Story XLIII - Die unheilige Schrift

MamoChan

Well-Known Member
Schwierig. Ich habe die Geschichte schon gestern gelesen, musste aber mal eine Weile darüber nachdenken. Handwerklich ist sie recht solide. Der Schreibstil ist in Ordnung, es sind einige schöne Formulierungen vorhanden. Fehler sind mir nicht so viele aufgefallen. Aber inhaltlich weiß ich einfach nicht. Ja, die Beweggründe der Protagonistin sind durchaus verständlich und nachvollziehbar. Aber irgend etwas scheint mir nicht zu passen. Vielleicht ist es die Zeit, denn ihr Verhalten kommt mir in diesem zeitlichen Kontex einfach zu modern vor. Ich will jetzt nicht abstreiten, dass es damals vorkam, aber irgendwie scheint es mir nicht passend. Vielleicht sähe es anders aus. wenn die Geschichte 50 oder 60 Jahre später spielen würde. Hm... wobei, dann könnten dort inhaltlich andere Probleme aufkommen.
Der Schluss stieß mir dann aber schon sauer auf. Dazu hätte ich später gerne einige erläuternde Sätze des Autors oder der Autorin. Wie soll das Ende zu verstehen sein? EIn Rachefeldzug gegen Gott? Spielt sie sich selbst als Herrin über Leben und Tod auf um zu zeigen, dass Gott nichts unternehmen wird? Soll es heißen, sie ist dem Bösen verfallen und es hätte alles gut enden können, wenn sie nur an ihrem Glauben festgehalten hätte? Es ist auf so viele Arten zu interpretieren, aber nichts scheint mir wirklich befriedigend.
 

Clive77

Serial Watcher
Diese Geschichte hat mir gut gefallen. Zeigt für meinen Geschmack sehr gut auf, wie sinnlos es ist, mit religiösen Fanatikern wie der Tante eine Diskussion führen zu wollen. Ich hätte mir allerdings ein bisschen mehr Ambivalenz bei dem Thema gewünscht, denn in meinen Augen kommt zu deutlich rüber, auf welcher Seite der Autor sich bei dem Thema sieht. In Bezug auf die Bibel hätte da beispielsweise auf gewisse Unterschiede zwischen Altem und Neuem Testament eingegangen werden können - zumal die religiösen Fanatiker hier Christen sind, die sich verstärkt auf das Neue Testament und einen gewissen Jesus Christus beziehen sollten. Da gibt es schon grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Testamenten.
Ich fand die Geschichte trotzdem wohlgemerkt nicht schlecht. Marie kann man jedenfalls von vorne bis hinten nachvollziehen, zumal sie eine grundlegende Wandlung durchmacht(e). Das Ende hat mir allerdings weniger zugesagt. Damit dürfte die Marie nicht weit kommen und begibt sich quasi auf den gleichen Pfad wie ihre Tante. Mir wäre da was anderes lieber gewesen. Vielleicht ein erneuter Umzug und diesmal ins Unbekannte?

Am Schreibstil habe ich trotz einigen wenigen Fehlerchen nichts auszusetzen. Fand das alles sehr angenehm zu lesen und auch sehr professionell verfasst.
 

HurriMcDurr

Well-Known Member
Diese Geschichte ist bei mir letztendlich auf dem Punktethron gelandet. Die von Clive bemerkte Meinungsfärbung wäre der einzige potentielle Kritikpunkt - ich finde es allerdings kaum verwerflich, dass der Autor hier durch den Charakter der Marie unter Umständen seine eigene Ansicht durchblicken lässt. Das Mädchen fällt nie irgendwie aus der Rolle und die schwache Argumentation der Gegenseite halte ich vor allem im Hinblick auf die zeitliche Einordnung für plausibel. In Sachen Präsentation krallt sich die Geschichte in dieser Runde mmn auch den Thron - hier saß ein Könner an den Tasten.
 

Woodstock

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Ich hätte anhand des Inhalts durchaus einen Verdacht wer die Geschichte verfasst hat aber das gehört hier nicht her. Der Stil gefällt mir und die fanatische Verwandte erinnert mich an eine störrische Oma die ich habe.

Könnte Punkte bringen.
 

Sittich

Well-Known Member
Die Geschichte ist handwerklich und vom Stil her aus meiner Sicht die stärkste. Leider hat sie mich von der Handlung einfach nicht gepackt, sonst wäre sie sicher ein Punktekandidat gewesen.
 

Jizzle

Well-Known Member
Ich bin da komplett bei Sittich.

Ein Meister war hier am Werk, leider war mir die Geschichte mit "zu viel Hass" auf die Religion gefüllt. Das neue Testament wurde mir zu wenig erwähnt, auch wenn es natürlich vom Inhalt sehr alles schlüssig war.

Darf man natürlich machen, hat aber nicht meinen Geschmack getroffen.

Dennoch Glückwunsch zum ersten Platz!
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Diese ist von mir, Danke fürs Lesen und die Punkte.
Ich war früher auch gläubig und weiß noch, welches unangenehme Gefühl es verursachte, wenn jemand etwas gegen Religion und gegen Gott sagte. Also hätte ich mir eigentlich denken können, dass diese Story den gläubigen Lesern etwas sauer aufstößen würde. Aber ich wollte hier keine Gefühle verletzen, sondern nur meine Gedanken dazu loswerden. Ich habe nichts gegen tolerante Gläubige, sondern nur gegen die Fanatiker und die Religion an sich.
MamoChan schrieb:
Der Schluss stieß mir dann aber schon sauer auf. Dazu hätte ich später gerne einige erläuternde Sätze des Autors oder der Autorin. Wie soll das Ende zu verstehen sein? EIn Rachefeldzug gegen Gott? Spielt sie sich selbst als Herrin über Leben und Tod auf um zu zeigen, dass Gott nichts unternehmen wird? Soll es heißen, sie ist dem Bösen verfallen und es hätte alles gut enden können, wenn sie nur an ihrem Glauben festgehalten hätte? Es ist auf so viele Arten zu interpretieren, aber nichts scheint mir wirklich befriedigend.
Warum "spielt sie sich als Herrin über leben und Tod auf", wenn sie eine Bibel verbrennt? Ist ja nicht so, als hätte sie jemanden umgebracht. Da finde ich es auch übertrieben zu sagen, sie sei dem Bösen verfallen.
Clive77 schrieb:
Ich hätte mir allerdings ein bisschen mehr Ambivalenz bei dem Thema gewünscht, denn in meinen Augen kommt zu deutlich rüber, auf welcher Seite der Autor sich bei dem Thema sieht. In Bezug auf die Bibel hätte da beispielsweise auf gewisse Unterschiede zwischen Altem und Neuem Testament eingegangen werden können - zumal die religiösen Fanatiker hier Christen sind, die sich verstärkt auf das Neue Testament und einen gewissen Jesus Christus beziehen sollten. Da gibt es schon grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Testamenten.
Das ist mir klar, aber es ist irrelevant. Solange die Christen das Alte Testament zu ihrer Bibel zählen und sich nicht davon distanzieren, glauben sie an den Gott, der auch im Alten Testament dargestellt wird (im Neuen geht es ja vor allem um Jesus). Sonst sind sie nur auf dem Papier "Christen" und brauchen sich hier nicht angesprochen zu fühlen :wink: Sie zitieren ja auch selbst gerne aus dem Alten Testament, wenn es ihnen gerade in den Kram passt: "Auge um Auge" und so weiter. Ich kann doch zum Beispiel auch das Programm einer Partei wegen faschistischer Ansichten kritisieren, ohne darauf einzugehen, dass bei Punkt 6 steht: "Mehr Schulen bauen". Das macht die anderen Punkte dann trotzdem nicht besser.


Die lobenden Worte zitiere ich jetzt nicht, ich sage nur "Danke" :smile:
 

MamoChan

Well-Known Member
Erstmal herzlichen Glückwunsch zum ersten Platz! :smile:

Tyler Durden schrieb:
MamoChan schrieb:
Der Schluss stieß mir dann aber schon sauer auf. Dazu hätte ich später gerne einige erläuternde Sätze des Autors oder der Autorin. Wie soll das Ende zu verstehen sein? EIn Rachefeldzug gegen Gott? Spielt sie sich selbst als Herrin über Leben und Tod auf um zu zeigen, dass Gott nichts unternehmen wird? Soll es heißen, sie ist dem Bösen verfallen und es hätte alles gut enden können, wenn sie nur an ihrem Glauben festgehalten hätte? Es ist auf so viele Arten zu interpretieren, aber nichts scheint mir wirklich befriedigend.
Warum "spielt sie sich als Herrin über leben und Tod auf", wenn sie eine Bibel verbrennt? Ist ja nicht so, als hätte sie jemanden umgebracht. Da finde ich es auch übertrieben zu sagen, sie sei dem Bösen verfallen.

Vielleicht habe ich mich auch etwas unglücklich ausgedrückt. Mit der Frage, ob sie sich als "Herrin über Leben und Tod" aufspiele, wollte ich auch ausdrücken, dass mir nicht ganz klar war, ob sie es beim Verbrennen der Bibel belässt oder mit dieser Aktion bezweckt, das Haus ihrer Tante abzubrennen. Schließlich ist ihr Elternhaus auf ähnliche Weise in Flammen aufgegangen.
Und mit "dem Bösen verfallen" meinte ich, dass es für alle anderen handelnden Personen in der Geschichte so aussehen müsste, als sei es nur die logische Konsequenz dessen, dass sie sich von Gott abgewendet hat. Oder anders ausgedrückt, ihre Tante hatte doch recht.



Das ist mir klar, aber es ist irrelevant. Solange die Christen das Alte Testament zu ihrer Bibel zählen und sich nicht davon distanzieren, glauben sie an den Gott, der auch im Alten Testament dargestellt wird (im Neuen geht es ja vor allem um Jesus). Sonst sind sie nur auf dem Papier "Christen" und brauchen sich hier nicht angesprochen zu fühlen :wink: Sie zitieren ja auch selbst gerne aus dem Alten Testament, wenn es ihnen gerade in den Kram passt: "Auge um Auge" und so weiter. Ich kann doch zum Beispiel auch das Programm einer Partei wegen faschistischer Ansichten kritisieren, ohne darauf einzugehen, dass bei Punkt 6 steht: "Mehr Schulen bauen". Das macht die anderen Punkte dann trotzdem nicht besser.


Die lobenden Worte zitiere ich jetzt nicht, ich sage nur "Danke" :smile:[/quote]
 
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