Episode setzt dabei erneut verstärkt auf Gewalt und Horror, lädt ein wenig zum Mitraten ein und webt die Ereignisse um die Petersons in die Handlung der Winchesters sowie (gegen Ende) um die britischen Men of Letters ein, die diese Woche in Form von Mr. Ketch (David Haydn-Jones) in Erscheinung treten. Das mag sich jetzt alles ganz gut anhören, aber je weiter die Geschichte fortschreitet, umso schlechter wird es. Am Ende kann man sich nur die Haare raufen und fragen, was das Ganze sollte.

American Nightmare
Bereits die Rückblicke zu Beginn der Folge geben uns einen mehr als deutlichen Hinweis, womit wir es diese Woche zu tun bekommen werden. Entsprechend früh lässt sich da schon erahnen, dass „nur“ eine übernatürlich begabte Person hinter den Toden steckt und der Teufel (leider) nicht seine Finger im Spiel hat. Hätte letzterer, wie der ungewöhnliche Tod von Olivia Sanchez (Mariessa Portelance) stark vermuten ließ, wirklich einen Auftritt bekommen, wäre die Episode ein gutes Stück interessanter gewesen. Lucifer hätte sich beispielsweise Magda als neuen Wirt nehmen können, womit Mama Gail und ihre „Maßnahmen“ eine gewisse Rechtfertigung erhalten hätten. Aber diese anfängliche Hoffnung wird leider nicht erfüllt.
Das größte Problem, was der Fall mit sich rumschleppt beziehungsweise worauf er hinausläuft, ist dann aber die Auflösung, dass Gail die Verrückte der Familie ist und sämtliche Familienmitglieder nach ihrer Pfeife tanzen. Ihr Sohn Elijah (Gig Morton) war sogar bereit, den mit Rattengift garnierten Eintopf zu verzehren, nachdem Papa Abraham (William McDonald) kurz zuvor und qualvoll daran gestorben ist. WTF?
Dabei soll jetzt nicht Gail direkt kritisiert werden – Christina Carlisi spielt ihre Rolle als „creepy Mom“ hervorragend. Es dürfte aber jeden wundern, dass Abraham und Elijah dieses Spielchen mit Magda im Keller, die sich ständig selbst geißeln muss, überhaupt mitgemacht haben. Klar, Religion kann an sich immer als überzeugendes Argument für die abscheulichsten Untaten herhalten – man muss nur daran glauben, dass sie einer guten Sache dient. Aber es geht hier um eine Familie – Vater, Mutter, Tochter, Sohn – die mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten von Magda vor ein Problem gestellt wird, welches sie offensichtlich nicht selbst lösen kann. Warum keine Hilfe von außen suchen? Jemand wie Father Valdecantos (Rick Tae) wäre der perfekte erste Ansprechpartner gewesen, um herauszufinden, ob Magda wirklich besessen ist. Olivia Sanchez wäre eine andere mögliche Bezugsperson gewesen, der man sich hätte anvertrauen können. Und selbst wenn Gail darauf besteht, niemanden von außen hinzuzuziehen – die Qualen, die Magda durchmachen muss, müssten doch jedem Vater oder Bruder dermaßen zu schaffen machen, dass irgendwann die Einsicht kommt, dass es so nicht weitergehen kann. Ganz zu schweigen natürlich vom geplanten Familienselbstmord der Mutter, Elijah!

Mr. Ketch
Was uns am Ende aber so richtig runterzieht, nachdem Mutti abgeführt wird (vermutlich, um ihr weiteres Leben in einem Raum mit gepolsterten Wänden zu verbringen), ist der Tod von Magda durch Mr. Ketch. Die Episode bietet ohnehin kein angenehmes Ende – schließlich sind Abraham und Elijah tot – da hätte man wenigstens Magda die Aussicht auf einen Neuanfang lassen können.
Aber nein, die Briten lösen derartige Fälle ohne irgendwelchen Optimismus. Magda könnte weiterhin ein Problem darstellen, also muss sie aus dem Verkehr gezogen werden. Was ein cooler erster Einsatz von Mr. Ketch hätte werden können, endet in einem kaltblütigen Mord an einem (ohnehin gequälten) Teenager. Nach allem, was wir bisher von den britischen Men of Letters gesehen haben, passt das zwar ins Bild. Aber sympathische oder zumindest auf coole Art und Weise bösartige Charaktere lassen weiterhin auf sich warten. Mag sein, dass das so gewollt ist. Mag sein, dass wir die britische Variante der Men of Letters von Beginn an hassen sollen. Aber ist das interessant? Nein, mitnichten. Gerade bei einer Organisation, die sich der Bekämpfung des Bösen verschrieben hat, sollte man doch erwarten, dass sie Figuren hervorbringt, die auf den ersten Blick nicht böse sind. Figuren, die zwar falsch handeln, aber dafür ihre Gründe haben. Ein interessanter Bösewicht ist einer, dem man in seiner Argumentation folgen kann. Jemand, der Gräueltaten begeht und die Notwendigkeit dafür auf eine bestimmte Art und Weise erklären kann. Als Zuschauer muss man in der Lage sein, sich in den Antagonisten hineinzuversetzen. Das passiert hier nicht.
Gut möglich, dass uns noch einiges offenbart wird, was die Taten von Toni (Elizabeth Blackmore) oder Mr. Ketch rechtfertigt. Oder die Anweisungen von der Person am anderen Ende der Leitung. Aber bislang ist das nicht der Fall. Blicken wir mal kurz auf diverse Bösewichte der Serie zurück, so lassen sich selbst in Fällen wie Dick Roman die Motive für das jeweilige Handeln nachvollziehen. Sowas fehlt in Bezug auf die britischen Men of Letters definitiv. Da sind Erklärungen gefragt und nein, es reicht nicht, wenn sie einfach nur alle möglichen Bedrohungen aus dem Verkehr ziehen wollen. Denn in dem Fall hätten sie gleich Mr. Ketch auf Sam und Dean ansetzen können, um die Winchesters in die ewigen Jagdgründe zu befördern.

Winchesters
Abgesehen vom Fall drehen sich die Gespräche bei den Brüdern um Mary (Samantha Smith) und deren Auszeit. Während Sam die (vorübergehende) Trennung nachvollziehen kann, sieht das bei Dean anders aus. Er blockt anfangs auch jeden Versuch vom jüngeren Bruder ab, darüber zu sprechen. Typisch Dean halt. Am Ende offenbart er gegenüber Sam allerdings, dass er Marys Entscheidung nachvollziehen kann.
So recht will dem Rezensenten dieser Teil nicht schmecken. Anfangs war es ja durchaus witzig, dass Dean Mary einen Text schickt und sich selbst anschließend als Teenager bezeichnet. Aber vom Finale des Falls, der mal wieder Sam in Gefangenschaft zeigte (hatten wir ja schon so lange nicht mehr, seufz), hat Dean nicht viel mitbekommen. Woher also die plötzliche Einsicht, dass Marys Auszeit eine gute Sache ist? Oh ja, er hat alles von Sam erzählt bekommen, was sich bei den Petersons zugetragen hat und diese Erzählung führt ihn zur Überzeugung, dass die Trennung von „Mom“ ganz o.k. ist. Wäre passender gewesen, wenn Dean anstelle von Sam alles miterlebt hätte, was sich bei den Petersons zugetragen hat. Denn so hört er am Ende doch auf Sam, was er auch gleich zu Beginn der Episode hätte haben können.
Aber gut, zumindest liefert der Fall der Woche damit einen gewissen Beitrag zum Geschehen innerhalb der Winchester-Familie und wirkt nicht ganz so sinnlos, wie es hätte sein können. Und Marys Antwort lässt hoffen, dass die Trennung nicht allzu lange dauern wird.

Fazit: Leider nicht so toll. Der Fall weiß trotz guter Ansätze nicht zu überzeugen, Mr. Ketch kommt gar nicht gut rüber und was die Winchesters angeht, kommt Deans Einsicht in Bezug auf Mary mehr oder weniger aus heiterem Himmel. Es gibt zwar durchaus positives zu berichten und an sich sind die Macher auf dem richtigen Weg, aber es scheitert leider an der passenden Umsetzung. Hoffentlich geht das nächste Woche wieder besser.

4,5/10
 
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