Clive77
Serial Watcher
Ich musste es tun. Weg von allem. Ich hielt es nicht mehr aus. Jeden Tag das Gleiche.
Aufstehen. Frühstück. Blöde Kommentare von meinen Mitbewohnern. Kai sagen, dass ich nichts von ihm will und er ein toller Freund ist. Jessi sagen, dass ihr Oberteil sie nicht dick macht. Ron sagen, dass er sein Referat an der Uni schon schafft. Dann ab zur Arbeit. Acht Stunden Büro. Nach Hause. Haushalt nach Plan. Kai sagen, dass er nicht traurig sein soll und nur die Augen nach anderen Frauen aufhalten soll. Jessi sagen, dass Kai sie schon irgendwann bemerkt. Ron sagen, dass es beim nächsten Mal besser wird. Abendessen. Telefonat mit Mama. Ich erkläre ihr, dass ihr neuer Freund ein Arsch ist und sie ihn verlassen soll, statt mich jeden Abend heulend anzurufen, während er in irgendeiner Bar sitzt und sich die Birn zu kippt.
Ich hielt es nicht mehr aus. Meine ganze Energie, meine Kraft. Alles habe ich für andere aufgebraucht.
Jetzt sitze ich in meinem kleinen Auto. Die Fahrt dauert nur 2 Stunden. Ich habe nur einen Rucksack mit. Das nötigste. Ausweis, Krankenkarte, Sparbuch. Ich war immer sehr sparsam, schließlich hatte ich keine Zeit, Geld für mich auszugeben. Ich musste ja für andere da sein und das Leben anderer gestalten.
Jedenfalls reicht dieses kleine Vermögen aus. Ich habe mir heimlich eine Wohnung etwas außerhalb von Berlin gemietet. Onlinebewerbung bei einem neuen Auftraggeber. Ich beginne ein neues Leben.
Der Job beginnt erst in 2 Wochen. Genug Zeit mir neue Sachen zu kaufen und meine Wohnung einzurichten. Vielleicht sogar mich mit meinen neuen Nachbarn anfreunden. Aber nicht zu sehr. Ich brauche meine Energie für mich. Ich starte ein neues Leben. Und niemand hat es bemerkt.
Morgen früh werden sie den Brief finden. Vielleicht melde ich mich nach ein paar Monaten und gebe ihnen meine neue Adresse. Nur für Briefe. Nicht mehr.
Es ist jetzt 4.30 Uhr nachts. Die Wohnungsübergabe findet um 8 statt. Aber ich konnte nicht schlafen. Ich musste einfach schon los. Seit Tagen bin ich aufgeregt und voller Vorfreude. Dabei war es sehr schwierig, meine Rolle vor den anderen weiter zu spielen. Ich brauchte noch mehr Kraft als sonst. Und nun bin ich wirklich fertig. Meine Augen werden müde. Nicht mehr lange und ich beginne ein neues Leben. In Freiheit.
„RON! RON!“ Jessi rannte nervös durch die Wohnung und stürmte in Rons Zimmer.
„Weißt du wo Christin ist?“
„Keine Ahnung..man es ist halb sieben...findest das nicht bisschen früh?“
„Ich brauche dringend ihren Rat!“ winselte Jessi.
„Das Shirt ist kacke, jetzt lass mich. Ich habe nen beschissenen Tag vor mir!“
Jessi rollte mit den Augen und wollte aus dem Zimmer stürmen, aber im Türrahmen stand Kai mit einem Blatt Papier in der Hand und großen Augen.
„Hey Leute...ähm...Christin hat uns was geschrieben...sie...sie ist weg!“ stammelte er.
„WEG?!“ krächzten Jessi und Ron fast im Chor.
„Zeig her!“ rief Jessi und griff Kai den Zettel aus der Hand. Dann fing sie an, laut zu lesen.
Hallo Leute,
ich möchte niemandem weh tun. Deswegen wollte ich eure Gesichter nicht mehr zum Abschied sehen und lieber ein paar Zeilen schreiben. Ich möchte noch ein letztes Mal, meine Kraft für dieses Leben aufbringen. Ich will euch nicht ständig aufbauen müssen und dadurch Einfluss auf euer Leben nehmen.
* Ring – Ring *
„Ich geh schon ran, ich kenne den Brief schon.“ sagte Kai und verließ den Raum.
Jessi las weiter:
Ihr schafft das Alles auch ohne mich. Trefft eure Entscheidungen und macht einfach euer Ding. Egal was andere von euch halten oder was ihr meint für andere tun zu müssen. Seit frei. Auch ich möchte nun frei sein. Ohne Zwänge und Regeln anderer.
Jessi du bist wunderschön, egal wie du aussiehst, dir fehlt nur mehr Vertrauen zu dir selbst.
Ron du schreibst tolle Referate und du schaffst dein Studium locker. Du kannst einfach nur nicht gut, vor anderen reden.
Kai. Jessi fährt voll auf dich ab.
Das waren meine letzten Ratschläge für euch.
Und jetzt macht was daraus. Ohne euch die Antworten bei anderen zu suchen. Macht euer Ding. Sucht die Antworten bei euch. Kein Mensch ist perfekt, aber wer will das schon.
Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.
Eure Christin
Jessi stand mit offenem Mund da. Ron blickte hoch und starrte auf Kai mit dem Telefonhörer in der Hand. Jessi drehte sich zu ihm um.
„Kai, was ist?“
Er stand mit tränenden Augen in der Tür und seine Unterlippe zitterte.
„Es geht um Christin...sie...sie fuhr gegen einen Baum...sie ist tod!“ schluchzte er.
Jessi fiel der Zettel aus der Hand.
Dann flüsterte sie:
„Sie..sie hat sich...umgebracht?!“
Ich möchte noch ein letztes Mal, meine Kraft für dieses Leben aufbringen.
Aufstehen. Frühstück. Blöde Kommentare von meinen Mitbewohnern. Kai sagen, dass ich nichts von ihm will und er ein toller Freund ist. Jessi sagen, dass ihr Oberteil sie nicht dick macht. Ron sagen, dass er sein Referat an der Uni schon schafft. Dann ab zur Arbeit. Acht Stunden Büro. Nach Hause. Haushalt nach Plan. Kai sagen, dass er nicht traurig sein soll und nur die Augen nach anderen Frauen aufhalten soll. Jessi sagen, dass Kai sie schon irgendwann bemerkt. Ron sagen, dass es beim nächsten Mal besser wird. Abendessen. Telefonat mit Mama. Ich erkläre ihr, dass ihr neuer Freund ein Arsch ist und sie ihn verlassen soll, statt mich jeden Abend heulend anzurufen, während er in irgendeiner Bar sitzt und sich die Birn zu kippt.
Ich hielt es nicht mehr aus. Meine ganze Energie, meine Kraft. Alles habe ich für andere aufgebraucht.
Jetzt sitze ich in meinem kleinen Auto. Die Fahrt dauert nur 2 Stunden. Ich habe nur einen Rucksack mit. Das nötigste. Ausweis, Krankenkarte, Sparbuch. Ich war immer sehr sparsam, schließlich hatte ich keine Zeit, Geld für mich auszugeben. Ich musste ja für andere da sein und das Leben anderer gestalten.
Jedenfalls reicht dieses kleine Vermögen aus. Ich habe mir heimlich eine Wohnung etwas außerhalb von Berlin gemietet. Onlinebewerbung bei einem neuen Auftraggeber. Ich beginne ein neues Leben.
Der Job beginnt erst in 2 Wochen. Genug Zeit mir neue Sachen zu kaufen und meine Wohnung einzurichten. Vielleicht sogar mich mit meinen neuen Nachbarn anfreunden. Aber nicht zu sehr. Ich brauche meine Energie für mich. Ich starte ein neues Leben. Und niemand hat es bemerkt.
Morgen früh werden sie den Brief finden. Vielleicht melde ich mich nach ein paar Monaten und gebe ihnen meine neue Adresse. Nur für Briefe. Nicht mehr.
Es ist jetzt 4.30 Uhr nachts. Die Wohnungsübergabe findet um 8 statt. Aber ich konnte nicht schlafen. Ich musste einfach schon los. Seit Tagen bin ich aufgeregt und voller Vorfreude. Dabei war es sehr schwierig, meine Rolle vor den anderen weiter zu spielen. Ich brauchte noch mehr Kraft als sonst. Und nun bin ich wirklich fertig. Meine Augen werden müde. Nicht mehr lange und ich beginne ein neues Leben. In Freiheit.
„RON! RON!“ Jessi rannte nervös durch die Wohnung und stürmte in Rons Zimmer.
„Weißt du wo Christin ist?“
„Keine Ahnung..man es ist halb sieben...findest das nicht bisschen früh?“
„Ich brauche dringend ihren Rat!“ winselte Jessi.
„Das Shirt ist kacke, jetzt lass mich. Ich habe nen beschissenen Tag vor mir!“
Jessi rollte mit den Augen und wollte aus dem Zimmer stürmen, aber im Türrahmen stand Kai mit einem Blatt Papier in der Hand und großen Augen.
„Hey Leute...ähm...Christin hat uns was geschrieben...sie...sie ist weg!“ stammelte er.
„WEG?!“ krächzten Jessi und Ron fast im Chor.
„Zeig her!“ rief Jessi und griff Kai den Zettel aus der Hand. Dann fing sie an, laut zu lesen.
Hallo Leute,
ich möchte niemandem weh tun. Deswegen wollte ich eure Gesichter nicht mehr zum Abschied sehen und lieber ein paar Zeilen schreiben. Ich möchte noch ein letztes Mal, meine Kraft für dieses Leben aufbringen. Ich will euch nicht ständig aufbauen müssen und dadurch Einfluss auf euer Leben nehmen.
* Ring – Ring *
„Ich geh schon ran, ich kenne den Brief schon.“ sagte Kai und verließ den Raum.
Jessi las weiter:
Ihr schafft das Alles auch ohne mich. Trefft eure Entscheidungen und macht einfach euer Ding. Egal was andere von euch halten oder was ihr meint für andere tun zu müssen. Seit frei. Auch ich möchte nun frei sein. Ohne Zwänge und Regeln anderer.
Jessi du bist wunderschön, egal wie du aussiehst, dir fehlt nur mehr Vertrauen zu dir selbst.
Ron du schreibst tolle Referate und du schaffst dein Studium locker. Du kannst einfach nur nicht gut, vor anderen reden.
Kai. Jessi fährt voll auf dich ab.
Das waren meine letzten Ratschläge für euch.
Und jetzt macht was daraus. Ohne euch die Antworten bei anderen zu suchen. Macht euer Ding. Sucht die Antworten bei euch. Kein Mensch ist perfekt, aber wer will das schon.
Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.
Eure Christin
Jessi stand mit offenem Mund da. Ron blickte hoch und starrte auf Kai mit dem Telefonhörer in der Hand. Jessi drehte sich zu ihm um.
„Kai, was ist?“
Er stand mit tränenden Augen in der Tür und seine Unterlippe zitterte.
„Es geht um Christin...sie...sie fuhr gegen einen Baum...sie ist tod!“ schluchzte er.
Jessi fiel der Zettel aus der Hand.
Dann flüsterte sie:
„Sie..sie hat sich...umgebracht?!“
Ich möchte noch ein letztes Mal, meine Kraft für dieses Leben aufbringen.