Jackie ~ Natalie Portman als Jackie Kennedy

Joel.Barish

dank AF
Lange Zeit ein Darren Aronofsky Projekt (der zusammen mit seinem The Fountain/Noah Drehbuchkollegen Ari Handel weiterhin produziert), übernahm irgendwann der chilenische Regisseur Pablo Larraín (No!, El Club) die Geschichte der ehemaligen First Lady Jackie Kennedy in den Tagen rund um die Ermordung von John F. Kennedy in Dallas.

Trailer#1

Pablo Larraín ist kein gewöhnlicher Regisseur und wenn man den ersten Kritiken aus Toronto und Venedig (die überwiegend begeistert und euphorisch waren) glauben kann, ist "Jackie" auch kein gewöhnliches Biopic. Es scheint, als habe sich Larraín bei seinem englischsprachigen Debut kaum wirklich anpassen müssen. Der Film hätte auch ein "Diana" oder ein "Grace of Monaco" sein können, stattdessen sind die Kritiken voll des Lobes und der Film wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich maßgeblich am Oscar Rennen teilnehmen. Oder anders gesagt: Die Anzeichen verhärten sich, dass uns ein enorm faszinierender Film bevorsteht.

Noch ohne Deutschland Start. Das dürfte sich aber in absehbarer Zeit ändern.

(Ein Kritiker beschrieb den Film als "Marie Antoinette meets Under the Skin" und spätestens da war ich komplett am Haken. Ein Mischung aus zwei großartigen Meisterwerken; das will ich sehen.)
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Oh ja. Der Vergleich mit Under the Skin klang für mich erst irgendwie absurd, aber der Trailer hat wirklich stark was von psychologischem Horror. Wenn der Film hält, was der Trailer verspricht (und den Kritiken zufolge ist davon auszugehen) könnte das ein sehr ungewöhnliches Biopic werden. Bin nun sehr interessiert.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Oh, das sieht sogar hervorragend aus. Der Psychohorror wird sicher zunehmender im Fokus stehen. Als traurig-dunkle Prinzessinnengeschichte bietet sich die Jackie O Geschichte ja förmlich an.
 

Argento

Well-Known Member
Ich habe grundsätzlich eine Abneigung gegen Biopics. Grundsätzlich.

Aber was auch immer JACKIE ist, es ist kein typisches Biopic. Die Bildkompositionen sind eindrücklich, berauschend, verstörend, ja geradezu verführerisch. Könnte JACKIE gar visionär sein? Visionär wie UNDER THE SKIN? Die Herangehensweise an diesen Stoff ist in jedem Falle erfrischend, da auf typische Konventionen genüsslich gepfiffen wird.

Durchaus bemerkenswert ist übrigens das visuelle Interesse an den - für mich noch immer markerschütternden - Bildern des Kennedy-Attentats, welches gegenwärtig in unmittelbarer und mittelbarer Weise erkennbar ist.

Sei es der der HBO-Film ALL THE WAY mit Bryan Cranston, der kommende Film LBJ von Rob Reiner oder die Miniserie 11.22.63 - DER ANSCHLAG, welche auf dem erfolgreichen und ziemlich gelobten Stephen King Roman DER ANSCHLAG basiert.
 

Joel.Barish

dank AF
Freut mich, dass dir der Trailer gefällt. Ich habe ihn inzwischen auch schon mehrere Male gesehen, so gut ist das. Und ich will auch gar nicht deine Beschreibungen auseinander nehmen (verstörend UND verführerisch?), aber wo ich es hier bei dir wieder lese: Können wir uns mal über das Wort visionär unterhalten? Das liest man ja immer mal wieder (ich bin bzw. war da sicherlich auch nicht unschuldig) und hat sich - nicht zuletzt auch im Englischen - zu einem Klischee-Begriff entwickelt. Ich bin mehr und mehr von diesem Begriff verwirrt, weil er meiner Meinung nach jegliche Bedeutung verloren hat - sollte er im Kontext der Filmbesprechng je eine gehabt haben. Frei nach dem Motto, wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen, was genau heißt dieses "der Film könnte visionär sein"? Heißt das lediglich anders? Anders als was? Die einzige Lösung scheint mir, dass es die Vision eines neuen Kinos, eines völlig neuen Filmstils ist. Aber das scheint mir nahezu ausnahmslos immer viel zu hoch gegriffen zu sein - insbesondere dann, wenn man diese Vision direkt mit einem "so visionär wie"-Vergleich koppelt.
Du hast ja mehrfach betont, dass du bewusst auf Formulierungen achtest und einen gewissen Standard pflegst, daher dachte ich, mal gezielt nachzufragen, eine zweite Meinung einzuholen. :smile:
 

Argento

Well-Known Member
Nachfragen sind immer erwünscht! Als kleine Vorbemerkung sei angemerkt, dass auch ich hier und da eine Polemik und Zuspitzung zu nutzen weiß, wenn es m. E. der Sache dienlich erscheint. Gerade der euphorische Zustand nach der Sichtung eines gelungenen Trailers und der nur Minuten danach in Worte übersetzte Eindruck dieses Zustands, lädt sicher dazu ein.

Die Zuschreibung "visionär" in Bezug auf UNDER THE SKIN war allerdings keine Polemik und keine Zuspitzung, sondern sehr bewusst gewählt. Ich meinte damit tatsächlich ein zukunftsweisendes Kino. Der Filmwissenschaftler Prof. Stiglegger hat übrigens ein paar wunderbare Zeilen über UNDER THE SKIN verfasst, die ich hier verlinken möchte:
https://www.facebook.com/notes/marcus-stiglegger/under-the-skin-die-fremde/439404676262269

(Für all jene, die sich nun wieder berufen fühlen den Text zu belächeln, da er ihnen zu abgehoben klingt: Der Mann ist Filmwissenschaftler. Aus diesem Grunde sollte man nun nicht erwarten, dass sich seine Texte auf dem Niveau einer Apotheken-Umschau befinden.)

Sicher, es gibt immer wieder Trends, die dazu führen, dass so manches Wort geradezu inflationär benutzt wird. Allerdings bin ich der Überzeugung - deswegen bin ich dir für dein Nachfrage dankbar -, dass man jene inflationär genutzten Worte dann mit Inhalt muss. Aber in meinem Falle habe ich "visionär", so sehe ich es zumindest, auf eine recht klassische Weise verwandt. Es ist sicherlich keine Zuschreibung, die ich den letzten 16 Jahren oft verwandt habe.

Der Vergleich, den du zu Recht in Frage stellst, ist wiederum tatsächlich problematisch und ich wüsste nicht, ob ich ihn in dieser Form wiederholen würde. Ich habe vor Genuss des Trailers hier im Thread von UNDER THE SKIN gelesen - einen Film, den ich für visionär halte - und war dann schlicht von JACKIE so überwältigt, dass ich beide, ob ihrer speziellen visonellen Komponente, miteinander in Bezug bringen wollte (musste?). Wahrscheinlich ein Resultat meiner Überwältigung nach der Sichtung des Trailers. Dergleichen will ich freimütig eingestehen.

Editierung:
Ich finde es überdies völlig unproblematisch und nicht widersprüchlich zu sagen, dass etwas, dass mich verstört, mich gleichsam auch anziehen kann. Und von Filmen, denen das Besondere inhärent zu sein scheint, lasse ich mich insbesondere sehr gerne verführen.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Joel.Barish schrieb:
Bei dem Weg, zum Thema Under the Skin. Mica Levi, die den großartigen Score dazu gemacht hat, macht auch hier die Musik.
Das macht den direkt nochmal interessanter für mich. Under the Skin war visuell beklemmend aufregend, aber die Atmosphäre erzielte er natürlich auch zum großen Teil aus dem gruseligen Score.
 

Joel.Barish

dank AF
@Argento
Danke für die Antwort.
Dass man in einem euphorisierten Zustand nach einem guten Trailer auch mal überschwänglich große Begriffe verwendet, weiß ich natürlich auch. Aber wir sind ja dennoch idR bei Bewusstsein und klarem Verstand, dass wir mehr oder weniger wissen, was wir da von uns geben.

Die Kritik von Herrn Stiglegger habe ich gelesen, aber auch er gebraucht den Begriff "visionär" nicht. Da finde ich seine Beschreibungen über die "Ambitionen" des Films, dass er "unkonventionell" und "Trans-Human" in seiner Erzählweise ist, besser, weil klarer und konkreter. Vielleicht sind sich "visionär" und "ambitioniert" ähnlicher als ich mir eingestehen will - und wahrscheinlich kann man Prog/progressive" aus der Musikbeschreibung noch hinzutun - aber ich sehe einen Unterschied darin, seinen Film ungewöhnlich, d.h. ohne Anbiederung an Popkultur-Gewohnheiten und Genre-Erwartungen zu inszenieren, oder sich die Absicht einer neuen Art des Kinoerzählens auf die Fahne zu schreiben. Denn wie neuartig kann ein Film schon sein, wenn man trotzdem noch ein paar Vergleiche finden kann?
Oder anders formuliert: Wenn wir ambitionierte/experimentelle Filme wie Under the Skin (den ich übrigens :love: finde) oder eventuell dann auch Jackie hervorheben, sie unterstützen und damit weiteren Experimenten/größeren Ambitionen die Tür öffnen, kann Kino als Gesamtheit vielleicht eine Entwicklung erhalten, die man als visionär beschreiben könnte; zumindest in dem Sinne, dass sich Kino verändert und erneuert.

Was die verstörend/verführerisch Sache betrifft:
Ich glaube ich weiß, wie du es meinst und kann das sogar sehr gut nachvollziehen. Ich glaube aber auch, dass einer der beiden Begriffe in diesem Paar falsch ist, selbst für ein (Achtung! :ugly: ) synästhetisches Oxymoron wie hier. Andererseits kommen jetzt wieder meine Linguistiker Kollegen und sagen, dass es weder Synonyme noch Antonyme gibt. Von daher will ich mich an diesem Eindruck gar nicht weiter aufhalten. :smile:
 

Argento

Well-Known Member
Sicher, UNDER THE SKIN ist unkonventionell. Aber ich möchte visionär nicht nur im Sinne von "ambitioniert", sondern tatsächliche im Sinne von "zukunftsweisend" verstanden wissen.

Stiglegger sagt übrigens selbst in einem anderen Statement, dass "[d]er Film [...] eines der zukunftsweisenden Werke der jüngeren Filmgeschichte [ist]." Ich möchte dergleichen jetzt übrigens nicht als unfruchtbares argumentum ad verecundiam ins Feld führen. Vielmehr möchte ich darauf hinweisen, dass es vor kurzem bereits zwei wissenschaftliche Konferenzen zu UNDER THE SKIN gab und überdies auch ein Buch erscheinen wird, welches im Zuge der Konferenzen angeregt wurde. Und ich bin mir sehr sicher, ohne jetzt den wichtigtuerischen Insider spielen zu wollen, dass auf die zukunftsweisenden, respektive visionären Qualitäten des Werks in mindestens einem Aufsatz eingegangen wird.

Aber zurück zur Sache: Warum koppelst du "Absicht" an "visonär"? Ein visionäres Werk, muss doch nicht in der Absicht entstanden sein, visionär zu sein. Auch glaube ich nicht, dass ein Werk von Format, wie UNDER THE SKIN, gezielt ungewöhnlich inszeniert wurde. Kann so sein, muss es aber nicht. Dergleichen ist sogar, meine ich, eher die Ausnahme denn die Regel. Aber dsbzgl. muss ich wohl anmerken, dass ich im Bereich der Künste kein Intentionalist bin. Die Worte des Regisseurs, seine etwaigen Intentionen oder Interpretationsangebote sind für mich grundsätzlich nicht von Belang, da das Werk für sich alleine steht, eine Eigendynamik entwickelt und sogar klüger sein kann als sein Schöpfer, wie Georg Seeßlen es einst geistrich formulierte.

UNDER THE SKIN ist m. E. ein Film, der auf der inhaltlichen Ebene - im engeren Sinne des Wortes - nicht allzu gut funktioniert. Stattdessen funktionert er als affektives Kino, also auf der emotionalen Ebene geradezu vorzüglich. Das dem Film inhärente Rauschhafte und seine streng durchkomponierten audiovisuellen Qualitäten entfachen eine Sogwirkung, die ich in ihrer Gesamtkonzeption als visionär bezeichnen würde. Der Film versetzte mich in eine schwer zu beschreibende Stimmung und er kommunzierte auf der audiovisuellen Ebene mit mir, indem er mir Eindrücke schenkte und erleben ließ, für die es wahrscheinlich keine passenden Worte gibt. Gibt es ähnliches oder vergleichbares? Sicher! Aber jenes Vergleichbare wurde von Glazer mit UNDER THE SKIN in die perfectio überführt, was das Gesamterlebnis für mich zu etwas Neuartigem werden lässt.

Es spielt dafür überhaupt keine Rolle, ob ein paar andere Filme einen ähnlichen Effekt auslösen können oder nicht. Visonäres kann auch gleichzeitig an vielen verschiedenen Orten geschaffen werden. Mir geht es eher um die Marschrichtung, die das Werk vorgibt. Etwas ist eben m. E. nicht nur dann visonär, wenn es die Gesamtheit des Kinos (welch unglaublicher Anspruch!) erneuert.

Um eine Metapher zu bemühen, die meinen Punkt deutlich macht:
Es geht heutzutage - in so ziemlich allen Bereichen - nicht mehr darum, das Rad neu zu erfinden. Heutzutage besteht das Zukunftsweisende darin, eine Möglichkeit zu präsentieren, die dafür sorgt, dass sich das Rad schneller dreht.

Glazer hat mit seiner Erzählweise die Kunstform bereichert und durch seine Gesamtkomposition dafür gesorgt, dass sich das Rad ein wenig schneller dreht. Auch eine Nuancenverbesserung oder Nuancenerweiterung kann m. E. visionär sein. Ist heutzutage wahrscheinlich sogar das einzig Machbare (und gleichsam etwas, dass Ehrfurcht auslöst), da das Rad (wohl) nicht neu erfunden wird und wahrscheinlich muss das auch gar nicht geschehen.

UNDER THE SKIN bietet eine neue Perspektive des Erzählens an. Es geht nicht darum, dass dem nun alle anderen Filme folgen müssen. Vielleicht wird UNDER THE SKIN auch gar keine Wirkmächtigkeit entfalten. Dergleichen spielt für meine Auffassung von visionär gar keine Rolle.

Verstörend/verfüherisch:
Von Falschheit kann an dieser stelle tatsächlich nicht gesprochen werden. Dergleichen wäre dann wirklich falsch. Die Auseinandersetzung mit Kunst ist stets auch ein affektives Erlebnis. Kunst kann man nicht völlig durchrationalisieren. Aus diesem Grunde wäre es verfehlt mit sprachphilosophischen oder sprachlogischen Finessen zu argumentieren. Die Rezeption eines Kunstwerks ist nicht gerade selten dadurch ausgezeichnet, dass man sich mit Widersprüchen konfrontiert sieht, da Kunst diese Widersprüchlichkeit eben auszulösen vermag. Es ist nur folgerichtig, dass sich diese Widersprüche schlussendlich auch in den begrenzten Worten, die wir als Menschen zur Verfügung haben, um unsere Eindrücke zu präzisieren und zu kommunizieren, manifestieren, die wir niederschreiben.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Neuer Trailer

Sieht phänomenal aus und die Musik ist großartig, die Kamerafahrt hinter und über das fahrende Auto ist ein ziemlicher Gänsehautmoment.

Ein erstes Stück aus der Filmmusik von Mica Levi gibt es außerdem hier zu hören.

+Keine Ahnung, ob das hier schon irgendwo steht, aber der Film startet am 26.01 in den Kinos.
 

Presko

Well-Known Member
Habe gerade den Trailer vom neuen Biopic über Lyndon B. Johnson gesehen und habe mich an Jackie erinnert gefühlt, den ich kürzlich auf DVD nachgeholt habe, aber vergass, was zu schreiben. Ich habe mich irgendwie recht lange um den Film rumgedrückt. Muss aber sagen, der Film gefiel mir richtig gut. Hatte eine enorme Sogwirkung auf mich, war auf eine eigentümliche Weise ungemein spannend. Irgendwie distanziert und berührend zugleich. Ich fragte mich, ob Jackie wirklich in diesem Homevideo so sprach wie im Film.
Jedenfalls ein Topfilm, aber auch sehr eigen in der Machart. 8.5-9/10.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Portman ist großartig und tatsächlich entfaltet der Film eine Art Sog, dem ich mich kaum entziehen konnte. Super in Szene gesetzt und mit der Kamera immer ganz nah dran.
Jackie Kennedy/ Portman wirkt dabei mal unglaublich verletzlich, manchmal fast schon egozentrisch, überbordend melodramatisch. Dazu gerne um ihrer selbst willen und nicht aufgrund der Situation.
Durch und durch eine Prinzessin, die ihren Prinzen fand. Und ihren Hofstaat. Und ihr Märchenschloss. Bis ihr alles genommen wird.
Das sie dabei immer bemitleidenswert bleibt und niemals so richtig unsympathisch wirkt, ist dem einzig und allein auf diese Figur ausgelegten, tollen Drehbuch zu verdanken, welches die große Geschichte nicht über, sondern nur neben der Hauptfigur stattfinden lässt - und natürlich Natalie Portman.
" Don't let it be forgot, that for one brief, shining moment there was a Camelot".

8/10
 
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